Frage 1: Ist dem Senat bekannt, dass die BVG
in einer spontanen Sparaktion abweichend
von dem im Kursbuch vom 28. Mai 2006 veröffentlichten
Fahrplan auf ca. 50 Buslinien
Fahrten gestrichen hat und kann der Senat
bestätigen, dass insgesamt über 1000 Fahrten
kurzfristig weggefallen sind?
Antwort zu 1: Dem Senat ist bekannt, dass
eine aktuelle Fahrplankorrektur im Unternehmensbereich
Omnibus vorgenommen
wurde. Die BVG teilt hierzu ergänzend Folgendes
mit: „Es handelte sich nicht um eine
spontane Sparaktion. Die Fahrten gerieten
infolge eines Missverständnisses
in den Fahrplan. Sie waren im vorherigen Fahrplan so
nicht enthalten, stellten ein
ungeplantes Mehrangebot dar, dem so gut wie keine
Nachfrage gegenüber steht, und waren vom Aufgabenträger
weder gefordert noch mit ihm abgestimmt."
Frage 2: Ist dem Senat bekannt,
dass dabei auf zahlreichen
Linien von der BVG sogar
die ersten und/oder auch die
letzten Fahrten (u.a. auch
von Buslinien, die die neuen
Fernbahnhöfe erschließen)
gestrichen wurden, obwohl
sie in dem frisch erschienenen
Kursbuch veröffentlicht
wurden?
Antwort zu 2: Ja. Die BVG hatte sich an den
Aufgabenträger gewandt und um Zustimmung
zu einer möglichst kurzfristige Korrektur
des unter 1. genannten „ungeplanten
Mehrangebotes" im Fahrplan gebeten. Die
in der Frage implizierten „erste und letzte
Fahrten" beziehen sich auf Fahrten in den
Übergangszeiten zwischen Tages- und
Nachtangebot. Hier hat das Streichen der
genannten Fahrten ungewollte Überschneidungen
und Doppelangebote verhindert.
Seitens der BVG wurde zugesichert, dass
durch die gestrichenen Fahrten keine Lükken
zwischen dem Tages- und dem Nachtangebot
bestehen.
Frage 3: Wie wurden die Fahrgäste - insbesondere
hinsichtlich der unter 2. beschriebenen
Fahrten - informiert?
Antwort zu 3: Hierzu teilt die BVG Folgendes
mit: „Für Informationen zum Fahrplan stellt
die BVG den Kunden verschiedene Kanäle
zur Verfügung. Die wichtigsten sind der
Fahrplanaushang an Haltstellen und Bahnhöfen,
die elektronische Fahrplanauskunft
im Internet und die Auskunft über das Call
Center der BVG. Dagegen hat das Fahrplanbuch
mit einer verkauften vierstelligen Zahl
an Exemplaren weniger Bedeutung, die weiter
sinkt. Außer dem Fahrplanbuch, das einen
längeren Druckvorlauf hat, wurden alle
anderen Informationskanäle noch vor dem
Fahrplanwechsel korrigiert und enthalten
die gestrichenen Fahrten nicht. Für das Fahrplanbuch
erscheint im Juli ein kostenloser
Nachtrag, der die Korrektur dann ebenfalls
enthält."
Frage 4: Welche zwingende Veranlassung
gab es, kurzfristig und abweichend von den
im Kursbuch vom 28. Mai 2006 abgedruckten
Fahrplänen Streichungen insbesondere
auch von ersten und letzten Fahrten vorzunehmen
und erteilte der Senat dazu die
Zustimmung (wenn ja, wann)?
Antwort zu 4: Hierzu teilt die BVG Folgendes
mit: „Veranlassung zur Streichung der zusätzlichen
Fahrten in den Übergangszeiten
zwischen Tages- und Nachtangebot war der
zusätzliche verkehrliche, nicht geplante und
nicht erforderliche Betriebsaufwand."
Die Genehmigungsbehörde hat im Einverständnis
mit dem Aufgabenträger dieser Änderung
des Fahrplanangebotes am 24. Mai
2006 zugestimmt.
Frage 5: Hält der Senat ein derartiges Vorgehen
für fahrgastfreundlich und welche Vorkehrungen
werden getroffen, um zukünftig
ein solches Verhalten der BVG oder anderer
Unternehmen auszuschließen?
Antwort zu 5: Der Senat hält das Vorgehen
der BVG nicht für fahrgastfreundlich. Der
Senat geht davon aus, dass die BVG Vorkehrungen
trifft, die eine Wiederholung
eines solchen Vorgehens ausschließen. Die
BVG teilt hierzu ergänzend Folgendes mit:
„Zum zukünftigen Ausschließen vergleichbarer
Missverständnisse ist im Prozess der
Fahrplanung ein zusätzlicher Zeitpuffer mit
weiteren Abstimmungsrunden vorgesehen,
damit etwaige Unstimmigkeiten rechtzeitig
identifiziert und behoben werden können."
