Der Vorlauf
"Am 8. August 1924 fuhr der erste elektrisch betriebene Zug nach
Bernau. Diesem Termin folgten unmittelbar die übrigen Nordstrecken und
im Verlauf der sogenannten 'Großen Elektrisierung' (1928 - 1929) der
Ring, die Stadtbahn und die Außenstrecken. Die Einführung des elektrischen
Betriebes auf der Stadt- und Ringbahn und den anschließenden Vorortstrecken
erforderte für die Unterhaltung der neu zu beschaffenden Fahrzeuge
Werkstätten. Der Umbau einer der alten und engen Berliner Ausbesserungswerke
Warschauer Straße, Tempelhof und Grunewald wäre so teuer geworden wie ein
Neubau. Es fehlten in diesen Werken Erweiterungsmöglichkeiten.
Entwürfe für die Ausbesserungswerkstatt elektrischer Triebwagenzüge wurden
schon ab 1921 in verschiedenen Varianten aufgestellt. Sie sahen bald
Querstände mit Schiebebühnen, bald Längsstände vor. 1922 wurde als beste
technologische Lösung der Durchlauf der Wagen in den Hallen mit Hilfe
von Kränen auf Querstände festgelegt." [3]
Die Konkretisierung
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Luftaufnahme aus dem Jahre 1927. Sie zeigt das Verwaltungsgebäude und die daran anschließende Werkstatthalle im Bau. Foto: Landesarchiv Berlin |
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"Für die bahnamtlichen Untersuchungen und die größeren
Wiederherstellungsarbeiten wurde im Oktober 1926 der Bau eines
Ausbesserungswerks in Niederschöneweide am Bahnhof
Niederschöneweide-Johannisthal begonnen, da die vorhandenen älteren
Werkstätten Groß-Berlins sich für die wirtschaftliche Unterhaltung der
Triebwagenzüge als ungeeignet erwiesen. Die in dem
Reichsbahn-Ausbesserungswerk Tempelhof bei der Wiederherstellung und
Untersuchung der bereits auf den Berliner Nordstrecken laufenden
Triebwagenzüge gesammelten Erfahrungen konnten
dem Entwurf des neuen Werks nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden.
Die Ausrüstung und räumlichen Verhältnisse in Tempelhof erschwerten
neuzeitliche Arbeitsverfahren. Auch hatten die bis jetzt angelieferten
Triebwagen mancherlei Kinderkrankheiten zu überstehen, so daß die dadurch
verursachten Änderungen und Verbesserungen der Bauart die Untersuchungs- und
Wiederherstellungsdauer der Wagen außerordentlich verlängerten; so betrug
der Ausbesserungsstand über 20% und die Dauer der bahnamtlichen
Untersuchungen im Durchschnitt 10 Tage, unter Einrechnung der
Verbesserungsarbeiten vielfach über 30 Tage....
Mit Rücksicht auf die zu erwartenden günstigen Verhältnisse wurde der
Größenbemessung des Werkes ein Ausbesserungsstand von 8% zugrunde gelegt.
Der Betriebsausbesserungsstand soll nicht mehr als 2% betragen, so daß
insgesamt 10% des Fuhrparks wegen Ausbesserungsarbeiten dem Betrieb entzogen
sein werden.
Für den ersten Ausbau des elektrischen Zugbetriebes werden rund 380
Triebwagen und 360 Beiwagen benötigt. In dem Eisenbahn-Ausbesserungswerk
sollen außerdem noch die Wagen der bereits elektrisch betriebenen Strecke
Potsdamer Bahnhof - Lichterfelde Ost und der Berliner Nordstrecken
unterhalten werden. Auf diese Weise kommen noch 134 Triebwagen und 163
Beiwagen hinzu. Leider handelt es sich hier nicht um 297 Wagen gleicher
Bauart, sondern entsprechend der allmählichen Entwicklung um 9 verschiedene
Typen. Die Länge der Triebwagen schwankt zwischen 16,11 m und 20,316 m und
die der Beiwagen zwischen 10,075 und 17,78 m. Für den ersten Ausbau des
Ausbesserungswerkes ist also mit einem Fuhrpark von rund 1040 Wagen und
für den Vollausbau mit 1600 Wagen zu rechnen.
