Ausgezeichnet

Die Bürgerbahnhöfe Eppstein und Winterberg sind die Bahnhöfe des Jahres 2018

Mit dem Wettbewerb „Bahnhof des Jahres“ zeichnet die Allianz pro Schiene bereits seit 15 Jahren die kundenfreundlichsten Bahnhöfe in Deutschland aus. In diesem Jahr prämierte die Jury mit Eppstein im Taunus und Winterberg im Hochsauerland zwei „Bürgerbahnhöfe“. In vorbildlicher Weise wurden hier wegweisende Konzepte für die Revitalisierung speziell kleiner Bahnhöfe erarbeitet und umgesetzt.

Die Jury, welche die Bahnhöfe prüfte und bewertete, bestand wieder aus Vertretern der Allianz pro Schiene, des Deutschen Bahnkunden-Verbandes (DBV), des Auto Club Europas (ACE), des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und von Pro Bahn. Um touristische Qualitäten zu bewerten, waren an der Entscheidung auch Verkehrsexperten des „Deutschen Tourismusverbandes“ (DTV) und der Kooperation „Fahrtziel Natur“ beteiligt.

Ausgezeichnet werden grundsätzlich nur Bahnhöfe, die nach einer festen Kriterienliste am besten auf die Bedürfnisse von Besuchern bzw. Bahnkunden eingehen und ein hohes Maß an Vorbildfunktion für die vielfach leider überfällige Revitalisierung von Bahnhöfen haben. Objektive Erfordernisse wie Kundeninformation, Sauberkeit, Integration in die Stadt und Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln sind dabei ebenso entscheidend wie ein eher subjektiver Wohlfühlfaktor. Demgegenüber gibt es K.O.-Kriterien für eine Auszeichnung, u. a.: kein Service-Personal vor Ort, noch keine Barrierefreiheit, Sicherheitsmängel z. B. an Bahnsteigbelägen oder schmutzige/defekte Toiletten.

Auf dieser Grundlage entschied sich die Jury am Ende für zwei Bürgerbahnhöfe in Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Bahnhof Eppstein

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Außen wie innen vorbildlich saniert: Das Empfangsgebäude des Bahnhofs Eppstein in Hessen. Der Bahnhof ist seitdem zu einer zentralen und attraktiven Anlaufstelle für Bürger, Pendler und Ausflügler geworden. Foto: Christian Schultz

Der Bahnhof Eppstein liegt an der Main-Lahn-Bahn zwischen Frankfurt-Höchst und Limburg/Lahn und wurde am 15. Oktober 1877 eröffnet. Bedient wird er heute durch die S-Bahn-Linie 2 (Niedernhausen/Taunus—Dietzenbach Bahnhof des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV). Das hier zunächst errichtete provisorische Empfangsgebäude wurde im Jahr 1903 durch das noch heute bestehende zweigeschossige Gebäude ersetzt, das unter Denkmalschutz steht.

Es stand seit 1990 weitgehend leer und wurde seitens der Deutschen Bahn schließlich an die Stadt Eppstein verkauft. Nach einer Kernsanierung (Baukosten 2,75 Millionen Euro) wurde es am 26. Mai 2007 mit einer neuen Nutzung wiedereröffnet. Untergebracht sind hier nunmehr das Bürgerbüro von Eppstein und das Restaurant „Wunderbar Weite Welt“.

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Im Zuge des Baus des neuen Eppsteiner Tunnels wurde das Bahnhofsumfeld komplett umgestaltet. Bestandteil ist nun u. a. eine wettergeschützte Umsteigemöglichkeit zwischen Bahn und Bus. Foto: Christian Schultz

Ungewöhnlich ist hier das Konzept: Geboten wird nicht nur ein gewöhnlicher Gaststättenbetrieb. Abends werden die Räumlichkeiten schwerpunktmäßig für Kultur- und Politikveranstaltungen genutzt. Positiver Nebeneffekt: Durch die umfassende Nutzung wird, im Gegensatz zu vielen anderen Bahnhöfen, das Risiko von Vandalismus auf dem Bahnhofsareal deutlich reduziert, was vom zuständigen Bahnhofsmanagement auch bestätigt wurde.

Der personenbediente Fahrausweisverkauf ist selbstverständlich Bestandteil des Gesamtkonzepts.

Im Zuge des Baus des neuen Eppsteiner Tunnels in den Jahren 2010 bis 2013 wurden in enger Abstimmung mit dem RMV auch umfangreiche Umbauten bzw. eine deutliche Attraktivitätssteigerung der Bahnsteige und des Bahnhofsumfeldes möglich.

