Titelthema Straßenbahn

S-Bahnhof Friedrichsfelde Ost – Umsteigewege werden bald kürzer

Der heutige S-Bahnhof Friedrichsfelde Ost ist ein typischer DDR-Zweckbau, der im September 1979 dem Betrieb übergeben wurde. Bereits seit 1903 gab es einen weiter östlich an der Marzahner Chaussee gelegenen Haltepunkt, der aber zu weit von der neuen Rhinstraße entfernt war und daher durch den Neubau ersetzt wurde. Doch für optimale Umsteigewege zwischen der S-Bahn in Ost-West-Richtung und der neuen Straßenbahntrasse in Nord-Süd-Richtung wurde nicht gesorgt.

Bahnhofseingang
Foto: Tom Gerlich

Die S-Bahn erhielt etwa bahnsteigmittig einen Zugang, ganz klassisch mit Empfangsgebäude zur Seddiner Straße. Direkt neben dem Empfangsgebäude befindet sich eine großzügige Busschleife mit vier Bussteigen. Zur Straßenbahnhaltestelle sind dagegen vom Empfangsgebäude aus noch etwa 50 Meter zu laufen, inklusive Querung einer Fahrbahn der Rhinstraße, obwohl die beiden Seitenbahnsteige auf die Brücke führen und damit direkt über dem S-Bahnsteig liegen.

Ein weiteres Manko ist die Straßenbahnhaltestelle selbst. Ein breiter grüner Mittelstreifen kann nicht sinnvoll genutzt werden, weil er der Zuführung von Leitungen zur Brückenquerung dient. Die schmalen Bahnsteige selbst quetschen sich dagegen zwischen Gleis und Fahrbahn und sind nach knapp 40 Metern am Brückenanfang abgesperrt. Damit fehlen der Haltestelle 20 Meter Länge zum Berliner Standard für Hauptlinien (62 Meter).

Eine erste Verbesserung gab es erst 2002 mit dem Bau eines Aufzugs. Dieser neue Zugang, ergänzt durch eine Treppe, führt vom westlichen Bahnsteigende der S-Bahn direkt auf den westlichen Fußweg der Rhinstraßenbrücke. Doch auch von diesem Zugang sind es auf legalem Wege etwa 50 Meter zur Straßenbahnhaltestelle, da deren einziger Zugang an der Kreuzung mit der Seddiner Straße liegt. Der barrierefreie Weg zu den Bussen ist sogar gut 100 Meter lang. Hinzu kommen die 140 Meter S-Bahnsteig, wenn der Rollstuhlfahrer die erste Tür einer stadtauswärts fahrenden S-Bahn nutzt.

Chancen durch Brückenneubau

Karte
Für den Neubau der Rhinstraßenbrücke musste die Haltestelle zunächst auf die Südseite der Kreuzung wechseln. Die neue Haltestelle auf der Brücke erhält direkte Abgänge zum S-Bahnsteig. Ein „langgezogener Gleiswechsel“, der mit nur zwei Weichen Aufstellfläche für einen Zug bietet, ließe sich nödlich der Brücke anlegen. Für die S-Bahn wäre eine östliche Anbindung an die Werkstatt und Zugbildungsanlage in Friedrichsfelde sinnvoll. Mit der Aufwertung zum Bahnhof und einer neuen östlichen Kehranlage ließen sich in Friedrichsfelde Ost auch Züge tauschen oder aussetzen. Außerdem könnte die S 5 durch neue Gleisanlagen und das neue Stellwerkwerk bei Störungen auch eingleisig durchfahren, statt zwischen Lichtenberg und Wuhletal mit Verweis der Fahrgäste auf die U 5 eingestellt zu werden. Karte: OSM, Eintragungen: IGEB

Der geplante Neubau der Rhinstraßenbrücke bietet nun die Möglichkeit, die Umsteigewege zwischen S-Bahn und Straßenbahn deutlich zu verkürzen. Die Leitungstrasse in Brückenmitte verschwindet und schafft so den notwendigen Platz, um die Straßenbahngleise nach innen zu rücken und direkte Treppen zwischen Straßenbahnhaltestelle und S-Bahnsteig zu schaffen. Als Nebeneffekt der direkten Zuwegung entfällt auch die bisher notwendige Querung der Fahrbahn, und mit 4,6 Metern Breite sind die neuen Bahnsteige auch ausreichend breit dimensioniert, um den Andrang aufzunehmen.