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Foto: Landesarchiv Berlin (1927) |
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Zweimal Schöneweide aus der Luft. Das obere Bild, aufgenommen von Norden, zeigt am linken Rand eine große ungenutzte Freifläche, den späteren Standort des RAW Schöneweide. Rechts sind die umfangreichen Anlagen des Rangierbahnhofes und des Bw Schöneweide zu erkennen, im linken unteren Bildteil der noch heute erhaltene Wasserturm und die Abstellgleise für S-Bahn-Züge. Das untere Bild, auch von Norden aufgenommen, zeigt das zukünftige Reichsbahnausbesserungswerk im Bau: links die Wageneingangshalle, dahinter die große Werkhalle und daran anschließend der Verwaltungstrakt. Die kleinere separate Halle im Vordergrund ist die Lackiererei. Foto: Landesarchiv Berlin (1927) |
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Für die planmäßige Untersuchung der Wagen wurde ein Arbeitsdiagramm
entworfen. Es sieht für die bahnamtliche Untersuchung ohne
Lackierarbeiten eine Frist von nur 6 1/2 Tagen vor, für Lackierwagen
10 1/2 Tage....
Es ist klar, daß derartige kurze Zeiten, deren Unterschreitung noch
erhofft wird, nur eingehalten werden können bei planmäßiger
Arbeitsorganisation und einer Werkstatt, die einen ungestörten Fluß der
Arbeit durch die Werkhallen gestattet und Fließarbeit überall da
vorsieht, wo sie auch bei Wiederherstellungsarbeiten Erfolg verspricht....
Um von dem aufgewendeten Kapital sofort Nutzen zu haben, sollen nicht nur
die zur Zeit im Reichsbahnausbesserungswerk Tempelhof in Unterhaltung
stehenden Wagen der Berliner Nordstrecke und der Strecke Potsdamer
Bahnhof - Lichterfelde-Ost in Niederschöneweide untersucht und ausgebessert
werden, sondern es ist beabsichtigt, dort auch den Einbau der elektrischen
Ausrüstung in die neu anzuliefernden Trieb- und Beiwagen vorzunehmen. Es
bietet dies willkommene Gelegenheit, das Personal mit der Bauart der Wagen
schon bei der Montage vertraut zu machen und die Erfahrung der Werkstätten
mit Fließarbeit bei dem Einbau der elektrischen Ausrüstung vorteilhaft
zu verwenden.
Bei weiterem Ausbau der Elektrisierung wird die Werkstätte erweitert. Es
soll an der Westseite eine vierte Halle angebaut werden und die dritte
Wagenhalle durch Verlegung der Holz-, Blechbearbeitung usw. in diese vierte
Halle zur Aufnahme der Wagen freigemacht werden. An der Ostseite wird eine
weitere Halle für Bearbeitungswerkstätten angebaut. Sie dient in der
Hauptsache zur Übernahme der Drehgestellwerkstätte. Das Lackiergebäude
kann bei Bedarf nach Norden verlängert werden. Bei Vollausbau für 1600 Wagen
kann, um ein viertes Schiff als Wagenhalle zu gewinnen, die Holz- und
Blechbearbeitung abermals in ein weiteres Schiff an der Westseite verlegt
werden. Die Werkstatt hat alsdann die im Entwurf geplante endgültige
Gestaltung." [1]
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Lageplan des RAW Schöneweide aus dem Jahre 1927. Der Plan zeigt nicht nur die Gebäude und wesentlichen Gleisanlagen, sondern auch (markiert durch kleine Pfeile) die wichtigsten Arbeitsschritte des Arbeitsflusses im Werk. Zeichnung aus Sonderheft zu Glasers Annalen, 1. Juli 1927 |
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Der Bau des RAW Schöneweide begann offiziell am 1. Oktober 1926, am 15.