Zu den realisierten Einzelmaßnahmen gehören u. a.:

  • Umgestaltung der Vorplatzfläche am Empfangsgebäude;
  • Neubau einer kombinierten Überdachung des Bahn- und Bus-Verknüpfungspunktes am Hausbahnsteig (zur Gewährleistung kurzer Umsteigewege);
  • Neubau einer Bike+Ride-Anlage mit Überdachung;
  • Neubau einer Park+Ride-Anlage;
  • Bepflanzung und Begrünung des gesamten Areals.

Im Ergebnis ist ein sehr attraktiver Verknüpfungspunkt realisiert worden. Mit dem ungewöhnlichen Nutzungskonzept für das Empfangsgebäude hat der Bahnhof insgesamt eine ganz neue Zentralität für die Stadt erhalten.

Bahnhof Winterberg

Seine Bahnanbindung erhielt Winterberg im Jahr 1906 im Zuge der 1908 vollendeten Verbindung Bestwig—Allendorf (Eder)—Frankenberg. Der Personenzugverkehr zwischen Winterberg und Allendorf (Eder) wurde jedoch 1966 eingestellt bzw. der Streckenabschnitt in der Folgezeit abschnittsweise abgebaut. Das historische Empfangsgebäude wurde 2014 abgerissen.

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Ähnlich wie in Eppstein wurde auch im Bahnhof Winterberg in Nordrhein-Westfalen ein für Bürger und Gäste der Stadt attraktives, vielseitiges Nutzungskonzept umgesetzt. Beim Neubau des Empfangsgebäudes haben Stadt und Architekt bewusst markante Akzente gesetzt und so für einen hohen Wiedererkennungswert gesorgt. Foto: Christian Schultz

Ähnlich wie in Eppstein überzeugte auch im nordrheinwestfälischen Winterberg das neuartige bzw. ungewöhnliche Bahnhofskonzept.

Im Herbst 2017 feierte die Stadt nach einjähriger Bauzeit die Eröffnung des neuen Bürgerbahnhofs. Das futuristische neue Empfangsgebäude stellt dabei mit der abstrahierten Skisprungschanze den Bezug zum Skisportort Winterberg schon in der Form des Gebäudes her.

In der großzügigen, lichtdurchfluteten Empfangshalle mit Wartebereich erhält der Bahnkunde traditionell Fahrkarten, aber es ist auch die erste Anlaufstelle für das städtische Bürgeramt. Im Gebäude befinden sich zudem ein Servicepunkt der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH, die Volkshochschule des Hochsauerlandkreises, das Jugend- und Gesundheitsamt und ein italienisches Restaurant.

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Auch in Winterberg wurden im Rahmen der Neugestaltung des Bahnhofs u. a. kurze Umsteigewege zwischen Zug und Bus realisiert. Foto: Christian Schultz

Auch die übrigen Anlagen bieten weit mehr als Standardniveau: Wanderer finden eine Schließfachanlage für überschüssiges Gepäck. Ein integrierter Bahn-Bussteig für kurze Umsteigewege, ein Park+Ride-Platz, Aufladestationen für E-Bikes und nicht zuletzt eine sorgfältige Ausschilderung der Bahnhofsumgebung gehören zum umfassenden Service dazu. Und auch das Problem der heutigen Randlage des Bahnhofs wird derzeit behoben: Zwischen Stadt und Bahnhof wächst zurzeit ein neues Stadtzentrum mit Wohnungen, Gewerbe bzw. Geschäften.

Kleine Bahnhöfe

Bei den beiden im Jahr 2018 prämierten Bahnhöfen zeigt sich, dass auch bei kleinen Bahnhöfen die Umsetzung neuer und sehr attraktiver Nutzungskonzepte möglich ist. Der vielfach anzutreffende und wenig einladende Zustand von Haltepunkten und Bahnhöfen bzw. ihres Umfeldes muss keinesfalls Dauerzustand sein. Die vorbildliche Entwicklung wie in Eppstein und Winterberg setzt dabei zweifellos Maßstäbe. Eine engagierte, lösungsorientierte Zusammenarbeit zwischen Kommune und Bahn ist für eine erfolgreiche Wiederbelebung aber zwingende Voraussetzung!

Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV)

aus SIGNAL 4/2018 (November 2018), Seite 24-25

 

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