Entsprechend der Aufforderung zur Einreichung
von Vorschlägen zur Kofinanzierung
von Verkehrsprojekten im Rahmen
der TEN-Finanzierungsverordnung „Connecting
Europe Facility (CEF)“ vom September
2014 gingen seitens der einzelnen
EU-Staaten insgesamt 700 Anträge ein.
Das Antragsvolumen überstieg dabei das
verfügbare EU-Budget um den Faktor 2,7.
Deutschland hatte in diesem Zusammenhang
für 15 Schienenverkehrsprojekte
Förderanträge gestellt (siehe
auch SIGNAL 3/2015).
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Foto: Christian Schultz |
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Am 29. Juni 2015 stellte die EU-Kommissarin
für Verkehr, Violeta Bulc, die Ergebnisse
dieses ersten Aufrufs vor. Der entsprechende
Finanzierungsbeschluss wurde durch
den CEF-Ausschuss am 10. Juli 2015 angenommen.
Im Ergebnis werden nunmehr
EU-Mittel in einer Höhe von 13,1 Mrd. Euro
für insgesamt 276 Verkehrsprojekte Europas
bereitgestellt.
Erfreulich: Aus dem EU-Fördertopf CEF
fließen allein 1,7 Mrd. Euro nach Deutschland.
Schwerpunktmäßig profitieren davon
Schienenprojekte mit einem Volumen von
rund 1,6 Mrd. Euro. Beantragte hatte der
Bund zwar Schienenprojekte mit einem
Volumen von 2,6 Mrd. Euro, doch musste
man damit rechnen, dass einige Projekte
vermindert und einige gar nicht gefördert
werden – siehe Tabelle.
Die finanzielle Beteiligung der EU beträgt
je nach Art des Projekts zwischen 20 und 85
Prozent. Der höchste Kofinanzierungssatz
wurde in Deutschland mit 50 Prozent für die
Planungen der Schienenanbindung der Festen
Fehmarn-Belt-Querung gewährt.
Die einzelnen Finanzhilfevereinbarungen
werden nun von der Exekutivagentur für Innovation
und Netze (INEA) erstellt und im
zweiten Halbjahr 2015 mit den Projektbegünstigten
unterzeichnet.
Erfreulich: Erstmals EU-Fördermittel
für die Umrüstung von Güterwagen mit
„Flüsterbremsen“
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Positiv ist die EU-Förderung der Ausrüstung von Güterwagen mit „Flüsterbremsen“. Die Reduzierung der Lärmemissionen ist letztlich Voraussetzung für eine Verbesserung der Akzeptanz des Schienengüterverkehrs. Foto: Christian Schultz (Aufnahme in Königstein/Sächs. Schweiz) |
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Positiv ist weiterhin, dass seitens der EU auch
Finanzhilfen für die Ausrüstung von insgesamt
16 000 Güterwagen mit „Flüsterbremsen“
bereitgestellt werden. Hierfür wurden
rund 5,6 Mio Euro bewilligt. Damit kann ein
wichtiger Beitrag zur Reduzierung von Lärmemissionen
und somit zu mehr Akzeptanz
des Schienengüterverkehrs geleistet werden.
Grundsätzlich ermöglicht die Bewilligung
der Förderanträge die Beschleunigung etlicher Projekte im Schienenverkehr,
deren Realisierung sich angesichts
der chronischen Unterfinanzierung teilweise
bereits über Jahrzehnte hinzieht.
Der zügige Abschluss dieser Bauprojekte
trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit
der Schiene in diesen Relationen zu stärken.
Des Weiteren erhalten damit auch die umweltpolitisch
notwendigen Verlagerungsziele
„Mehr Verkehr auf die Schiene“ (s. u. a.
EU-Weißbuch Verkehr) die entsprechende
finanzielle Unterstützung.
Falsche Prioritätensetzung zugunsten
von „Stuttgart 21“
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Falsche Prioritätensetzung, Beispiel Ausbaustrecke Berlin—Dresden. Dieses Projekt wird von der EU nicht gefördert, dabei wäre der Fördermittelbedarf hier sehr viel geringer als bei „Stuttgart 21“, aber der Nutzen durch Fahrzeitverkürzung groß – und überfällig. Im Bild der neue Straßentunnel in Dahlewitz, der den Bahnübergang ersetzt. Foto: Christian Schultz |
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Unverständlich ist aber, dass einerseits
für sehr umstrittene, teure und nur langfristig
zu realisierende Großprojekte wie
Stuttgart 21 EU-Fördermittel in überdurchschnittlicher
Höhe bewilligt wurden,
andererseits Projekte, die für Kunden des
Personen- und Güterverkehrs einen vergleichsweise
höheren Nutzen haben und
helfen, Kapazitätsengpässe zu beseitigen,
völlig unberücksichtigt geblieben
sind. Dies betrifft z.B. den Ausbau der
Strecke Berlin—Dresden (Antragssumme
47,72 Mio. Euro) und die Elektrifizierung
der Strecke Regensburg—Furth im Wald
(Antragssumme 6,0 Mio. Euro). Letzteres
Projekt trägt auch dazu bei, die noch immer
bestehende Elektrifizierungslücke
zwischen Hof und Regensburg sukzessive
zu schließen.
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Tabelle: IGEB |
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Das Jahr 2014 war das erste Planungsjahr
im Rahmen des CEF, der nächste
Aufruf, Förderanträge zu stellen, folgt
voraussichtlich 2016. Bereits bei der Antragstellung
wäre es erforderlich, hierfür
ausschließlich Projekte auszuwählen, mit
denen gezielt Engpässe auf der Schiene
beseitigt und die Ziele des EU-Weißbuchs
Verkehr umgesetzt werden können. Darin
ist eine Verringerung der Treibhausgasemissionen
durch den Verkehr um
mindestens 60 Prozent bis 2050 (Basisjahr
1990) festgelegt. Entsprechend der
Planung sollen dazu u. a. 30 Prozent des
Straßengüterverkehrs bei Entfernungen
über 300 km bis zum Jahr 2030 auf Bahn
und Binnenschiff verlagert werden und
mehr als 50 Prozent schließlich bis 2050!
Das ist mit einer prioritären Finanzierung
von Stuttgart 21 mit Sicherheit nicht zu
erreichen.
Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) und
IGEB Fernverkehr
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