Im richtigen Bemühen, mehr für den Klimaschutz zu tun, wollen Berlins Wirtschaftssenatorin
Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen) und die Verkehrssenatorin Regine
Günther (parteilos, für Bündnis 90/Die Grünen), die BVG zwingen, schneller mehr
E-Busse anzuschaffen, obwohl diese Technik noch nicht ausreichend erprobt ist und
die Organisation des BVG-Busverkehrs gravierend erschweren – mit unabsehbaren
Auswirkungen für die Fahrgäste.
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Berliner Politiker wollen leistungsfähige Batterie-Busse für die BVG – als Beitrag zum Klimaschutz. Aber die heute verfügbare Technik ist für die betrieblichen Anforderungen der BVG leider überhaupt noch nicht geeignet. Forcierter Straßenbahn-Ausbau wäre eine zuverlässige Lösung. Fotos und Montage: Raul Stoll |
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Der BVG-Aufsichtsrat hat in seiner Sitzung
am 25. April 2018 den Weg für die Beschaffung
zusätzlicher 30 E-Busse im Jahr 2019
freigemacht. Damit kann die BVG die entsprechenden
Verfahren einleiten. Eine erste
Beschaffung von ebenfalls 30 elektrisch betriebenen
Eindeckomnibussen läuft bereits.
Hier befindet sich die BVG aktuell im Vergabeprozess.
Diese BVG-Meldung dokumentiert das
Bemühen von Wirtschaftssenatorin Ramona
Pop und Verkehrssenatorin Regine Günther,
auf den Dieselskandal mit einer Umrüstung
des Fuhrparks von Diesel- auf E-Busse zu
reagieren. Zaghafte Unterstützung für ihre
Politik erhielten sie am 21. April mit dem Beschluss
der grünen Landesdelegiertenkonferenz,
„die Ersetzung der BVG-Busse durch
Elektrofahrzeuge einzuleiten.“
Fachleute der Grünen fordern
Technologieoffenheit
Die Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität
der Grünen sieht das anders und hatte zur
Landesdelegiertenkonferenz gefordert: „In
der Frage der Erneuerung des Bestandes
der Busflotte wird auf Technologieoffenheit
gesetzt. Für die Beschleunigung der technologischen
Entwicklung sind den Herstellern
von modernen Fahrzeugen Möglichkeiten
zur Erprobung ihrer Prototypen anzubieten.
Sobald das Rennen der Entwicklung
entschieden ist und sich ein Antrieb auch in
der Praxis als tauglich erwiesen hat, sollen
die neuen Busse den Bestand der Busflotte
der BVG schnellst möglich erneuern und
schließlich ersetzen.“
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E-Bus der Buslinie 204 beim induktiven Ladevorgang am Südkreuz. Dieses Pilotprojekt der BVG zeigt, dass der Weg zu verlässlich einsetzbaren E-Bussen noch sehr weit ist. Als der Fotograf auf dieses Motiv wartete, war nur eines statt vier Fahrzeugen der Linie ein E-Bus. Foto: Frank Lammers |
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Auch aus der SPD kommt Kritik
Auch der Fachausschuss Mobilität der Berliner
SPD kritisiert die E-Bus-Politik der grünen
Senatorinnen. Am 28. März hatte er beschlossen,
dass der Landesparteitag der SPD
Anfang Juni beschließen möge:
„Das Land Berlin muss den Vorsprung des
ÖPNV weiter ausbauen. Dafür ist die Umrüstung
von Bussen auf umweltfreundlichere
Antriebe erforderlich. Allerdings ohne brachiale
Umstellung auf den E-Antrieb.
Um eine schnelle und umfassende Verbesserung
der Emissionen der gesamten
Busflotte der BVG zu erreichen, sollen
schnellstens alle verfügbaren und erprobten
Technologien zum Einsatz kommen.
Dazu gehören moderne Euro-VI Busse (Erdgas
und Diesel), die die Stickoxidemissionen
um mehr als 90 Prozent reduzieren (Quick
Wins).
Die bisherigen Busse unterhalb von Euro-VI sollen innerhalb von 3 Jahren mit finanzieller
Unterstützung des Landes ersetzt
werden.
Der Einsatz von Elektrobussen soll weiter
erprobt werden. Die geplante Beschaffung
von 45 Elektrobussen wird jedoch zunächst –
auch aufgrund der hohen Kosten – als ausreichend
für eine Erprobungsphase angesehen.
Eine darüber hinausgehende Umstellung
der Busflotte auf E-Antrieb vor Abschluss
der Erprobungsphase wird abgelehnt, weil
weder E-Busse in größerer Anzahl von europäischen
Herstellern zu beziehen sind, noch
weil deren Umweltbilanz zum gegenwärtigen
Zeitpunkt gegenüber Verbrennungsmotoren
vorteilhaft ist.“
Zur Begründung seines Beschlusses
schreibt der SPD-Fachausschuss: „Der ÖPNV
hat bereits heute eine Voreiterrolle bei Abgasemissionen
im Mobilitätssektor. Pro
Fahrgast ruft er deutlich geringere Emissionen
als der MIV hervor und fährt zu großen
Teilen ohnehin mit elektrischem Strom und
damit ohne lokale Emissionen.
