Titelthema Straßenbahn

Geplante und erforderliche Umbauten
Die Straßenbahn-Osttangente wird (noch) attraktiver

Der neue Berliner Senat hat sich erfreulicherweise den deutlichen Ausbau des Straßenbahnnetzes mit ambitionierten Zielen vorgenommen. Doch neben den zahlreichen Neubaustrecken gibt es auch im Bestandsnetz noch größere Bauvorhaben, die auf ihre Umsetzung warten. Eines der wichtigsten: die Grundsanierung der Straßenbahn-Osttangente.

Haltestelle
Die alte Haltestelle Gehrenseestraße wird aufgegeben. Die neue Trasse verläuft im Rücken des Fotografen, wo auch die neue Haltestelle Paul-König-Straße entsteht. Die Wendeschleife wird verkleinert und erhält dafür längere Aufstellgleise (mit 60 statt 40 Metern). Foto: Michael Dittrich

Die Osttangente, von der BVG Nord-Süd-Tangente genannte, verbindet Hohenschönhausen mit Friedrichsfelde, Karlshorst und Schöneweide. Als Hauptlinie verkehrt die M 17 zwischen Falkenberg und Schöneweide im 10-Minuten-Takt (tagsüber), von Gehrenseestraße bis Schöneweide im 24-Stunden-Betrieb. Ergänzt wird sie von der 27 (Pasedagplatz—Krankenhaus Köpenick) und 37 (Mo-Fr Lichtenberg—Schöneweide). Die Grundsanierung dieser Strecke ist ein langjähriger Prozess, der in Teilen bereits abgeschlossen ist, an mehreren Punkten aber auch unter deutlichen Verzögerungen leidet. Insbesondere das Nadelöhr am Bahnhof Karlshorst ist ein enormes Ärgernis für alle Verkehrsteilnehmer.

Hohenschönhausen

Zwischen Prerower Platz und Gehrenseestraße ist die Erneuerung bereits abgeschlossen, doch an der Gehrenseestraße wartet der erste große Brocken auf den Baubeginn. Aktuell trifft die Strecke mit einem 45-Grad-Bogen parallel zur Wartenberger Straße rechtwinklig auf die Gehrenseestraße. Es folgen zwei 90-Grad-Bögen mit Wechsel von der Seitenin die Mittellage, bevor die Wartenberger Straße an der folgenden Kreuzung mit der Hauptstraße zur Rhinstraße wird.

Karte
Die Strecke in der Wartenberger Straße wird begradigt. Nördlich der neugebauten Schleife entsteht die Haltestelle Paul-König-Straße. Zwischen Malchower Weg und Hauptstraße entsteht eine Kombihaltestelle für Bahnen und Busse. Sie sollte einen neuen Namen erhalten, um Verwechslungen mit S-Bahnhof Gehrenseestraße zu vemeiden. Karte: OSM, Eintragungen: IGEB

Beim anstehenden Umbau wird die Straßenbahntrasse begradigt. Die heutige Haltestelle Gehrenseestraße wird aufgegeben und durch die neue Haltestelle Paul-König-Straße ersetzt, die nördlich der neuen Gleisschleife liegt. Die neue Streckenführung kreuzt die heutige Schleife und trifft dann an der Einmündung Malchower Weg wieder auf die Wartenberger Straße, wo sie „geradeaus” führend die Mittellage erreicht. Die neue Wendeschleife umschließt entsprechend weniger Fläche und erhält zwei Gleise mit jeweils mehr als 60 Metern nutzbarer Länge.

Zwischen Malchower Weg und Hauptstraße entsteht eine neue Kombi-Haltestelle in Mittellage der Wartenberger Straße, an der alle hier verkehrenden Linien (M 5, M 17, 256, 294, N 56) halten sollen. Um Verwechslungen mit dem S-Bahnhof Gehrenseestraße zu vermeiden, sollte die Chance der neuen Haltestelle auch für einen neuen Namen genutzt werden. Sowohl der Malchower Weg, als auch die Wartenberger Straße bieten sich als Namensgeber an. Einen neuen Namen braucht auch die am Schloss Hohenschönhausen gelegene Haltestelle Hauptstraße/Rhinstraße, die dann weiter von der namensgebenden Kreuzung entfernt liegt als die neue Haltestelle.

