Fernverkehr

Kulturzug Berlin—Breslau verkehrt auch 2019

Im Jahr 2016 war die polnische Stadt Breslau (Wrocław) europäische Kulturhauptstadt. Aus diesem Anlass wurde am 30. April 2016 wieder eine umsteigefreie Bahnverbindung ab/bis Berlin eingerichtet. Diese als Kulturzug bezeichnete bzw. vermarktete Verbindung verkehrt seitdem an Sonnabenden, Sonn- und Feiertagen ab Berlin-Lichtenberg über Ostkreuz, Cottbus und Forst.

Die Fahrzeit zwischen Berlin und Breslau beträgt aktuell 4:19 Stunden: Abfahrt in Berlin-Lichtenberg 8.24 Uhr, Ankunft in Wrocław Głowny 12.43 Uhr; Abfahrt in Wrocław Głowny 18.50 Uhr an Sonnabenden bzw. 17.15 Uhr an Sonntagen, Ankunft in Berlin-Lichtenberg 23.36 Uhr an Sonnabenden, 21.38 Uhr an Sonntagen.

Bahnhof
Kulturzug in Breslau. Während der Fahrt wird den Fahrgästen ein Kulturprogramm geboten. Bisher fährt der Zug nur sonnabends und sonntags. Foto: Florian Müller

Zum Einsatz kommen Dieseltriebwagen der Baureihe 628, die über die notwendige Zulassung sowohl für das deutsche als auch das polnische Streckennetz verfügen. Der Fahrpreis beträgt auch 2018 unverändert 19 Euro pro Richtung, Kinder (von 6 bis einschließlich 14 Jahren) zahlen die Hälfte.

Erfreulich: Die Fahrkarten des Kulturzuges gelten dabei zusätzlich auch in den Straßenbahnen und Bussen des Stadtverkehrs in Breslau und vereinfachen so die Mobilität vor Ort ganz erheblich. Zudem ist für den Kulturzug auch eine Sitzplatzreservierung in DB-Reisezentren und an Automaten möglich (Kosten 4,50 Euro pro Sitzplatz) – angesichts der teilweise hohen Nachfrage einerseits bzw. der langen Fahrzeit andererseits eine sinnvolle Maßnahme. Fahrgästen des Kulturzuges werden zudem in einigen Hotels von Breslau Rabatte gewährt.

Während der Fahrt gibt es wechselnde Kulturangebote, z. B. Lesungen und Gespräche mit verschiedenen Autoren. Das Angebot hat sich dabei als sehr erfolgreich erwiesen. Seit Einrichtung haben mehr als 35 000 Fahrgäste von diesem Wochenend-Angebot Gebrauch gemacht.

Strecke
Der Kulturzug fuhr im Januar 2018 wegen einer Umleitung über die Grenzbrücke bei Horka. Foto: Florian Müller

Der Kulturzug wird daher auch 2019 verkehren. Jedoch wird das Angebot neu geordnet, um weitere Kundengruppen anzusprechen. So verkehrt der Kulturzug im nächsten Fahrplanjahr neu am Freitagnachmittag nach Breslau und am Abend zurück. Am Sonnabendmorgen erfolgt wiederum eine Fahrt nach Breslau und am Sonntagabend retour. Damit sind Tagesausflüge (morgens nach Breslau, tagsüber Stadtbesichtigung und am selben Abend zurück nach Berlin) nicht mehr möglich.

ÖBB plant ganzjährig verkehrende Tagesrandverbindung Berlin—Breslau

Neben dem Kulturzug wird es ab dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 neu auch eine weitere und sogar täglich verkehrende Direktverbindung u. a. zwischen Berlin und Breslau geben. Wie die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) auf ihrer Bilanzpressekonferenz Ende April 2018 bekannt gaben, wird zwischen Berlin und Wien wieder eine Nachtzugverbindung angeboten. Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 war die durchgehende Nachtzugverbindung EN 476/477 Berlin—Budapest mit dem Zugteil ab/bis Wien (EN 40406/40477) leider entfallen.

