Das Netz
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Foto: BfVSt |
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Die Bahninfrastruktur schrumpft. Von 2011
auf 2012 standen 59 km weniger Bahnstrecken
und insgesamt 70 km weniger Gleise
zur Nutzung zur Verfügung. Im selben Zeitraum
wurden zwar auch die
Bundesstraßen um 37 km reduziert,
aber nicht stillgelegt, sondern
umklassifiziert. Zugleich
wurde das Netz der Bundesautobahnen
um 26 km verlängert.
Ein Grund für diese Diskrepanz
ist, dass die Bundesregierung
weiterhin zu wenig Geld für
Investitionen in die deutsche Eisenbahninfrastruktur
bereitstellt (siehe u. a. SIGNAL 2/2014 ).
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland
mit einer Pro-Kopf-Investition von 54
Euro sehr weit hinten. Nachbarländer wie
Österreich oder Schweiz investieren mit
199 bzw. 366 Euro ein Vielfaches
(siehe SIGNAL 4/2014).
Auch die Finanzierungsförderungen
durch die Europäische Union
sind unausgewogen. Etwa 60 Prozent der
Finanzmittel fließen in die Straße, während
der Schienenverkehr mit lediglich etwa 20
Prozent gefördert wird.
Die Wegekostenbeteiligung
Dass Infrastrukturen teuer sind, liegt auf
der Hand – das gilt sowohl für die Straße
als auch für die Schiene. Aber nutzungsabhängige
Entgelte für alle Verkehre sind nur
vom Schienenverkehr zu zahlen. Für jeden
gefahrenen
Kilometer müssen alle Eisenbahnverkehrsunternehmen
Trassengebühren
entrichten. Selbst
das Stehen auf einem
Abstellgleis und das Anfahren der Bahnhöfe
sind kostenpflichtig. Demgegenüber sind
beim Straßennetz Nutzungsgebühren
in Gestalt einer Maut nur
auf Autobahnen und nur vom
Straßengüterverkehr und erst
ab einem Gesamtgewicht von
gegenwärtig über 12 Tonnen zu
zahlen. Auch die Fernbusse, die
mit Dumpingpreisen dem Eisenbahnfernverkehr
die Kunden abjagen,
zahlen keine Maut, sondern lediglich
Nutzungsgebühren an die Betreiber der
Busbahnhöfe – falls sie dort hinfahren.
Fahrgast(unge)recht
Fahrgäste haben Rechte. Und zwar auf Entschädigung,
wenn das Ziel z. B. verspätet
erreicht wird. Beim Schienenpersonenfernverkehr
gilt das ab 50 Kilometer, bei Fernbussen
erst ab 250 Kilometer. Bei Bahn-Verspätungen
wird ab einer Stunde 25 Prozent
des Fahrpreises zurückgezahlt und ab zwei
Stunden Verspätung sogar die Hälfte. Fluggäste
erhalten hingegen entfernungsabhängig
erst ab zwei bzw. drei Stunden eine
Entschädigung. Bei Fernbussen greifen die
Fahrgastrechte sogar erst ab einer Verspätung
von zwei Stunden nur am Abgangsort,
unabhängig wie spät man ankommt!
Der Europäische Gerichtshof hat 2013
festgelegt, dass sich Eisenbahnverkehrsunternehmen
nicht auf „Höhere Gewalt“ berufen
dürfen, z. B. Unwetter, um Entschädigungsleistungen
auszusetzen. Im Grundsatz
ist diese Entscheidung richtig, führt jedoch
nur auf die Bahnen bezogen zu einer einseitigen
finanziellen Mehrbelastung, da die
immensen Auswirkungen von Hochwasser
und diversen Stürmen nicht kalkulierbar
sind und Fahrpreise insgesamt nach oben
treiben. Für Flug- und Busgesellschaften
gibt es bisher keine Grundsatzregelung dieser
Art – was gut ist für deren Kasse, nicht
aber für die Kunden.
