Viele Fahrgäste würden die deutsch-polnischen
Bahnverbindungen sicherlich deutlich
stärker nutzen als bislang. Nach wie vor
bestehende Mängel bei der Schieneninfrastruktur,
Umsteigezwänge an den Landesgrenzen
und unterschiedliche Tarifsysteme
sind für viele Reisende jedoch der Grund,
die Bahn zu meiden. So ist beispielsweise
das Angebot an Fernverkehrsverbindungen
auch im laufenden Fahrplanjahr sehr überschaubar.
Folgende Verbindungen stehen
zur Verfügung:
- EuroCity EC 40/41 Berlin—Warszawa
- EuroCity EC 42/43 Berlin—Warszawa
- EuroCity EC 44/45 Berlin—Warszawa
- EuroCity EC 46/47 Berlin—Warszawa
- EuroCity EC 54/55 Berlin—Gdansk—Gdynia
- EuroCity EC 248/249 Hamburg—Berlin—Wrocław
- EN 446/447 Amsterdam—Warszawa
(zwischen Berlin und Warszawa vereinigt
mit EC 40/41)
In der Vergangenheit gab es zudem etliche
Verschlechterungen. Einige Beispiele: Mit
dem Fahrplanwechsel am 28. Mai 2000 sind
die Zugpaare D 320/321 „Gedania“ Berlin—
Szczecin—Gdynia, D 324/325 Berlin—Szczecin—Tczew
und der InterRegio IR 328/329
„Mare Balticum“ eingestellt worden. Mit
dem InterRegio wurde dabei eine umsteigefreie
Verbindung bis Olsztyn, im Sommer
sogar bis Ełk, hergestellt. Die Einstellung
des Nachtzugpaares D 448/449 „Stanisław
Moniuszko“ Berlin—Warszawa mit den
Kurswagenverbindungen nach Gdańsk bzw.
Gdynia, Kraków und Kaliningrad erfolgte
mit Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2009
(nach nur einem Betriebsjahr!). Am 5. Juni
2012 verkehrte der einzige EuroCity im Abschnitt
Berlin—Szczecin das letzte Mal, seit
9. Dezember 2012 verkehrt EC 248/249
Hamburg—Berlin—Wrocław nicht mehr im Abschnitt
Wrocław—Kraków.
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EuroCity 54 Gdynia—Berlin auf der Oderbrücke bei Frankfurt. Foto: Sebastian Kliems |
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Mit der Einstellung des Zugpaares
D 1248/1249 Berlin—Saratow zum Fahrplanwechsel
am 14. Dezember 2013 ging
der Niedergang des Bahnangebots in bzw.
aus Richtung Osteuropa weiter. Hier ist mittlerweile
lediglich EN 452/453 Paris—Berlin—Moskwa als einzige Direktverbindung
verblieben.
Bei der Schieneninfrastruktur zwischen
Deutschland und Polen gibt es derzeit sehr
unterschiedliche Ausbauzustände.
Berlin—Angermünde—Szczecin bzw.
Lübeck—Pasewalk—Szczecin
Am 20. Dezember 2012 erfolgte nach langwierigen
Verzögerungen endlich die Ressortvereinbarung
zum Ausbau der Eisenbahnstrecke
Berlin—Szczecin. Geplant sind die
Elektrifizierung der fehlenden 40 km und der
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit von
160 km/h (s. Karte auf Seite 26).Der Abschnitt
Passow—Szczecin-Gumieńce bleibt dabei
eingleisig. Geplant ist für dieses Projekt ein
Investitionsvolumen von rund 100 Mio. Euro.
Nach Abschluss der Bauarbeiten wird sich die
Fahrzeit in der Relation Berlin—Szczecin auf
90 Minuten reduzieren.
Der eigentliche Skandal: Der Ausbau
dieser Strecke soll erst 2020 fertiggestellt
sein. Er ist aber letztlich Voraussetzung, um
umsteigefreie und endlich deutlich schnellere
Verbindungen zu schaffen, u. a. auch
im Fernverkehr von Berlin über Szczecin
hinaus Richtung Gdynia und Gdańsk. Unverständlich
bleibt, dass sich touristische
Verbindungen an die polnische Ostseeküste
und an die masurische Seenplatte auch
derzeit auf Pkw- und Busnutzung konzentrieren.
