Der Berliner Fahrgastverband IGEB kann
nachweisen, dass die zurzeit gestoppte Neubaustrecke
durch die Karl-Liebknecht- und
Dircksenstraße nicht nur die Fahrgastzahlen
(und damit die Einnahmen) erhöht, sondern
darüber hinaus bei besserem Angebot auch
Betriebskosten der BVG senkt - genau
das, was in diesen Zeiten wichtig ist. Alle
vorgebrachten Zwischenlösungen, die die
Dircksenstraße nicht erreichen, haben auch
nicht diesen Einsparungseffekt.
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Dircksenstraße: Viel Platz für die zweite Straßenbahn zum Bahnhof Alexanderplatz. Foto: Alexander Frenzel |
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Tabelle 1 |
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Zeichnung: F. Müller, IGEB Mai 2003 |
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Tabelle 2 |
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Tabelle 3 |
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Nur Tore setzten auf Straßen statt Bahnen zum Zentrum der Stadt. Foto: Alexander Frenzel |
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Derzeit weist das Straßenbahn-Netz in
Berlin-Mitte folgende Defizite auf (siehe
Tabelle 1):
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Aus dem Bereich Pankow/Prenzlauer Allee / Langhansstraße
ist der Alexanderplatz
nur mit Umsteigen zu erreichen.
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Alle über den Alexanderplatz fahrenden
Bahnen müssen halbleer weiter bis zur
Schleife am Hackeschen Markt fahren.
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Das Angebot auf der Chaussee- und
Friedrichstraße ist stark schwankend und
nicht abgestimmt.
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Für den Fall einer Betriebsstörung im Bereich
Hackescher Markt ist immer zugleich
der Alexanderplatz mit betroffen,
denn es gibt keine weitere Wendemöglichkeit
für die dort verkehrenden Bahnen.
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Der Verkehrsstrom über den Alexanderplatz
ist größer, als es die heute dort verkehrenden
Linien verkraften. Wegen ungenügender
Schaltung der Lichtsignalanlagen
kann die BVG aber keine weiteren
Linien zum Alex führen, wenn weiterhin
nur die eine Strecke zur Verfügung steht.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB stellt
daher fest, dass die zweite Straßenbahnstrecke
zum Alexanderplatz zugleich mit
der Gewinnung von Neukunden die oben
beschriebenen Defizite im Bestandsnetz
beseitigt. Neben einer Einnahmesteigerung
der BVG erfolgt eine Ausgabensenkung!
Die notwendigen Maßnahmen
im Einzelnen
Die Linie 1 wird auf den Abschnitt Alexanderplatz
- Heinersdorf beschränkt (Einsparung
bei verbessertem Angebot ganztags
alle 15 Minuten). Als Ersatz für die Bedienung
zum Kupfergraben wird ab Hackescher
Markt die Linie 13 genutzt (kein
Mehraufwand). Die dadurch verminderte
Fahrtenhäufigkeit zur Endstelle Schwartzkopffstraße
wird durch einen durchgehenden
10-Minuten-Takt auf der Linie 6 ausgeglichen
(ebenfalls kein Mehraufwand). Als
zweite Linie alle 15 Minuten auf der Prenzlauer
Allee kann wahlweise eine Linie 11
oder 51 eingerichtet werden, die Bilanz
bleibt in beiden Fällen besser als der heutige
Zustand (lediglich Separierung der heute
schon verkehrenden E-Wagen zum Steinberg).
Die 11 kann endlich die lang vermisste
direkte Verbindung von der Langhansstraße
zum S-Bahn-Ring und ins Zentrum herstellen.
Dafür entfällt die Linie 24, deren Ostteil
die neue 11 übernimmt. Der Westteil der 24
geht in der Verlängerung und Verdichtung
der Linie 52 auf, die zwischen Wedding und
Nordend über Bahnhof Pankow alle zehn
Minuten verkehrt. Dieses Szenario wird im
folgenden Text als „Variante Linie 11" bezeichnet
(siehe Tabelle 2).
Als Alternative zur Linie 11 bietet sich die
Einrichtung einer neuen Linie 51 an, die
wie die 11 auf der Prenzlauer Allee die heutigen
Zusatzwagen ersetzt und über die
Wisbyer Straße die Schönhauser Allee erreicht,
um mittels einer neuen Kurve, die
die BVG noch dieses Jahr baut, die Strecke
der Linie 52 zu bedienen. Bei einem in Pankow
und Nordend unveränderten Angebot
alle 15 Minuten bleibt auch die Linie 24
unverändert erhalten. Dieses Szenario wird
als „Variante Linie 51" bezeichnet.
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Tabellen 4 bis 6 |
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Foto: Alexander Frenzel |
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So lassen sich Einsparungen erzielen,
wenn in der Hauptverkehrszeit (HVZ) wegen
des hohen Aufkommens auf einen 5-Minuten-Takt
auf der Prenzlauer Allee verdichtet
wird (Linie 1 E zum Steinberg, siehe
Tabelle 3).
