Nachtreisezugverkehr

Österreicher investieren in deutschen Nachtreisezugverkehr – mit Beteiligung der Fahrgastverbände

Seit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2016 betreibt die Deutsche Bahn keine Nachtreisezüge mit Schlaf- und Liegewagen mehr. Umso erfreulicher ist das Engagement der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), die nunmehr, im Kontrast zur Unternehmensstrategie der Deutschen Bahn (DB), mit erheblichen Investitionen für eine Qualitätsoffensive in diesem Angebotssegment sorgen.

Die Nachtreisezuglinien werden seitens der ÖBB bzw. den Partner-Bahnen unter dem Markennamen „Nightjet“ betrieben. Deutschland ist in dieses Netz mit folgenden Linien angebunden:

  • Hamburg—Basel—Zürich
  • Berlin—Magdeburg—Zürich
  • Hamburg—Linz—Wien (täglich mit Auto- undbMotorradbeförderung)
  • Hamburg—München—Innsbruck
  • Düsseldorf—Linz—Wien
  • Düsseldorf—Köln—Innsbruck (täglich mit Auto- und Motorradbeförderung)
  • München—Wien—Budapest
  • München—Villach—Venedig
  • München—Salzburg—Villach—Florenz—Rom
  • München—Salzburg—Villach—Verona—Mailand
  • München—Ljubljana—Zagreb
  • München—Opatija—Rijeka

Ergänzt werden diese Nachtzug-Linien um ein Zugpaar Hamburg—Lörrach (allerdings mit saisonal unterschiedlichen Verkehrszeiten), welches seitens der BahnTouristikExpress GmbH angeboten wird und ebenfalls eine Auto- und Motorradbeförderung ermöglicht.

Die weiteren Nachtzugverbindungen in den Relationen Paris—Berlin—Moskau und Berlin—Malmö—Stockholm verkehren ebenfalls mit zum Teil erheblich eingeschränkten Verkehrszeiten.

Die Deutsche Bahn beschränkt ihre Aktivitäten in diesem Geschäftsbereich nunmehr ausschließlich auf wenige ICE- und Intercity-Züge bzw. den IC-Bus.

ÖBB kauft für den Nachtreisezugverkehr neue Fahrzeuge

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Erfreulich: Ab dem 9. Dezember 2018 gibt es wieder eine tägliche Nachtreisezugverbindung in der Relation Berlin—Wien (Berlin Hbf ab 18.41 Uhr, Wien Hbf an 7.00 Uhr und Wien Hbf ab 22.10 Uhr, Berlin Hbf an 9.30 Uhr bzw. Berlin-Charlottenburg an 9.36 Uhr). Foto: Christian Schultz

Die ÖBB und Siemens Mobility haben kürzlich eine Rahmenvereinbarung über die Lieferung sowohl von Tages- als auch Nachtreisezügen vom Typ Viaggio mit insgesamt bis zu 700 Reisezugwagen unterzeichnet. Bei Abruf sämtlicher Leistungen ergäbe sich ein Gesamtauftragsvolumen von über 1,5 Milliarden Euro.

In einem ersten Abruf wurden seitens der ÖBB nun acht Railjets für den Tagesreisezugverkehr und dreizehn Nightjets im Wert von rund 375 Millionen Euro bestellt. Die Produktion dieser Züge beginnt im April 2019. Ende 2022 sollen alle bestellten Züge für den Fahrgasteinsatz zur Verfügung stehen.

Die Garnituren für den Tagesverkehr verfügen über 520 Sitzplätze, die Nachtzüge über 100 Sitz- und 160 Schlafplätze. Die Fertigung der Fahrzeuge erfolgt in den Siemens-Werken Wien und Graz (hier: Drehgestelle). Die Rahmenvereinbarung kann von den ÖBB dabei über das Jahr 2023 hinaus verlängert werden.