Oktober 1927 erfolgte die offizielle Betriebsaufnahme. Die Baukosten
betrugen 11,3 Millionen Reichsmark. In den Jahren 1930/31 erfolgt die
bereits vorbereitete Erweiterung der Anlagen.
Den Entwurf für den Hochbau, d.h. vor allem den Verwaltungsbau am
Adlergestell, fertigte Reichsbahnoberrat Fritz Hane im Stil der Neuen
Sachlichkeit. Der Entwurf ähnelt bei erster Betrachtung den von
Richard Brademann in Zusammenhang mit der Elektrifizierung der Berliner
S-Bahn entworfenen Bahnhofs- und Stromversorgungsbauten, ohne allerdings
deren Strenge und klare Gliederung erreichen zu können. In den 30er
Jahren entwarf Hane u.a. den Neubau des Bahnof Zoologischer Garten und
die Umgestaltung des Bahnhofs Friedrichstraße in Zusammenhang mit dem Bau
der Nord-Süd-S-Bahn.
"Bei der Eröffnung des Raw standen nur die Hallen A, M und R zur Verfügung.
An der Lackiererei wurde noch gebaut, und die beiden Hallen B und C, an
denen anfangs ebenfalls noch gearbeitet wurde, erhielten die Elektrokonzeme
Siemens und AEG für die elektrische Montage der S-Bahn wagen....
Als am 15.10.1927 die Produktion im Raw begann, waren es zunächst 80
Kollegen, die aus anderen Ausbesserungswerken beordert wurden. Die
notwendigen Voraussetzungen für eine planmäßige Fahrzeugausbesserung waren
noch nicht gegeben. Vor allem konnten nur wenige Spezialkräfte der
Berufsgruppe Elektrotechnik vom Raw Tempelhof übernommen werden. Später
stieg die Belegschaft auf 200 Kollegen an. Weitere Einstellungen wurden
dann auf Grund des vermehrten Wagenparkes notwendig.
Das neuerbaute Ausbesserungswerk war für die damalige Zeit das modernste
Bauwerk dieser Art. Auch die sozialen Einrichtungen wie Waschräume und
Kantine wiesen gegenüber den anderen Ausbesserungswerken, in denen sich
die Arbeiter oft noch in Eimern waschen mußten, Verbesserungen auf." [3]
Der Arbeitsablauf
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Foto: Udo Dittfurth |
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Schon Vergangenheit. Die Bilder vom September 1990 zeigen die Aufarbeitung von Reko-Straßenbahnen für die BVB (links) und von U-Bahn-Zügen der Baureihe EIII, die in den 60er Jahren (im RAW Schöneweide) aus Bestandteilen von S-Bahn-Fahrzeugen geschaffen wurden. Fahrzeuge der BVG werden hier nicht mehr gewartet, und die U-Bahn-Wagen sind in der Zwischenzeit dem Schneidbrenner zum Opfer gefallen. Den Straßenbahnwagen steht in Kürze das gleiche Schicksal bevor. Foto: Udo Dittfurth |
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"Die ankommenden Züge laufen zunächst in eine Abstellanlage ein. Die
gesamten Gleisanlagen sind 9,59 km lang, hiervon stehen 4,37 km als
Abstellgleise zur Verfügung. Je zwei Wagen, also ein Viertelzug, werden
mit einer Verschiebemaschine in die Wagenwäsche geschoben und daselbst
gereinigt. Im zweiten Arbeitsgang werden die Verbindungen gelöst. Dann
schleppt ein Elektroschlepper die beiden Wagen in die große Halle. Sie
besteht aus drei Einzelhallen von 22, 22 und 25 m Weite. In einer dieser
Hallen werden die Wagenkasten von den Drehgestellen abgehoben und mit
Kranen in die Wagenstände senkrecht zum Einfahrgleis verfahren. Die
erste Halle hat 18 Wagenstände, die zweite und dritte Halle je 24 Stände.
Die erste Halle mußte zunächst für die Montage der Wagen herangezogen
werden. Später wurden in dieser Halle Bearbeitungswerkstätten untergebracht.