Es war seinerzeit sehr kurzsichtig,
den o. g. IR 328/329 einzustellen. Durchbindungen
einzelner PLK-Verbindungen
Szczecin—Gdańsk—Olsztyn—Białystok
ab/bis Berlin wären trotz Umspannaufenthalten
dagegen auch heute bereits wichtig.
Die Realisierung setzt natürlich entsprechendes
Interesse seitens Politik und Bahnverwaltungen
voraus.
Die Verbindung Lübeck—Pasewalk—Szczecin
wird im 2-Stunden-Takt mit Regionalzügen
bedient. Die Geschwindigkeit beträgt
nahezu durchgehend 100 km/h.
Berlin—Kostrzyn—Gorzów(—Piła)
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Grenzüberschreitender Schienenpersonenverkehr Deutschland—Polen. Karte: VBB-Weißbuch, Stand Juni 2011 |
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Züge des Fernverkehrs verkehren auf dieser
Strecke lediglich abschnittsweise im Fall
von Umleitungen. Die stündlich verkehrende
Regionalbahnlinie RB 26 beginnt/endet
auch derzeit leider noch immer in Kostrzyn,
anstatt die wesentlich fahrgastfreundlichere,
umsteigefreie Direktverbindung Berlin-
Lichtenberg—Kostrzyn—Gorzów (ggf. bis
Krzyż) zu bedienen. Eine Durchbindung im
2-Stunden-Takt wäre für diese Linie ein wesentlicher
Qualitätsschub.
Der VBB hat mit der Neuvergabe des sogenannten
„Netz Ostbrandenburg“ an die
Niederbarnimer Eisenbahn Betriebsgesellschaft
mbH auch die Voraussetzungen dafür
geschaffen. In der Ausschreibung wurde die
Bereitstellung von in beiden Staaten zugelassenen
Fahrzeugen ausdrücklich gefordert.
Ab Ende 2015 werden nun voraussichtlich
Neubaufahrzeuge des polnischen Herstellers
PESA zwischen Berlin und Kostrzyn
verkehren. Dabei wird allerdings vorausgesetzt,
dass die Auslieferung der Triebwagen
und auch die Zulassung für das polnische
und deutsche Streckennetz termingemäß
erfolgen.
Mit Inbetriebnahme des Regionalbahnsteigs
im Berliner Bahnhof Ostkreuz (Ringbahn,
oben) voraussichtlich im Dezember
2014 kann bei entsprechender Durchbindung
dieser Linie eine wichtige Angebotsverbesserung
realisiert werden.
Das Bundesland Berlin hat in Absprache
mit dem Bundesland Brandenburg zudem
den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung
der Ostbahn für den Bundesverkehrswegeplan
2015 angemeldet. Mit
dieser Maßnahme kann eine Entlastung
der heute bereits intensiv genutzten Strecke
Berlin—Frankfurt (Oder)—Poznan
erreicht werden. Eine verbindliche Umsetzung
ist mit der Anmeldung allerdings
noch nicht absehbar, geschweige denn
die Festlegung jeglicher Inbetriebnahmetermine.
Berlin—Frankfurt (Oder)—Grenze D/PL—Pozńan—Warszawa
Diese Magistrale ist inzwischen weitgehend
zu einer leistungsfähigen Strecke mit
moderner Leit- und Sicherungstechnik für
eine Höchstgeschwindigkeit von maximal
160 km/h ausgebaut worden. Die Strecke
ist auch Bestandteil des europäischen
Güterverkehrs-Vorrangkorridors 8 „North Sea-Baltic“.
Handlungsbedarf besteht nach wie
vor u. a. zwischen Berlin Ostbahnhof und
Erkner sowie im Knoten Pozńan.