Geht die für das Planfeststellungsverfahren
zugrunde gelegte Konzeption von einem Betrieb
mit Zweirichtungswagen und
einer separaten Aufstellanlage in der
Rathausstraße aus, so schlägt der Berliner
Fahrgastverband vor, durch eine Block-Umfahrung
des Bahnhofs zum Wenden der
Züge eine weitere Verbilligung für die BVG
zu erzielen. Dadurch können ca. 100 Meter
Doppelgleis und mehrere Weichen gespart
werden. Außerdem sinkt durch die dann
mögliche Verwendung von Einrichtungswagen
nicht nur der Dispositionsaufwand,
weil alle Fahrzeuge auf allen Linien freizügig
einsetzbar sind und die Zweirichtungswagen
für notwendige Baustellenverkehre
zur Verfügung stehen, sondern diese Wendemöglichkeit
würde auch den anderen Linien
auf der ersten Strecke über den Alexanderplatz
im Havariefall als kurzfristig zur
Verfügung stehende Umleitungsstrecke
nützlich sein.
Die anderen oben aufgeführten Einsparpotenziale
bleiben auch dabei selbstverständlich
bestehen.
Die BVG kann aber noch mehr sparen,
wenn auch ein zweiter Vorschlag der IGEB
zur Gestaltung der Straßenbahn-Anlagen
auf dem Alexanderplatz umgesetzt wird.
Alle Fahrzeuge der Berliner Straßenbahn
sind mittlerweile technisch in der Lage, bei
der Ankunft an einer Endstelle auf Knopfdruck
des Fahrers auf eine andere Linie
überzugehen. So etwas bietet sich immer
dann an, wenn sich mehrere Linien eine
Endstelle teilen müssen und es bei einem
großen Andrang von Zügen Kapazitätsprobleme
geben würde, wenn alle eine lange
Zeit bis zur nächsten Abfahrt „ihrer" Linie
warten müssten. Nebenbei spart solch
ein Vorgehen auch noch Wagen und Personal.
Und genau diese Situation liegt am
Alexanderplatz vor: Die Endstelle für die
Linien aus der Prenzlauer Allee ist mit einem
5-Minuten-Takt dicht belegt, und bei
einer Blockumfahrung des Bahnhofs würden
sich auf dem gemeinsam mit den heute
dort verkehrenden Linien genutzten Abschnitt
noch kürzere Zugfolgen ergeben.
Dem kann die BVG entgehen, wenn sie die
Bahnen, die von der Prenzlauer Allee kommen,
am Alex die Linie wechseln lässt und
mit neuer Nummer weiter in die Greifswalder
Straße oder Landsberger Allee führt.
Neben den eben beschriebenen Einsparungen
durch die Verknüpfung selbst kommt
hier noch hinzu, dass die verknüpften „Altlinien"
um den Abschnitt Alexanderplatz -
Hackescher Markt entlastet würden, der
ohnehin nicht diese Verkehrsdichte erfordert.
Besonders die Kreuzung Spandauaer/Karl-Liebknecht-Straße
wird dadurch erheblich besser steuerbar.
Für eine solche Verknüpfung kommen
also nur Linien in Frage, die nicht über den
Hackeschen Markt hinaus fahren, also die 2,
3, 4 und 5. Es gibt auch hier wieder zwei
Varianten (siehe Tabellen 4 bis 6), als
Variante 2 + 4 und als 5 + 15 bezeichnet, die
allerdings beide eine wichtige Voraussetzung
erfüllen müssen: alle Abfahrten in die
gleiche Richtung müssen von derselben
Haltestelle erfolgen. Es ist den Umsteigern
aus dem Bahnhof nicht zuzumuten, an zwei
Seiten des Gebäudes gleichzeitig nachsehen
zu müssen, wo der nächste Zug in ihre
Richtung abfährt. Deshalb ist für die Gleisgestaltung
das Prinzip wie in unserer Zeichnung
unerlässlich; die vom Hackeschen
Markt kommenden Bahnen sollen wahlweise
in die Dircksen- und die Gontardstraße
fahren können.
Insgesamt können durch die oben beschriebenen
Maßnahmen fünf Straßenbahn-Züge weniger verwendet werden, um
ein gesteigertes Verkehrsangebot zu erbringen.
Diese Bilanz ist Ausdruck der speziellen
Situation am Alexanderplatz, die die einmalige
Kombination einer Angebotsverbesserung
und einer Kosteneinsparung bei der
berliner Straßenbahn möglich macht.
Sie nicht zu nutzen hieße, auf Jahre hinweg
Millionen Euro zu verschenken; zweitens
den Berliner Fahrgästen eine zeitgemäße
Anbindung des Bahnhofes Alexanderplatz
ohne Grund zu verwehren und drittens...
IGEB Stadtverkehr
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