Verkehrsrecht & Tarife

Haftet die Eisenbahn bei Verspätungen?

In der Presse werden in zunehmendem Maße Beiträge veröffentlicht, die sich mit der mangelnden Pünktlichkeit und dem schlechten Service der Deutschen Bahn AG beschäftigten. Kritik wird besonders daran geübt, dass die Fahrgäste bei Unregelmäßigkeiten nicht oder nicht ausreichend informiert werden.

Grafik

Zusätzlich wird bemängelt, dass auch Zugbegleiter nicht immer die gesetzlichen Bestimmungen und die Beförderungsbedingungen ihrer Bahn umfassend kennen. Damit sind sie oft auch nicht in der Lage, den Fahrgästen entsprechende Hinweise zu geben. Hinzu kommt, dass in vielen Zügen für die Reisenden überhaupt keine Ansprechpartner mehr vorhanden sind. Dieser Mißstand wird auch in vielen Beschwerden deutlich, die der Deutsche Bahnkunden-Verband (DBV) von seinen Mitgliedern und Lesern dieser Zeitschrift erhält. Hier sollen nun die gegenwärtig (bis Ende September 2004!!, siehe auch Artikel auf Seite 4 ) geltenden Regelungen und Praktiken der Deutschen Bahn AG bei Leistungsstörungen dargestellt werden.

Die nebenstehenden Haftungsregelungen sind durch Aufnahme in die Beförderungsbedingungen Bestandteil des Personenbeförderungsvertrages geworden und gelten als mit dem Reisenden vereinbart. Sie gelten für Beförderungen innerhalb Deutschlands. Für grenzüberschreitende Beförderungen mit einer internationalen Fahrkarten nach dem CIV-Abkommen gelten dessen Vorschriften, die als Gesetz in Deutschland zwingenden Charakter haben; sie sind nahezu identisch mit den nebenstehenden Beförderungsbedingungen.

Wie zu erkennen ist, werden von den zitierten Regelungen nicht alle Haftungsfälle bei Störungen des Bahnverkehrs erfasst. Insbesondere sind die indirekten Schäden der Reisenden nicht geregelt. Mit künftigen Regelungen derartiger Schäden, zum Beispiel Verdienstausfällen bei Berufspendlern, Versäumnis wichtiger Veranstaltungen oder privater Termine) laufen gegenwärtig Beratungen in verschiedenen Gremien. Sogar der Bundesrat hat die Regierung in einer Entschliessung aufgefordert, den Verbraucherschutz im Bereich des Eisenbahn-Personenverkehrs nachhaltig zu verbessern. Die ab Oktober 2004 geltenden Regelungen - siehe Artikel auf Seite 4 - sind ein erster Schritt.

Über die in Ziffer 1 zitierten Regeln hinaus hat sich die Deutsche Bahn AG auf Grund der Vielzahl von Beschwerden über Unregelmässigkeiten im Bahnverkehr in einigen Fällen zu Kulanzregeln bereit erklärt. Die Schlichtungsstelle Nahverkehr im Land Nordrhein-Westfalen hat aus ihren Erfahrungen mit der DB Regio AG solche Beispiele zusammengestellt. So wurden bei wiederkehrenden Verspätungen im Nahverkehr Reisegutscheine ausgegeben:

  • von Verspätungen bis zu 20 Minuten im Wert von 10 bis 15 Euro,
  • bis zu 30 Minuten Verspätungen im Wert von 15 bis 20 Euro,
  • bis zu Verspätungen bis einer Stunde im Wert von 25 bis 30 Euro,
  • bei Zugausfällen lagen die Beträge zwischen 20 uns 25 Euro.

Da dieses Kulanzverhalten für den Nahverkehr gilt, ist von einer Weiteranwendung auch über den Oktober 2004 hinaus zu rechnen. Die Änderungen ab Oktober 2004 betreffen nur Fernverkehrzüge!

Im Fernverkehr werden die folgenden „Richtsätze" - wiederum ohne Anerkennung einer Rechtspflicht der DB AG - angewendet:

  • Bei Verspätungen eines ICE-Zuges am Ankunftsbahnhof des Reisenden von mehr als 30 Minuten erhalten betroffene Reisende einen Reisegutschein in Höhe von 10 Euro, der innerhalb von sechs Monaten beim Kauf einer DB-Fahrkarte eingelöst werden kann.
  • Sind Reisende in einem DB-Fernverkehrszug von einer ausserordentlichen Störung betroffen und ist damit eine Verspätung von mehr als 90 Minuten verbunden, erhalten sie vom Zugpersonal einen „Pünktlichkeitsgutschein" im Wert von 25 Euro. Der Gutschein kann innerhalb von zwei Monaten beim Kauf von DB-Fahrkarten eingelöst werden. Außergewöhnliche Störungen sind zum Beispiel: Lokschäden, Streckensperrungen, Aussetzen eines Wagen, Räumung eines ganzen Zuges.

DBV Bundesverband

aus SIGNAL 1/2004 (Februar/März 2004), Seite 42-43

 

Die Jahrgänge



Die SIGNAL-Jahrgänge in der Übersicht:

» 2023
» 2022
» 2021
» 2020
» 2019
» 2018
» 2017
» 2016
» 2015
» 2014
» 2013
» 2012
» 2011
» 2010
» 2009
» 2008
» 2007
» 2006
» 2005
» 2004
» 2003
» 2002
» 2001
» 2000
» 1999
» 1998
» 1997
» 1996
» 1995
» 1994
» 1993
» 1992
» 1991
» 1990
» 1989
1988
1987
1986
1985
1984
1983
1982
» 1981
» 1980
ANZEIGE

aktuelles Heft

TitelbildSeptember 2023

komplettes Heft »

Die Themen der aktuellen Ausgabe 03/2023:

» Straßenbahneröffnung zum U-Bf. Turmstraße
» M4: Zwei Jahre „Bau”-Fahrplan
» Perlen vor die Schnüre: Gute Linienperlschnüre leicht verständlich gestalten
» Zugausfall bei einem Rail&Fly-Ticket
» Deutschlandticket – das Sommermärchen muss fortgeführt und weiterentwickelt werden
» Drei Thesen zum Deutschlandticket



neu hier?
Links lesen Sie einen Artikel aus dem Internetarchiv der Fachzeitschrift Signal, die sich mit Verkehrspolitik für Berlin und Deutschland auseinandersetzt.

Auf signalarchiv.de finden Sie zusätzlich zu ausgewählten Artikeln aus dem aktuellen Heft auch viele ältere Artikel dieser Zeitschrift.





Kontakt - Abo - Werbung - Datenschutz - Impressum
Herausgeber: Interessengemeinschaft Eisenbahn, Nahverkehr und Fahrgastbelange Berlin e.V.
  © GVE-Verlag / signalarchiv.de / holger mertens 2008-2013 - alle Rechte vorbehalten