Mit der Außerdienststellung des Fährschiffes, das den Kontakt zum Festland
hergestellt hatte, war ein wesentliches betriebliches Problem geschaffen.
Die Autokaufwelle in den neuen und die Freizeit- und
Ferien-Verkehrsgewohnheiten. in den alten Bundesländern ließen eine
Verbesserung der Straßenerschließung als allein zukunftsträchtig für den
Usedomtourismus erscheinen.
Eine Initiative, die einen Schienenverkehrspreis des DBV wert war, wendete
zuerst einmal die Schnellschüsse ab. Der Weg in eine Zukunft mit einem
tragenden Konzept gewann eine Voraussetztung, indem Zeit zum Nachdenken und
Rechnen gegeben wurde. Ein auch für den Autoverkehr und den Werftbetrieb in
Wolgast notwendiger Neubau einer Klappbrücke über den Peenestrom konnte so
erweitert geplant und realisiert werden, daß das reale Problem der Bäderbahn
lösbar wird. Der Fußweg von etwa einem Kilometer zwischen dem Festlandbahnhof
Wolgast Hafen und der Inselstation der Bahn kann zukünftig durch einen
geschlossenen Schienenweg ersetzt werden. Ein „Wieder" darf in diesem Satz
nicht Vorkommen, denn die Eisenbahngeschichte der Insel zwischen Bäderverkehr
und den militärisch geheimen Peenemündegleisen begann 1876 und hatte bis 1945
eine Festlandverbindung über die Dreh- (später Hubbrücke) bei Kamin. Einen
Trajektverkehr für Reisende gab es nicht. In Ducherow zweigte eine Bahn
zweigleisig von der Strecke nach Greifswald ab. Schnellzüge und ein
Bäderverkehr ab Stettiner Bahnhof in Berlin brachten die Gäste zu ihrer
"Badewanne" an die Ostsee. Der Bahnhof Heringsdorf atmet noch heute den
Geist dieser Zeit.
Ansonsten ergaben Brückensprengungen und die Staatsgrenze neue Umstände.
Zwei Straßenbrücken teilten das Schicksal
der Karniner Anlage, sie wurden nach 1950 aber wieder aufgebaut.
Die Urlauber aus Berlin und anderswo schleppten vierzig Jahre lang ihre
Koffer zur Inselbahn, nachdem ein Zug aus Sachsen über Berlin in Züssow
Kopf gemacht hatte.
Mit dem Brückenbau sind nicht alle Probleme gelöst: Die Stadt Wolgast kämpft
mit dem Autoverkehr zur Insel, der sich in den Sommer- und Ferienmonaten -
scheinbar ohne Ende - durch die Stadt quält. Die Inselgemeinden selber haben
den Vorteil einer attraktiven Schienenverbindung erkannt und unterstützen
nach Möglichkeit die Usedomer Bäderbahn. Ein Gleis vom Festland (Bf Wolgast
Hafen) zum Inselbahnhof auf Usedom (Bf Wolgaster Fähre) über die neue
eindrucksvolle Klappbrücke liegt bereits. Die Inselbahn auch praktisch mit
dem übrigen Schienennetz zu verbinden, ist nunmehr an die Lösung der Frage
geknüpft, wie die Autoströme vor der Brückenrampe miteinander in Ein: klang
gebracht werden können. Die Interessen der Hotels und Gaststätten
wollen ebenfalls berücksichtigt werden.
Gegenwärtig vermittelt das äußere Erscheinungsbild von Anlagen und Strecken
der Inselbahn und das Verkehrsangebot genau den Eindruck, den auch ein
tatkräftig und ideenreich agierendes Marketing wirkungsvoll herausstellt.
Es fahren noch immer die ertüchtigten und im Inneren kundenfreundlich
gestalteten "Ferkeltaxen", aber sie fahren im Halbstundentakt mit guter
Auslastung auf inzwischen weitgehend sanierten Gleisanlagen. Noch
sind nicht alle Wegübergänge gesichert, aber die Züge fahren
abschnittsweise schon die angestrebten 80 km/h.
In den vergangenen Geschäftsjahren konnten steigende Fahrgastzahlen
ausgewiesen werden. Sie belegen, daß die Bahn sowohl von Urlaubern als auch
von den Inselbewohnern akzeptiert und als ganz normales Verkehrsmittel
verstanden wird.
Es wird auf Usedom auch zukünftig Eisenbahner geben! Von Stellwerken aus
werden Formsignale und Weichen mittels Drahtzug bewegt oder Schranken
manuell geschlossen. Statt des Pflegepersonals für Computer beschäftigt die
Bäderbahn Menschen, die zufrieden und motiviert arbeiten, Kunden werben
und betreuen, und wenn nötig im kalten Nordosten auch mal eine Weiche
frei fegen können.
Wenn die Brücke in Wolgast endlich auch eine Eisenbahnbrücke geworden ist,
werden neue Triebwagen von der Insel bis nach Züssow und nach Berlin fahren
können. Sonderzüge können von überall auf die Insel kommen, mit Vorspannlok,
denn die Fahrleitung nach Züssow wird demontiert werden. Die Bahnsteige der
Badeorte wurden ausreichend bemessen, an ihnen können auch Reisezüge halten.
Güterverkehr ist nicht verboten, bis zur Werft Wolgast wäre er eigentlich
erforderlich, aber der Stahl, aus dem dort Schiffe gebaut werden, muß
gegenwärtig in „Schnäppchenmengen" geordert und gekauft und folglich per
Lkw auf den Hof gefahren werden. Die Rechtsform gibt der Bahn die
Verantwortung und Handlungsfreiheit, um eine Nebenbahn und ihre freundlichen
Bahnhöfe kostenoptimal und nützlich für Kunden und Region und nicht zuletzt
auch für ihre Eisenbahner zu betreiben und zu entwickeln.
Die Reste der Hubbrücke bei Kamin stehen unter Denkmalschutz, ihm und
dem benachbarten Bahnhof widmet sich ein Verein. Ob es einen Wiederaufbau
geben wird, oder ob in nahen Zeiten einer EG-Mitgliedschaft Polens
Badegäste aus Berlin wie heute schon zur Nachbarinsel kommen werden
und vielleicht ein Tunnel den Swinestrom unterquert, das muß
lokale Politik im Auge behalten.
IGEB
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