|
Beinahe schon als verkehrspolitische
Bankrotterklärung ist die kürzlich vom
Spandauer Baustadtrat Klaus Jungclaus
erhobene Forderung nach Verlängerung der U-Bahn in das Falkenhagener
Feld zu bewerten. Was war der Anlaß
für die U-Bahn-Forderung? Das Falkenhagener Feld, eine Großsiedlung
der 60er Jahre soll “nachverdichtet”
werden. Um den Anwohnern den zusätzlichen Wohnungsbau vor ihrer
Haustür zu versüßen, wurde vom Bezirk die Forderung nach einer U-Bahn-Erschließung
erhoben: “Umso mehr
muß diese Forderung noch unterstrichen werden, wenn der Stadtteil in Zukunft mehr
Wohnungen (und damit
mehr Bewohner) aufnehmen soll."
heißt es in einer vom Bezirksamt Spandau im Dezember 1989 herausgegebenen
Planungszeitung.
|
Gesprengt: S-Bf. Leninalle am 17.3.1990, 11.00 Uhr. Um ein direktes Umsteigen zu den Straßenbahn-Linien auf der Leninallee zu ermöglichen, sollen die Bahnsteige unter der Straßenbrücke hindurch verlängert werden. Deshalb mußte das alte Empfangsgebäude aus den späten 60er Jahren weichen. Foto: U. Alexander |
|
Versteckt ist diese Funktion der U-Bahn-Forderung, als Köder für eine
Anwohnerzustimmung zum Wohnungsbau zu dienen, in einem Artikel, dessen
grundsätzlichen verkehrspolitischen
Ausführungen wir durchaus zustimmen
können: “Viele Bewohner können sich
gar kein Auto leisten - und zunehmend
mehr würden es gern abschaffen (oder
es nur noch für Urlaub und Freizeit benutzen), wenn es nur andere Möglichkeiten gäbe, mit
etwa der gleichen Bequemlichkeite und Schnelligkeit wie
(z.Zt. noch) mit dem eigenen Auto an
ihre Ziele in der Stadt zu gelangen."
Und weiter: “Der z.Zt. angebotene,
eher gemächliche Busverkehr der
BVG" reicht als Alternative zum privaten Pkw nicht annähernd aus. Selbst
wenn Busspuren eingeführt und der
Fahrtakt erhöht kann dies auf
Dauer kein Schnellverkehrsmittel ersetzen." Richtig! Deshalb fordern wir ja
auch schon seit Jahren die zügige Wiederinbetriebnahme der S-Bahn von
Westkreuz nach Staaken.
Doch während sich das Bezirksamt bisher für die S-Bahn praktisch überhaupt
nicht engagiert hat, fordert es nun, “die
U-Bahn so schnell wie möglich in das
Falkenhagener Feld" zu verlängern.
Völlig außer Acht gelassen wird dabei
z.B., daß für die Kosten von 1 km U-Bahn-Neubau rund 7 km S-Bahn-Strecke wieder in
Betrieb genommen
werden können und daß die U-Bahn,
die man ins Falkenhagener Feld “verlängern” will, bisher noch in Ruhleben
endet und erst einmal bis Rathaus
Spandau gebaut werden müßte. Die
Forderung nach einer U-Bahn ins Falkenhagener Feld entbehrt demnach jedlicher vernünftigen
Grundlage. Ganz offensichtlich geht es dem Bezirksamt
also nicht um eine ernsthafte Planung
zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrsangebotes, sondern es geht um
politische Taktik, die bei den Bewohnern des Falkenhagener Feldes scharf
abgelehnte Verdichtung der Siedlung
(unter anderem Bebauung der Grünflächen) mit dem U-Bahn-Köder durchsetzen zu können.
In unseren Gesprächen mit Bewohnern
des Falkenhagener Feldes wurde deutlich, daß viele die U-Bahn ebenfalls als
illusorisch betrachten und die Priorität
für die Wiederinbetriebnahme der S-Bahn als vernünftig einschätzen. Spätestens hier wurde
der fehlende verkehrspolitische Sachverstand der Spandauer
Verwaltung spürbar, wenn sie glaubte,
die Verkehrsplanung politischer Taktik
unterordnen zu können, nachdem sie
das Verlangen nach Wiederinbetriebnahme der S-Bahn lange mißachtet hatte. Zwar
hatte die Spandauer SPD bereits 1984 die Wiederinbetriebnahme
der S-Bahn Friedrichstraße - Staaken
gefordert, doch seither ist das Engagement der Spandauer Politiker im Vergleich
zu anderen Bezirken als schwach
zu bezeichnen, geht es doch über BVV-Beschlüsse nicht hinaus. Im bezirklichen
Ausschuß für Bauwesen war man
am 31.10.1989 s ar bereit, die Prioritätensetzung des Berliner Senats zugungunsten
von Spandau und den derzeit
geplanten Wegfall des Abschnittes Rataus Spandau - Staaken zu akzeptieren.
Es verärgert die Spandauer Bevölkerung, wenn das Bezirksamt und die Parteien
das Thema S-Bahn nicht aufnehmen und gegenüber dem Senat keine
politischen Initiativen ergreifen. Trotz
oder gerade wegen der Planungen im
Zusammenhang mit dem Falkenhagener Feld bleibt zu wünschen, daß sich
die Kommunalpolitiker nach den Geschehnissen in er DDR auf die S-Bahn
nach Staaken und Falkensee besinnen.
Denn entgegen der häufig von Politikern geäußerten Behauptung “in Staaken ist ja nichts,
was einen S-Bahn-Betrieb rechtfertigt“, zeigt die BVG-Planung einer Schnellbuslinie in die
Staakener Neubaugebiete als S-Bahn-Vorläufer, daß hier offensichtlich doch ein
bedeutendes, aber schlecht erschlossenes Fahrgastpotential vorhanden ist. S-Bahn-Initiative Spandau - Staaken
|