Nachdem die Wagenkästen abgehoben sind, laufen Drehgestelle und Motore
weiter. Nacheinander werden alsdann in der folgenden Halle die Motore
abmontiert, und in der letzten Halle die Drehgestelle untersucht. Motore
und Drehgestelle laufen nun senkrecht und gleichlaufend durch die
Werkstätten. Auf der entgegengesetzten Seite vollzieht sich der
Zusammenbau in der Längsrichtung nacheinander bis zum Aufsetzen der
Wagenkasten.
Von der Untersuchungshalle gelangen die Wagen in die Lackiererei. Sie hat
zu beiden Seiten der Schiebebühne je sieben Stände. Auf der einen Seite
Stände mit Gruben für das Anbauen von Beschlagteilen und für
Polsterarbeiten, auf der anderen Seite liegen drei Spritzkammem für den
Anstrich der Wagen, drei Trockenkammern und ein offener Stand.
Das Werkstofflager liegt getrennt von der Werkstätte. Es hat getrennte
Zu- und Abfuhr, Lademöglichkeit vom Gleis und von der Ladestraße. Drei
Stockwerke und ein Kellergeschoß, die Stockwerke heizbar, dienen als
Lagerräume mit den nötigen Büroräumen. In der Höhe des Werkstofflagers,
von denselben beiden Gleisen zweiseitig bedienbar, liegt das Eisenlager.
Das Holzlager liegt westlich der Werkstätte.
In das Werk ist eine Rohrpostanlage mit zunächst 19 Stationen und
einer eigenen Anlage im Werkstofflager mit 7 Stationen eingebaut.
Die durchschnittliche Beförderungsdauer beträgt 20 Sekunden, die
größte 40 Sekunden.
In einem nördlichen Anbau der Hallen liegen Schmiede,
Werkzeugmacherei,Klempnerei, Kesselhaus und andere Räume. Im
südlichen Anbau sind die Büros untergebracht." [2]
Zwischen 1945 und 1990
Über die Kriegszeit berichtet uns die Werkschreinik von 1977 wenig. Der
Ortsteil Schöneweide war während des Krieges eine wichtige
Rüstungsschmiede des III. Reiches, und die S-Bahn als Massentransportmittel
war lebenswichtig für das Funktionieren der Kriegswirtschaft. Deswegen
dürfte das RAW auch weiterhin ausschließlich oder überwiegend mit der
Wartung der Züge beschäftigt gewesen sein. Offenbar wurden hierfür
im Laufe des Krieges auch Kriegsgefangene und Fremdarbeiter eingesetzt.
Aufklärungsphotos der britischen Luftwaffe zeigen, daß auf der Fläche
zwischen RAW und Adlergestell Baracken standen, wahrscheinlich zu
deren Unterbringung.
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Die Hauptstadt S-Bahn heute: Wartung der S-Bahn-Züge der BR 485. Foto: Marc Heller |
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Zu Kriegsschäden und Verlusten durch Reparationen schweigt die Chronik,
sie deuten sich im folgenden Text nur zwischen den Zeilen an: Seit
dem 2. Weltkrieg wurde "planmäßig nach festgelegten Schadgruppen ... und
einem 6-Jahreszyklus die Instandhaltung aller vorhandenen Baureihen der
Berliner S-Bahn und die Untersuchung der U-Bahnfahrzeuge der Linien A
und E auf den Bändern durchgeführt. Durch Umsetzung von Maschinen
innerhalb der DR und Kooperationsarbeiten zwischen den Raw wurde die
zunehmende Produktionsauflage unter erschwerten Bedingungen, aber mit
wachsender Schaffenskraft aller Werktätigen erfüllt....
Im Jahre 1952 begannen die ersten Vorarbeiten zu einer erweiterten
Ausbesserung der Fahrzeuge der BR 165. Die materielle Absicherung einer
umfangreichen Generalreparatur mit einem Gesundungsprogramm für
Drehgestelle wurde eingeleitet. Von 1954 bis 1959 erhielten alle
Fahrzeuge die geplante Generalreparatur....
