Demgegenüber kommt dem Interregio-System
erhebliche Bedeutung bei der
Anbindung kleinerer Städte und Erschließung
wichtiger touristischer Regionen,
wie zum Beispiel Allgäu, Schwarzwald
oder Ostseeküste, zu. Auch die wirtschaftliche
Bedeutung für die Deutsche
Bahn AG ist beachtlich, da mit dem Interregio
in 1999 ein beachtlicher Umsatz von
über 1,5 Milliarden DM erzielt wurde.
Mehr Verkehr auf die Schiene?
Bei der Diskussion um die Zukunft des
Interregio-Systems muß berücksichtigt
werden, daß es ein wesentliches Ziel der
Bahnreform ist, mehr Verkehr auf die
Schiene zu lenken. Wie dies in der Praxis
aussehen soll, davon ist seitens der Deutschen
Bahn AG leider nur wenig zu hören.
Stattdessen werden von Bahnchef
Mehdorn die seit Jahrzehnten bekannten
Konzepte (Angebotseinschränkungen,
Streichung von Halten, Demontage der
vorhandenen Infrastruktur, Personalabbau)
fortgeführt, nunmehr allerdings in
verschärfter Form. Ein nachhaltiger Erfolg
bezüglich der Gesundung der Bahnfinanzen
ist bekanntlich stets ausgeblieben.
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Auf der Berliner Stadtbahn wird der hochwertige Fernverkehr weiter eingeschränkt, wenn fast alle Interregios gestrichen werden und dafür Regionalexpreß-Züge fahren. Ob es ein so schöner Reisebeginn ist, mit Koffern bepackt im RE zu sitzen und mehrmals umsteigen zu müssen? Foto: Marc Heller, Mai 1998 |
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Wo bleiben endlich unternehmerische
Kreativität und offensive Strategien, um
mehr Kunden in die Züge zu locken bzw.
zur Zeit ungenutzte Kapazitäten auszulasten?
Angesichts chronisch überlasteter
Straßen kann es an fehlenden Potential
kaum liegen.
In keiner Weise akzeptabel ist die von
Herrn Mehdorn in diesem Zusammenhang
vertretene Auffassung der Aufgabenverteilung:
Was Gewinn macht, ist
Fernverkehr; was Verluste bringt, ist Regionalverkehr
und fällt damit in die Zuständigkeit
der Bundesländer.
Beim Interregio-Angebot rächt sich
jetzt, daß es seit seiner Einführung im
Jahr 1988 keinerlei Produktpflege bzw.
Produktverbesserungen gegeben hat. Im
Gegenteil: Den Bistro-Wagen findet man
beispielsweise immer häufiger in IC-Garnituren
statt als Service im Interregio, wo
er gestrichen wird. Eine Verbesserung der
Produktqualität hat es beim Intercity dagegen
regelmäßig gegeben - erinnert sei
an die Einführung des doppelklassigen IC-Systems
1979, die Beschleunigungsmaßnahmen
1985 („IC '85") und schließlich
die andauernde Umstellung auf ICE.
Einschränkungen beim
Interregio:
Die Folgen für die Bahnkunden
Der geplante Kahlschlag wird gravierende
Nachteile bringen, was von der Deutschen
Bahn AG verschleiert wird:
- Keine durchgehenden, umsteigefreien
Verbindungen (zum Beispiel in typische
Urlaubsregionen; völlig unbefriedigend
ist dies für Familien, ältere
Kunden und Urlaubsreisende mit
Reisegepäck).
- Verkappte Fahrpreiserhöhungen
durch fehlende Alternativen zu den
dann ausschließlich bestehenden
Fernverbindungen mit ICE-Zügen
(Ausnahme: Nachtzugangebot).
