Nach einem Bericht der Berliner Morgenpost
vom 5. Mai 2018 liegt dieses Prüfergebnis
nun vor – mit überraschenden Ergebnissen.
Verkehrssenatorin Regine Günther
will laut Morgenpost Machbarkeitsstudien
für „die Verlängerungen der Linien U 8
zum Märkischen Viertel, der U 6 zum neuen
Wohn- und Gewerbegebiet auf dem Areal
des heutigen Flughafens Tegel und der U 7
zur Landesgrenze oder nach Schönefeld“
durch die BVG erarbeiten lassen.
Was alles grundsätzlich gegen U-Bahn-
Planungen zum jetzigen Zeitpunkt spricht,
hatten wir bereits in SIGNAL 3/2017 dargelegt.
Doch wenn die Verkehrssenatorin
schon abweichend von der Koalitionsvereinbarung
die knappen personellen und finanziellen
Kapazitäten für U-Bahn-Untersuchungen
einsetzt, ist es umso befremdlicher,
welche Projekte sie nun favorisiert.
Es sind drei Vorhaben in den Außenbezirken,
wo die Vorteile der U-Bahn gegenüber
der Straßenbahn (höhere Leistungsfähigkeit,
auch in dicht bebauten Quartieren mit
engen Straßen Fahren ohne Behinderungen)
nicht zum Tragen kommen können und
wo auch (fast) keine Netzverknüpfungen erreicht
werden.
Eine verlängerte U 8 würde selbst mit den
geplanten zwei Stationen Märkisches Zentrum
und Senftenberger Ring weniger als
die Hälfte des Märkischen Viertels erschließen.
Wer der Mehrzahl der Bewohner dieser
Großsiedlung einen Schienenanschluss in
fußläufiger Entfernung bieten will, muss die
Straßenbahn von Rosenthal zum S-Bahnhof
Wittenau (und künftig weiter nach Jungfernheide)
verlängern.
Auch der Bau eines Abzweigs von der U 6
ab Kurt-Schumacher-Platz in das künftige
Quartier auf dem heutigen Flugplatz Tegel
würde im Gegensatz zur Straßenbahn
keine Feinerschließung des weitläufigen
Geländes ermöglichen und die Straßenbahnplanungen
mindestens gefährden
wenn nicht zu Fall bringen – wie beim Märkischen
Viertel.
Doch vielleicht ist genau das gewollt:
Keine Straßenbahn! Reinickendorfs Straßen
bleiben dem Autoverkehr vorbehalten!
Unstrittig ist, dass es der Vermarktung des
neuen Stadtteils diesen würde, wenn die
U-Bahn-Züge unter der Friedrichstraße als
Endbahnhof „Urban Tech Rebublic (Flughafen
Tegel)“ – so der Arbeitstitel des geplanten
U-Bahnhofs – schildern würden.
Doch ein weiterer Nachteil dieses Projektes
wäre, dass mit dem U 6-Abzweig eine
Verschlechterung des Zugangebotes auf
dem vorhandenen U 6-Abschnitt zwischen
Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel unvermeidlich
wäre.
Viele Nachteile würde auch eine Verlängerung
der U 7 über Rudow hinaus haben. Zum
einen ist Rudow Süd zu dünn besiedelt, um
eine U-Bahn-Verlängerung zu rechtfertigen.
Die eine Station „Rudow Süd“ kann das Gebiet
nicht annähernd so gut erschließen, wie
es eine Straßenbahn könnte.
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Bei einer Verlängerung vom heutigen Endbahnhof Rudow bis zur Stadtgrenze (blau markiert) würde die U 7 ohne Halt durch Einfamilienhausgebiete fahren, bevor die neue Station Rudow Süd eine einzelne Mehrfamilienhaussiedlung erschließt. Um den Bahnhof Schönefeld oder gar den Flughafen BER zu erreichen, müsste Brandenburg eine halbe Milliarde für den U-Bahn-Bau und jährlich viele Millionen Euro für den Betrieb bezahlen. Das wird nicht passieren. Karte: Flächennutzungsplan Berlin 2015 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen |
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Würde man die U 7 um einen weiteren
Abschnitt bis zum Bahnhof Schönefeld
verlängern, wäre hiermit im Gegensatz
zu den U6- und U8-Verlängerungen
immerhin eine Netzwirkung erzielt. Aber
diese Strecke ist lang und damit sehr teuer,
zumal es am Bahnhof Schönefeld keine
Vorleistungen für die U-Bahn gibt. Auch
ist nicht erkennbar, dass das Land Brandenburg
bzw. die Gemeinde Schönefeld
bereit und in der Lage wären, den Bau
und die zu bestellenden Verkehrsleistungen
der U-Bahn auf brandenburgischem
Gebiet zu finanzieren.
Und wem würde diese Verlängerung in
das Umland nutzen? Am heutigen Bahnhof
Flughafen Berlin-Schönefeld sollen
künftig keine Regionalzüge mehr halten.
Selbst wenn diese Fehlplanung hoffentlich
korrigiert wird, werden dennoch alle
wichtigen Regionalzüge nur zum neuen
BER-Tunnelbahnhof fahren. Von den
S-Bahn-Fahrgästen
des Flughafens würden sicher nur wenige in
Schönefeld auf die U 7 umsteigen.
Ein weiterer Nachteil: Die mit fast 32 km
längste Berliner U-Bahn-Linie würde nochmals
verlängert, so dass ein stabiler Fahrplan
noch schwerer zu fahren wäre.
Nun mag man sich damit trösten, dass die
Nachteile der drei Projekte so offensichtlich
sind, dass es nicht zu einem Bau kommen
wird. Aber allein die Machbarkeitsstudien
binden Kapazitäten, die für den Straßenbahnausbau
dringend gebraucht werden.
Bei der Straßenbahnplanung sind zwar
einige Projekte gut vorangekommen (siehe
u. a. SIGNAL 1/2018), aber andere sind
entgegen den Ankündigungen im Verzug.
Die Pläne zur Verlängerung von Adlershof
nach Schöneweide sollten eigentlich bereits
Anfang 2018 öffentlich ausgelegt werden,
liegen aber jetzt Anfang Mai noch immer
nicht vor. Und die Straßenbahn-Anbindung
des Bahnhofs Mahlsdorf, eigentlich auch
für 2020/21 vorgesehen, wird sich um Jahre
verzögern.
Hier sollte der Senat erst einmal seine
Hausaufgaben erledigen, bevor er sich
U-Bahn-Planungen zuwendet.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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