(S)TEUER – Belastungen der Bahnen
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Verstümmelung des Schienennetzes in Deutschland: Von 2000 bis 2013 wurde die Betriebslänge um circa 3200 Kilometer reduziert. Foto: BfVSt |
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Die Fluggesellschaften machen fast keinen
Umsatz. Das müsste man zumindest aus
dem Umsatzsteueraufkommen schließen.
Mitnichten! Bei internationalen Flügen
wird keine Umsatzsteuer erhoben. Im Gegensatz
dazu wird auf internationale Fahrkarten
der Bahn der volle Steuersatz von
19 Prozent dem Reisenden aufgebürdet.
Das macht jährlich etwa 90 Mio. Euro aus.
Andere Staaten haben das Problem der
Benachteiligung erkannt und berechnen
einen ermäßigten Umsatzsteuersatz oder
verzichten ganz auf die Ticketversteuerung.
Im Regionalverkehr in Deutschland unter
50 Kilometer gilt bereits der ermäßigte
Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent – warum
nicht für alle Schienenverkehrsdienstleistungen?
Ähnlich sieht das bei Strom-, Mineralöl-
und Ökosteuer aus. Während bei Flugzeugen kaum eine Besteuerung stattfindet,
wird bei Eisenbahnen in die Taschen
gegriffen. Auch im Vergleich mit anderen
EU-Ländern ist die Belastung mit Steuern
und Abgaben auf Bahntreibstoffe in
Deutschland mit am höchsten. Eine Vergleichsrechnung
der DB zeigte, dass für
die klassische Gütertransitstrecke Emmerich—Basel
(Seehafenhinterlandverkehr
Rotterdam—Südeuropa) ein im Ausland
betankter Dieselgüterzug einen Preisvorteil
von 2869 Euro gegenüber einem in
Deutschland betankten Zug hat.
Das spiegelt deutlich die fiskalpolitische
Belastung der deutschen Bahnunternehmen
wider und zeigt Handlungsspielraum
auf, um Schienenverkehr günstiger und
wettbewerbsfähiger zu machen und so
mehr Verkehr auf die Schiene zu holen.
EEG – Eisenbahn Ertragreich Geschröpft
Die Eisenbahnen verbrauchen Strom. Mit
der Elektrifizierung des deutschen Schienennetzes
werden immer mehr Transportleistungen
mit umweltfreundlichen Elektrolokomotiven
und -triebzügen durchgeführt.
Das rächt sich nun. Der Bund hat mit Wirkung
zum 1. August 2014 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
geändert. Die Folge:
Die Ermäßigung auf die EEG-Umlage, mit
der der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert
werden soll, wird für die Bahnen reduziert.
Nun müssen 20 Prozent der Umlage
(die 10 403 GWh Fahrstrom betrifft) bezahlt
werden. Für den anderen zur Verkehrsabwicklung
gehörenden 1699 GWh Stromverbrauch
(Bahnhöfe, Beleuchtung, Werkstätten,
Weichenheizungen etc.) ist sogar
die volle Umlage fällig. Die gegenwärtige
Kostenbelastung von etwa 100 Mio. Euro
wird damit ab 2015 auf etwa 160 Mio. Euro
jährlich angehoben.
Emissionshandel
Die Luftverschmutzung soll weniger werden.
Und das ist auch gut so. Dafür wurde
als Druckmittel 2005 der Handel mit Emissionszertifikaten
eingeführt. Jedoch lässt sich
dieses nur schrittweise durchsetzen. Seit
2013 müssen zunächst die Energiekonzerne
sämtliche CO2-Zertifikate bezahlen, was den
Strom verteuert. Da nur der Verkehrsträger
Schiene Strom in Mengen verbraucht, wird
dieser dadurch einseitig belastet. Der Ausbau
der erneuerbaren Energien braucht Zeit.