- Komforteinbußen in Relationen, auf
denen künftig ausschließlich Regionalzüge
verkehren (diese Tatsache
wird alleine beim Vergleich der Sitzplätze
deutlich: IR-Wagen 2. Klasse -
Bauart Bimz - : 60 Sitzplätze. RE-/RB-Wagen
2. Klasse - Bauart Byu -: 84
Sitzplätze). Selbst die modernen klimatisierten
„RE160"-Doppelstockwagen
weisen eine sehr dichte Sitzplatzanordnung
und viel zu wenig
Beinfreiheit auf - nicht gerade fahrgastfreundlich
und sehr anstrengend
für eine dreistündige Fahrt zur
Ostsee. Außerdem gibt es so gut wie
keinen Platz, Gepäck in Sichtweite
zu verstauen. [Anmerkung: Inzwischen
reagierte die DB AG auf entsprechende
Proteste der Fahrgastverbände.
Die RE-Züge an die Ostsee
werden mit den IR-Garnituren gefahren.]
- Keine Reservierungsmöglichkeit in
den Zügen des Nahverkehrs. Kristisch
ist dies besonders auf Fernstrecken,
die zukünftig durch Nahverkehrszüge
bedient werden.
- Serviceverluste durch Wegfall der
Zugbewirtschaftung auf Strecken
ohne IR-, IC- bzw. ICE-Angebot.
- Durch Auflösung des 2-Stunden-Taktes
bzw. Reduzierung des Angebotes
auf einzelne durchgehende Interregio-Verbindungen
(zum Beispiel Berlin
- Stralsund) entfällt die leichte
Merkbarkeit des Fahrplans für Bahnkunden.
Dies war unter anderem
aber gerade Zweck bei der Einführung
des IR-Systems bzw. Ersatz des
bis dato bestehenden D-Zug-Angebotes.
IGEB-Vorschläge zur
Verbesserung des
Interregio-Angebotes
Beschleunigung durch
den Ausbau der Infrastruktur
Derzeit leidet die Qualität des Interregio-Angebotes
erheblich unter den Infrastrukturmängeln
und ist damit kein Interregio-typisches Problem. Ein extremes
Beispiel hierfür ist die 90 Kilometer lange
Strecke Erfurt - Gera, für die der Interregio
heute 100 Minuten braucht!
Im Raum Berlin/Brandenburg kommt
dem Ausbau der Strecken zwischen Berlin
und Rostock und Berlin - Pasewalk - Stralsund
für 160 km/h besondere Bedeutung
zu, um zwischen Berlin und der Ostsee
endlich attraktive Fahrzeiten zu ermöglichen
(Fahrzeit heute jeweils rund drei
Stunden). Die mittlerweile getroffene Entscheidung
zum Ausbau Berlin - Rostock
kommt leider um Jahre zu spät!
Einsatz
innovativer Fahrzeuge
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Mehr Umsteigen durch den Wegfall von Interregio-Direktverbindungen, höhere Fahrpreise durch den Zwang der ICE-Benutzung auf überregionalen Verbindungen. Dies entspricht wohl kaum einem Konzept, das die Bezeichnung marktorientiert verdient. Auf dem Foto IR 2373 auf der Fahrt nach Chemnitz auf dem südlichen Berliner Außenring. Foto: Christian Schultz, Dezember 2000 |
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Sicherlich ist die Modernisierung des Wagenparks
eine Möglichkeit, das Angebot
attraktiver zu gestalten. Nachteilig ist bei
den derzeit üblichen lokbespannten Zügen,
daß einerseits ein Interregio mit
neun Wagen zum Beispiel im Abschnitt
Berlin - Cottbus nur schwer ausgelastet
werden kann, andererseits die Bildung
von Flügelzügen betrieblich viel zu aufwendig
und mit hohem Zeitaufwand verbunden
ist. Wesentlich effektiver ist dagegen
in vielen Relationen der Einsatz von
Triebwagenzügen. Während in den vergangenen
Jahren für den Regionalverkehr
etliche Baureihen neu entwickelt wurden,
beschränkte sich diese Entwicklung im
Fernverkehr leider auf den ICE. Da die
Konstruktion einer weiteren Fahrzeugbaureihe
allerdings vergleichsweise zeitaufwendig
ist, wird die Nachbestellung
der heutigen, mit Neigetechnik ausgerüsteten
ICE-T-Baureihen 415 (fünfteilig,
derzeit elf Stück im Einsatz) und 411 (siebenteilig,
derzeit 32 Stück im Einsatz)
vorgeschlagen, nunmehr aber für den
Einsatz als Interregio.
