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Am 8. Januar 1984 fuhren zum letzten Mal
S-Bahn-Züge von Schönholz über Tegel bis
Heiligensee. Dann übernahm der Senat die
S-Bahn in West-Berlin und legte die Kremmener Bahn still.
Vergeblich bemühte sich die daraufhin in
Heiligensee gegründete S-Bahn-Initiative
Kremmener Bahn um eine Wiederaufnahme des Verkehrs.
Der Senat ging darauf
nicht ein, im Gegenteil! Er nahm die
Strecke nicht einmal in sein sogenanntes
Zielnetz auf und baute zwischen Tegel und
Schulzendorf auf der Trasse der Kremmener Bahn
die Autobahn nach Hamburg. Die
amtliche Begründung: Ehe ein Landschaftsschutzgebiet
für den Autobahnbau beansprucht wird, ist Bahngelände zu benutzen.
Dies gelte umso mehr, “da auf dem Bahnkörper
zwischen Waidmannsluster Damm
und Hermsdorfer Damm kein Eisenbahnbetrieb mehr stattfindet
und nach den S-Bahn-Konzept des Senats auch nicht vorgesehen
ist, dort in absehbarer Zeit die S-Bahn zu
betreiben."
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S-Bahn-Zug im Bf. Tegel (April 1991). Seit Sommer 1990 finden regelmäßig Fahrten auf dem intakten Gleis zwischen Schönholz und Tegel statt, leider noch ohne Fahrgäste. Foto: B. Strowitzki |
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Die neue Stromschiene für die S-Bahn reicht bis zur Gorkistraße. Im Hintergrund der Bf. Tegel. Foto: Ch. Tscheppe |
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Allerdings hatte der Senat für die S-Bahn-Befürworter
ein Trostpflaster parat: “Im
Rahmen der Verhandlungen zwischen der
Verwaltung des ehem. Reichsbahnvermögens und
der Starßenbauverwaltung wird
die Straßenbauverwaltung sich verpflichten,
bei Wiederaufnahme des Betriebes unverzüglich
die entsprechenden Ersatzmaßnahmen zur Wiederherstellung
des vorhandenen eingleisigen Betriebes zu leisten, d.h.
die entsprechenden Stützmauern, Widerlager,
Brücken und Gleise herzustellen." (alle
Zitate aus einem Vermerk der Senatsbauverwaltung
vom 9.1.1985). Diese Verpflichtung für die
ferne Zukunft konnte damals
wohl keinen S-Bahn-Befürworter befriedigen,
doch plötzlich ist sie hoch aktuell. Sie
bietet die Chance, mit Autobahngeldern
“unverzüglich“ (Zitat!) die S-Bahn wiederherzustellen.
Noch schneller ist der S-Bahn-Verkehr natürlich auf dem
Abschnitt Schönholz - Tegel
möglich, Die eingleisige Strecke war nie
stillgelegt, da hier auch die Personenzüge
der Franzosen und die Güterzüge der DR
verkehren. Außerdem werden auf diesem
Abschnitt seit Sommer 1990 die Testfahrten
mit den von der Waggon Union ausgelieferten
neuen S-Bahn-Zügen der Baureihe 480
durchgeführt. Dafür wurde die Strecke in
einen hervorragenden Zustand gebracht.
Die Kremmener Bahn bietet also gute Möglichkeiten,
daß hier schnell "etwas passiert".
Dies haben auch die Berliner Politiker aller
Parteien erkannt, von denen zu Recht erwartet
wird, daß sie zu den Berliner Bezirkswahlen im
Sommer 1992, also bereits 2 1/2 Jahre nach der
Maueröffnung, mehr
präsentieren können, als wieder nur Absichtserklärungen.
Eine Chance und eine verkehrliche Bedeutung hat
die Kremmener Bahn natürlich
nur, wenn die Züge aus Berlin wieder ins
Umland fahren. Deshalb ist das inzwischen
große Engagement in den Kommunen entlang der
Strecke und beim Landkreis Oranienburg ein Eckpfeiler
für die Wiederinbetriebnahme und verpflichtet alle Beteiligten,
parallel zur schnellen Wiederinbetriebnahme
des Betriebes bis Tegel sofort mit den
Planungen für die Verlängerung über Tegel
hinaus zu beginnen.
Daß diese S-Bahn, die in den Köpfen der
Verkehrsplaner schon gar nicht mehr existierte
und auch nach der Maueröffnung
noch als unwichtig abgetan wurde, heute
nun in aller Munde ist, haben wir nicht nur
der Grenzöffnung und den Politikern zu
verdanken, sondern wesentlich den Aktivitäten
des Berlin-Brandenburger Fördervereins Kremmener Bahn,
Nachfolger der S-Bahn-Initiative. Sein Ziel: Im Oktober 1993,
wenn die Kremmener Bahn 100 Jahre alt
wird, sollen die S-Bahn-Züge wieder - wie
bis 1961 - von Schönholz über Berlin-Tegel
und Hennigsdorf nach Velten fahren.
IGEB
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