18. November 1991. Es ist vollendet: der
Berliner Bus 116 fährt über die Glienicker
Brücke unmittelbar bis zur Endstelle der
Potsdamer Tram-Linie 93. Die vormals langen
Umsteigewege sind auf ein Minimum
reduziert. Potsdams Oberbürgermeister
Gramlich und sogar der Brandenburgische
Landesverkehrsminister Wolf ließen es sich
nicht nehmen, die ersten Fahrgäste persönlich
zu begrüßen. Auch die Verkehrsbetriebe
waren hochrangig vertreten: u.a. nahmen
ihre Leiter Duckiewicz (ViP) und Lorenzen
(BVG) an den Feierlichkeiten teil. Der Weg
zu dieser Umsteigehaltestelle war lang und
von Hindernissen sowohl auf Potsdamer als
auch auf Berliner Seite gespickt (siehe u.a.
SIGNAL 7/91 ). Im folgenden wollen wir
diesen Weg noch einmal kurz beleuchten,
ist er doch ein Stück Verkehrsgeschichte
und ein Beispiel für die zum Teil verfehlte
Verkehrspolitik.
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Vorbildlich. Lange hat es bis zur Fertigstellung dieser Doppelhaltestelle gedauert, aber jetzt reduziert sie den Weg für Umsteiger vom Berliner Bus 116 auf die Potsdamer Tram 93 auf weniger Meter. Foto: A. Wahle |
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Bis zur Grenzöffnung am 9. November 1989
fuhren der damalige Berliner Bus 6 als Ausflugslinie
zur Glienicker Brücke und die
Potsdamer Tram 3 bis ca. 300 m vor die
Brücke zur Anbindung eines Wohngebietes.
Nach Öffnung der Grenze verlängerte die
BVG ihre Linie 6 bis in das Potsdamer
Stadtzentrum zum Bassinplatz - eine attraktive
Direktverbindung. Doch bereits mit der
Einführung spezieller Fahrkarten für DDR-Bürger
im BVG-Gebiet am 1. Januar 1990
wurde der alte Zustand wiederhergestellt.
Die Brücke blieb den Fußgängern und dem
immer mehr die Übermacht gewinnenden
Autoverkehr vorbehalten.
Mit den Kommunalwahlen im Mai 1990 gelang
der ARGUS der Schritt in das Stadtparlament.
So erreichten wir einen Beschluß
zur Umgestaltung des Straßenraumes der
Berliner Straße ab der Glienicker Brücke.
Beim ViP stand eine Neugestaltung der
Endstellensituation ohnehin an, so daß wir
mit unseren Bemühungen zum Bau einer
größeren Endstelle Erfolg hatten, Das Tiefbauamt
aber war nur durch einen Stadtverordneten-Beschluß
zum Einlenken zu bewegen. Überhaupt zeigte
man sich hier sehr
unkooperativ. So erwies sich z.B. die Behauptung,
die BVG fordere eine Busbucht
anstelle der vorgesehenen kombinierten
Haltestelle in Mittellage, als frei erfunden.
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Schemazeichnung der Endstellen von Tram 93 und Bus 116 in der Berliner Straße in Potsdam. Grafik: A. Wahle |
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Aber auch die BVG zeigte sich nicht gerade
von ihrer positiven Seite. Erst nach zähen
Verhandlungen konnte sie zum Überfahren
der Glienicker Brücke bewegt werden. Ständig
wurden neue Anforderungen an das
Wenden auf Potsdamer Seite gestellt, bis
hin zu einer komplizierten Ampelanlage,
die für Tram und Bus eine Behinderung sowohl
durch den Autoverkehr als auch untereinander
ausschließen sollte. Dieses Verhalten war
natürlich ganz im Interesse des
Potsdamer Tiefbauamtes.
Zu Himmelfahrt 1991 sollte die Haltestelle
übergeben werden, was an Bau- und Sicherheitsmängeln
scheiterte. Nach Druck aus
der Bevölkerung und Behebung der Mängel
und nachdem die BVG ihre überzogenen
Forderungen fallen gelassen hatte, war es
im August endlich so weit. Allerdings mußte
der BVG-Bus-Chef Jähnichen zuvor seinen
Personalrat durch ein eigenhändiges Wendemannöver
auf Potsdamer Seite von der
Nutzbarkeit der Anlagen überzeugen.
Bereits sechs Wochen später wurde der
Straßenbahnbetrieb wieder eingestellt, da
der ViP die Gleisanlagen bis zur Humboldtbrücke
auf eigenen Bahnkörper verlegte -
auch wieder ein Erfolg des Stadtverordnetenbeschlusses,
wurde doch dem motorisierten Individualverkehr dadurch einiges an
Fläche entzogen. Quasi als Vorgeschmack
fuhr der Schienenersatzverkehr bereits über
die Glienicker Brücke und wendete Seite an
Seite mit der BVG auf Berliner Gebiet, bis
nun Mitte November die Strecke wieder befahrbar
wurde und endlich die gemeinsame
Haltestelle voll ihrer Bestimmung übergeben werden konnte.
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Nicht vorbildlich. Die Fahrpläne von BVG und ViP sind noch nicht abgestimmt, so daß die Busfahrgäste mehrmals täglich nur noch die Rücklichter ihrer Straßenbahn sehen. Foto: A. Wahle |
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Was vielen gleich bei der Einweihung auffiel
und bis heute große Probleme bereitet,
sind die nicht aufeinander abgestimmten
Fahrpläne von BVG und ViP, Vielfach sehen
die Fahrgäste des 116ers gerade ihre 3
davonfahren; nur selten gelingt ein nahtser
Übergang. Zum einen müßten die Taktzeiten
(10 bzw, 20 Minuten bei der BVG, 12
bzw. 30 Minuten beim ViP) angeglichen
werden, zum anderen echte Anschlüsse gewährt
werden. Eine angekündigte Zwischenlösung
blieb aus, erst zum April 1992
wollen die Betriebe die Takte angleichen.
Dennoch ist die hart erkämpfte Einrichtung
der fahrgastfreundlichen Haltestellenanlage
an der Glienicker Brücke schon jetzt ein
großer Erfolg. Wir hoffen nun, daß uns
1992 neben der S-Bahn nach Potsdam Stadt
auch einen zum Johannes-Kepler-Platz am
Stern verlängerten BVG-Bus 118 beschert.
Dort muß im Gegensatz zur Glienicker
Brücke nicht einmal gebaut werden. ARGUS Potsdam, Gruppe Stadtverkehr
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