Friedrichsfelde Ost

Bis voraussichtlich 2020 wird die Rhinstraßenbrücke neu gebaut. Dabei entstehen auch direkte Abgänge von der Straßenbahn zur S-Bahn. Mehr dazu in diesem Heft auf Seite 12.

Karlshorst

Die Umgestaltung der Treskowallee am Bahnhof Karlshorst war über Jahre strittig und hat sich dadurch erheblich verzögert. In den kommenden Monaten sollen nun endlich die Arbeiten der Leitungsbetriebe beginnen, was für erhebliche Einschränkungen sorgen und damit auch die Buslinien 296 und 396 treffen wird. Die Straßenbahn kann dank des bisher geschaffenen eigenen Gleiskörpers weitgehend störungsfrei am Stau vorbeifahren, muss sich allerdings im Nadelöhr unter der Bahnbrücke einfädeln.

Brücke
Die neue Eisenbahnbrücke in Karlshorst ist längst fertig. So langsam beginnt nun auch der Umbau der Verkehrsanlagen. Die Straßenbahn verschwenkt künftig in die Seitenlage, um einen direkten Zugang zum S-Bahnsteig zu ermöglichen. Foto: Tom Gerlich (2016

Hier wird sich zeigen, ob der neue Senat bereits Verbesserungen bei der Verkehrslenkungsbehörde erreicht hat und die Straßenbahn bei der Baubetriebsführung Priorität erhält.

Sind die mehrjährigen Bauarbeiten einmal abgeschlossen, wird die Straßenbahn direkt vor den Zugängen zum S-Bahnhof in Seitenlage am Straßenrand halten. Südlich der Einmündung Ehrlichstraße entsteht die neue Haltestelle Traberweg. Ausführlich beschäftigte sich das SIGNAL 5/2016 mit dem Thema.

Schöneweide

Haltestelle
Bauschwerpunkt Schöneweide: Durch die Brückensanierung fährt die Straßenbahn hier derzeit eingleisig. Zum Anschluss der Neubaustrecke Wista II soll vor der Brücke eine provisorische Verschwenkung von der neuen Mittel- in die alte Seitenlage erfolgen. Für den Umbau des Bahnhofsvorplatzes und die neue Straßenbahnunterführung wurde das Verfahren gerade aufgehoben und neu gestartet. Foto: Tom Gerlich (2015)

Eine weitere „unendliche Geschichte“ ist der Umbau des Bahnhofs Schöneweide. Anfang Juli 2017 begann die letzte Bauphase am Sterndamm, bei der für ein Jahr die beiden mittleren S-Bahngleise gesperrt sind. Neben dem Brückentausch erfolgt dabei auch der Neubau der Zugänge zu den S-Bahnsteigen – Voraussetzung für die Sanierung des heutigen Zugangstunnels und den Neubau der Straßenbahnunterführung auf der anderen Bahnhofsseite.

Irgendwann Anfang bis Mitte der 20er Jahre soll die Straßenbahn dann aus der Brückenstraße geradeaus fahren und neben dem Empfangsgebäude halten. Anschließend unterquert sie den Bahndamm und erreicht den neu geordneten Vorplatz mit Busbahnhof und beidseitiger Wendeschleife am Sterndamm. Die Neubaustrecke nach Adlershof steht voraussichtlich früher zur Verfügung und muss daher provisorisch an den Altbestand angeschlossen werden.

Weitere notwendige Maßnahmen

Neben diesen großen Brocken dürfen allerdings die „kleinen Dinge“ nicht aus den Augen verloren werden. Das fängt zum Beispiel ganz banal bei einem Namen an. Was Lichtenberg mit dem Roederplatz geschafft hat, sollte auch im Bezirk Treptow-Köpenick mit dem Königsplatz möglich sein – die Rückkehr eines Platznamens, der sich im Volksmund gehalten hat. Von 1906 bis 1935 war die Kreuzung zwischen Wilhelminenhofstraße und Edisonstraße nach dem Oberschöneweider Fleischermeister und Gemeindevertreter Karl Friedrich „Fritz“ König benannt.