Inzwischen waren die Werkstätten auf einen rationelleren Entwicklungsstand
eingerichtet worden. Die Zubringerwerkstätten, Halle M, R und D wurden
durch Eigeninitiative wieder mit Vorrichtungen, Werkzeugen und Maschinen
voll bestückt, um den technologischen Ablauf ökonomisch zu gestalten.
Das Drehgestellmontageband mit allen Nebeneinrichtungen wurde wieder neu
eingerichtet und die Arbeitsplätze farbdynamisch behandelt.
Die erste Inanspruchnahme eines Investkredites erfolgte für die Beschaffung
einer Krananlage zur Beschickung des Drehgestellmeßstandes. Viele
Maschinen und Anlagen ... wurden in Eigeninitiative zur rationelleren
und erleichterten Arbeitsweise umgebaut bzw. neu errichtet. ... Die
schwere gesundheitsschädigende Sandstrahlarbeit wurde durch den Bau einer
neuen Strahlanlage mit Strahlgutrückführung und wirksamer Absauganlage
verbessert.... In den Hallen A, B, C, auf den Arbeitsbühnen und in der
Motorenwerkstatt sind die Prüfstände modernisiert worden, um die Qualität
der Aggregate zu erhöhen.
Im Jahre 1958 ist mit der erweiterten Aufarbeitung der BR 166 und 167
begonnen worden. Sie erfolgte in ähnlicher Weise wie die der BR 165."
[3]
1959 wurde die Unterhaltung und Modernisierung von Straßenbahnwagen der
BVB übemommen, "wobei zusätzlich von 1971 bis 1975 insgesamt 510
Straßenbahnwagen aller Typen verschiedener Städte der DDR modernisiert
wurden. Neben der Unterhaltung der Straßenbahn begann im gleichen Jahr
der Neubau von Kraftrottenwagen. Bis 1968 sind 655 Stück dieser Wagen
mit 874 Anhängern in bester Qualität den Dienststellen für die Erhaltung
des Gleisoberbaus übergeben werden....
'Die Laufleistung der Berliner S-Bahn erhöhen'. Diesem Aufruf der
Technologie folgten viele Ingenieure, Meister und Werktätige unseres
Betriebes und fanden Anklang im gesamten Bereich der
Reichsbahnausbesserungswerke. Erstes Ziel = 130 Tkm zwischen den
Schadgruppenuntersuchungen.
Als unser Werk konzipiert wurde, schrieb der damalige Direktor der
Reichsbahn, Messerschmidt: 'Es ist angenommen, daß die Fahrzeuge nach
je 9 Monaten (80 - 100 Tkm) zur Untersuchung kommen. Einzelne Züge der
Nordstrecken haben 100 Tkm erreicht. Die neuen Fahrzeuge
erhalten Radreifen aus Stahl von 83 bis 90 kg/mm2 Festigkeit. Die
Betriebsfähigkeit der Motore wird den Ausschlag geben. Fremde Bahnen
rechnen mit 100 Tkm Lauf zwischen den Untersuchungen'.
Unsere Arbeiter und Ingenieure haben dieses Konzept um das Doppelte
überboten. Vom Jahre 1960 bis 1975 stieg, mit gleichzeitiger Veränderung
des Instandhaltungszyklus von 6 auf 9 Jahre, der Laufweg zwischen den
Schadgruppenuntersuchungen von 98 Tkm auf 200 Tkm....
Parallel zu diesen Maßnahmen verringerte sich der Anteil der Ausfälle
im Betrieb und Verkehr anteilmäßig auf den einsatzfähigen Fahrzeugpark
durch mechanische Schäden von 21% auf 3,9% und elektrische Schäden von
24% auf 15%....
Durch diese Initiative war ein ständiges Absinken des Arbeitskräfteaufwandes
für die Instandhaltung der S-Bahnfahrzeuge zu verzeichnen. Die
aufzuarbeitende Menge sank von jährlich 810 auf 380 Viertelzüge. Die
hierdurch freiwerdende Kapazität an Arbeitskräften konnte für dringende
Erzeugnisse und Instandsetzungsarbeiten anderer Produktionsarten
genützt werden....