Weitere Verbesserungen wären wünschenswert. Insbesondere der Umsteigeweg für Fahrgäste, die auf Aufzüge angewiesen sind, bleibt unbefriedigend. Es sollte daher geprüft werden, inwiefern ein zweiter Aufzug im Bereich des bisherigen Zugangs realisierbar ist, um kürzere barrierefreie Umsteigewege zu den Bussen zu ermöglichen und Redundanz an diesem wichtigen Knoten zu schaffen. Denn bekanntlich fällt jeder Aufzug auch mal aus oder muss gewartet werden. Vorrang hat aber selbstverständlich die Erstausrüstung aller S-Bahnhöfe mit barrierefreier Zuwegung.

Schwere Zeiten für die Straßenbahnfahrgäste

Bevor die kurzen Umsteigewege voraussichtlich im Jahr 2020 verfügbar sind, wird den Fahrgästen während der voraussichtlich drei Jahre dauernden Brückenbauarbeiten eine Menge abverlangt.

Die Brücke besteht aus einzelnen Überbauten, die nacheinander abgerissen und neu gebaut werden – die jeweils andere Brückenhälfte steht weiterhin zur Verfügung.

Während der Erneuerung der westlichen Brückenhälfte ist der Aufzug nicht nutzbar. Die Straßenbahn verkehrt eingleisig über die nutzbare Brückenseite. Zur Herstellung der dafür notwendigen Eingleisigkeit muss allerdings auch die Haltestelle auf die südliche Seite der Seddiner Straße verlegt werden, so dass sich die Umsteigewege zunächst einmal verlängern.

Außerdem können durch das fehlende zweite Gleis dann weniger Züge den Abschnitt passieren, so dass die BVG plant, auf der M 17 tagsüber mit KT4D-Doppeltraktion zu fahren, weil diese etwa 40 Meter langen Züge die größte Kapazität haben, die die BVG bieten kann. Der Nachteil: Die Tatrabahnen sind nicht barrierefrei.

Brücke
Die Leitungstrasse in der Mitte der Rhinstraßenbrücke verschwindet beim Neubau. So entsteht Platz für direkte Abgänge von den Haltestellen zum unter der Brücke liegenden S-Bahnsteig. Foto: Tom Gerlich

Auf den Linien 27 und 37 werden 27 Meter lange GT6 zum Einsatz kommen, so dass weiterhin alle 10 Minuten barrierefreie Züge angeboten werden. Aber für die Fahrgäste der M 17, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, entstehen daraus je nach Fahrtziel Umsteigezwänge. Am Abend und an den Wochenenden verkehrt auch die M 17 barrierefrei mit den für das Fahrgastaufkommen tagsüber zu kurzen GT6.

Nach dem Umbau können auf diesem Streckenabschnitt künftig auch die modernen Flexitiy-Straßenbahnen eingesetzt werden. Doch der Weg zur Streckenfreigabe ist noch lang, denn weitere Problemstellen bestehen unter anderem in Karlshorst und Schöneweide – näheres dazu im Artikel auf Seite 9.

Ausbau des S-Bahnhofs erforderlich

Betrieblich ist der S-Bahnhof Friedrichsfelde Ost heute ein Haltepunkt. Das bedeutet, dass dort bei Bauarbeiten oder Betriebsstörungen keine S-Bahnen enden und umkehren können. Bisher hat das zur Folge, dass der Betrieb zwischen Lichtenberg und Springpfuhl bzw. Wuhletal unterbrochen wird und Friedrichsfelde Ost nicht mehr bedient werden kann. Zudem ist das anschließende Betriebswerk Friedrichsfelde nur an den Bahnhof Lichtenberg angeschlossen.

Die laufende Planung für das künftige Elektronische Stellwerk bietet hier große Chancen für Verbesserungen. Die Anbindung an das Betriebswerk ließe sich baulich einfach herstellen und würde die Betriebsführung vereinfachen. Der Tausch von Zügen wäre dann sowohl in Lichtenberg als auch in Friedrichsfelde Ost möglich – ebenso das Beginnen und Enden von Zügen. Ergänzend wäre ein östlich liegendes Kehrgleis sinnvoll, um eine flexible Betriebsführung zu ermöglichen und die abends in Lichtenberg kehrenden Züge um eine Station zu verlängern und so nebenbei auch noch die derzeit notwendige Fahrt ins Werk zu sparen.

Mit Blick in die Zukunft muss der Bahnhof zudem für den Flügelzugbetrieb ausgerüstet werden. Mit neuen, darauf ausgelegten Zügen lässt sich so der Nachtverkehr deutlich attraktiver gestalten. Fahrgäste nach Wartenberg und Strausberg könnten so wieder Direktverbindungen erhalten, statt in Lichtenberg oder Mahlsdorf umsteigen zu müssen. Der Bedarf hierfür sollte frühzeitig durch den Aufgabenträger bei der Bahn angemeldet werden, damit DB Netz entsprechende Planungen vornehmen kann. (ge)

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 3/2017 (August 2017), Seite 12-13

 

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