Prerow Bahnhof – verwaist seit 1947
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Foto: BfVst |
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Die Darßbahn verband seit 1910 die Inselorte
Prerow und Zingst mit dem Festlandstädtchen
Barth und bei Velgast über den
Streckenanschluss Rostock—Stralsund mit
dem Rest der Welt. Sie bildete das Rückgrat
für die wirtschaftliche Entwicklung und
touristische Erschließung der Insel sowie
der umliegenden Gemeinden. Nach dem
verlorenen Krieg verlangte die sowjetische
Administration Teile der Strecke als Reparationsleistung.
Zunächst fielen die Gleisanlagen
Prerow—Bresewitz, ab 1947 auch Bresewitz—Barth dem Abtransport zum Opfer.
Auch wenn in den Jahren 1967/68 der Abschnitt
Barth—Bresewitz aus militärischen
Gründen wieder aufgebaut wurde, so blieb
der öffentliche Personen- und Güterverkehr
auf den verbliebenen Steckenteil Barth—Velgast
beschränkt. Heute verkehren hier
nur noch Regionaltriebwagen der Usedomer
Bäderbahn UBB im Zweistundentakt.
Wer nicht mit dem Auto abgeholt wird, fährt
mit einem der Busse (im Sommer teilweise
mit Fahrradanhänger) weiter.
Wiederaufbauplanung Darßbahn
Seit Mitte der 1990er Jahre wurden die
Stimmen nach einem Wiederaufbau kontinuierlich
lauter, Überlegungen konkreter,
Planungsspiele auf diversen Schreib- und
Kneipentischen durchexerziert, dem einen
oder anderen Landespolitiker ein Wahlversprecher
abgerungen. Sogar in den Koalitionsvertrag
der letzten Landesregierung
hatte die Idee als Randnotiz Einzug gehalten.
Darin heißt es: „… Die Landesregierung
spricht sich in Einzelfällen auch für eine wirtschaftlich
tragfähige Ausweitung des Schienennetzes
aus (Darßbahn)“ Alles nur, um die
Gemüter zu besänftigen?
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DB-Kursbuchkarte Dezember 2013. Grafik: DB AG |
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Dem scheint so, wenn man die Aktionen
der letzten Jahre auf Seiten des Landes betrachtet.
Dazu zählen
unter anderem ein fragwürdiges
Gutachten,
das Torpedieren eines
Planfeststellungsverfahrens,
der Rückzug
des Landes aus der Finanzierungsverantwortung
und nicht zuletzt
die angekündigte Stilllegung
des noch befahrenen
Streckenteils zum
Ende 2017.
Das Gutachten
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte
Intraplan mit einer
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
der Darßbahn
beauftragt. Der im Mai
2010 vorgelegte Ergebnisbericht
kommt dabei mit
einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 0,93, also unter 1, zu keinem
ausreichend guten Ergebnis für den Wiederaufbau.
Jedoch wird das Resultat angezweifelt,
weil fehlerhafte Annahmen getroffen
worden seien.
Andreas Schüler, wissenschaftlicher Mitarbeiter
des Instituts für Geographie und
Geologie der Universität Greifswald, führt
in seiner Stellungnahme zu dem Gutachten
aus, dass beispielsweise die Orte Barth
und Pruchten in den Berechnungen nicht
berücksichtigt wurden. Ein weiterer Kritikpunkt
sind zwei verkehrliche Erhebungen,
die jeweils in der zweiten Hälfte des August
und des September 2009 durchgeführt wurden.
Somit fanden die ferienbedingten Verkehrsspitzen
im Juli keine Berücksichtigung.
Größtes Problem der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
sei jedoch der hohe Anteil an
Schätzungen und Annahmen, basierend auf
zu unzureichenden Daten. Eine Neuberechnung
mit konkretisierten Daten führte den
Autor zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis
von 2,54, was einen Wiederaufbau als wirtschaftlich
sinnvoll einstuft.
Die Planfeststellungsverfahren
Einen großen Schritt voran machte das Vorhaben
des Wiederaufbaus durch die Einleitung
des Planfeststellungsverfahrens. Der
sogenannte Vorhabenträger, die UBB, hat
das in drei Planfeststellungsabschnitte (PFA)
unterteilt:
- PFA1 Barth—Bresewitz
- PFA2 Bresewitz—Zingst
- PFA3 Zingst—Prerow
Für den ersten Planfeststellungsabschnitt
hatte die zuständige Aufsichtsbehörde, das
Eisenbahnbundesamt, im April 2016 einen
Planfeststellungsbeschlus erlassen. Mit dem
positiven Ergebnis schien man wohl beim
Land nicht zufrieden zu sein. Jedenfalls legte
das Landesamt für Straßenbau und Verkehr
Klage beim Oberverwaltungsgericht
Greifswald ein. Hauptkritikpunkt sei die
ungünstige Lage von drei Bahnübergängen,
hieß es zur Begründung.
