Wie immer standen Unternehmensbereichsleiter
Dr. Predl und seine „rechte
Hand", Herr Jacobs, Rede und Antwort.
Und wie immer folgte auch diesmal zuerst
ein informativer Einführungsvortrag.
Das Berliner Straßenbahn-Netz umfaßt
181,6 km, auf dem 28 Tageslinien unterwegs
sind. An einem Werktag werden ca.
450.000 Personen befördert. Die Straßenbahn
verkehrt zu 58 Prozent auf eigenem
Bahnkörper. Der Wagenpark umfaßt 105
GT6-Niederflurfahrzeuge und 452 modernisierte
Tatrazüge. Noch in diesem Jahr
werden die ersten fünfzehn Zweirichtungsfahrzeuge
eintreffen. Zuerst will
man damit die demnächst direkt zum U-Bahnhof
Warschauer Straße verkehrende
Linie 20 ausrüsten.
Über Komfort für die Fahrgäste wird sich
verbessern: Bei künftigen Neulieferungen
denkt man an den Einbau von Klimaanlagen
auch für die Fahrgäste. Über mehr
Komfort können sich demnächst die
Köpenicker freuen: Die Linie 26 wird mit
Niederflurfahrzeugen bedient.
Neue Strecken
Ein wichtiges Thema sind neue Strecken:
Höchste Priorität hat die Verlängerung der
20 zum U-Bahnhof Warschauer Straße.
Hier soll noch in diesem Sommer mit der
Verlegung der Gleise begonnen werden.
Die Inbetriebnahme könnte, wenn alles
gut geht, im Mai 2000 erfolgen. Weiterhin
steht die Verbindung vom Prenzlauer Tor
bis Alexanderplatz (Linie 1) ganz oben auf
der Liste, auch hier könnte im Idealfall im
Jahr 2000 der Fahrgastverkehr aufgenommen
werden. Ebenfalls nicht vergessen
wurde die Müggelheimer Straße, hier soll
es bald mit dem Bauen losgehen. Die Verlängerung
nach Buchholz verzögert sich
nach 2000. Ebenfalls im Zeitplan
hinterher hinkt die Anbindung der Wissenschaftsstadt
in Adlershof. Doch das
muß kein Schaden sein, hier will man vor
allem die Umsteigeverbindungen noch
besser planen. In Kürze wird die Strecke in
der Dörpfeldstraße zweigleisig ausgebaut.
Die Verlängerung in der Invaliden- und
Bernauer Straße ist für das Jahr 2002
geplant.
Die Redner betonten, wie wichtig der
Alex für die Straßenbahn ist. Er ist der
meistgenutzte Umsteigepunkt für Fahrgäste.
Seit Ende Mai fahren hier bis zu
dreißig Bahnen stündlich und Richtung!
Was geschieht
im Streckennetz?
Das Modernisierungsprogramm kommt
gut voran. 167 km Einfachgleis sind erneuert
und die wichtigsten Sanierungsvorhaben
wurden geschafft. Bis 2003 soll das
Programm abgeschlossen sein.
Der Unternehmensbereich Straßenbahn
muß rationalisieren. Das geschieht unter
anderem durch eine verbessere Organisation
und ausgeklügelte Dienstpläne.
Momentan wird das sogenannte Rechnergestützte
Betriebsleitsystem (RBL)
eingeführt und nach Und nach auf verschiedenen
Linien eingesetzt. Höhere
Fahrplantreue und bessere Fahrgastinformation
sollen die Folge sein.
Das Angebot bleibt nach dem Fahrplanwechsel
unverändert. Im Klartext: Es wird
im Fahrplan 1999/2000 keine Ausdünnungen
geben.
Beschleunigung
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Bauen und Fahren am U-Bahnhof Hellersdorf. Foto: Frank Brunner |
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Interessant waren die Ausführungen zur
Straßenbahnbeschleunigung. Bekanntermaßen
hat die BVG im vorigen Frühjahr
den Finanzierungsvertrag mit dem
Berliner Senat unterzeichnet. Die Linie 6
ist zuerst an der Reihe. Derzeit werden
fast alle Lichtzeichenanlagen zwischen
Platz der Vereintenen Nationen und
Hellersdorf umgebaut bzw. modifiziert.
