Brandenburg

Volle Busse auch nach Hennigsdorf

Gibt es innerhalb des Berliner Stadtgebietes oft genug Grund, über überfüllte Busse und 20-minütigen Taktabstand zu klagen, gehen die wirklichen Probleme an der Stadtgrenze erst richtig los.

Der Normalfall jenseits der Berliner Wohnbebauung: frühabendlicher Betriebsschluss, kein Fahrtenangebot am Wochenende, nicht vertaktete Einzelfahrten oder 2-Stunden-Taktfolgen. An den immer stärker verstopften Ausfallstraßen aus dem Stadtgebiet kann man die Folgen derartiger Handlungsweise gut ablesen. Ein Aufhalten dieser Spirale ist leider nicht zu erwarten, denn die grenzüberschreitenden Linien müssen von den betroffenen Landkreisen mitfinanziert werden. Die aber interessiert der Autostau in Berlin wenig (schließlich hat man eigene Probleme) und Geld ist nicht da.

Also gibt es in der Regel ein Minimalangebot: Schülerfahrten, mal eine Einkaufsfahrt oder zu den öffentlichen Ämtern in die Kreisstadt und eben auch ein wenig nach Berlin. Schließlich soll niemand sagen dürfen, es gäbe kein Fahrtenangebot (siehe Signal 8/2000 : „Ist der radikale Niedergang des ÖPNV im Berliner Umland aufzuhalten?").

Bei dieser Bilanz steht die Linie 136 von Berlin-Spandau nach Hennigsdorf gar nicht mal so schlecht da. Diese gemeinsam von der BVG und OVG betriebene Linie wird werktags im Früh beruf sverkehr und ab mittags im 30-Minuten-Takt betrieben, sonst alle Stunde. Am Wochenende wird sogar bis ca. 23 Uhr ein 60-Minuten-Takt angeboten. Daher kommt es wohl, dass diese Linie gut angenommen wird und die Busse gut gefüllt sind. Neue Siedlungsgebiete in Nieder-Neuendorf haben sicher mit dazu beigetragen. Bisher wurden hier OVG-Gelenkbusse eingesetzt, nun aber brach auch dort (wie bei der BVG) ein Mangel an größeren Bussen aus, so dass weitgehend Standardwagen fahren. Am 15. April 2002 wurde bei drei Umläufen immerhin einer mit einem Gelenkwagen gefahren!

Eine Problematik auf dieser Linie stellt der stets sehr gut frequentierte Abschnitt auf Berliner Gebiet zwischen Rathaus Spandau und Hakenfelde dar. In diesem Bereich fährt die Linie 136 parallel zur Linie 331, die nicht ohne Grund von der BVG mit Gelenkwagen und zusätzlichen Fahrten bedient wird. Je nachdem, wie es die zufällige Reihenfolge am Rathaus Spandau ergibt, stellt sich dann die Situation ein: war vor dem 136er nach Hennigsdorf ein 331 er abgefahren, dann ist alles unproblematisch. Kommt aber der 136er vor dem 331er, strömt die gesamte dort wartende Menschenmenge für die Linien 136 und 331 in diesen Bus, der dann - zumal wenn es ein Standardwagen ist - oft schon dort überfüllt ist. An der Haltestelle Moritzstraße wiederholt sich dieser Vorgang mit der Folge, dass nicht mehr alle Fahrgäste mitgenommen werden können. Für die bis Hakenfelde fahrenden Fahrgäste ist das nicht so schlimm, der 331er folgt gleich. Dumm dran sind aber Fahrgäste, die mit der Linie 136 das Berliner Stadtgebiet verlassen wollen. Die Zurückgebliebenen müssen 30 Minuten warten.

Bus an einer Haltestelle mit vielen Fahrgästen
Bus der Oberhavel-Verkehrsgesellschaft am Rathaus Spandau. Foto: Alexander Frenzel

Ein großer Teil der Fahrgäste hat bis Aalemannufer den Bus wieder verlassen, ins Hennigsdorfer Gebiet fährt ein deutlich geringerer Teil. Erst im Hennigsdorfer Stadtgebiet füllt sich der Bus wieder, gleichwohl ist der Einsatz eines Gelenkwagens auf Grund der Berliner Problematik erforderlich. Es kann nicht sein, dass der an sich recht gute Wert dieser Umlandverbindung daran scheitert, dass nicht alle Fahrgäste Richtung Hennigsdorf mitgenommen werden können und dadurch lange Wartezeit entstehen.

Andere Lösungen außer dem richtigen Buseinsatz könnten durch die bessere Abfahrtsreihenfolge der Linien 136 und 331 am Rathaus Spandau gefunden werden. Es sollte eine entsprechende Weisung an die an der gleichen Endstelle wartenden Fahrer der Linien 331 E geben: nicht nach, sondern vor den Bussen der Linie 136 dort abzufahren. Alternativ könnte man als Lösung auch die Führung der Linie 136 als X 36 vorsehen, ohne Halt auf Berliner Stadtgebiet, mit Ausnahme von Moritzstraße, Wröhmännerpark und Werderstraße. Die Folge davon wäre allerdings, dass Fahrgäste der nicht bedienten Unterwegshaltestellen nicht mehr direkt nach Hennigsdorf fahren könnten, sondern mindestens einmal umsteigen müssten, obwohl ihr Bus direkt an ihnen „vorbeifährt". Gut ist diese Idee daher auch nicht und es bleibt nur die Möglichkeit: Gelenkbusse einsetzen oder den Takt verkürzen. Letzteres würde die beste Möglichkeit darstellen, aus einer ausreichenden eine wirklich gute Verbindung zu machen und damit beispielgebend im Umlandverkehr zu wirken.

IGEB, Abteilung Stadtverkehr

aus SIGNAL 3/2002 (Juni/Juli 2002), Seite 30

 

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