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Die Neißebrücke an der Grenze Deutschland/Polen bei Horka im Jahr 2008. Auf polnischer Seite (Hintergrund) ist die Strecke bereits zweigleisig und elektrifiziert. Nach jahrelangen Verzögerungen baut nun auch Deutschland seinen Teil aus. Foto: IGEB |
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Wie die o. g. Übersicht zeigt, ist das Zugangebot
des Fernverkehrs zwischen Berlin und
Warszawa trotzdem bescheiden. Von einem
2-Stunden-Takt wie z. B. auf der Linie
München—Salzburg—Wien (bei Berücksichtigung
der Umsteigeverbindungen besteht
hier sogar ein 1-Stunden-Takt) ist man weit
entfernt.
Ein attraktives Angebot ist aber Voraussetzung,
um mehr Kunden für die Schiene zu
gewinnen. Erhebliches Kundenpotenzial ist
in dieser Relation sowohl im Personen- als
auch im Güterverkehr vorhanden, wie der
Blick auf die Pkw- und Lkw-Kolonnen auf der
Ost-West-Autobahn A12 zeigt.
Guben—Gubin—Czerwieńsk—Zielona Góra
In dieser Relation hatte Brandenburg mit der
Wojewodschaft Lubuskie die Durchbindung
von zwei Zugpaaren vereinbart. Unverständlich:
Umgesetzt wurde diese Planung
bislang nicht! Im Güterverkehr ist Guben—Gubin
ein wichtiger Entlastungsübergang
in Richtung Mittelpolen und wird von einer
Vielzahl von Güterverkehrsunternehmen
genutzt.
Cottbus—Forst—Tuplice—Legnica
Auf dieser Strecke gibt es mit EC 248/249
(Hamburg—Berlin—Cottbus—Wrocław)
lediglich eine einzige durchgehende, grenzüberschreitende
Bahnverbindung. Die Möglichkeit,
durch Verlängerung der stündlich
verkehrenden Linie RB 46 Cottbus—Forst
bis nach Legnica bessere Bahnverbindungen
zu schaffen, wird nach wie vor nicht
genutzt.
Knappenrode—Horka—Grenze D/PL (—Wrocław)
Im April 2012 wurde die seit Jahren überfällige
Finanzierungsvereinbarung für
den Ausbau dieser Strecke unterzeichnet.
Bund und Bahn werden in den nächsten
Jahren rund 420 Millionen Euro in dieses
Projekt investieren; der Bundesanteil beträgt
dabei 370 Millionen Euro. Um den
derzeitigen Kapazitätsengpass zu beseitigen,
wird der 52 km lange Streckenabschnitt
wieder zweigleisig ausgebaut (der
Rückbau des zweiten Gleises erfolgte
1946) und elektrifiziert.
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Verschlepptes Projekt: Erst 2020 soll die Strecke Berlin—Szczecin durchgehend elektrifiziert sein und dann endlich deutlich kürzere Fahrzeiten ermöglichen. Foto: Sebastian Kliems |
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Der Umbau des Bahnhofs Knappenrode
soll bis Mitte 2014, der Abschnitt Horka—Grenze
D/PL bis Herbst 2015 fertig gestellt
werden. Dazu wird voraussichtlich ab März
2014 der Abbau der bestehenden Bahnanlagen
zwischen Güterbahnhof Horka und
der Neißebrücke erfolgen. Wegen der fast
zeitgleichen Erneuerung der Neißebrücke
durch die polnische Eisenbahn-Netzgesellschaft
PKP PLK S.A. wird der Abschnitt Horka
Güterbahnhof—Węgliniec für die Dauer der
Bauarbeiten geschlossen.
Die Inbetriebnahme der gesamten Strecke
soll Ende 2016 erfolgen. Derzeit fehlen
jedoch noch immer zwei von vier Planfeststellungsbeschlüssen
im Abschnitt zwischen
Knappenrode und Horka.