Im Jahr 1967 begann ein Modernisierungsprogramm der BR 167. ... In jüngster
Zeit ist ein umfangreiches Modernisierungsprogramm der BR 276/277 eingeleitet
worden." [3]
Die Beschreibung der Entwicklung des RAW Schöneweide nach 1945 zeigt
- die hohe Bedeutung des Werkes für den Nahverkehr in Berlin - schließlich
wurden hier nicht nur die S-Bahnen aus Ost und (bis 1984) West, sondern
auch Straßenbahnen und U-Bahnen der BVB sowie weitere Fahrzeuge gewartet,
- daß trotz der Aufbauleistung und erfolgter Modernisierungen offenbar
häufig Mangel an neuen Maschinen herrschte ("in Eigenleistung") und
der Betrieb auch bahnfremde Produktionen übernehmen mußte.
Das Werk im Überblick
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„Veteranen“ des Betriebes vor dem Haupteingang des damaligen RAW „Roman Chwalek“ 1979 (?). Roman Chwalek war Mitbegründer des „Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes“ (FDGB) und bis 1954 Minister für Eisenbahnwesen der DDR. Am 30. April 1975 erhielt das RAW Schöneweide seinen Namen, der nach der Wende formlos getilgt wurde. Foto: Foto: ZBDR, Ingrid Migura |
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Der folgende Auszug aus der von der Betriebsleitung des RAW erstellten
Aufstellung aus dem Jahre 1990 - quasi die "Eingangsbilanz" des Werkes in
die "neue Zeit" - gibt einen Überblick über Daten und Aufbau des Werkes:
- Größe des Werkes: Die Ausdehnung des Werkgeländes mißt an der längsten
Stelle ca. 700 m und an der breitesten Stelle ca. 300 m. Die Grundfläche
umfaßt ca. 220.000 m2, wovon ca. 55.000 m2 bebaut sind.
- Beschäftigtenzahlen: 1390 Werkstättenarbeiter, davon 857 in der
Fahrzeuginstandhaltung, 215 in der Grundmittelinstandhaltung und 318
Produktionshilfsarbeiter, außerdem 530 Angestellte. Zahl aller
Beschäftigten: 1920
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Betriebschule: In der Betriebsschule und Lehrwerkstatt stehen folgende
Ausbildungsplätze zur Verfügung: Berufsgruppen Fahrzeugschlosser und
Elektromonteure, Auszubildende: 558
Produktionsbereiche:
- Fahrzeuginstandhaltung
- Nebenwerkstätten
- Zentrale Fertigung (Dienstleistungen, Projektierungsleistungen,
Leistungen für andere Reichsbahn-Dienststellen, Rationalisierungsmittel- und
Vorrichtungsbau)
- Materialwirtschaft (Stofflager)
Sozialbereich: u.a. Kindergarten, Sauna, Kultur, Sport,
Betriebsbücherei, Ferieneinrichtungen, Betriebsarzt.
[1 ] Emmelius: Die Unterhaltung und Pflege der Triebwagenzüge der
Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen nach Einführung der elektrischen
Zugförderung. In: Sonderheft zu Glasers Annalen, 1. Juli 1927, S. 16 ff.
[2] Dr.-Ing. Remy: Die Elektrisierung der Berliner Stadt-, Ring- und
Vorortbahnen als Wirtschaftsproblem. Berlin 1931, S. 92 ff.
[3] Ohne Autorenangabe, vermutlich Betriebsparteiorganisation (BPO) des
RAW Schöneweide: 1927 - 1977: 50 Jahre RAW "Roman Chwalek" Berlin-Schöneweide.
Berlin (Ost) 1977.
Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und
seine Bauten, Anlagen und Bauten für den Verkehr, (2) Fernverkehr.
Berlin (West) 1984, S. 188 ff.
Berliner S-Bahn Museum
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