Das Land Brandenburg hat ehrgeizige Ziele:
Die Verkehrsplanung insgesamt und die für
den Schienenpersonennahverkehr sollen
auf soliden Grundlagen und mit breiter Beteiligung
entwickelt werden und der Politik
einen verlässlichen Handlungsrahmen bis
zum Jahr 2030 liefern.
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Nachfrage Regionalverkehr 1. Halbjahr 2015 Quelle: Zähldaten der Verkehrsunternehmen Angabe jeweils in Fahrgästen pro Tag im Querschnitt Darstellung: VBB |
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Aktueller Anlass für den Blick in die Zukunft
ist die Notwendigkeit, bis Ende 2017
einen neuen Landesnahverkehrsplan für
die Jahre 2018 bis 2022 zu erarbeiten. Und
hierbei will das Land offensichtlich die
Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen
(siehe u. a. SIGNAL 4/2013). Denn für
die Landesnahverkehrspläne 2008 bis 2012
und 2013 bis 2017 gab es fast überhaupt
keine bzw. eine noch verbesserungsfähige
Beteiligung. Vor allem aber zeichneten sich
beide Pläne durch fehlende Zukunftsperspektiven
aus.
Anders als bei der Straßenplanung wurde
nicht die Frage gestellt, wieviel Schienenverkehr
das Land Brandenburg hinsichtlich
seiner Landesentwicklung sowie unter
verkehrs- und umweltpolitischen Gesichtspunkten
braucht, sondern es wurde lediglich
ermittelt, wie viel es sich aufgrund der
Regionalisierungsmittel des Bundes leisten
kann. Der Gedanke, bei Bedarf zusätzlich
Landesmittel einzusetzen, war tabu – ebenso
Netzerweiterungen. Auch das Thema
„Trassenfreihaltungen“ wurde ausgeklammert.
Koalition in Potsdam will umsteuern
Nicht zuletzt als Ergebnis des Koalitionsvertrags
2014 von SPD und LINKE soll das
nun besser werden. Deshalb wurde für 2016
ein umfangreiches Untersuchungspaket
geschnürt. Gesteuert, teils auch bearbeitet
werden die Untersuchungen vom VBB. Dabei
sollen auch die neuen Bevölkerungsprognosen
für die Länder Berlin und Brandenburg
aus dem Jahr 2015 einfließen.
Einer von drei Untersuchungsschwerpunkten,
die Korridoruntersuchungen für
den Stadtumlandverkehr Berlin/Brandenburg,
wurde im März 2016 den brandenburgischen
Gemeinden im Umland von Berlin
vorgestellt und anschließend veröffentlicht.
Präsentiert wurden allerdings nur die vier
Korridore, bei denen S-Bahn-Verlängerungen
in das bzw. im Umland als Variante vorgesehen
sind.
Insgesamt wurden 18 Stadtumlandkorridore
definiert (siehe Abbildung). Für diese
wurden bzw. werden verschiedene Angebots-
und Betriebskonzepte entwickelt,
dann die jeweils zu erwartenden Fahrgastzahlen
errechnet und diese dem sogenannten
Nullfall (keine zusätzlichen Investitionen
als ohnehin geplant oder bereits in Umsetzung)
gegenübergestellt.
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Untersuchte Korridore der Berliner Stadtumlandverkehre. Grafik: SMA |
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Bei den Stadtumlandverkehren muss
man sich keine Gedanken machen hinsichtlich
der Fahrgastzahlen. Diese werden
hoch sein, da der Verkehr zwischen Berlin
und seinem brandenburgischen Umland
wächst und weiter wachsen wird. Dennoch
könnte das Nutzen-Kosten-Verhältnis in den
meisten Fällen zu schlecht sein. Denn dem
hohen Nutzen stehen hohe Kosten gegenüber.
Hintergrund ist, dass im Berliner bzw.
Berlin-nahen Siedlungsraum besonders viele
Brücken zu bauen sind und dass durch die
Dichte Besiedlung fast überall mit aufwändigen
und teuren Schallschutzmaßnahmen
zu rechnen ist.
Wenn es nicht gelingt, die Kosten für den
Schallschutz beim Schienenverkehr anders
einzurechnen oder – besser noch – aus den
Nutzen-Kosten-Untersuchungen herauszulassen,
ist zu befürchten, dass viele Stadtumlandstrecken
trotz prognostizierter hoher
Fahrgastzahlen aufgrund der hohen Investitionskosten
für den Schallschutz nur einen
Nutzen-Kosten-Faktor unter 1 erreichen und
damit als volkswirtschaftlich nicht sinnvoll
eingestuft werden.
