Mit Spannung wurden aber die Details erwartet,
besonders die Anbindung des Havellandes
und des Flughafens Schönefeld an
Berlin. Da diese Planungen strittig waren,
verzögerte sich die Präsentation. Doch im
Mai konnten Brandenburgs Verkehrsminister
Frank Szymanski und VBB-Chef Hans Werner Franz
das Regionalverkehrskonzept
für den Fahrplan ab 28. Mai 2006 endlich
vorstellen. Bis zuletzt war die Finanzierung
ein Zankapfel zwischen den Ländern Berlin
und Brandenburg. Der nun gefundene Kompromiß
ist aus Fahrgastsicht teilweise unbefriedigend.
Falkensee ausgedünnt
Die einschneidendsten Veränderungen
wird es im Raum Falkensee geben. Die
bisherigen häufigen Direktverbindungen
(vier Mal in der Stunde) von Falkensee zur
Berliner Stadtbahn (Charlottenburg beziehungsweise
Zoo/Ostbahnhof) werden auf
halbstündliche Fahrten reduziert, die zum
Teil schon in Charlottenburg enden. Dazu
kommt eine neue Verbindung stündlich
über Jungfernheide in den Tunnel zum
Lehrter Bahnhof.
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Brandenburg zahlt: Deshalb fährt der Prignitzexpreß wenigstens noch nach Spandau und die RB 10 stündlich nach Charlottenburg. Foto: Florian Müller |
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Die Züge der RB 10 von Nauen werden
ganztägig stündlich bis Charlottenburg weitergeführt.
Dort sollen sie direkt in die RB 14
übergehen und ihre Fahrt über die Stadtbahn
und Karlshorst nach Schönefeld fortsetzen.
Zusätzlich fahren RB-10-Verstärker
montags bis freitags ganztägig
sowie sonnabends morgens
bis mittags und sonntags nachmittags,
so daß sich im Havelland
ein Halbstundentakt ergibt. Zu bestimmten
Zeiten werden diese Verstärker
auch noch von Spandau weiter
bis Charlottenburg geführt. Der
RE 6 „Prignitzexpreß" wird aber
mit allen Fahrten in Spandau enden
und nicht mehr die Stadtbahn erreichen. Der
RE 5 verkehrt nicht mehr über Falkensee, da
er über Pankow den Weg durch den neuen
Tunnel nimmt. Die durch bisher fehlende Infrastruktur
bedingte Umwegfahrt über Falkensee
entfällt.
Damit ist die Anbindung des Havellandes
nicht mehr so gut wie bisher - aber das
noch vor einem Monat befürchtete Horrorszenario
der Abkoppelung Falkensees von der
Stadtbahn ist glücklicherweise vom Tisch.
Minister Szymanski benutzte die eigenwillige
Formulierung „Der Bahnhof Spandau
bekommt eine größere Bedeutung." Denn
hier ist nun häufiger Umsteigen angesagt
als bisher. Den Fahrgästen in den heute gut
gefüllten Zügen wird das nicht gefallen. Hier
sollte bei Bedarf flexibel mit einer Angebotsausweitung
seitens des Bestellers reagiert
werden, bis man eines Tages hoffentlich mit
der S-Bahn von Falkensee nach Berlin fahren
kann (s. SIGNAL 2/2005 )!
Durch die Bahn-Regionalisierung bestellt
und bezahlt jedes Bundesland den Schienenverkehr
auf seinem Gebiet. Berlin steht
auf dem Standpunkt, daß für seine Bürger
die S-Bahn das wichtigste Verkehrsmittel sei,
und finanziert deshalb hauptsächlich diese
auf Kosten der Regionallinien in der Berliner
Innenstadt. Um „Parallelverkehr" zu vermeiden,
sollen die Prignitzexpreß-Fahrgäste in
Spandau umsteigen und die S-Bahn nutzen
mit der Folge einer deutlich längeren Reisezeit.
