Berlin

Neuer Fernbahnhof, neue Buslinien

Die Pläne der BVG für Berlin Südkreuz

Am 28. Mai 2006 wird mit der Eröffnung des Berliner Nord-Süd-Eisenbahntunnels auch der neue Fernbahnhof Berlin Südkreuz in Betrieb genommen. Die Entscheidung für diesen Bau am bisherigen S-Bahn-Kreuzungsbahnhof Papestraße wurde im Zusammenhang mit dem 1992 beschlossenen „Pilzkonzept" getroffen. Weil die in Nord-Süd-Richtung verkehrenden Fern- und Regionalzüge nicht mehr Ostbahnhof und Zoo halten können, soll mit diesem gerade aus den südlichen Berliner Bezirken gut erreichbaren Bahnhof Südkreuz ein Ersatz angeboten werden.

Grafik
BVG-Busliniennetz ab 28. Mai 2006 rundum den neuen Fern- und Regionalbahnhof Berlin Südkreuz. Das veränderte Netz bedeutet eine deutliche Verbesserung, ist aber durch eingeschränkte Betriebszeiten unübersichtlich. Grafik: BVG

Und tatsächlich ist der neue Bahnhof Berlin Südkreuz aus vielen Bereichen der Stadt und des Umlandes mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller und einfacher zu erreichen als der neue Hauptbahnhof, dem es insbesondere an der fehlenden Nord-Süd-Schienenanbindung mangelt (vgl. SIGNAL 6/2005 ). Durch die Lage des Bahnhofs Südkreuz an der Ringbahn sowie die auf den Ring führenden S-Bahnlinien aus Königs Wusterhausen und Spindlersfeld und an den in Nord-Süd-Richtung verlaufenden S-Bahnlinien S2 und S25 besteht eine gute Erreichbarkeit aus großen Teilen der Innenstadt sowie der südlichen Berliner Bezirke. Ärgerlich ist aber, dass durch das neue S-Bahn-Ringlinienkonzept ausgerechnet zur Eröffnung des neuen Fern- und Regionalbahnhofs die direkte Verbindung zum Flughafen Schönefeld gekappt wird, weil die S 45 künftig an allen Tagen am S-Bahnhof Hermannstraße enden wird.

Die Anbindung des neuen Bahnhofs an die unmittelbar benachbarten Ortsteile wird durch ein neu gestricktes BVG-Busliniennetz gewährleistet. Die wichtigste Verbindung stellt dabei die unverändert bleibende Omnibuslinie (OL) M46 dar, die wie bisher im dichten Takt einerseits eine Direktverbindung vom Zoo und aus der City-West über Rathaus Schöneberg und andererseits aus Britz über Alt-Tempelhof zum neuen Bahnhofherstellt. In beiden Fahrtrichtungen gibt es eine Stichfahrt auf den westlichen Bahnhofsvorplatz.

Neue Nord-Süd-Buslinie 106

Völlig neu konzipiert wurde eine OL 106, die künftig auch die Hauptanbindung der Schönebergerinsel übernehmen wird. Die OL 106 wird vom U-Bf Seestraße kommend über Beusselstraße, Levetzowstraße, Lützowplatz, Nollendorfplatz, Kleistpark, Leberstraße („Schöneberger Insel") über den westlichen Bahnhofsvorplatz und weiter über S-Bf Schöneberg zum Rathaus Schöneberg verkehren und somit auf ihren nördlichen Linienabschnitten die bisherigen OL 126, 343 und 187 ersetzen. Diese Linie wird zwar ganztägig (20-Stundenbetrieb), aber nur im 20-Minuten-Takt verkehren.

Ergänzt wird die Taktfolge der OL 106 durch die veränderte OL 204, die wie bisher vom Zoo über Bundesallee, Hohenstaufenstraße, Pallasstraße (ab hier parallel zur OL 106), Kleistpark und neu über die Schöneberger Insel und den westlichen Bahnhofsvorplatz verkehren und dann weiter wie bisher über Alboinstraße zum Lindenhof geführt wird. Zwischen Zoo und Südkreuz verkehrt diese Linie allerdings nur während der Geschäftsöffnungszeiten. Lediglich zwischen Südkreuz und Lindenhof erfolgt ein ganztägiger Betrieb.

Tabelle

Ein positiver Effekt der Erschließung der Schöneberger Insel durch die beiden Buslinien 106 und 204 ist die nun endlich mögliche begradigte Linienführung der OL 187 durchgehend über die Hauptstraße. Ein negativer Effekt ist die wegfallende Anbindung des Streckenabschnitts nach Lindenhof an die S 1 - jedenfalls solange der geplante S-Bahnhof Kolonnenstraße noch nicht in Betrieb ist.