Zum Fahrplanwechsel im Mai 1999 sollen
die Bahnen um einige Minuten schneller
fahren. Die Bevorrechtigung geschieht
durch intelligente Ampeln, die von den
Straßenbahnen über Funk, Weichenkontakten
und Induktionsschleifen angesteuert
werden. In Computersimulationen
hat man herausgefunden, daß damit
keine Beeinträchtigung des motorisierten
Individualverkehrs verbunden ist.
Ebenfalls noch im Jahr 1999 sollen die
Straßenbahn-Linien 1, 2, 3, 4, 8 und 23
(später die restlichen Linien) an die Reihe
kommen. Insgesamt werden bis zum
Jahre 2001 rund 250 Lichtzeichenanlagen
umgebaut bzw. modifiziert. Die Durchschnittsgeschwindigkeit
von 17,4 soll auf
21 km/h und mehr heraufgesetzt werden.
Der Wermutstropfen: Der Innenstadtbereich
bleibt von der Beschleunigung
weitgehend ausgeklammert.
Viele Fragen
der Fahrgäste
Wie jedes Jahr gab es unzählige Fragen
von den Anwesenden. Ein Fahrgast wollte
wissen, warum man die staugeplagte 23
nicht wie in alten Stadtplänen angegeben
durch die Gustav-Adolf-Straße leitet. Die
Prenzlauer Promenade sei im Berufsverkehr
schließlich regelmäßig dicht. Die Antwort
kam prompt: Diese Linienführung
würde den Knotenpunkt so komplizieren,
daß die Durchlaßfähigkeit dramatisch
sinkt. Wer die Situation an der Ecke
Schönhauser Allee/Danziger Straße kennt,
weiß, worum es geht.
Was aus den alten Streckenverlängerungsplänen
Riesaer Straße bis Mahlsdorf
geworden sei. Diese ist inzwischen als unrentabel
eingestuft, und „unrationelle
Straßenbahn-Projekte nutzen weder der
Straßenbahn noch den Fahrgästen."
Mehrere Fahrgäste fragten, warum die
Bahn über den Alex nur in Schrittgeschwindigkeit
fahren darf. Aber hier
ließen die Straßenbahn-Chefs keinen
Zweifel, daß es bei dieser Geschwindigkeit
bleibt. Und das ist auch aus politischen
Gründen klug. Solange Staatssekretäre
wie Hans Stimmann die Alex-Straßenbahn
als schädlich für die urbane Qualität bezeichnen
und Zitate wie „Alle zwei
Minuten fahren jetzt Straßenbahnen mitten
durch die Passanten" veröffentlichen
(Berliner Morgenpost vom 10. Mai 1999),
ist das mehr als angebracht.
Ein Fahrgast wünschte sich eine Verlängerung
der 23 bis zur Beusselstraße. Ein
anderer gab eine interessante Anregung
in bezug auf die Fahrplangestaltung an
stark befahrenen Haltestellen. Wer heute
beispielsweise von Weißensee zum Alex
fahren möchte, muß im Extremfall drei
Fahrpläne studieren, um die nächstfolgende
Bahn herauszufinden. Der Besucher
schlug für parallel verkehrende Linien
„Kombi-Fahrpläne" vor. Ein Plan (statt
drei) soll alle Abfahrtszeiten der Linien
aufführen. Dem Fahrgast mit Ziel Innenstadt
sei es egal, ob er die 2, 3 oder 4
nimmt. Dieser Vorschlag wurde mit
Interesse aufgenommen, er wird derzeit
geprüft.
Beim Thema Lärmbelästigung gerieten
vor allem die Niederflurwagen ins Kreuzfeuer
der Kritik. Betroffen seien vor allem
Anwohner der Konrad-Wolf-Straße und
Langhansstraße Dr. Predl mußte einräumen,
daß es derzeit ein noch
unerforschtes Phänomen bei den GT6-Zügen
gebe: Die sogenannte
Polygonbildung an den Rädern. Es werde
aber derzeit intensiv an der Verminderung
des Lärms gearbeitet, dazu existiert sogar
ein Forschungsprojekt.
Ein anderer Fahrgast wollte wissen, wie
es um die Zukunft weniger gut ausgelasteter
Straßenbahnstrecken bestellt sein.
Die Frage nach möglichen Einstellungsplänen
beantwortete Dr. Predl mit einem
kategorischen Nein. IGEB
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