Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Cramer
(Bündnis 90/Grüne) über erneute Verzögerungen
bei den Planfeststellungsverfahren Für
die Tram (Landespressedienst vom 26.10.92):
Kommen Meldungen, daß der Senat sein Ziel,
noch 1992 für zwei Straßenbahn-Neubaustrecken
Planfeststellungsverfahren einzuleiten,
nicht einhalten kann?
Was sind die Ursachen für die erneuten Verzögerungen?
Ist damit der geplante Baubeginn in 1993 gefährdet?
Im Verlaufe der Arbeiten zur Vorbereitung der
Planfeststellungsverfahren Für die Neubaustrecken
Bornholmer Straße - Seestraße sowie
Prenzlauer Tor - Alexanderplatz mußte festgestellt
werden, daß der Umfang der erforderlichen
Untersuchungen wesentlich größer ist als
ursprünglich angenommen. So müssen - entgegen
der ursprünglichen Absicht - bereits in der
Phase der Vorplanung Umweltverträglichkeitsprüfungen
durchgeführt werden, die umgehend
in Auftrag gegeben worden sind. Die Auftragnehmer
benötigen dafür aber mehr Zeit als bisher
eingeschätzt. Auch haben unterschiedliche
Auffassungen zu Detailpunkten, so z.B. zur
Lage und Gestaltung von Endstellen, zu einem
erheblich größeren Abstimmungsbedarf geführt.
Aus den genannten Gründen sind Verzögerungen
innerhalb der Terminkette eingetreten, so
daß eine Verschiebung der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens
auf Anfang 1993 nicht
mehr ausgeschlossen werden kann. Sofern diese
Verzögerungen nicht innerhalb des Planfeststellungsverfahrens
ausgeglichen werden können,
würde sich auch der Baubeginn entsprechend
hinausschieben.
Ungeachtet dessen geht der Senat davon aus,
daß durch eine konzentrierte Baudurchführung
die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Neubaustrecken
wie vorgesehen bis Ende 1995 erfolgt.
Ist dem Senat bekannt, daß in München das
Planfeststellungsverfahren für eine Tram-Neubaustrecke
im Westen der Stadt in nur einigen
Monaten durchgeführt wurde, und hält der
Senat das auch in Berlin für erreichbar?
Die zuständige Planfeststellungsbehörde hat
auf Anfrage mitgeteilt, daß es sich hierbei um
ein Planfeststellungsverfahren für ein ca. 400
Meter langes Verbindungsstück zwischen zwei
vorhandenen Straßenbahnstrecken handelte,
gegen dessen Bau keinerlei Einwendungen vorgebracht
wurden. Es bedurfte daher weder der
Bearbeitung der Einwendungen noch eines Erörterungstermins,
so daß unmittelbar nach
Ablauf der Einspruchsfrist mit der Bearbeitung
des Planfeststellungsbeschlusses begonnen
werden konnte. Der Senat hält es für neben der
Sache liegend, einen derartigen Sonderfall als
Maßstab für den üblicherweise für Planfeststellungsverfahren
anzusetzenden Zeitaufwand
heranzuziehen.
Muß für eine oder alle Straßenbahn-Neubaustrecken
eine sogenannte Standardisierte
Bewertung durchgeführt werden? Wenn ja, erfolgt
dies vor, während oder nach den Planfeststellungsverfahren?
Für die Straßenbahn-Neubaustrecken ist eine
vereinfachte Bewertung in Form einer Kosten-Nutzen-Analyse
vorgesehen. Hierzu sind das
zu erwartende Verkehrsaufkommen und die
Kosten zu ermitteln. Diese Arbeiten werden
vor dem bzw. teilweise parallel zum Planfeststellungsverfahren
durchgeführt.
***
(IGEB) Im Sommer 1992 hatte der SPD/AL-Senat
2 Mio DM für die Straßenbahnplanung
zur Verfügung gestellt. Die Gutachten liegen
längst vor. weitere wurden beauftragt. Doch
bis heute ist noch nicht ein einziges Planfeststellungsverfahren
auch nur begonnen worden.
Verkehrssenator Haase findet immer neue
Ausreden: Jetzt sind es die Umweltverträglichkeitsprüfungen
und die zu langsamen Gutachter.
Die nächste Ausrede ist aus der Antwort
zu den Kosten-Nutzen-Analysen schon erkennbar
und dürfte etwa so ausfallen: Es habe
sich gezeigt, daß die Kosten-Nutzen-Analyse
besser vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens
abgeschlossen werden sollten ... (wobei
Herrn Haase in der Sache sogar zuzustimmen
wäre). Was lehrt uns das? So unqualifiziert, wie
bei der Berliner Straßenbahnplanung gearbeitet
wird, so unqualifiziert kann gar keine Senatsverwaltung sein.
Hier wird vorsätzlich verschleppt,
weil man die Tram nicht will. Die
weltweite Renaissance der Straßenbahn wird
Berlin erst dann erreichen können, wenn Senator
Haase und sein Staatssekretär Schmitt
weg sind. Landespressedienst vom 26.10.92
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