Kreuzung
Wilhelminenhofstraße Ecke Edisonstraße („Königsplatz“) in Oberschöneweide. Der barrierefreie Umbau der Haltestellen ist an diesem wichtigen Knotenpunkt überfällig und sollte dazu genutzt werden, die Haltestelle neu zu ordnen. Die anstehende Eröffnung der nahegelegenen Minna-Todenhagen-Brücke bietet den notwendigen Spielraum, um den Verkehrsraum umzugestalten. Foto: Tom Gerlich

Die Umbenennung des Platzes und der Haltestelle ist der einfachere Teil. Die Herstellung barrierefreier und bedarfsgerechter Haltestellenanlagen wird ein schwierigeres Unterfangen. Sinnvollerweise müssten die Haltestellen, wie bereits in Richtung Bahnhof Schöneweide erfolgt, hinter die Kreuzung gelegt werden, so dass alle Bahnen in eine Richtung von derselben Position abfahren.

Die Möglichkeit zur Neuordnung der Verkehrsströme in Oberschöneweide ergibt sich mit dem Bau der autobahnähnlichen Südostverbindung (SOV) als Querspange zwischen Köpenicker und Rummelsburger Landstraße, auf die sich der Großteil des Durchgangsverkehrs verschieben lässt. Zugleich bietet das die Chance, mit einer neuen Haltestelle Griechische Allee die Erschließung der anliegenden Wohngebiete zu verbessern.

Auch an der Kreuzung Allee der Kosmonauten/Rhinstraße ist die Haltestellenanordnung heute unglücklich gelöst. Insbesondere bei Bauarbeiten führt es immer wieder zu Verwirrung, wenn die M 8 mal an der Sonderhaltestelle hält und mal durchfährt. Eigentlich soll sie dann immer beide Haltestellen (vor und hinter der Kreuzung) bedienen, damit sich die Umsteigewege und -zeiten nicht noch weiter verlängern. Wie am Königsplatz wäre auch hier eine Vereinheitlichung der Haltepositionen sinnvoll, so dass keine Sonderhaltestelle mehr nötig ist.

Zudem sollte der fehlende vierte Abzweig ergänzt werden, um den Weg für betrieblich notwendige Fahrten zwischen Köpenicker Netz und Betriebshof Marzahn zu verkürzen und künftig Verstärkerfahrten beider Streckenäste verknüpfen zu können. Somit erübrigt sich auch die Anlage einer umfangreichen Zwischenendstelle in Friedrichsfelde Ost.

Karte
Die Straßenbahn-Osttangente wird schrittweise grundsaniert. Grün sind die für Flexity freigegebenen und gelb die bereits sanierten Streckenabschnitte. Eingekreist sind die vier Bauschwerpunkte, die noch ausstehen, sowie rot der Abschnitt, der noch umgebaut wird. Die M 17 soll ab zirka 2020 über die Neubaustrecke Wista II zum S-Bahnhof Adlershof fahren, wo zugleich ein neuer Betriebshof als Ersatz für Köpenick und Schöneweide geplant ist. Für die Verlängerung von Johannisthal zum Zwickauer Damm gibt es dagegen noch keinen Zeithorizont. Grafik: Holger Mertens

Negativ wirkt sich derzeit das Fehlen einer Zwischen-Wendemöglichkeit aus, was immer wieder unnötig lange Ersatzverkehre auf dem Abschnitt Allee der Kosmonauten—Hegemeisterweg erfordert. Der vor Jahren ersatzlos erfolgte Rückbau des Gleisdreiecks Franz-Mett-Straße, nahe der Haltestelle Criegernweg, sollte daher durch den Neubau einer Wendeschleife oder eines Gleisdreiecks am U-Bahnhof Tierpark korrigiert werden.

Auch am S-Bahnhof Friedrichsfelde Ost wäre eine einfache Wendemöglichkeit per Gleiswechsel oder Gleisdreieck sinnvoll, um hier Züge bei Bauarbeiten oder Betriebsstörungen kehren zu lassen.

Fazit

Die Osttangente wird in den nächsten Jahren noch einmal von intensiven Bauarbeiten an gleich mehreren Schwerpunkten und über längere Zeit beeinträchtigt. Doch die „Qualen“, die die Fahrgäste nun durchstehen müssen, werden sich am Ende durch deutlich kürzere Umsteigewege in Friedrichsfelde Ost und Karlshorst sowie verbesserte Haltestellenanlagen an der Gehrenseestraße und am Bahnhof Schöneweide bezahlt machen. Weiterhin verbesserungswürdig sind nach aktuellem Stand die Umsteigehaltestellen Allee der Kosmonauten/Rhinstraße und Königsplatz (Wilhelminenhofstraße/Edisonstraße). (ge)

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 3/2017 (August 2017), Seite 9-11

 

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