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Die S-Bahn Berlin GmbH hat von der geplanten neuen S-Bahn-Baureihe 483/484 ein begehbares 1:1-Modell vorgestellt. Foto und Montage: Marc Heller |
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Doch bevor dies geschehen kann, muss erst
einmal geklärt werden: Wie soll die neue
S-Bahn denn aussehen? Welche Inneneinrichtung,
welche Haltestangen usw. sollen
in das Fahrzeug? Diese Fragen wurden Fahrgastverbänden,
Behindertenverbänden und
ausgewählten Fahrgästen gestellt. Die IGEB
hat das Modell im Oktober 2016 besichtigt.
Die Vorgaben des Senats
Auf der Webseite der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umwelt kann sich jeder
den Verkehrsvertrag mit seinen Anlagen
herunter laden. Für die S-Bahn-Fahrzeuge ist
die Anlage T ausschlaggebend. In dieser Anlage
wird alles für die neuen Züge festgelegt,
von der Anzahl der Sitzplätze über die Größe
der Mehrzweckabteile usw.
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Das Mehrzweckabteil, immer hinterm Führerstand, ist mit großen Symbolen für die vorgesehene Nutzung ausgestattet, hat zwei Sprechstellen für Rollstuhlfahrer und Klappsitze. Foto: Holger Mertens |
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Unter anderem wird festgelegt, dass ein
1:1-Modell (technisch als Mockup bezeichnet)
erstellt werden soll und dass die Fahrgast-,
Umwelt- und Behindertenverbände sowie
ausgesuchte Fahrgäste einzuladen sind. So
soll ein großer Querschnitt von Meinungen
zu den neuen Fahrzeugen eingeholt werden.
Die ersten Designzeichnungen und das, was
jetzt als 1:1-Modell gezeigt wird, sind doch sehr
unterschiedlich. So wurde die Front noch einmal
verändert, indem am Ende des Wagenkastens
eine Abrundung vorgenommen wurde.
Damit sieht der Kopf des Fahrzeuges nicht
mehr wie eine abgeschnittene Toastscheibe
aus. Die Front des Zuges wurde nach dem Entwurf
der büro+staubach gmbh gestaltet.
Fahrgastinformation
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Die geplante Innenraumanordnung eines Halbzuges. Grafik: Siemens/Stadler |
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Die Fahrgastinformation ist in dem Modell
nur angedeutet vorhanden und soll erst 2017
beraten werden. Auffällig ist allerdings, dass
hier keine farbigen Linienanzeiger dargestellt
wurden. Diese Möglichkeit sollte nicht von
vornherein ausgeschlossen werden.
Der seitliche Zielanzeiger ist in dem Modell
links neben der zweiten Tür angebracht, der
Auftraggeber fordert die Anbringung rechts
neben der ersten Tür (beim Blick auf die Seitenwand
des Modells). Egal wo dieser angebracht
wird, er wird bei einer geöffneten Tür
immer zum Teil abgedeckt. Im Falle des Modells
ist es so, dass bei geöffneter Tür die Linie
und ein Teil des Zieles erkennbar bleiben,
während bei der Version neben der ersten Tür
genau diese für den Fahrgast wichtigen Informationen
verloren gehen würden. So sollte
der Auftrag entsprechend geändert werden
und der Zielanzeiger links neben der zweiten
Tür angebracht werden.
Wie genau die Fahrgastinformation einmal
aussehen wird, werden wir 2017 erfahren und
wünschen uns, dazu befragt zu werden.
Die Warnsignale
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Eine eigenwillige Front ziert das Modell. Auffällig die klassische „Lok-Tür“ mit zwei Griffen und Trittbrett, die zum illegalen S-Bahn-Surfen einladen könnten. Foto: Holger Mertens |
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Der Türraum ist mit LED-Leisten ausgestattet, die bei freigegebener Tür grün und bei sich schließender Tür rot leuchten. Foto: Marc Heller |
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Die Führerhausrückwand dient als Infovitrine, die Tür zum Führerstand hat eine Glasscheibe und gewährt einen Blick auf die Strecke. In der rechten Türwute ist eine faltbare Rollstuhlrampe verstaut, die vom Lokführer auf Wunsch herausgeholt und angelegt wird. Foto: Holger Mertens |
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Was ist die TSI PRM? Die TSI PRM ist eine Vorschrift des Transeuropäischen Eisenbahnnetzes und soll einen für Europa einheitlichen Standard festlegen. TSI steht für Technische Spezifikation für die Interoperabilität. Es gibt mehrere davon, die meisten sind für die Fahrgäste nicht relevant. PRM ist die Abkürzung für Personen mit reduzierter Mobilität. Sie enthält mehr oder weniger sinnvolle Vorschriften im Umgang mit Rollstuhlfahrern und anderen Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Da die S-Bahn ein in sich geschlossenes System ist, ist sie nach Angaben des Bundesministeriums für Verkehr nicht Bestandteil des Transeuropäischen Eisenbahnnetzes. In der Anlage T zum Berliner S-Bahn-Vertrag wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die TSI PRM nicht zur Anwendung kommt. Auch ist der Türfindeton kein Bestandteil der TSI PRM. Er wurde auf Wunsch des VBB, nicht des Senats, dort eingebaut. |
