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Ist der Bevölkerungsschwund plötzlich doch
zum Stillstand gekommen? Und war um gilt
die dem Senator in Bezug auf die Straßenbahn
gekommene Einsicht, „Aus diesem
Grund kann es einen weiteren Ausbau des
Verkehrsnetzes ... nicht mehr in dem einmal
geplanten Sinne geben" (Strieder
16.März 2003) für die Autobahn plötzlich
nicht?
Berlin hat es fertiggebracht, in den fast
13 Jahren seit der Wiedervereinigung genau
eine echte Neubaustrecke für die Straßenbahn
in Betrieb zu nehmen (Bezirk Wedding,
fünf Kilometer). Alle anderen Bauten,
die die Verkehrsverwaltung mit großer Geste
in ihren „Erledigt"-Listen gerne aufführt,
waren keine echten Neubauten, sondern
gehören lediglich zum Maßnahmepaket der
Grundinstandsetzungen („Alex I") oder
waren letztendlich fragwürdige Schlenker
über Wiesen (Französisch Buchholz) im Anschluss
an bereits bestehende Strecken.
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Seit 13 Jahren die einzig wirklich neue Straßenbahn-Strecke in Berlin: vom S-Bahnhof Bornholmer Straße zum Virchow-Klinikum. Foto: Marc Heller |
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Tatsächliche Neubauten (Leipziger Straße,
Hermannplatz, Adlershof) wurden bewusst
verschleppt. Bisher war man versucht, diese
Kräfte in erster Linie bei der CDU zu vermuten,
die das Verkehrsressort jahrelang
besetzt hatte. Aber nun regieren SPD und
PDS, doch für den Berliner Straßenbahnausbau
hat sich nichts geändert. Geändert
wurde nur die Begründung des Nichtstuns:
Finanzierungsprobleme. Geht es aber um
Straßen- und Flughafenbau, scheint dieses
Argument zu verfliegen.
Besonders enttäuschend ist das Agieren
von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder
(SPD). Vor einigen Jahren engagierte er
sich noch für den vorgezogenen Einbau von
Straßenbahngleisen in der Leipziger Straße.
Heute steht er nur noch auf der Bremse, sei
es beim Straßenbahnprojekt „Alex II", sei es
beim Umbau des S-Bahnhofs Charlottenburg.
Stets begründet er es mit angeblichem
Geldmangel. Aber beim Autobahnbau
redet er plötzlich nicht mehr über Kosten
oder stagnierende Einwohnerzahlen.
Dabei muss das Land Berlin den Bau der
Bundesautobahnen mit Millionenbeträgen
mitfinanzieren, weil die Anschlussteilen allein
Sache des Landes sind. Auch wenn der
Herr Senator offensichtlich glaubt, dass nur
die Straßenbahn Folgekosten - „Wartung
der Anlagen, Betriebskosten" - nach sich
zieht, so sollte ihm ein Referent mal die Zahlen
„raussuchen", aus denen hervorgeht,
dass die Autobahnanschlüsse sich auch
nicht von allein unterhalten werden: Mit
dem Geld, das Berlin jährlich zur Sanierung
der von 40-Tonnen-Lkws zerfahrenen Autobahnen
beisteuern muss, hätte sich die
Straßenbahn über die Karl-Liebknecht-Straße
zum Alexanderplatz („Alex II") problemlos
finanzieren lassen. Aber diese Zusammenhänge
kann ein Senator offensichtlich
nicht auch noch beachten. Was Peter Strieder
den öffentlichen Verkehrsmitteln vorhält
(Zitat: „Öffentliche Verkehrsmittel können
nicht kostendeckend betrieben werden.
Jede Erweiterung des Netzes vergrößert das
Defizit der BVG."), gilt doch erst recht für
das hochdefizitäre Straßennetz, dessen Kosten
nicht einmal zu einem Drittel von den
Autofahrern bezahlt werden - die Öffentlichen
sind da inzwischen besser. Wer neue
Straßen zu Lasten des ÖV baut, beschleunigt
nichts - nur das Haushaltsdefizit.
*) frei nach John Irving
IGEB Stadtverkehr
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