Dieser Beschlußempfehlung ging im letzten November eine Anhörung auf
Initiative des verkehrspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Herrn Dr.
Günter Neumeister, voraus. Damals konnten sowohl die anwesenden Landräte und
Bürgermeister als auch die Vertreter der "Volksinitiative S-Bahn-Havelland"
und von PRO BAHN Havelland die Ausschußmitglieder überzeugen. Der jetzige
Landtagsbeschluß berücksichtigt die wesentlichen Forderungen der Bahnkunden
aus dem Umland. Die damalige Deutsche Reichsbahn konnte sich mit Ihrem als
Stadtexpreß getarnten, "gebrochenen" Nahverkehr gegenüber der S-Bahn nicht
durchsetzen. Beispielsweise wollte die DR einen S-Bahn-Endpunkt in Spandau
mit Umsteigezwang von und nach Nauen.
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Foto: Frank Lammers |
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März 1994. Die Hamburger Bahn und der an dieser Strecke gelegene Bahnhof Albrechtshof liegen noch im Winterschlaf. Doch bald wird diese Strecke für den Fern- und Regionalverkehr ausgebaut. Schon Ende 1995 sollen auf einem Gleis die ersten Regionalzüge verkehren. Jetzt hat der brandenburgische Landtag beschlossen, daß hier und auf den anderen ehemaligen S-Bahn-Strecken bald auch wieder S-Bahn-Züge nach Berlin fahren sollen. Foto: Frank Lammers |
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Wesentlich an der verkehrspolitischen Vorgabe des Landtags ist, daß erstmals
die S-Bahn-Endpunkte Nauen, Wustermark, Velten und Teltow-Stadt
festgeschrieben wurden und daß die schnelle Schließung der S-Bahn-Lücken auch
durch den Einsatz moderner, flexiblerer Fahrzeugtechnologie erfolgen soll. So
soll die Duo-S-Bahn (Diesel/Gleichstrom) für den Lückenschluß Tegel - Velten
und die Zwei-System-S-Bahn (Gleichstrom/Wechselstrom) zur Anbindung von
Falkensee/Nauen und Staaken/Wustermark an das Berliner S-Bahn-Netz zum Einsatz
kommen. Gefordert sind jetzt der Berliner Senat und die Deutsche Bahn AG. Der
Senat muß schleunigst die nötigen Weichen für die Lückenschlüsse auf dem
Berliner Gebiet stellen. Die Deutsche Bahn AG wäre gut beraten, endlich ein
solides Angebot vorzulegen, daß den verkehrspolitischen Leitlinien ihrer
"Besteller" entspricht.
Der Beschluß des Landtages zur "Wiederherstellung aller S-Bahn-Verbindungen
zwischen Berlin und Brandenburg" im Wortlaut:
1. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich nachdrücklich dafür
einzusetzen, daß vordringlich und so schnell wie möglich folgende
S-Bahn-Strecken wiederhergestellt werden:
Westkreuz - Spandau - Falkensee/Staaken
Die Wiederherstellung des S-Bahn-Betriebes auf beiden Strecken ins
Havelland sollte ebenfalls stufenweise, vorzugsweise mit Mehrsystem-Fahrzeugen
(Gleichstrom- und Wechselstrombetrieb) erfolgen. In einer ersten Stufe sollen
westlich des Bahnhofs Spandau dazu Gleisanlagen der Fernbahn genutzt werden.
In einer zweiten Stufe ist speziell auf der Achse nach Falkensee der Bau
separater Nahverkehrsgleise anzustreben. In den Verhandlungen mit der DB AG
und dem Senat von Berlin ist auf die Schaffung entsprechender
infrastruktureller Voraussetzungen besonders im Bahnhof Spandau zu drängen.
Verlängerungsmöglichkeiten der S-Bahn nach Wustermark bzw. Nauen sind zu
berücksichtigen.
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Schönholz - Tegel - Hennigsdorf - Velten
Für diesen Lückenschluß ist ein Stufenkonzept zu entwickeln und umzusetzen,
das gleichzeitig den Aufbau eines Regionalexpreßverkehrs nach Neuruppin
ermöglicht. Erste Stufe könnte der Lückenschluß ohne Elektrifizierung sein.
Für die S-Bahn könnten Duo-Fahrzeuge und für den Regionalexpreß
Dieselfahrzeuge eingesetzt werden.
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Priesterweg - Lichterfelde Ost - Lichterfelde Süd - Teltow
Dieser Lückenschluß soll aus verkehrlichen Gründen nicht in seiner
ursprünglichen Form erfolgen. Statt zum Bahnhof Teltow, der verkehrlich
für Teltow wegen seiner peripheren Lage wenig wirksam ist, soll die S-Bahn
auf einer von der Bahn bereits seit den 30er Jahren gesicherten Trasse
nach Teltow Stadt fahren. Die Verbindung nach Teltow - Ludwigsfelde soll
vorzugsweise mit Wechselstromfahrzeugen hergestellt werden.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert zu prüfen, wie weitere
S-Bahn-Verbindungen zwischen Berlin und Brandenburg zum frühestmöglichen
Termin verkehrlich wirksam werden können.
3. Die Landesregierung legt dem Landtag bis zum 31.5.1994 einen
entsprechenden Sachstandsbericht vor.
Begründung
Im Vergleich zum S-Bahn-Netz, wie es vor dem 13. August 1961 bestand,
weist das heutige Berliner S-Bahn-Netz noch einige Lücken auf. Diese
durch die Teilung Deutschlands bedingten Lücken der S-Bahn-Verbindungen
zwischen Berlin und Brandenburg wieder zu schließen, ist eine vordringliche
verkehrspolitische Aufgabe der Länder Brandenburg und Berlin und der
Bundesregierung.
Bei der Wiederherstellung dieser S-Bahn-Verbindungen liegt die
hoheitliche Zuständigkeit und auch die Zuständigkeit für die Bereitstellung
der finanziellen Mittel grundsätzlich auf Bundesebene. Eine Einflußnahme
der Landesregierung ist nur durch intensive Zusammenarbeit mit dem
Nachbarland Berlin, der Deutschen Bahn AG und der Bundesregierung möglich.
Durch die Siedlungscntwicklung im Berliner Umland in den nächsten
Jahren - insbesondere im
Raum südlich und westlich Berlins - sind besonders hier erhebliche
Zuwachsraten im Stadt-Umland-Verkehr zu erwarten.
Deshalb ist die Verbindung zwischen Berlin und seinem Umland bzw. die
Verbindung zwischen dem Umland und Berlin mit einem umweltfreundlichen,
schnellen und für alle Bevölkerungsschichten verfügbaren Verkehrsmittel
besonders wichtig. Regionalverkehrsangebote, die derzeit vom Fahrgast
oft mehrmaliges Umsteigen fordern, sind keine adäquate Alternative. Ein
attraktives Angebot im ÖPNV durch ein schienengebundes Verkehrsmittel wie
die S-Bahn ist dringend erforderlich, um die Verkehrsprobleme im Großraum
Berlin zu lösen.
Die vorhandenen Voraussetzungen für die S-Bahn in der Region (vorhandene
Flächen und Anlagen) sind eine wichtige Basis für die schrittweise
Vervollständigung eines modernen Nahverkehrssystems. Deshalb sollten zur
schnellstmöglichen Anbindung des Umlandes an das Berliner S-Bahn-Netz der
Einsatz von Mehrsystemfahrzeugen sowie die Flächenvorhaltung für gesonderte
S-Bahn-Gleise geprüft und in Gang gesetzt werden. PRO BAHN
Landesverband Berlin-Brandenburg
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