Das Auto im Handgepäck
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Arbeitslos in Wannsee: Die rollenden Verladerampen haben ausgedient. Nach Berlin kommt kein Autozug mehr. Zu teuer sind die Transportwagen, zu gering ist der Ertrag. Foto: Florian Müller |
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Bereits in den 1920er Jahren gab es die
ersten Bestrebungen, das Automobil als
besonderes Statussymbol auch auf Reisen
mitnehmen zu können, um am Ziel mobil zu
sein. Wurde in den Anfangsjahren das liebe
Gefährt noch in einem separaten Güterzug
befördert, so setzte sich schnell der Wunsch
durch, dass der Reisende mit seinem Auto
direkt zum Zug und am Ziel unmittelbar
weiter fahren kann. Mit der Marke „Auto im
Reisezug“ perfektionierte die Deutsche Bundesbahn
in den 1950er und 60er Jahren das
System, nachts im Zug zu schlafen und am
Zielort ausgeruht seine Reise mit dem Auto
fortzusetzen. So ist es möglich, die Straßen- und
Umweltbelastung zu minimieren, indem
das Auto auf die Schiene verlagert wird,
sowie Zeit und Geld für eine Hotelübernachtung
zu sparen.
Das kostet!
„Zu teuer“ meinte die DB AutoZug und verkündete,
die innerdeutschen AutoZug-Verbindungen
Berlin—München und Düsseldorf—München aufzuteilen und das Auto
von der Schiene zu verbannen. Grund dafür
sind nicht nur die ohnehin hohen Unterhaltungs-
und Vorhaltekosten für die Autotransportwagen.
Das schwierige an dem Geschäft
ist, dass die Nachfrage starken saisonalen
Schwankungen unterliegt. In den letzten
Jahren waren die Erträge unzureichend,
heißt es aus Bahnkreisen. Da die Wagen das
Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben und
sich eine Neuanschaffung dieser speziell für
schnelle Personenzüge konzipierten Typen
nicht rentiere, wurden die zeitweise täglich
verkehrenden Verbindungen auf drei bis
vier in der Woche ausgedünnt und die Autobeförderung
auf die Straße verlagert.
On the Road again
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Grafik: BfVSt |
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Der Fahrgast liefert, wie bisher auch, sein
Auto am Verladeterminal ab. Statt auf die
Schiene verlädt ein beauftragter Logistiker
dann das Auto auf einen Lkw, um zum
festgelegten Abfahrtstermin die Reise über
Deutschlands Autobahnen anzutreten. Der
Fahrgast indes besteigt seinen Zug und
fährt mehr oder weniger parallel neben
seinem Auto her. Zumindest einen Vorteil
hat das für den Kunden: Er kann nicht mehr
nur den Schlaf- oder Liegewagen nutzen,
sondern auch in der 1. Klasse mit speziell
festgelegten ICE-Zügen am Ablieferungstag,
Folgetag oder bei Ablieferung freitags auch
am Sonntag reisen.
Diese Flexibilisierung ist zwar ein guter
Gedanke der Bahn, aber wegen der Beschränkung
auf zwei, drei ausgewählte
Alternativzüge nur halbherzig umgesetzt.
Diese starre Festlegung ist unnötig. Ferner
besteht die Problematik, dass außer dem
Nachtreisezug CityNightLine keiner z. B. am
Verladebahnhof in Berlin-Wannsee hält. Der
Fahrgast ist also gezwungen, nach der Ablieferung
seines Autos zeitaufwendig nach
Berlin Hauptbahnhof oder Südkreuz zu fahren.
Eine Schwarzfahrerfalle
und andere Tarifzwänge
Die Fahrkosten setzen sich aus einem Ticket
für das Auto und einem für die Fahrgäste
zusammen. Bei der Nutzung von Tagesreisezügen
werden die Reisenden in die 1. Klasse
„gezwungen“ – eine Nutzung beispielsweise
des Kleinkindabteils für Familien ist damit leider
nicht möglich. Über die Angebotspreise
indes kann man nicht meckern. Ein Beispiel:
Für die Fahrt Berlin—München beträgt der
pauschale Preis im ICE für den Erwachsenen
70 Euro, mit dem Autozug-Spezial sogar nur
30 Euro. Allerdings gibt es für Kinder bis 14
Jahre leider nicht die sonst übliche Familienkinderregelung,
bei der sie kostenfrei in
Begleitung der Eltern mitreisen. Sie kosten
35 Euro auf den „Normaltarif“ oder auch 30
Euro beim Spezialpreis. Das Auto ist parallel
normal für 135 Euro (Spezial: 89 Euro) unterwegs.
