Der bis Ende 1999 amtierende Senat tat bekanntlich
nichts für die Berliner Straßenbahn.
Insbesondere sinnvolle Streckenverlängerungen
wurden nach Kräften verschleppt
und blockiert. Eines der wenigen Straßenbahnprojekte,
die wenigstens planerisch vorbereitet
wurden, ist der Neubau einer Strecke
in der Müggelheimer Straße am Rande der
Altstadt von Köpenick. Wobei es sich auch
bei diesem Projekt erwartungsgemäß/genaugenommen
lediglich um die Verlegung einer
bestehenden Strecke handelt: die romantische
Trasse in der Altstadt durch die schmale
Grünstraße - inklusive der in Berlin besonderen
Gleisverschlingung an der Kreuzung mit
der Kiezer Straße - soll aufgegeben und
durch einen ca. 350 m langen Neubauabschnitt
im Zuge der Müggelheimer Straße
ersetzt werden.
Auf den ersten Blick erscheint diese Maßnahme
nicht besonders sinnvoll zu sein, da
die Strecke durch die Grünstraße für die Straßenbahn
unproblematisch und der Schloßplatz
für die Fahrgäste ohne das Überqueren
irgendwelcher Straßen erreichbar ist. Allerdings
ist diese Trasse nur in einer Richtung
befahrbar, während die geplante Streckenverlegung
zweigleisig realisierbar ist und somit
die Möglichkeit bietet, auch eine Linienführung
von Wendenschloß bzw. Krankenhaus
Köpenick nach S Spindlersfeld/S Adlershof
einzurichten - ein Vorhaben, das gegenwärtig
aufgrund der zeitaufwendigen
Altstadtumfahrung unmöglich ist.
Erwartungsgemäß verfolgte die Bahnbau-Abteilung
des Senats auch bei diesem Vorhaben
mit besonderem Eifer die fahrgastfeindlichste
Planungsvariante. So war vorgesehen,
die Inseln der Haltestelle Schloßplatz,
die sich in Zukunft im Mittelstreifen der
Müggelheimer Straße befinden werden, um
fast 80 m gegeneinander versetzt anzulegen,
um dem Autoverkehr an der Einmündung
der Straße Alt-Köpenick in die Müggelheimer
Straße keine Fahrspur abzunehmen. Das hätte
insbesondere zur Folge gehabt, daß Fahrgäste
aus der Kiezer Vorstadt die Haltestelle
Richtung S Spindlersfeld/S Adlershof nur
nach einem Umweg von über 400 m erreicht
hätten: ihnen wäre zugemutet worden, bis
zur Kreuzung Müggelheimer Straße/Alt-Köpenick
zu laufen, dort die Straße zu überqueren
und dann 80 m zurückzulaufen.
Dieses Problem ist im Planfeststellungsverfahren
ausgeräumt worden. Insbesondere
auch dank des Einsatzes der Planungsabteilung
der Straßenbahn bei der BVG wurde die
gewünschte Auseinanderziehung der H-Inseln
zu den Akten gelegt.
Ein Ärgernis, das aber nach wie vor besteht,
ist die Weigerung des Aufgabenträgers,
sofort auch das zweite, westwärts
führende Gleis (Richtung S Spindlersfeld/S
Adlershof) anzulegen. Diese Maßnahme
wird unerklärlicherweise in einen Zusammenhang
mit der geplanten Neubaustrecke
zum Müggelschlößchenweg gebracht und
also auf den St. Nimmerleins-Tag verschoben.
Das durch diese Streckenverlegung
(auch die „Neubaumaßnahme" Müggelschlößchenweg
ist nicht wirklich eine) erschließbare
zusätzliche Potential ist minimal.
Daher ist das Junktim unverständlich. Als ob
Fahrgäste der existierenden Strecken aus
Wendenschloß und vom Krankenhaus Köpenick
kein Interesse daran haben könnten,
schnellstmöglich den nächstgelegenen S-Bahnhof
Spindlersfeld zu erreichen! Die Zahlen
der Umsteiger von der 62 auf den Bus
167 - der diese Relation bedient, aber jämmerlich
im Stau verendet - sprechen eine andere
Sprache.
Ein nach wie vor ungelöstes Problem stellt
offensichtlich die Forderung dar, den Gleiskörper
der Neubaustrecke als Fahrspur für
Busse auszubilden. Planer, die den Menschen
ansonsten bedenkenlos rund um die Uhr tosenden
Autoverkehr zumuten, erkannten
plötzlich ihre Vorliebe für den Schallschutz
und forderten ein Grüngleis, das aber einer
Nutzung als Busfahrweg entgegensteht.
Trotzdem wurde im Laufe des Planfeststellungsverfahrens
entschieden, die Trasse zukünftig
auch für Busse zu nutzen. Dies würde
aber neue schallschutztechnische Gutachten
und eine erneute Auslegung der Pläne
notwendig machen. Um noch bis Ende des
Jahres mit dem Bau beginnen zu können -
nach acht Jahren Nichtstun ist jetzt plötzlich
Eile angesagt -, wurde ein Verfahrenstrick
aus dem Hut gezaubert: das zweite (westwärts
führende) Gleis und die Ausgestaltung
der Trasse als Busfahrweg werden aus diesem
Verfahren herausgenommen, um sie
später (St. Nimmerleins-Tag, s.o.) planfeststellen
zu können. Immerhin sollen jetzt
die Masten und Bahnsteigkanten so angeordnet
werden, daß sie einer späteren Busspur
nicht im Wege stehen.
In der Erörterungsveranstaltung wurde
deutlich, daß nicht nur die behaupteten
emmissionsrechtliche Gründe der Bustrasse
im Augenblick entgegenstehen, sondern
weit handfestere Bedenken eine Rolle spielen:
das für Verkehrsregelung (Ampeln) zuständige
Referat ist nämlich besorgt, daß die
seitliche Herausführung der Busse auf den
Mittelstreifen den MIV unzumutbar behindern
könnte. Man fordert deshalb die Zurückstellung
dieser Maßnahme bis zur Fertigstellung
der Altstadtumfahrung Köpenick
(TVO, Brücke Wuhlheide-Spindlersfeld). Und
somit werden auch zukünftig Busse 30 Minuten
im Stau stehen, anstatt auf einem
Sonderfahrstreifen zügig an diesem vorbeizufahren.
Wenn dann eines fernen Tages die
Straßen dank Brückenneubau „entlastet"
sind, dann erhalten sie plötzlich eine
Sonderspur... IGEB,
Abteilung Stadtverkehr
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