Der Abschluss dieses Projekts ermöglicht
schließlich die längst überfällige Reduzierung
der unattraktiv langen Fahrzeit
der EuroCity-Züge zwischen Berlin und
Wrocław, die auch im laufenden Fahrplanjahr
zwischen Berlin Hbf und Wrocław
Główny 4:58 Stunden (in der Gegenrichtung
4:48 Stunden) beträgt und letztlich
der Grund für die unbefriedigende Auslastung
dieser Verbindung ist. Der vom Fahrpreis
her günstigere Fernbus benötigt für
diese Relation lediglich eine Fahrzeit von
4:20 Stunden.
Unverständlich: Die Elektrifizierung des
73 km langen Abschnitts Cottbus—Horka
erfolgt nicht zeitgleich, so dass für die durchgehende
elektrische Traktion der EuroCity-Züge nur der Umweg über Senftenberg
bleibt.
Trotzdem: Selbst unter Berücksichtigung
dieses Umwegs ist
wird zwischen Berlin
und Wrocław eine
Fahrzeit von 3:45
Stunden möglich
werden!
Zum Vergleich:
Mitte der 1930er
Jahre brauchten die
Schnelltriebwagen
für diese Strecke nur
etwas mehr als 2,5
Stunden, allerdings
mit der Linienführung
Berlin—Frankfurt
(Oder)—Guben—Breslau.
Dresden—Görlitz—Zgorzelec—Wrocław
Mit der Einführung der Regional-Express-
Linie (RE) 100, die seit 1. März 2009 mit täglich
drei Fahrtenpaaren die Städte Dresden
und Wrocław verbindet, wurde seinerzeit ein
entscheidender Schritt zur Verbesserung des
Bahnangebotes getan (Fahrzeit rund 3:30
Stunden, im laufenden Fahrplan 3:23 Stunden).
Die Fahrgastentwicklung war in den
vergangenen Jahren ausgesprochen positiv.
Wurden 2010 im Abschnitt Görlitz—Zgorzelec
54 966 Fahrgäste gezählt, waren es 2011
bereits 59 631 und 2012 dann 67 053 Fahrgäste.
Diesem positiven Trend trägt der Ausbau
der Infrastruktur leider nicht Rechnung;
dies gilt insbesondere für die Schließung der
Elektrifizierungslücke Dresden—Görlitz—Węgliniec.
Das Bundesland Sachsen hat den Ausbau
des deutschen Abschnitts für den neuen
Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Zum
Anschub dieses Projekts finanziert Sachsen
immerhin die Vorplanung. Eine tatsächliche
Aufnahme des Projekts in den Bundesverkehrswegeplan
2015 ist aber leider keinesfalls
sicher, geschweige denn Aussagen über Inbetriebnahmetermine.
Berlin—Ducherow—Świnoujście—Heringsdorf
Der Wiederaufbau bzw. die Elektrifizierung
dieser Strecke würde eine deutliche Beschleunigung
der Bahnverbindungen in der Relation
Berlin—Usedom ermöglichen. Der Schienenverkehr
könnte in dieser Urlaubsregion
zu einer umweltschonenden Alternative zur
Auto-Nutzung auf saisonal völlig überlasteten
Straßen werden. Des Weiteren würde dadurch
die Anbindung der Stadt Świnoujście deutlich
verbessert. Auch der Hafen von Świnoujście
würde von einer verbesserten Anbindung im
Schienengüterverkehr profitieren.
Gemäß Untersuchung der DB Netz AG
vom August 2012 betragen die Investitionskosten
rund 100 Mio. Euro für einen Minimalausbau.
Leider ist auch dieses Projekt von
einem Realisierungsstadium weit entfernt.
Das bevorstehende 10-jährige Jubiläum
des EU-Beitritts Polens wäre jedoch ein geeigneter
Zeitpunkt, um eine Entscheidung
zugunsten dieses grenzüberschreitenden
Projekts zu treffen! Deutscher Bahnkunden-Verband
IGEB Fernverkehr
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