"Ewiger" Pendelverkehr
Berlin, den 4.3.1994. Sehr geehrter Herr Gronau, über die Gründe für den
Pendelverkehr auf der S1/S2 im Nord-Süd-S-Bahn-Tunnel nehmen wir wie folgt
Stellung: Im Interesse einer schnellen Wiederinbetriebnahme des
Nord-Süd-S-Bahn-Tunnels wurde der S-Bahn-Verkehr nach erfolgten
Oberbauarbeiten sofort wieder aufgenommen. Dabei haben die vielen
Nebenarbeiten wie Neuverlegung der Fernsprech- und Bahnstromkabel, Aufbau von
Schaltstellen für die Bahnenergieleitungen, Neubau der Stützmauer Luisenhain,
Aufbau der Blindenleitsysteme sowie Erneuerung des Bahnsteigbelages auf den
Bahnsteigen Oranienburger Straße und Unter den Linden keine Berücksichtigung
gefunden und müssen nun nachträglich erledigt werden.
Gegenwärtig finden Kabelarbeiten an den Außengleisen in Berlin Nordbahnhof
ohne Einschränkungen des S-Bahn-Verkehrs statt. Ein Arbeiten nur in
nächtlichen Betriebspausen verbietet das Wirtschaftlichkeitsprinzip, weil
durch betriebliche Maßnahmen nur eine reine Arbeitszeit von 60 bis 90 Minuten
verbleibt.
Um die Einschränkungen für den Fahrgast so gering wie möglich zu halten,
haben wir beantragte Tages- und Wochenendsperrpausen abgelehnt und nur
verlängerten nächtlichen Sperrpausen (ca. 21.30 bis 4.00 Uhr) von So/Mo bis
Do/Fr zugestimmt. In den anfallenden Sperrpausen sind in der Regel drei
verschiedene Firmen tätig. Viele Arbeiten werden an den Tunnelanlagen
durchgeführt, die der Fahrgast nicht einsehen kann oder die ein Befahren der
Tunnelgleise aus Sicherheitsgründen verbieten.
Da die Bauarbeiten im Nord-Süd-S-Bahn-Tunnel noch nicht abgeschlossen sind,
ist auch in den nächsten Wochen mit weiteren nächtlichen Sperrpausen zu
rechnen. Damit die betroffenen Fahrgäste und die Öffentlichkeit auch durch
den Fahrgastverband entsprechend unterrichtet werden können, bitten wir Sie,
uns einen Gesprächstermin zu nennen, um über die weitere Bautätigkeit bei
der Berliner S-Bahn zu informieren.
Morgenroth Deutsche Bahn,
Geschäftsbereich Nahverkehr, Regionalbereich Berlin/Brandenburg
Zur Problematik des Nord-Süd-Tunnels baten die Baufachleute um Verständnis
für die voraussichtlich bis Ende Mai dauernden abendlichen Pendelverkehre.
In jeder Nacht stünden nur vier Arbeitsstunden zur Verfügung, um Arbeiter,
Material, Geräte und Schutt in den Tunnel hinein- bzw. herauszufahren. Die
Verlegung neuer Bahnstromleitungen und der Anschluß eines neuen Unterwerks
in der Oranienburger Straße erforderten dies. Nur den aufwendigen
Sicherheitsmaßnahmen, zu denen auch die halbseitige abendliche Sperrung
gehört, sei es zu verdanken, daß es im Tunnel während der gesamten
Rekonstruktionsarbeiten noch zu keinem schwerwiegenden oder gar tödlichen
Unfall kam.
Eine Reihe von Baumaßnahmen im Bereich des Nord-Süd-Tunnels werden wiederum
kleinere Einschränkungen erfordern. So wird zum Einbau zweier Aufzüge
im S-Bf Nordbahnhof der Ausgang zur Invalidenstraße voraussichtlich zwei bis
drei Monate geschlossen werden müssen, da wegen der Grundwasserlage die
gesamte Tunneldecke geöffnet werden muß. Diese Arbeiten müssen spätestens mit
der Wiederinbetriebnahme der S 25 abgeschlossen sein, da für diese Linie
Nordbahnhof der Endpunkt sein wird, so daß alle vier Bahnsteiggleise
benötigt werden. 1995 werden im S-Bf Oranienburger Straße ebenfalls
Aufzüge eingebaut.
Im Juni 1994 ist dann die Sanierung des kleinen Tunnels auf der Wannseebahn
zwischen Yorckstraße und Schöneberg geplant, um die über den Tunnel
verkehrenden Güterzüge zum Logistikzentrum am Potsdamer Platz aufnehmen zu
können. Im September 94 wird schließlich für den ersten Bauabschnitt des
Nordkreuzes am Bf Gesundbrunnen das Richtung Schönholz führende S-Bahn-Gleis
verlegt, um Baufreiheit für den zweiten S-Bahnsteig zu haben.
Die Bauarbeiten zur Erneuerung der Stadtbahn zwischen Zoo und Hauptbahnhof
erfordern den Abbau der Kehranlage Alexanderplatz Mitte Juni und der
Kehrmöglichkeit in Friedrichstraße Ende September 1994. Auch am Hauptbahnhof
werden ab diesem Zeitpunkt nur noch drei Bahnsteiggleise zur Verfügung stehen.
Auf langen Abschnitten der Stadtbahn wird die S-Bahn für fast eineinhalb
Jahre auf die Fernbahngleise verlegt, so daß die S-Bahnhöfe Jannowitzbrücke,
Hackescher Markt, Bellevue und Tiergarten umfahren und deshalb stillgelegt
werden. Der Berliner Fahrgastverband kritisierte, daß noch immer kein
Konzept für Ersatzbahnsteige vorliege. Eine ersatzlose Aufgabe aller vier
Bahnhöfe sei für die Fahrgäste auf keinen Fall akzeptabel.
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Pendelverkehre, geschlossene Bahnhofseingänge. Seit Jahren leiden die Fahrgästen unter den scheinbar unendlichen Bauarbeiten am Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn. Foto: Frank Lammers |
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Über die Stadtbahn werden ab September 1994 sechs S-Bahn-Zuggruppen
ganztägig verkehren. Alle anderen, von Osten kommenden Zuggruppen enden
spätestens Hauptbahnhof, wobei ein Bahnsteigwechsel zur Weiterfahrt nicht
zu vermeiden sein wird.
Für die Schuttbeseitigung zu Beginn der Bauarbeiten sind 30 Tage eingeplant,
an denen jeweils vier Mal täglich eine 15-Minuten-Lücke im S-Bahn-Verkehr
geschaffen wird, um Schuttzüge aus dem Baustellenbereich abfahren zu können.
Von 24 Uhr bis 4 Uhr wird der Zugverkehr eingestellt und durch Omnibusse
ersetzt.
Eine erheblich engere Zusammenarbeit vereinbarten die Gesprächsteilnehmer
für den Bereich der Fahrgastinformation bei Bauarbeiten und
Betriebseinschränkungen. Der Berliner Fahrgastverband IGEB wird in den
Verteiler der monatlich erscheinenden Bauvorschau aufgenommen. Die DB AG
erhofft sich dadurch, daß eine Reihe der Anfragen von Fahrgästen direkt
beantwortet werden kann. Die IGEB-Fahrgastabteilung wird eine Konzeption zur
Fahrgastinformation bei Bauarbeiten im S-Bahn-Bereich ausarbeiten und der
DB AG zur Verfügung stellen. IGEB
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