Frage 6: Mit welchen Entschädigungen können
Fahrgäste rechnen, die sich zum stolzen
Preis von 4,50 Euro ein VBB-Kursbuch gekauft
haben, obwohl dieses u.a. durch den
Fortfall von ersten und/oder letzten Fahrten
vom ersten Geltungstag an praktisch wertlos
geworden ist?
Frage 7: Wann erscheint ein Nachtrag zum
Kursbuch vom 28. Mai 2006 mit gültigen, für
den Fahrgast verlässlichen Fahrplänen?
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Angebot dreist zusammengestrichen: Im Pankower Industriegebiet entfallen alle Fahrten vor dem Schichtwechsel um 6 Uhr. Die Alternative: 4 km Fußweg Foto: Florian Müller |
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Antwort zu 6 und 7: Der Aufgabenträger
hat die BVG aufgefordert, kurzfristig einen
Nachtrag zum Fahrplanbuch herauszugeben.
Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Es
ist anzumerken, dass kein Fahrplanbuch in
einem so großen Bediengebiet wie dem Verkehrsverbund
Berlin-Brandenburg im Laufe
der Zeit mit vielen Informationen stets aktuell
ist. Gerade deshalb verwenden immer
mehr Kunden den elektronischen Zugang,
der ständig aktualisiert wird und z.B. auch
Umleitungen enthält. Das Fahrplanbuch
ist durch diese Änderungen jedoch nicht
wertlos geworden. Der weitaus überwiegende
Teil der Informationen ist nach wie
vor richtig. In der 30. Kalenderwoche wird
das Kursbuch durch einen aktuellen Nachtrag
ergänzt, der kostenlos an die Fahrgäste
abgegeben wird."
Berlin, den 19. Juli 2006
Staatssekretärin Maria Krautzberger
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
IGEB-Kommentar
Da kommt zum ersten Mal seit Bestehen des
VBB das Kursbuch rechtzeitig vor dem Fahrplanwechsel
heraus und dann leistet sich die
BVG einen solchen Korken: Weil in der großen
BVG-Verwaltung die Rechte nicht weiß, was
die Linke tut, kommen Fahrgäste, die sich
auf das frisch erschienene und teuer erstandene
Kursbuch verlassen, nicht rechtzeitig
zur Frühschicht, weil ihre Buslinie doch erst
eine Stunde später als angekündigt Betriebsbeginn
hat. Oder sie erreichen abends ihre
Wohnung nicht mehr, weil der letzte Bus
schon 40 Minuten früher als angekündigt
abgefahren ist.
In den von Frau Krautzberger übernommenen
Antworten der BVG liest sich das alles
harmlos, weichgespült und geschönt. In der
Praxis sind die Auswirkungen aber viel gravierender:
Keineswegs handelt es sich dabei
nur um „zusätzliche Fahrten zwischen Tagesund
Nachtangebot" oder „ungewollte Überschneidungen
und Doppelangebote", denn
auf den allermeisten betroffenen Linien und
Streckenabschnitten gibt es überhaupt keinen
Nachtlinienverkehr. Betroffen sind davon
z. B. auch erste und letzte Fahrten zu den
Fernbahnhöfen. Außerdem wurden zum Teil
die Betriebszeiten gegenüber dem bis Mai
2006 gültigen Fahrplan nicht nur an Sonntagen
drastisch reduziert: Die Buslinie 101 zum
Beispiel verkehrt entgegen den Ankündigungen,
dass der morgendliche Betriebsbeginn
am Sonnabend nicht verändert wurde, nun
auch sonnabends erst ab ca. 7 Uhr zwischen
Moabit und Wilmersdorf- ausgerechnet
auf dem Abschnitt, wo die bisher verkehrende
Nachtbuslinie N27 ersatzlos eingestellt
wurde.
Das Verhalten der BVG erinnert an finsterste
Zeiten des Eigenbetriebs, der vorrangig mit
sich selbst beschäftigt ist. Passiert dabei ein
Fehler, so wird das Problem auf dem Rücken
der Fahrgäste ausgetragen. Statt den Fehler
einzugestehen und die Fahrten bis zum nächsten
Fahrplan wechsel beizubehalten oder die
Fahrgäste wenigstens über die ausfallenden
Fahrten zu informieren, lässt man sie einfach
stehen.
Jutta Matuschek (Die Linkspartei.PDS), Mitglied
des Abgeordnetenhauses von Berlin
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