Die Vorteile für eine solche Lösung zeigt
die Interregio-Linie 36 Frankfurt am Main
- Berlin - Stralsund):
- kürzere Fahrzeiten auf den für bogenschnelles
Fahren hergerichteten
Streckenabschnitten,
- günstige Anpassung der Kapazität
auf den Abschnitten mit geringerer
Nachfrage durch die Bildung von
Flügelzügen: Flügelzug 1 fährt von
Berlin Ostbahnhof nach Rostock Hbf,
Zugteil 2: von Berlin Ostbahnhof -
Pasewalk - Stralsund.
Eine vergleichbare Angebotsform ist auch
für die Interregio-Linie 14 (Norddeich -
Hannover - Berlin - Cottbus) sinnvoll. Hier
ist eine Flügelung ebenfalls in Berlin Ostbahnhof
zur Bedienung der beiden Relationen
nach Cottbus und Chemnitz erforderlich.
Attraktive Tarifangebote
Um speziell die schwächer genutzten Interregio-Linien,
die aber für ein Funktionieren
des ganzen Netzes unverzichtbar
sind, besser auszulasten, sind auch attraktive
Tarifangebote notwendig. Besonders
für den Gelegenheitsfahrgast und für Familien
ist das gegenwärtige Tarifniveau im
Vergleich mit dem Pkw zu hoch! In diesem
Zusammenhang ist nicht nachvollziehbar,
weshalb die Deutsche Bahn AG
das Ostsee-Ticket ausgerechnet zum
5. November 2000 storniert hat - zu einer
Jahreszeit, in der die Auslastung der Züge
saisonbedingt niedriger ist und eine
gleichmäßigere Kapazitätsauslastung
durch die Fortführung dieses Angebotes
hätte erreicht werden können. Auch das
„Schöne-Wochenend-Ticket" sollte gegen
einen Zuschlag im Interregio gültig sein.
Teilfinanzierung durch
die Bundesländer
Zweifellos werden auch Aufgaben des
Regionalverkehrs durch den Interregio
erfüllt. Wieso sollen die Bundesländer
nicht auch einen Teil der Kosten mittragen?
Entscheidend für die Bestellung von
Zugleistungen sind Zugfrequenz in einer
Relation, Qualität des Angebotes, Zuverlässigkeit
und Pünktlichkeit. Die Zugehörigkeit
zu einer Produktklasse kann nicht
das entscheidende Kirterium sein! Auch
auf einigen Relationen in Berlin/Brandenburg
wäre ein höheres Komfortniveau
durch den Interregio wünschenswert.
Verbesserung der
Serviceleistungen
Neben dem weitgehenden Erhalt von Bistrowagen
in Interregio-Zügen (eigentlich
ein Produktmerkmal!) muß mindestens
jedoch der Minibar-Service gewährleistet
sein. Dringend erforderlich sind logistische
Verbesserungen, damit das komplette
Angebot über den gesamten Laufweg
des jeweiligen Zuges vorgehalten werden
kann.
Werbung
für den Interregio
Für ein Produkt muß man werben! Für
den Interregio wirbt die Deutsche Bahn
AG allerdings bereits seit Jahren nicht
mehr. Fernverkehr besteht bei der Deutschen
Bahn AG fast immer (auf Hochglanzplakaten)
aus dem ICE. IGEB,
Abteilung Fernverkehr
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