Korridore mit untersuchten S-Bahn-Verlängerungen
Beim Korridor Berlin—Falkensee—Nauen
wird neben den Varianten „S-Bahn nach Finkenkrug“
und „Verbesserung Regionalverkehr“
auch die Variante „S-Bahn nach Nauen“
untersucht. Nach Aussage des Ministeriums
wird hier auch die Idee einer Express-S-Bahn
betrachtet.
Auch für den Korridor Berlin—Blankenfelde—Rangsdorf
werden zwei Varianten
für eine eigentlich längst verworfene
S-Bahn-Verlängerung untersucht: von Blankenfelde
bis zu einem neuen Bahnhof Dahlewitz
Rolls-Royce oder eine Station weiter
bis Rangsdorf.
Beim Korridor Berlin—Hennigsdorf—Velten gibt
es nur eine S-Bahn-Variante:
Verlängerung von Hennigsdorf nach Velten.
Alternativ wird die Durchbindung des RE 6
auf der Kremmener Bahn von Hennigsdorf
nach Berlin-Gesundbrunnen untersucht.
Sehr viel komplexer sind die Untersuchungen
beim Korridor Berlin—Teltow/Kleinmachnow/Stahnsdorf. Hier werden eine
S-Bahn-Verlängerung von Teltow Stadt nach
Stahnsdorf (Sputendorfer Straße), eine von
Teltow Stadt bis Berlin-Wannsee (Ringschluss),
eine von Zehlendorf bis Dreilinden
und eine von Zehlendorf über
Dreilinden bis Potsdam untersucht. Für
die Stammbahn werden außerdem
noch zwei Regionalverkehrsvarianten
betrachtet: von Berlin nach Potsdam
über Dreilinden oder über Wannsee.
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Die stillgelegte S-Bahn-Brücke nach Stahnsdorf will die DB noch 2016 abreißen. Das Land Brandenburg untersucht, ob eine Wiederinbetriebnahme sinnvoll ist. Foto: Florian Müller |
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Unverständlich ist, dass hier die
zwei Varianten einer Verlängerung
der S 25 über Teltow hinaus den vier
Varianten einer Wiederinbetriebnahme
der Stammbahn gegenübergestellt
werden. Angesichts der dynamischen
Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung
im Raum Berlin/Potsdam müssten auch
Varianten mit einer S 25-Verlängerung UND
einem Regionalzugverkehr auf der Stammbahn
untersucht werden.
Fazit
Es ist ein großer Gewinn, dass das Land
Brandenburg seine im letzten Landesnahverkehrsplan
noch einmal dokumentierte
grundsätzliche „Anti-S-Bahn-Haltung“ aufgegeben
hat und S-Bahn-Verlängerungen
nicht länger tabu sind. Damit ist allerdings
noch völlig offen, ob es im Ergebnis der
Korridoruntersuchungen tatsächlich zu
S-Bahn-Verlängerungen kommen wird.
Denn bekanntermaßen kann man die Nutzen-Kosten-Untersuchungen (NKU) durch
Drehen an den richtigen Stellschrauben in
die gewünschte Richtung lenken. Das haben
die NKU zur Stammbahn, zur S-Bahn-Verlängerung über Spandau hinaus und zur
U5-Verlängerung in Berlin-Mitte gezeigt.
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Nachfrageprognose 2020/2030 gegenüber 2013 für den SPNV in einzelnen Korridoren. * Fahrgäste/Tag Mo-Fr, nur Regionalverkehr. Quelle: VBB |
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Positiv ist, dass das Land Brandenburg (im
Gegensatz zu Berlin) seine Untersuchungsergebnisse
stets veröffentlich hat. In der
Erwartung, dass das auch bei den Korridoruntersuchungen
geschieht, besteht dann
zumindest die Möglichkeit, die Ergebnisse
differenziert zu diskutieren. Dabei ist der
Blick insbesondere auf Trassenfreihaltungen
zu legen. Denn wenn einst vorhandene oder
geplante Schienentrassen aufgegeben und
bei künftigen Bauvorhaben aller Art nicht
berücksichtigt werden, ist das in der Regel
unumkehrbar, auch wenn vielleicht schon in
einigen Jahren immer mehr Menschen auf
den Schienenverkehr umsteigen wollten.
Informationen zur Mobilitätsstrategie und zu
den Korridoruntersuchungen gibt es auf der
Internetseite des Ministeriums für Infrastruktur
und Landesentwicklung:
www.mil.brandenburg.de
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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