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Auf der Suche nach Kosteneinsparungen
ohne Leistungsabbau entschied sich die
BVG im letzten Jahr erstmals für den Einsatz
von privaten Bussen, die im Auftrag
der BVG fahren. Dafür ausgewählt wurden
die SEV-Linien zwischen S-Bf. Anhalter
Bahnhof und U-Bf. Kochstraße sowie zwischen
S-Bf. Gesundbrunnen und U-Bf. Reinickendorfer
Straße, auf denen seit dem
August 1991 die Fahrzeuge eines Bochumer
Busunternehmens verkehren. Dieses hatte
preiswertere Angebote als die hier ansässigen
Betriebe vorgelegt.
Damit wird in Berlin nachgeholt, was in
westdeutschen Städten längst üblich ist, weil
die privaten Busunternehmen ihre Verkehrsleistungen
in der Regel kostengünstiger
als die kommunalen Verkehrsbetriebe
erbringen können. Darüber hinaus zeigen
die Erfahrungen in westdeutschen Städten,
daß mit einer derartigen Auftragsvergabe
sogar die Angebotsqualität für die Fahrgäste
verbessert werden kann. So wissen Benutzer
privater Busse häufig von einem besseren
Kundenservice im Vergleich zu den
städtischen Unternehmen zu berichten. In
Berlin ließe sich damit z.B. auch das leidige
Problem der verfrühten Abfahrten von den
Haltestellen leichter in den Griff bekommen:
Die BVG, nun ein Kunde des Busunternehmens,
kann bei entsprechender Vertragsgestaltung
im Falle von Unregelmäßigkeiten
viel massiver Druck ausüben, als dies
gegenüber dem Personal im eigenen Betrieb
möglich ist.
Die IGEB begrüßt deshalb ausdrücklich das
Bemühen der BVG, mit Hilfe privater Busunternehmen
die Kosten zu reduzieren,
vorausgesetzt, daß bestimmte Rahmenbedingungen
erfüllt werden.
Denn die Erfahrungen anderer Städte zeigen
auch, daß ohne die Einhaltung solcher
Rahmenbedingungen die Vorteile für den
Betrieb schnell von den Nachteilen für die
Fahrgäste in den Schatten gestellt werden.
Damit nun für die Berliner Fahrgäste keine
Verschlechterungen gegenüber dem bestehenden
Zustand eintreten, müssen folgende
Voraussetzungen erfüllt sein:
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Privatbus im Schienenerstzverkehr der BVG. Das Fahrzeug ist für die Berliner Fahrgäste nur schlecht erkennbar, u.a. wegen der weißen Farbe und der unvollständigen, aufgrund des Tram-Symbols auch noch irritierenden Zielanzeige. Foto: M. Horth |
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Der Einsatz von Privatbussen kann aber auch zu Angebotverbesserungen führen. In Wien sind die provaten Unternehmen die ersten die moderne Niederflurfahrzeuge einsetzen. Foto: M. Horth |
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- Die von den privaten Busunternehmen
eingesetzten Fahrzeuge müssen für den Einsatz
im Linienverkehr geeignet sein. Dazu
gehören neben breiten Einstiegen auch Abstellmöglichkeiten
für mindestens zwei Kinderwagen
und eine Ausstattung mit gut lesbaren
Liniennummern- und Zielschildern.
- Die Fahrzeuge müssen für den Fahrgast
als Linienbus erkennbar sein. Dazu gehört.
neben den Liniennummern und Zielschildern,
vor allem das Gesamterscheinungsbild:
Auch Privat-Busse müssen sich in das
von der BVG angestrebte "Corporate Design"
für die öffentlichen Verkehrsmittel
einpassen.
- Die Fahrzeuge müssen in ihrer Bauart
und technischen Ausstattung dem Standard
der Fahrzeuge bei der BVG entsprechen.
Die Busunternehmen sind analog zur Modernisierung
des Wagenparks bei der BVG
hinsichtlich behindertengerechter Niederflurwagen
zum Einsatz gleichartiger Fahrzeuge
zu verpflichten. Übergangsfristen sind
denkbar, jedoch nicht bei bisher bereits von
der BVG mit Niederflurwagen betriebenen
Buslinien. Dies betrifft z.B. die bereits seit
Jahren mit Niederflurwagen befahrene Buslinie
204. Dies gilt auch für die Ausstattung
der Busse mit Rußpartikelfiltern. Der Anteil
der mit Abgasreinigung ausgestatteten
Busse bei der BVG wächst, und daher sollten
auch die eingesetzten Privatbusse mindestens
im selben Umfang entsprechend
ausgestattet sein.
- Die Wagen müssen dem Betriebsfunk der
BVG angeschlossen werden, um z.B. in der
Anschlußsicherungssystem in den Abendstunden
eingebunden und auch bei Verkehrsstörungen
von der BVG-Leitstelle ansprechbar
zu sein. Langfristig muß auch die
Einbeziehung in das geplante rechnergestützte
Betriebsleitsystem erfolgen.
- Der Fahrscheinerwerb muß auch in den
Privatbussen möglich sein.
Eigentlich handelt es sich bei dieser Liste
um eine Aufzählung von Selbstverständlichkeiten
- sollte man meinen. Doch seit dem
3. Februar setzt die BVG auf mehreren
Buslinien, vor allem in Spandau, Reisebusse
ein, die wesentliche Kriterien nicht erfüllen.
So gibt es beispielsweise keinen Fahrscheinverkauf
und keinen Platz für Kinderwagen,
der Zustieg durch die schmale Tür und der
sogenannte Fahrgastfluß in den beengten
Innenräumen sind beschwerlich. Zwar will
die BVG diese Busse im wesentlichen nur
auf E-Linien des Schülerverkehrs einsetzen
und dies auch nur übergangsweise, doch die
IGEB lehnt den Einsatz solcher Reisebusse
im öffentlichen Nahverkehr - mit Ausnahmen von
Smog-Alarm und vergleichbaren Notsituationen -
grundsätzlich ab.
Wenn die BVG den Einsatz privater Reisebusse
jetzt damit entschuldigt, daß aufgrund
von Lieferengpässen der Fahrzeughersteller
private Unternehmen - ebenso wie die BVG
selbst - kurzfristig keine für den Linienverkehr
geeigneten Busse bekommen könnten,
dann muß sie sich fragen lassen, warum sie
nicht schon längst das Ausmustern ihrer alten
Fahrzeuge eingestellt hat. Denn für die
Fahrgäste im Nahverkehr ist jeder acht oder
zwölf Jahre alte BVG-Linienbus attraktiver
als der neueste Reisebus. IGEB
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