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Görlitzer Bahnhof. Kurz und deutlich, aber völlig falsch. Der Ferienfahrplan endete nicht etwa am Ende der Berliner Ferien, sondern am 19. August. Und die U15 fuhr ja nach Uhlandstraße, nur halt erst ab Wittenbergplatz ... Foto: I. Schmidt |
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Fahren Sie U15 - eine während der Ferien falsche Empfehlung, ausgedruckt vom BVG- Fahrgastinformations-Computer auf dem U-Bf Wittenbergplatz. Versagt hat hier aber nicht die Technik, versagt haben die Menschen. Foto: I. Schmidt |
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Kottbusser Tor. Schon besser, zum einen wegen der höflichen Anrede, zum anderen wegen Angabe des 19., aber sonst leider auch falsch. Foto: I. Schmidt |
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Möckernbrücke. Abgesehen vom 18. August korrekter, aber so verkürzt, daß es für normale Fahrgäste schon nicht mehr verständlich ist. Foto: I. Schmidt |
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Kurfürstendamm. Vorbildlich, da hat sich eine (oder einer?) wirklich Mühe gegeben. Allerdings fehlt der Hinweis, daß die Züge am Sonnabend unverändert von Uhlandstraße bis Schlesisches Tor fahren. Foto: I. Schmidt |
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Prinzenstraße. Geschickt! Da wurde einfach der betriebsinterne Fahrplan ausgehängt. Zum Verständnis fehlen den Fahrgästen zwar noch ein paar Informationen, aber zumindest steht hier nichts Falsches. Foto: I. Schmidt |
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Foto: I. Schmidt |
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Der Variantenreichtum war so groß (und unterhaltsam), daß sich damit problemlos noch weitere SIGNAL-Seiten füllen ließen. Auf eine Idee kam bei der BVG aber offensichtlich niemand, nämlich die für besondere Fahrgastinformationen vorgesehenen Tafeln zu nutzen, z.B. die auf Kurfürstendamm (oben) oder Schlesisches Tor, beide fotografiert am 16. Juli. - Wenn der ganze Vorgang nicht so traurig wäre, könnte man spotten: So also, Herr Direktor Lorenzen, so sieht das preisgekrönte “Corporate design“ der BVG aus? Oder war das ganze vielleicht ein verkappter BVG-interner Wettbewerb zur Ermittlung der kreativsten Zugabfertiger? Besser sollte man fragen: Wer bei der BVG kennt eigentlich die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes bezüglich der Fahrgastinformation? Bleibt zu hoffen, daß diese ausführliche Fotodokumentation der BVG ausreichend unangenehm ist, um einen Wiederholungsfall für immer auszuschließen. Foto: I. Schmidt |
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Doch dann kam der 11. Juli, eigentlich kein besonderer Tag, für die
BVG aber Auftakt zu einem bisher beispiellosen Fahrgastverwirrspiel.
Am 11. Juli, also noch vor den am 14. Juli beginnenden Sommerferien,
führte die BVG nicht nur bei mehreren Buslinien - wie oben angekündigt -
einen Ferienfahrplan ein. Auch die U-Bahnlinien 2, 5, 6, 7 und 9 waren
von sommerlichen Taktausdünnungen betroffen, und die U-Bahn-Linie 15 wurde
auf den Abschnitt Uhlandstraße - Wittenbergplatz verkürzt - wie zu schlechten
Zeiten der U3. Dies alles geschah ohne jegliche Fahrgastinformation,
weder durch Fahrplanhinweise auf den Bahnhöfen noch durch "Mitteilungen
an unsere Fahrgäste". Erst rund zwei Wochen später erschien "ViBB aktuell"
mit kurzen Hinweisen auf den Ferienfahrplan bei der U-Bahn.
Auch eine Presseerklärung gab es nicht, denn die Pressestelle wußte
zunächst gar nichts von den Maßnahmen der Kollegen. Folgerichtig war
auch der Computer des "Tip-Info-Systems" nicht umgestellt worden und
informierte falsch.
Gravierend für die Fahrgäste war besonders das drastische Verkürzen der
U15. Diese Linie gehört zwar zu den weniger bedeutenden der BVG, aber die
Auswirkungen auf dem Kreuzberger Ast der U1 waren erheblich, Die
verbliebenen 6-Wagen- Züge der Ul waren häufig überfüllt, z.T. bis zur
Endstation Schlesisches Tor. Hinzu kam, daß durch das Fehlen jeglicher
Information in den ersten Tagen viele Fahrgäste, die von Kreuzberg zur
Uhlandstaße wollten, oft mehrere Züge der Ul passieren ließen, weil sie ja mit
der U15 fahren wollten. Umgekehrt stiegen anfangs viele Fahrgäste von
Uhlandstraße oder Kurfurstendamm kommend in Wittenbergplatz nicht aus,
weil sie ja nach Kreuzberg wollten - und fuhren sogar wieder zurück,
weil auf Wittenbergplatz keine Durchsagen gemacht wurden! Gesteigert
wurde der Ärger der "Rückfahrer" noch dadurch, daß die Züge der U15
nur alle 10 statt 6 Minuten fuhren.
Besonders dieses Unterlassen jeglicher Durchsagen von den Zugabfertigern,
auf Wittenbergplatz ebenso wie auf den Kreuzberger Bahnhöfen, war
unbegreiflich und trug wesentlich zur Verschärfung der Situation bei.
Bei aller Kritik am S-Bahn-Pendelverkehr der Bahn gibt es dort doch selten
Anlaß, fehlende Durchsagen zu beklagen. Allerdings waren die
BVG-Zugabfertiger nicht nur Täter, sondern vor allem auch Opfer.
Offensichtlich waren sie ebenso überrascht und wurden dann von ihrem
Betrieb im Stich gelassen. Denn sie waren es, die den geballten Unmut der
verärgerten Fahrgäste zu spüren bekamen, nicht die Herren in der Potsdamer
Straße. Und sie mußten mit handgeschriebenen Zetteln fehlende Fahrpläne und
Aushänge ersetzen - ein ungeheuerlicher Vorgang. Dabei war die Absicht
der BVG, die U15 in den Sommerferien drastisch zu verkürzen, Insidern
schon lange bekannt, dokumentiert auf Seite 27 in
SIGNAL 4/94 , das Ende Mai erschienen war.
Erst nach einer Woche, am 18. Juli, wurden endlich Ausdrucke mit dem
Ferienfahrplan der U15 ausgehängt. Und damit war die nächste Überraschung
perfekt. Was bisher in keiner BVG-Information und keiner Zeitung zu lesen
war, stand dort und erwies sich nach Testfahrten als richtig: Am
Sonnabend gilt auf der U15 kein Ferienfahrplan! Wer dann - gestraft durch
schlechte Erfahrungen an einem Wochentag - von Uhlandstraße kommend in
Wittenbergplatz aussteigt, um mit der U1 nach Kreuzberg weiterzufahren,
hat schon wieder Zeit verloren: Bis zum frühen Nachmittag fahren die Züge
der Ul5 planmäßig von Uhlandstraße bis Schlesisches Tor ...
Immerhin sorgte die BVG für politisch ausgewogene Mißstände:
Dem Zurückziehen der "West-Linie" U15 wurde eine unzumutbare Ausdünnung
der "Ost-Linie" U5 entgegengesetzt. In der Hauptverkehrszeit fuhren
die Züge zwischen Biesdorf-Süd und Hönow nur noch im 8- statt 6-Minuten-Takt,
so daß die Fahrzeuge besonders zwischen Wuhletal und
Kaulsdorf-Nord völlig überfüllt waren.
IGEB
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