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Am 1. Juli 2000 wird die 16 Kilometer lange
Schienen- und Straßenverbindung
über den Öresund zwischen Kopenhagen und
Malmö offiziell für den Verkehr freigegeben. Am 2. Juli erfolgt
dann die Betriebsaufnahme des planmäßigen Zugverkehrs.
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Können internationale Verbindungen - wie hier IR 316 (Berlin - Malmö) bei der Einfahrt in Eberswalde Hbf - wirklich nur mit finaziellen Verlusten aufrechterhalten werden? Nicht überzeugen können hier entsprechende Aussagen der DB AG. Wie vertragen sich die in den letzten Jahren in diesem Bereich vorgenommenen Einschränkungen eigentlich mit dem Sinn eines Dienstleistungsunternehmens? Foto: Christian Schulz,Mai 2000 |
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Die feste Verbindung wurde in siebenjähriger
Bauzeit durch eine Kombination von
Tunnel-Insel und Brücke hergestellt; bei
letzterer handelt es sich um eine doppelstöckige
Konstruktion (oben Straßen-, unten Schienenverkehr),
wobei die Bahnstrecke
zweigleisig ausgeführt wurde und
Geschwindigkeiten von 200 km/h für Reise-
und 120 km/h für Güterzüge zuläßt.
Die Öresundverbindung wurde dabei mit
dem in Dänemark üblichen System 25 kV,
50 Hz elektrifiziert, die Trennstelle zum
schwedischen System (15kV, 16,7 Hz) liegt
auf schwedischer Seite bei Lernacken. Somit
ist der Einsatz von 2-System-Fahrzeugen
erforderlich.
Die Fahrzeit zwischen Malmö C und Kopenhagen
Flughafen ist mit 20 Minuten,
zwischen Malmö C und Kopenhagen H
mit 33 Minuten vorgesehen.
Entwicklung des Bahnangebotes Berlin - Dänemark/Schweden
Zur Zeit gibt es zwischen Berlin und Malmö
eine umsteigefreie Tages- (IR 316/317)
und eine Nachtverbindung (D 318/319).
Die Tatsache, daß das InterRegio-Zugpaar
seit 28. Mai 2000 ab/bis Leipzig verkehrt,
kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen,
daß dieses Zugangebot in seinem
Bestand akut gefährdet ist. Unverständlich
ist dies vor dem Hintergrund, da bis 1999
eine positive Entwicklung des Reisendenaufkommens
zu verzeichnen war. Als
Grund für die Einstellungspläne - vorerst
speziell der Nachtzugverbindung - wird
seitens der Bahn einmal mehr die nicht
ausreichende Wirtschaftlichkeit angführt.
Originalton DB AG: Die Ursache dafür liegt
einerseits in der über das gesamte Jahr betrachtet
niedrigen Auslastung dieser Züge,
andererseits an den hohen Produktionskosten
durch die Fährüberfahrt (Trajektierungs- und Hafenkosten).
Damit dürfte sich bei der DB AG die wenig
kundenfreundliche Tradition fortsetzen,
internationale Direktverbindungen
nach und nach einzustellen.
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Links im Bild ist die alte Verbindung zwischen Berlin und Malmö (431 km) zu sehen, rechts die von der DB AG gepriesene neue Strecke über Flensburg. Zeichnung: Karl-Heinz Gräßer |
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Bereits im September des Jahresfahrplanes
1997/98 war die Direktverbindung
Berlin - Hamburg - Kopenhagen mit
EC 182/183 eingestellt worden, bereits zuvor
die traditionelle Verbindung über
Warnemünde - Gedser. Das gegenwärtige
Dilemma in dieser Relation wird auch bei
einem Fahrzeit- bzw. Fahrpreisvergleich
Bahn/Linienbus deutlich:
Eisenbahn
Reisezeit ab Berlin Ostbahnhof:
7 Stunden, 44 Minuten
(Übergangszeit in Hamburg Hbf über eine
halbe Stunde!).
Fahrpreis (Normaltarif) für die einfache
Fahrt, 2. Klasse: 202 - DM.
Linienbus
Reisezeit ab Berlin, ZOB am Funkturm:
7 Stunden, 45 Minuten
(Direktverbindung!).
Fahrpreis (Normaltarif) für eine einfache
Fahrt: 65,- DM.
Diesem Vergleich liegt dabei der Jahresfahrplan
2000/2001 der Bahn und der Linienbus-Sommerfahrplan 2000 zugrunde.
Direktverbindung
Berlin - Flensburg - Kopenhagen - Malmö als
Fahrgastfreundliche Alternative?
Die feste Öresundverbindung wird eine
durchgehende Schienenverbindung Berlin
- Hamburg - Flensburg - Kopenhagen
- Malmö ermöglichen. In der Praxis stellt
ein derartiger Laufweg jedoch einen erheblichen
Umweg dar mit der Folge eines
entsprechend unattraktiven Fahrpreisniveaus.