Zum Vergleich: Ein Reisender ohne
BahnCard zahlt im ICE normal 211 Euro oder
mit dem Sparpreis beispielsweise ab 64 Euro
aufwärts.
Da die Personenfahrkarten als sogenannte
Globalpreise (Reservierung mit inkludierter
Fahrkarte) nur für den gebuchten Fernzug
(ICE, IC/EC, CNL) gelten, besteht für den
Fahrgast die Notwendigkeit, zusätzliche ÖPNV-Fahrkarten
für die Fahrt mit Regionalzug
oder S-Bahn zwischen Verladestation und
Hauptbahnhof/Südkreuz zu kaufen. Eine
Nutzbarkeit des Nahverkehrs als Zubringer
ist tariflich nicht geregelt, da es für den
Bahnhof Berlin-Wannsee keine tarifliche
Gleichstellung mit dem Hauptbahnhof gibt.
Unwissenden Fahrgästen könnte hier eine
Fahrkartenkontrolle unangenehme Folgen
bereiten.
Viel sinnvoller wäre die Kombination einer
Autotransportpauschale mit den regulären
Fahrkartenangeboten des Fernverkehrs.
Dann kann der Reisende auch ein Ticket
nach seinen Bedürfnissen z. B. von einem
alternativen Startbahnhof in Berlin und Umgebung
kaufen oder die „Schwarzfahrerlücke“
zwischen Verlade- und Hauptbahnhof
schließen.
Wer haftet für Schäden?
Laut Angaben der DB Ferverkehr AG (FAQ
DB-Autozug.de Stand 11. April 2014) haftet
diese bei unmittelbaren Sachschäden am Fahrzeug im innerdeutschen
Verkehr bis zu 20 400 Euro. Bei dem neuen Angebot
„Auto+Zug“ wird die maximale Entschädigungshöhe aber auf circa
8800 Euro beschränkt und der Abschluss eines zusätzlichen Reiseschutzes
empfohlen.
Für Fahrten mit dem DB AutoZug bietet die Bahn in ihren Verkaufsstellen
eine sogenannte „Autozug- und Fährversicherung“ der
Europäischen Reise-Versicherung ERV an. In einer Information an
die Reisebüros, die Bahntickets verkaufen, heißt es jedoch, diese
Versicherung fände für das neue Produktionskonzept keine Anwendung.
Was nun? Wer ersetzt das Fahrzeug bei Unfall oder Diebstahl?
Wer haftet für Schäden, die beim Verladen oder Transport auftreten
und die Obergrenze von 8800 Euro übersteigen? Der Logistiker? Die
Bahn? Oder bleibt der Kunde auf den Kosten sitzen!? Die Gerichte
freuen sich bestimmt schon.
Die Zukunft:
Mit dem AutoZug aufs Abstellgleis?
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Autoreisezug-Verbindungen seit 27. April 2014 – zum Teil auf der Straße. Grafik: DB AG |
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Ein schlechtes Omen: Die DB AutoZug GmbH wurde am 30. September
2013 aufgelöst und in die DB Fernverkehr AG integriert.
Wie sieht es da in der Zukunft mit dem Konzept AutoZug aus?
Seit Jahren sollen die Nutzerzahlen rückläufig sein, das Geschäft
sich immer weniger rentieren. Viele Verbindungen wurden in den
letzten Jahren schon gestrichen. Selbst ein nur halb besetzter Liegewagen
bringt mehr Geld ein als ein AutoZug-Wagen. Mit dem
Betriebskonzept „Auto+Zug“ will die Deutsche Bahn testen, ob es
überhaupt eine Zukunft für die Automitnahme von Bahnreisenden
gibt. Dass der jetzt eingeschlagene Weg mit einer Autobeförderung
auf der Autobahn erfolgreich ist, darf jedoch bezweifelt werden.
(BfVst) Berliner Fahrgastverband IGEB
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