„Beim Ausbau der Dresdener Bahn in Lichtenrade
ist jetzt ein Durchbruch erzielt worden:
Erstmals hat sich Bahnchef Rüdiger Grube
für eine Tunnellösung ausgesprochen. Das
berichten Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete
übereinstimmend nach einem Treffen
mit Grube“, meldete die Berliner Morgenpost
am 29. Januar 2014.
Mit Herrn Grubes vermeintlichem Umschwenken
wurde die Lichtenrader Tunneldebatte
ein weiteres Mal entfacht. Worum
geht es? Seit Anfang der 1990er Jahre ist
geplant, auf der Dresdener Bahn zwischen
Berlin Südkreuz und Blankenfelde neben
den S-Bahn-Gleisen zwei Gleise für den
Fern- und Regionalverkehr aufzubauen.
Eine Bürgerinitiative in Lichtenrade fordert,
dass hierbei Lichtenrade in einem neu zu
bauenden Tunnel unterquert wird.
Anwohnerwünsche verständlich
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Bahnübergang am S-Bahnhof Lichtenrade. Foto: Frank Lammers |
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Die Argumente sind aus Sicht der Anwohner
verständlich: Ein Ausbau der Strecke mit
entsprechenden Lärmschutzwänden verstärkt
die Zerschneidungswirkung der Trasse
im Ortsteil Lichtenrade erheblich und ist
schlicht hässlich. Zu besichtigen sind solche
Stadtverschandelungen durch Bahnausbau
in Lankwitz und Spandau ebenso wie in Rathenow
und an immer mehr Orten.
Aufgrund guter Sach- und Lobbyarbeit
gelang es der Bürgerinitiative, dass sich
SPD und CDU die Lichtenrader Forderung
seit Jahren zueigen machten und die Ausbaupläne
der Deutschen Bahn, die keinen
Bahntunnel vorsehen, immer wieder verzögerten.
Zugleich wurden einst Berlin zustehende
Gelder gemäß Bundesschienenwegeausbaugesetz
nicht ausgegeben, sondern
für die Mehrkosten einer Bahnstrecke mit
Tunnel zurückgelegt. Inzwischen sind diese
annähernd 100 Millionen Euro für Berlin
verloren.
Zuletzt hatte sich der Berliner Senat damit
abgefunden, dass die DB die Planung für
den Ausbau der Dresdener Bahn ohne Tunnel
abschließt. Die
Pläne liegen jetzt
beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA),
und noch 2014 soll
der Planfeststellungsbeschluss
erfolgen.
Folglich musste
die Notbremse gezogen
werden, in
dem Bahnchef Rüdiger
Grube zum
Tunnelbefürworter
erklärt wurde. Dabei
soll er nach Aussage anderer Anwesender
lediglich signalisiert haben, dass die DB sich
einem Tunnelbau nicht verweigern würde,
wenn alle anderen ihn wollen – und finanzieren.
Seither fordern nun neben den Lichtenrader
Bürgern mehrere Berliner Politiker,
darunter Stadtentwicklungssenator Michael
Müller und sein Verkehrsstaatssekretär
Christian Gaebler, die Planung zu stoppen
und mit einer Tunnelvariante neu zu beginnen.
Zum Glück haben sich DB und EBA
darauf bisher nicht eingelassen und setzen
ihre Arbeit fort.
Hunderte Millionen Mehrkosten
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Rot gepunktet die geplante Trasse der Dresdener Fernbahngleise, grün die bestehende S-Bahn. Die Bürgerinitiative fordert einen Fernbahntunnel im gekennzeichneten Abschnitt von Buckower Chaussee bis zur Stadtgrenze. Grafik: Holger Mertens |
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Was wäre die Konsequenz einer Neuplanung
mit Tunnel? Zunächst einmal müsste geklärt
werden, wie lang der Tunnel überhaupt werden
soll. Reicht er nur vom Schichauweg bis
zur Bahnhofstraße? Oder beginnt er schon
nördlich der Buckower Chaussee und reicht
bis zur Landesgrenze? Werden nur die beiden
Ferngleise in den Tunnel gelegt oder
auch die S-Bahn-Gleise? Je nachdem könnten
aus den geschätzten 100 Millionen Euro
Mehrkosten schnell 300 oder 500 Millionen
werden.
Zwar argumentiert die Bürgerinitiative
Lichtenrade, dass die S-Bahn bei einem
Tunnelbau unverändert bleiben kann, einschließlich
Beibehaltung der beschrankten
Bahnübergänge, aber die Zerschneidung
des Ortsteils durch die Bahntrasse bleibt
damit erhalten. Im Übrigen geht die Mehrzahl
der Fachleute davon aus, dass auch in
diesem Fall Schallschutz entlang der Trasse
erforderlich ist, so dass die Anwohner ihr
eigentliches Ziel überhaupt nicht erreichen
würden.
Vollkommen offen ist auch, wer die bei
jeder Tunnelvariante anfallenden Mehrkosten
trägt. Bund und DB lehnen das ab und
verweisen auf das Land Berlin. Doch der Senat
fordert den Tunnel zwar, hat aber kein
Finanzierungskonzept.
Mindestens 7 Jahre Zeitverzug
Gravierend ist für die Bahnkunden vor allem
der Zeitverlust. Schon heute muss man unter
Berücksichtigung einer (abgewehrten)
Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss
damit rechnen, dass die Ausbaustrecke erst
2023 dem Verkehr übergeben werden kann.
Im Falle einer Neuplanung mit Tunnel wird
das frühestens 2030 möglich sein.
Unsicher ist auch, ob eine Tunnelvariante
bei der erforderlichen neuen Nutzen-Kosten-Rechnung
den Faktor 1 überschreiten
würde. Denn den erheblichen Mehrkosten
steht für die Bahn bzw. für die Reisenden
kein höherer Nutzen gegenüber.
IGEB gegen Neuplanung mit Tunnel
Aufgrund der gravierenden Verzögerungen
und Mehrkosten und wegen des bei Erhalt
der oberirdischen S-Bahn-Trasse begrenzten
Nutzens für die Anwohner spricht sich der
Berliner Fahrgastverband IGEB gegen eine
Neuplanung mit Tunnelvarianten aus und
fordert einen schnellen Beschluss für die
beiden planerisch abgeschlossenen Berliner
Planfeststellungsabschnitte. Spätestens
nach Fertigstellung der Neubaustrecke Berlin—Erfurt—München
Ende 2017 wird die
Anhalter Bahn so überlastet sein, dass die
Dresdener Bahn als zweite Strecke von Berlin
nach Süden dringend gebraucht wird. Hinzu
kommen die bei den Umwegfahrten über die
Anhalter Bahn erheblichen Fahrzeitverluste,
für die Fernzüge nach Dresden ebenso wie
für die Regionalzüge nach Zossen und zum
künftigen Großflughafen BER in Schönefeld. Berliner Fahrgastverband IGEB
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