Zwar beträgt der Ökostrom-Anteil bereits
35 Prozent am Bahnstrom-Mix, doch reicht
das nicht aus, um die immensen Kosten zu
kompensieren. Der Kostenanteil des Emissionshandels
für den Zukauf von Zertifikaten
beträgt allein 2013 für die DB AG 60 Mio.
Euro - für die Zukunft ist er nicht kalkulierbar.
Andere Verkehrsträger wie die Straße werden
dagegen entweder noch nicht oder wie
der Flugverkehr erst seit 2012/2013 in den
Handel mit einbezogen. Der Flugverkehr
bekommt dafür 85 Prozent der „Verschmutzungsrechte“
in den ersten Jahren sogar geschenkt.
Am Rande der Legalität:
Die Kostenstellschraube Personal
Gutes Personal ist teuer und schwer zu bekommen.
Darum gibt es im Schienenverkehr
großflächige Tarifverträge, die den Angestellten
ein meist auskömmliches Leben
und gute Sozialstandards sichern sollen. Im
Straßengüter- und Fernbusverkehr sieht das
bei nicht wenigen Dienstleistungsanbietern
anders aus. Hier wird oft enormer Druck zur
„Effizienzsteigerung“ ausgeübt.
Beispiel Hamburg: Der Nachrichtendienst
„Nahverkehr Hamburg“ berichtete im Juni,
dass bei stichprobenartigen Überprüfungen
von 44 Bussen und 78 Fahrern durch das
Amt für Arbeitsschutz auf etwa 6.000 Fahrtagen
der Fernbuspersonale u. a. folgende
Verstöße festgestellt wurden:
- 3,5 % Überschreitung der Arbeitszeit
- 2,0 % Lenkzeitunterbrechung (Pausen) zu
spät oder zu kurz
- 1,8 % Fahrerkarte kurzzeitig nicht genutzt
(mögliche Lenkzeitüberschreitung
verdeckt)
- 1,6 % Tagesruhezeitenunterschreitung
Im Güterverkehr ist das ähnlich. Im
Jahr 2013 hat das Bundesamt für
Güterverkehr bei einem Viertel der
Kontrollen Beanstandungen festgestellt.
Den Löwenanteil machen mit
74 Prozent die Verstöße gegen Fahrund
Personalvorschriften aus, z. B.
Lenk- und Ruhezeiten, Geschwindigkeitsüberschreitungen,
Sonntagsfahrverbot.
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Schwere Wettbewerbsverzerrung: Für Fernbusse muss keine Maut gezahlt werden, während der Eisenbahnverkehr mit hohen Trassengebühren belastet wird. Foto: Marc Heller |
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Das Problem dabei sind die zu geringen
Strafen. Sie werden billigend
in Kauf genommen, machen doch
die Einsparpotenziale etwa fünf bis
acht Prozent aus. Auf den Fahrzeug-Kilometer
herunter gerechnet ergibt
das eine Einsparung von immerhin 6 Cent.
Hier sind insbesondere gegen die Unternehmen
drastischere Strafen dringend geboten,
denn beispielsweise Lenkzeitüberschreitungen
stellen keine Bagatelle, sondern eine
ernste Gefahr dar!
Dringender Handlungsbedarf
Dieser Abriss der Problemstellung erhebt
keinen Anspruch auf Detailgenauigkeit oder
gar Vollständigkeit. Vielmehr soll er aufzeigen,
dass es sehr viele Handlungsfelder gibt,
die angepackt werden müssen, um den
Schienenverkehr in Deutschland als Drehund
Angelpunkt Europas voranzubringen.
Die staatliche Regulierung ist dabei wichtig
und zwingend, wo sie für die Bahnen förderlich
ist, Belastungen reduziert und nicht
zusätzlich behindert. Der volkswirtschaftliche
Gesamtnutzen hat dabei über fiskalpolitischen
und wirtschaftlichen (Einzel-)Interessen
zu stehen. (BfVst)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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