Zwischen Hamburg und Kopenhagen
wird diese Verbindung zur Zeit vom
Nachtzugpaar EN 482/483 genutzt. Auch
eine Umsteigeverbindung Zug - Fährschiff
-Zug/Bus entspricht - insbesondere zur
Verbindung europäischer Großstädte -
absolut nicht den Forderungen des Marktes.
Bei der gegenwärtigen recht schwachen
Qualität des Bahnangebotes wird zumindest
teilweise wichtiges Kundenpotential
freiwillig der Konkurrenz überlassen.
IGEB-Vorschläge zur
Attraktivitätssteigerung des
Bahnangebotes Berlin - Dänemark/Schweden
Vor dem Hintergrund des Zusammenwachsens
der europäischen Länder ist ein
Ausbau der Verbindungen mindestens
zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit
dringend erforderlich. Aufgrund dieser
Tatsache werden folgende Maßnahmen
vorgeschlagen:
- Schaffung einer Nachtverbindung
Berlin - Kopenhagen
Als sinnvolle Maßnahme bietet es sich hier
an, das bestehende Nachtzugpaar D 318/319
(Berlin - Malmö) um eine Wagengruppe
Berlin - Kopenhagen (über die
neue Öresundquerung) zu erweitern.
- Direktverbindung Berlin - Stockholm
Wünschenswert wäre die Verlängerung
des Nachtzugpaares D 318/319 zur Herstellung
dieser Direktverbindung.
- Qualitätsverbesserung der Nachtzugverbindung D 318/319
Deutlich kundenfreundlicher kann diese
Verbindung durch den Einsatz modernisierter
Fahrzeuge, zur Service-Verbesserung
zusätzlich auch eines Speisewagens,
werden. Speziell auf den innerdeutschen
Strecken wurde mit dem modernen
Nachtzug-System auf diese Weise erfreulicherweise
ein erheblich höheres Komfortniveau
realisiert.
- Führung aller Züge der Relation Berlin - Malmö
über die Stadtbahnstrecke
um eine kundenfreundliche Erschließung
Berlins sowohl mit dem Tages- als auch
mit dem Nachtzugpaar zu gewährleisten,
ist die Führung über die Stadtbahnstrecken
notwendig (ab 18. Mai 2000 verkehrt
ausgerechnet das akut einstellungsgefährdete
Nachtzugpaar D 318/319 ab/bis Berlin-Lichtenberg!)
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Kursbuch der Deutschen Reichsbahn, Jahresfahrplan 1990/1991. Sammlung: IGEB-Archiv |
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Wiedereinführung von direkten Tagesverbindungen
Berlin - Kopenhagen
Da es bislang versäumt wurde, die Eisenbahnstrecke
Berlin - Rostock- (Warnemünde)
für 160 km/h auszubauen, weiterhin
in Anbetracht der stillgelegten Fährinfrastruktur
in Warnemünde, wird der alternative
Laufweg Berlin - Wittenberge -
Buchen - Ratzeburg - Lübeck - Puttgarden - Kopenhagen
vorgeschlagen. Ein
Grundangebot von täglich zwei Zugpaaren
sollte in dieser Relation verkehren.
Um attraktive Reisezeiten und einen hohen
Komfort zu ermöglichen, müssen in
diesem Fall Dieseltriebwagen zum Einsatz
kommen. Der DB AG stehen hier zur Zeit
für den Fernverkehr ausschließlich die vierteiligen
Diesel-ICE-T der Baureihe 605 (mit
Neigetechnik) zur Verfügung. Der Einsatz
dieses Fahrzeuges hätte dabei den Vorteil,
daß die zulässige Höchstgeschwindigkeit
von 200 km/h nach realisiertem Ausbau
der Strecke Berlin - Hamburg optimal genutzt
werden kann.
Die Gleislänge der seit 1997 zwischen
Puttgarden und R0dby eingesetzten
Doppelend-Fährschiffe ist mit 118 Meter
für die Trajektierung dieses Fahrzeuges
ebenfalls ausreichend bemessen. Nicht
unterschätzt werden darf auch die Tatsache,
daß bei Verwirklichung dieser Lösung
die Ferieninsel Fehmarn aus der Region
Berlin endlich für Bahnnutzer attraktiv zu
erreichen wäre.
Perspektivisch fügt sich ein derartiges
Angebot auch in die Pläne einer festen
Fehmarnbelt-Querung ein.
- Tarifliche Maßnahmen
Unerläßlich sind gezielte tarifliche Sondermaßnahmen
(eventuell mit zeitlichen Einschränkungen),
um ein qualitativ verbessertes
Bahnangebot zu stützen. Dies muß
natürlich in Zusammenarbeit mit den Dänischen
(DSB) und Schwedischen Eisenbahnen
(SJ) geschehen. Ohne derartige
Maßnahmen besteht die Gefahr, daß die
Bahn in der Tat zum Luxusverkehrsmittel
wird.
IGEB, Abteilung Fernverkehr
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