Der MIV ist gefordert, diesem Beispiel zu
folgen.
Dieser Technologiesprung lässt sich im
Augenblick nur durch den Einsatz der modernsten
Generation von Verbrennungsmotoren
erreichen. Sie sind ad hoc verfügbar,
erprobt und wirtschaftlich.
Der ÖPNV besitzt bereits eine Vorreiterrolle.
Diese darf keine wirtschaftlichen Nachteile
durch eine verfehlte Beschaffungspolitik
erleiden.
Das wäre aber durch die erheblich höheren
Anschaffungskosten bei E-Bussen und
deren Nachteile bei der Verfügbarkeit durch
geringere Reichweiten und dichtere Werkstattintervalle
der Fall.“
Unabsehbare Auswirkungen
für die Fahrgäste
Auch der Berliner Fahrgastverband IGEB
kritisiert die Festlegung auf weitere E-Bus-Käufe der BVG, bevor diese Technik ausgereift
und wirtschaftlich aus.
Die vor allem anfangs großen technischen
Probleme und die entsprechend geringe Verfügbarkeit
der von der BVG auf der Buslinie 204
eingesetzter E-Busse zeigt, dass neue Technik
erst über Jahre erprobt werden muss, bevor
damit der Fuhrpark der BVG ausgerüstet wird.
Zu beachten sind auch die hohen Anschaffungskosten.
Derzeit kosten E-Busse im Vergleich
zu Dieselbussen rund das Dreifache
und haben nur die halbe Reichweite. Selbst
bei der absehbaren Verbilligung der E-Busse
wird es die BVG das Vierfache kosten, um
die Leistung eines Dieselbusses durch zwei
E-Busse zu ersetzen. Hinzu kommen Kosten
für die Umrüstung der Betriebshöfe.
Außerdem wird durch die nur halbe Reichweite
der E-Busse die Disposition des Fahrzeugeinsatzes
erheblich erschwert.
E-Busse haben (noch) Dieselmotor
Im Übrigen ist bei genauem Hinsehen der
E-Bus gar kein Fahrzeug ohne Abgase am
Fahrzeug. Um die geringe Reichweite nicht
noch weiter zu vermindern, muss es zumindest
für Heizung und Kühlung bzw. Klimatisierung
im E-Bus einen Dieselmotor geben.
Kritisch zu betrachten ist auch der Transport
großer Batterien, was zusätzliche Energie
verbraucht. Und werden diese regelmäßig
über Schnellladestationen aufgeladen,
sinkt ihre Lebensdauer – mal abgesehen
von der Kapazität des Stromnetzes, weshalb
die Zahl der Schnellladevorgänge zumindest
vorerst begrenzt ist.
Erst forschen und testen, dann kaufen
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Foto: Martin Schiefelbusch (Dezember 2017) |
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E-Bus in Shanghai (oben) und in Peking (unten). In China sind Elektrobusse schon in deutlich größerer Zahl zu finden. Dabei kommen unterschiedliche technische Konzepte zum Einsatz: Es sind sowohl reine Batteriebusse wie auch solche mit Supercap-Technologie oder Hybrid-Fahrzeuge zu finden, die die vorhandenen Obus-Fahrleitungen zur Zwischenladung nutzen. Dieses Konzept wird in Deutschland gerade in Esslingen erprobt. Foto: Martin Schiefelbusch (Dezember 2017) |
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Die wenigen Beispiele zeigen, dass der Weg
zu einem leistungsfähigen und emissionsfreien
Busverkehr noch sehr weit ist. Der
größte Schaden aber entsteht, weil die ohnehin
durch den Autoverkehr beeinträchtigte
Leistungsfähigkeit des BVG-Busverkehrs
durch die Anschaffung von E-Bussen auf
Jahre hinaus weiter abnehmen wird, womit
der Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs
erheblicher Schaden zugefügt wird –
was mit Sicherheit nicht dem Klimaschutz
dient.
Die Senatorinnen Pop und Günther sollten
sich zunächst besser auf die Reduzierung
der Emissionen des Autoverkehrs (auch
durch dessen Begrenzung) konzentrieren,
als den BVG-Busverkehr durch die Anschaffung
teurer und unzulänglicher E-Busse zu
schädigen. Und sie sollten andere umweltfreundliche
Antriebstechniken erproben.
Vielleicht sind ja Batterie-Oberleitungs-Busse, die Abschnittsweise Oberleitungen
nutzen oder Wasserstoffbusse doch der
bessere Weg?
Vor allem aber sollten Sie mehr Energie
in den Straßenbahnausbau stecken – eine
bestens erprobte Form der Elektromobilität.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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