Der Witz dabei ist: Die RB-10-Züge von
Berlin-Spandau bis Berlin-Charlottenburg
werden durch brandenburgische Gelder finanziert.
Ebenso die des RE 6 nach Spandau.
Auch hier ist Berlin nicht bereit, die stündlichen
Züge zwischen der Stadtgrenze bei
Albrechtshof und dem Bahnhof Spandau zu
finanzieren. Es wurden etliche Millionen in
die Sanierung der RE-6-Strecke Wittstock—Hennigsdorf
investiert - für Züge, die an
der Berliner Stadtgrenze enden sollen. Ein
schlechter Witz.
Schönefeld mit Stichfahrt
Andererseits hat Berlin großes Interesse an
einer halbstündlichen Regionalverkehrsanbindung
des Flughafens Schönefeld von
der Berliner Stadtbahn. Hierhin fahren die
RE-7-Züge nach Wünsdorf überlagert mit der
RB 14. Letztere Linie bedient den Flughafen
auf einer merkwürdigen Stichfahrt. Die
Züge aus Berlin fahren in Schönefeld wieder
„rückwärts" Richtung Osten aus dem
Bahnhof hinaus, biegen Richtung Süden
nach Königs Wusterhausen ab und enden in
Senftenberg. Eine schnelle Anbindung der
kleineren Unterwegshalte südlich von Königs
Wusterhausen mit Berlin wird es also
auch weiterhin nicht geben.
Zusätzliche Züge über den südlichen Außenring
und Papestraße zum Lehrter Bahnhof
ursprünglich geplanter "Flughafen-Expreß")
sind nicht finanzierbar und auch
entbehrlich, da sie aufgrund der Umleitung
über die Anhalter Bahn keine Fahrzeitvorteile
bieten.
Dresdener Bahn auf Umwegen
Der RE 3 aus Stralsund bzw. Schwedt (dann
auch dorthin wieder durchgehend und mit
Elektroloks) fährt durch den neuen Tunnel
und ersetzt auf seinem Südabschnitt künftig
den bisherigen RE 5 Richtung Elsterwerda
bzw. Finsterwalde/Senftenberg. Nachteil ist,
daß es keine durchgehende Verbindung auf
die Dresdener Bahn gibt, so daß die Züge
einen Umweg über Lichterfelde Ost—Genshagener
Heide machen müssen.
Die jetzige RB 24 wird künftig durch den
RE 7 ersetzt. Diese Linie verkehrt von Dessau/Belzig
über die Berliner Stadtbahn und
weiter über Karlshorst und Schönefeld nach
Wünsdorf-Waldstadt.
Jüterbog alle halbe Stunde
Die Anbindung Jüterbogs wird ab Mai 2006
verbessert. In der HVZ besteht ein Halbstundentakt
vom Lehrter Bahnhof (tief) nach Jüterbog
durch RE 4 und RE 5. Außerhalb der
HVZ endet der RE 4 bereits in Ludwigsfelde.
Nachteilig ist die künftig fehlende Verbindung
von Ludwigsfelde nach Schönefeld.
Eisenhüttenstadt mit Umsteigen
Der RE 1 verkehrt weiterhin halbstündlich,
nämlich alle Stunde Magdeburg—Stadtbahn—Frankfurt—Eisenhüttenstadt
und alle
Stunde Brandenburg—Stadtbahn—Frankfurt.
Am Wochenende fährt der RE 1 nur
noch alle 2 Stunden nach Eisenhüttenstadt.
Es besteht aber weiterhin das stündliche Angebot
Cottbus—Frankfurt mit Anschluß an
den RE 1.
Hennigsdorf—Oranienburg
Diese Verbindung entfällt am Wochenende.