Für den zweiten Abschnitt läuft das Verfahren
noch. Die Unterlagen können zurzeit
noch unter „www.strassenbauverwaltung.
mvnet.de/planfeststellung/anhoerung_eisenbahn/“eingesehen
werden. Die Meiningerbrücke,
die Insel und Festland verbindet,
hat man aber ausgeklammert. Nicht unbegründet,
stellt die beim Bau der Straßenbrücke
vorgenommene unglückliche Straßenführung
doch ein zusätzliches besonderes
Hindernis dar. Die Straßen auf der Insel und
dem Festland nähern sich von östlicher Seite
der Trasse an. Dennoch hat man die Straßenbrücke
auf der westlichen Seite gebaut.
Somit findet unnötigerweise auf beiden
Uferseiten eine Kreuzung von Straße und
Bahntrasse statt.
Für den dritten Abschnitt ist noch kein
Planfeststellungsverfahren eingeleitet
worden und gegenwärtig auch nicht geplant.
Zunächst will man sich auf die Anbindung
von Zingst konzentrieren. Da hier
die innerörtlichen Trassen teilweise bereits
anderweitig bebaut sind, wird die Streckenführung
den Ort vermutlich nur am westlichen
Ortsrand tangieren. Am sinnvollsten
von den drei Vorschlägen im PFA2 scheint
der dritte zu sein, der einen Kopfbahnhof in
etwas innerörtlicher Lage mit unmittelbarer
Strandnähe vorsieht. Das verkürzt die Fußwege
und ist wesentlich attraktiver für die
Fahrgäste, als ein Bahnhof „im Wald“. Von
hier könnte in einem späteren Bauabschnitt
dann auch Prerow angebunden werden.
Ist Geiz wirklich geil?
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Auch wenn es heute so aussieht: Das ist keine Grenzsicherungsanlage. Die Meiningerbrücke verband einst auch auf Schienenwegen die Insel mit dem Rest der Welt. Die ungünstige Lage der heutigen Straßenbrücke kann eine Wiederinbetriebnahme der Bahn jedoch erschweren. Foto: BfVst |
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Erst vor wenigen Jahren wurden Stecke und Bahnhof umfangreich erneuert und zukunftsfähig gemacht. Soll nun der Verfall die Zukunft sein? Foto: BfVst |
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Für das gesamte Wiederaufbauprojekt werden
etwa 38 bis 40 Millionen Euro veranschlagt. Im
Jahr 2011 hatte der Geschäftsführer der UBB,
Jörgen Boße, in einem Interview (Punkt3 Nr.
03/2011) verkündet, es hätte eine Zusage des
Landes Mecklenburg-Vorpommern gegeben,
29 Millionen bereit zu stellen. Davon will man
dort heute nichts mehr wissen. Verkehrsminister
Pegel schiebt die Finanzierungsverantwortung
nun weit von sich und macht die Fortführung
des Projektes von der vollständigen Finanzierung
durch Mittel des Bundes abhängig.
Vielmehr erweckt der Minister den Eindruck,
wegen der unzureichenden Erhöhung der
Regionalisierungsmittel künftig noch knauseriger
sein zu wollen.
Um Regionalisierungsmittel einsparen zu
können, hat das Land einige Regionalzugverkehrsleistungen
zum Fahrplanwechsel am 10.
Dezember 2017 abbestellt. Dazu gehört auch
der noch befahrene Streckenteil der Darßbahn
Barth—Velgast(—Stralsund). In Kombination
mit der Ankündigung des Verkehrsministers
vom 14. Juli 2017, die Entscheidungsfindung
zum Wiederaufbau erst in der zweiten Jahreshälfte
2018 fortführen zu wollen, wird offensichtlich
versucht, unumkehrbare Tatsachen
zu schaffen.
Ein Schachzug, der für die Darßbahn und
einen ökologisch nachhaltigen Tourismus
das „Aus“ bedeuten würde. Da aber ein verbessertes
Verkehrsangebot naturgemäß den
Tourismus und somit auch die wirtschaftliche
Stärke der Region verbessert, was wiederum
öffentliche Kassen an anderer Stelle entlastet,
sollte vielmehr gemeinschaftlich nach alternativen
Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten
gesucht werden. Für viele Ausflügler ist eine
umsteigefreie bzw. umsteigearme Bahnanbindung
ein entscheidendes Kriterium bei der
Zielauswahl. Berücksichtigt man insbesondere
die begrenzten Übernachtungsressourcen
und Straßenverkehrskapazitäten auf der Insel,
dann hat eine umweltfreundliche Anreise von
Tagesbesuchern einen hohen Stellenwert.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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