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Am Übergang Triebwagen/Mittelwagen ist nur ein Sitz. Hier sieht die IGEB Platz, um einen Doppelsitz anzubringen. Das bedeutet 16 zusätzliche Sitze in einem Vollzug. An den Rippen des Faltenbalgs lässt sich leider kein Liniennetzplan mehr anbringen wie bisher. Foto: Michael Dittrich |
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Der Mittelgang ist frei von vertikalen Griffstangen. Diese sind in den Eingangsräumen seitlich angeordnet und laden Radfahrer dazu ein, mit ihrem Fahrrad den gesamten Durchgang zu versperren. Im Gang fehlen oben horizontale Griffstangen. Foto: Marc Heller |
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Das Modell des Triebwagens in der von Stadler/büro+staubach vorgeschlagenen Farbgebung. Das Modell wurde von den Kulissenbauern des Studio Babelsberg täuschend echt hergestellt. Die erste und letzte Fahrgasttür lassen sich öffenen und schließen, mit leider zu vielen Warn- und Orientierungstönen. Foto: Marc Heller |
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Außen auf den Türblättern sind LED-Leisten verbaut, die durch grün oder rot signalisieren, ob die Tür freigegeben ist oder nicht. Foto: Marc Heller |
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Zum Vergleich die eher traditionelle Farbaufteilung der aktuellen Baureihe 481. Foto: Marc Heller |
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Die neuen Züge sollen bis zu vier verschiedene
Warnsignale bekommen. Zum einen der
Türfindeton, der Sehbehinderten den Weg
zur Tür erleichtern soll. Unserer Meinung
nach ist der nicht nur überflüssig, sondern
auch nicht wirklich hilfreich, denn der Abstand
der Türen ist so gering, dass die Pieptöne
sich überlagern. Sie sind auch nicht vorgeschrieben,
selbst wenn man die Vorschriften
der TSI PRM (siehe Kasten Seite 6) anwendet,
was bei der S-Bahn nicht erforderlich wäre,
aber nach Auskunft des Herstellers wohl gemacht
wird. So möchte man Problemen bei
der Zulassung entgehen.
Ein weiterer Warnton ertönt bei jedem
Schließen der Tür. Steht der Zug längere Zeit
am Bahnsteig, z. B. an einer Endstation, wird
bei jedem Schließen der Tür ein Piepton abgeben.
Da sich die Türen wegen der Klimaanlage
nach kurzer Zeit selbsttätig schließen,
kann man sich in einem solchen Fall auf ein
Piepkonzert gefasst machen.
Da Türen auch aufgehen müssen, ertönt
beim Öffnen ebenfalls ein Piepton in einer
anderen Tonlage. Alle drei Töne wurden in
dem Modell verbaut und haben schon ein beachtliches
Nervpotenzial. Der vierte Warnton
wird nur erzeugt, wenn der Lokführer des Zuges
das sogenannte Zwangsschließen auslöst.
Es ist das Türschließsignal in einer schnelleren
Tonfolge.
An allen Türen gibt es oberhalb des Fensters
Leuchtbänder, die in Grün oder Rot
leuchten, je nachdem ob die Türen frei oder
verschlossen sind. Beim Zwangsschließen
blinken diese in Rot.
Die Inneneinrichtung
Bedingt durch Vorschriften über das Verhalten
des Fahrzeugs beim Aufprall auf ein
Hindernis, z. B. an Bahnübergängen, und zum
Schutz des Lokführers ist der Führerstand
vergrößert worden. Dem geschuldet entfallen
die Sitze hinter dem Führerstand, wie sie
derzeit bei den Baureihen 480 und 481 vorhanden
sind.
Direkt hinter dem Führerstand befindet
sich die erste Einstiegstür, an der eine Rampe
für Rollstuhlfahrer angelegt werden kann.
Dahinter folgt dann das Mehrzweckabteil für
Rollstühle, Kinderwagen oder Fahrräder. In
diesem Bereich befinden sich Klappsitze, an
deren Rückseite (im abgeklappten Zustand)
mit einer Prioritätenliste auf den Zweck des
Abteils hingewiesen wird. Obwohl es durchaus
Bedenken dagegen gibt, werden diese
Sitze von vielen gewünscht, um das Sitzplatzangebot
nicht weiter einzuschränken.
Dieses Mehrzweckabteil ist vorrangig
für Rollstuhlfahrer vorgesehen, deswegen
wurde in dem Abteil eine Rückwand vom
Fußboden bis kurz unter dem Fenster eingebaut.
Dahinter befindet sich auf jeder Seite
ein Doppelsitz. Die Sitzbezüge sind in dem
typischen DB-Regio-Blau gehalten, was kostengünstiger
sei.
Nach der Tür 2 folgt dann das „klassische“
Vierer-Abteil, wie man es aus den bisherigen
Baureihen kennt. Der Sitzabstand beträgt
60 cm. In dem Modell fehlen hier die Querstangen
zum Festhalten für stehende Fahrgäste.
Dies ist eine der vier Fragen, die von
der S-Bahn Berlin GmbH in der Befragung
der Besucher gestellt wurden. Die IGEB ist der
Meinung, dass diese unbedingt eingebaut
werden sollten.
Zwischen der zweiten und dritten Tür
befinden sich nur ein Vierer-Abteil und ein
Einzelsitz. Danach folgt schon der Übergang
zum nächsten Wagen. Hier endet das Modell
an einer Wand, die mit einem Spiegel versehen
ist. (md)
Einen Eindruck von den vielfältigen Pieptönen
der Türen bekommen Sie in einem Video auf
www.facebook.com/ fahrgastverband.igeb
Den Vertrag zwischen Berlin/Brandenburg und
der S-Bahn Berlin GmbH, der Grundlage für die
neuen Fahrzeuge ist, gibt´s unter
www.stadtentwicklung.berlin.de/ verkehr/politik_planung/ oepnv/s_bahn/
Die „Anlage T“ beschäftigt sich mit den Fahrzeugen .
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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