Über den Ballonfahrerweg zum neuen Fernbahnhof

Verlängert wird die vom Breitenbachplatz kommende und bisher am Sportzentrum Schöneberg endende OL 248 (bisher OL 348): Sie verkehrt vom Sachsendamm über die neue Verbindungsstraße („Ballonfahrerweg", weil sich hier in unmittelbarer Nähe zum jetzigen Fernbahnhof bis ca. 1900 eine Luftschifferstation befand) zum östlichen Bahnhofsvorplatz und weiter über Werner-Voß-Damm, Manfred-von-Richthofen-Straße, Marheinickeplatz (dieser Zick-Zack-Kurs wird befahren, weil dadurch die bisherige OL 341 ersetzt werden soll), Hallesches Tor (ab hier wird die OL 265 ersetzt), Lindenstraße, Leipziger Straße zum Alexanderplatz.

Damit wird das Südkreuz nicht nur vom Alexanderplatz aus, sondern vor allem auch aus den benachbarten Ortsteilen des westlichen Kreuzbergs und Neu-Tempelhof direkt erreichbar. Mit der neuen OL 248 erreichen viele Bahnfahrgäste dann auch am Halleschen Tor die U 1, die ja keine Umsteigemöglichkeit zu den Nord-Süd-S-Bahnlinien aufweist. Ärgerlich, dass eine derart wichtige Verbindung ganztägig nur im 20-Minuten-Takt verkehrt. Und zweifelhaft bleibt der (wie bisher ohnehin nur während der Geschäftsöffnungszeiten bediente) westliche Streckenabschnitt zum Breitenbachplatz. So erfreulich die Direktverbindung zum neuen Fernbahnhof für die Fahrgäste aus dem Südwestkorso auch sein mag, wesentlich wichtiger wäre eine Direktverbindung (z.B. über den Vorarlberger Damm) vom Südkreuz in Richtung Steglitzer Schloßstraße.

Die OL 184 wird künftig nicht mehr zum Platz der Luftbrücke verkehren, sondern aus der Hoeppnerstraße kommend in den westlichen Werner-Voß-Damm einbiegen und am Bf Südkreuz (östlicher Bahnhofsvorplatz) enden. Die betriebliche Endhaltestelle wird in der Geneststraße liegen. Schweres Manko dieser Linie: Zwischen S- und U-Bf Tempelhof wird die OL 184 jedoch auf einen 20 Minuten-Takt ausgedünnt und sie wird hier nur noch zu den Geschäftsöffnungszeiten verkehren!

Für Bahnfahrgäste, die zu später Stunde ankommen oder den Bahnhof sehr früh erreichen wollen, bleibt Südkreuz außerhalb der Wochenenden nur eingeschränkt erreichbar. In den Wochenendnächten bietet der nachts durchgehende S-Bahnverkehr eine akzeptable Erreichbarkeit. Ansonsten ist die OL M 46, die künftig im 24-Stundenbetrieb verkehrt und die bisherige Nachtbuslinie N 46 hier ablösen wird, die einzige Möglichkeit, den Fernbahnhof zu erreichen.

Fazit: Positiv, aber noch Nachbesserungsbedarf

Baustelle
Vom westlichen Bahnhofsvorplatz des neuen Fernbahnhofs Berlin Südkreuz fahren die Buslinien M 46, 106 und 204. Die Ringbahnhalle präsentiert sich als gläserner Kasten. Foto: Florian Müller

Abschließend ist festzuhalten, dass durch das neue Busliniennetz eine wichtige Ergänzung der innerstädtischen Erreichbarkeit erfolgt, auch wenn die leicht mögliche Direktanbindung in Richtung Steglitzer Schloßstraße unterbleibt. Ärgerlich bleibt allerdings, dass einige Linien bzw. Linienabschnitte während der Schwachverkehrzeiten nicht bedient werden, so dass insgesamt ein wenig überschaubares Angebot entsteht. Dadurch und durch Takterweiterung von bisher 10-auf künftig 20-Minuten-Takte (z. B. auf Teilabschnitten der OL 184, 187), durch Verkürzung der Verstärkerfahrten der OL M 46 und durch (sinnvolle!) Zusammenfassung von Stummellinien (OL 341, 343, 348) zu verkehrlich in das Gesamtnetz integrierten Linien wie zum Beispiel die OL 106 und 248 werden ganz nebenbei auch noch Verkehrsleistungen eingespart.

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 2/2006 (April/Mai 2006), Seite 13-14

 

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