Durchfahrt Bahnhof Bestensee
Erfreulich: Der Weiterbetrieb des Kulturzugs Berlin—Breslau ist auch für das Jahr 2019 angekündigt. Allerdings kommt man dann nicht mehr am selben Tag zurück, da der Fahrplan verändert wird. Foto: Christian Schultz

Die wichtigste Neuerung: Der geplante ÖBB-Nightjet Berlin—Wien wird nicht über den traditionellen Laufweg via Dresden und Prag geführt, sondern über Frankfurt (Oder), Zielona Góra (Grünberg), Wrocław (Breslau), Opole (Oppeln) und Ostrava. Somit gibt es ab/bis Berlin mehrere neue Direktverbindungen, u. a. die benannte Tagesrandverbindung ab/bis Breslau mit einer Fahrzeit auf diesem Laufweg von rund vier Stunden.

Verkürzung der Fahrzeiten nach Breslau möglich

Voraussichtlich im Dezember 2018 wird die dann elektrifizierte Ausbaustrecke Knappenrode—Horka—Węgliniec (Kohlfurt) in Betrieb genommen. Zwischen Knappenrode (bei Hoyerswerda) und Abzweig Särichen (bei Horka) beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit dann sogar 160 km/h.

In der Relation Berlin—Cottbus—Senftenberg—Hoyerswerda—Breslau ist somit erstmals ein durchgehend elektrischer Zugbetrieb möglich. Durch diesen Laufweg kann zwischen Berlin und Breslau dann eine Fahrzeit von rund 3:45 Stunden erreicht werden.

Damit liegen die Voraussetzungen vor, auch im Tagesreiseverkehr wieder ein Angebot mit Eurocity-Zügen zu realisieren, nachdem die Direktverbindung auf der Schiene zwischen Hamburg, Berlin und Breslau mit EC 248/249 am 13. Dezember 2014 letztmalig verkehrte.

Im Fall der Wiedereinführung dieser Verbindung ist dabei die Anerkennung von VBB-Fahrausweisen in den Fernverkehrszügen ab/bis Hoyerswerda (vergleichbar beispielsweise der Relation Berlin—Prenzlau) möglich und sinnvoll.

Aber auch der Kulturzug kann deutlich beschleunigt und damit attraktiver werden. Der Streckenabschnitt Horka—Węgliniec ist für den Zugverkehr nach Fertigstellung der 144 Meter langen neuen Neißebrücke seit Dezember 2016 bereits wieder nutzbar. Mit dem Laufweg Berlin—Cottbus—Węgliniec—Wrocław können die Fahrzeiten dadurch im günstigsten Fall sogar auf rund 3:30 Stunden reduziert werden. Eine Sonderfahrt, die im Juli 2017 seitens der Berliner SPD veranstaltet wurde, hat hierzu den entsprechenden praktischen Nachweis erbracht (siehe SIGNAL 4/2017).

Ein Festhalten an dem derzeitigen Laufweg via Forst und Żagań (Sagan) bleibt unbefriedigend, solange die vorhandenen Infrastrukturmängel im polnischen Abschnitt nicht beseitigt werden.

Nicht zuletzt besteht allerdings auch auf deutscher Seite noch erhebliches Verbesserungspotenzial: Dazu gehören noch immer der Ausbau des Knotens Königs Wusterhausen, die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit zwischen Lübbenau und Cottbus und der Ausbau bzw. die Elektrifizierung der Strecke Cottbus—Görlitz.

Strecke
Künftiger Haltepunkt Uhyst zwischen Hoyerswerda und Horka. Am 9. Dezember 2018 soll der Regelbetrieb auf der Ausbaustrecke Knappenrode—Horka im Personen- und Güterverkehr beginnen. Bei Führung der Züge über den Laufweg Berlin—Cottbus—Senftenberg—Hoyerswerda—Breslau besteht dann die Möglichkeit, die Züge nach Polen deutlich zu beschleunigen. Foto: Christian Schultz

Unverständlich: Letztere Maßnahme war bereits Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans 2003. Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 bzw. im Anhang des Bundesschienenwegeausbaugesetzes ist die Elektrifizierung des Abschnitts Cottbus—Görlitz lediglich als „Potenzieller Bedarf“ eingestuft, aber eben nicht in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“. Eine schnelle Realisierung ist somit leider nicht zu erwarten, wäre dagegen zur Attraktivitätssteigerung sowohl des Schienenpersonen- als auch des Schienengüterverkehrs bzw. zur Schließung von Elektrifizierungslücken und nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes von erheblichem Nutzen. Daher sind entsprechende Korrekturen erforderlich!

Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) und IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 3/2018 (August 2018), Seite 24-25

 

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