Rathenow—Rathenow Nord:
Ein Fall für den Rechnungshof
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Oben und rechts: Erst 2003 erbaut und schon stillgelegt - die Brücke über die B 188 in Rathenow Foto: Florian Müller |
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Tschüß! Der Abschiedsgruß für die Besucher der Landesgartenschau 2006 gilt nun auch der Bahn zum Nordbahnhof. In den letzten Jahren wurden drei neue Brücken für die Sanierungsstrecke Rathenow—Rathenow Nord erbaut. Aber nun soll auf den 3,5 Kilometern kein Zug mehr fahren, beschloß kurzfristig der Brandenburgische Verkehsminister. Was sagt der Rechnungshof dazu? Foto: Florian Müller |
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Diese sinnvolle Fortsetzung der Brandenburgischen
Städtebahn Brandenburg—Rathenow
soll leider nicht mehr in Betrieb gehen. An der
Strecke wurden erst vor kurzer Zeit drei neue
Brücken gebaut: Über die Schnellfahrstrecke
der Lehrter Bahn, über eine Landstraße und
über die Bundesstraße 188. Wegen einer kompletten
Streckensanierung war die ganze Linie
RB 51 jahrelang gesperrt und ging nun am 26.
Juni 2005 ohne den Abschnitt nach Rathenow
Nord in Betrieb. Es ist unverständlich, warum
der Betrieb dieser einen Station plötzlich aufgegeben
wurde. Nun haben die Triebwagen
in Rathenow 15 Minuten Kehrzeit anstatt 5
Minuten in Rathenow Nord. Die Streckenlänge
beträgt nur 3,5 Kilometer, pro Jahr also
etwa 38.500 Kilometer. Peanuts! Die finanzielle
Einsparung dürfte marginal sein. Und die
mit Bundesmitteln bezahlten neuen Brücken
sind ein Fall für den Rechnungshof.
Harzexpreß ausgebremst
Ebenfalls bedauerlich ist die ersatzlose
Streichung des Harzexpreß Berlin—Halberstadt—Thale/Wernigerode.
Der Wochenend-Ausflugszug war schon in den letzten Jahren
systematisch immer unattraktiver gemacht
worden durch ungünstige Abfahrtzeiten,
Abfahrbahnhöfe und lange Fahrzeiten.
Cottbus wird Nullknoten
Der Bahnhof Cottbus wird Nullknoten mit
günstigen Anschlüssen in alle Richtungen
zur vollen Stunde.
Abbestellung Senftenberg—Hoyerswerda
Die Verbindung Senftenberg—Hosena—Hoyerswerda
wird durch das Land Brandenburg
abbestellt. Nach der Einstellung des
Verkehrs zwischen dem sächsischen Hoyerswerda
und dem brandenburgischen Sparnberg
Ende 2004 wird hier nun eine weitere
grenzüberschreitende Verbindung gekappt.
Kleinstaaterei pur.
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Netz der Regionalexpreß-Linien in Brandenburg, die über Berlin geführt werden, ab 28. Mai 2006. Grafik: MIR Brandenburg, Stand 10. Mai 2005 |
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Ausgewählte Halte in und um Berlin
- Charlottenburg und Karlshorst: Halt
von RE 7 und RB 14 im Halbstundentakt.
- Jungfernheide: Stündliche Bedienung
durch RE 4.
- Lichterfelde Ost: Halbstündliche Bedienung
durch RE 4 und RE 5. Zusätzlich wären
Halte des RE 3 wünschenswert.
- Großbeeren und Teltow: Stündliche Bedienung
durch RE 4 oder RE 5.
- Birkengrund Süd: Stündliche oder zweistündliche
Bedienung.
Fahrzeitverkürzung durch den Tunnel
Mit der Nord-Süd-Durchquerung im Tunnel
verkürzen sich die Fahrzeiten von Bahnhöfen
nördlich und südlich Berlins in die Innenstadt
(oder was Bahnchef Hartmut Mehdorn dafür
hält) zum Teil erheblich. (fm) IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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