Als Einsatzländer für die neuen Zuggarnituren sind vorerst Österreich, Deutschland, Schweiz und Italien geplant. Bei Bedarf ist auch die entsprechende Ausrüstung z. B. für den Einsatz in Ungarn, Polen, Tschechien usw. möglich.

Allerdings besteht durch die ab dem 1. April 2021 in Italien geltenden verschärften Brandschutzbestimmungen erheblicher Handlungsdruck. Die neuen Fahrzeuge werden somit vorzugsweise im Italien-Verkehr eingesetzt werden.

Komfortoffensive für Nachtreisen

Die neuen Nightjet-Garnituren bestehen aus einer Grundeinheit von sieben Wagen. Das hat den Vorteil, dass angesichts der begrenzten Längen der Bahnsteige problemlos Flügelzüge gebildet werden können.

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In dem künftigen Nachtreisezugpaar Berlin—Wien wird es auch Wagengruppen für die Relationen Berlin—Budapest und Berlin—Przemyśl geben. Durch den Laufweg über Zielona Góra (Grünberg) und Wrocław (Breslau) werden u. a. umsteigefreie Tagesrandverbindungen mit diesen Städten hergestellt. Foto: Christian Schultz
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In den seitens der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) kürzlich bestellten neuen Nightjet-Zügen werden erstmals auch Minisuiten angeboten. Mit einzeln abschließbaren Kojen wird für Einzelreisende damit die seit langem gewünschte Privatsphäre realisiert. Foto: Christian Schultz

Jede Nightjet-Garnitur besteht aus zwei Schlaf- und drei Liegewagen. Es kommen ein Multifunktionswagen (u. a. für mobilitätseingeschränkte Kunden und Fahrradstellplätze) und ein Steuerwagen (Sitzwagen, 2. Klasse) hinzu. Die Inneneinrichtung wurde in enger Zusammenarbeit mit dem britischen Designbüro PriestmanGoode entwickelt.

Die Schlafwagen werden über jeweils zehn Standard- bzw. Deluxe-Abteile verfügen. Diese haben jeweils zwei Betten, die im Gegensatz zu den bislang üblichen Fahrzeugkonzepten in Längsrichtung entlang des Fensters angeordnet sind. Zum Abteil gehört auch eine Toilette mit Waschgelegenheit und Duschmöglichkeit.

Die Liegewagenabteile verfügen über jeweils vier Liegen, welche vergleichbar der Inneneinrichtung bisheriger Fahrzeuge quer zur Fahrtrichtung angeordnet sind. Es ist hierbei gewährleistet, dass man auf der unteren Liege auch aufrecht sitzen kann.

Als Reaktion auf häufige Kritik am bisherigen Nachtzugkonzept werden für Alleinreisende künftig auch Mini-Suiten angeboten. Mit den einzeln abschließbaren Kojen anstelle von Vierer-Abteilen wird die gewünschte Privatsphäre gewährleistet.

Die ÖBB setzen somit zweifellos neue Akzente im Nachtreisezugverkehr.

Ausweitung des Nachtzug-Angebots ab 9. Dezember 2018

Nach den unerfreulichen Einschränkungen im Nachtreisezugverkehr zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 stehen nun wieder Verbesserungen bevor. Seinerzeit waren die durchgehenden Nachtzugverbindungen Berlin—Budapest mit dem Zugteil Berlin—Wien leider entfallen, weil drastische Sparmaßnahmen der von der Ungarischen Staatsbahn (MÁV) betriebenen Zugverbindung zu einer Beschränkung des Zuglaufs auf den Abschnitt Prag—Budapest führten.

Ab 9. Dezember 2018 wird es erfreulicherweise wieder eine täglich verkehrende umsteigefreie Nachtzugverbindung zwischen Berlin und Wien geben!

Geplant ist in dieser Relation der Einsatz jeweils eines Schlaf-, Liege- und Sitzwagens. Ungewohnt ist dabei der vorgesehene Laufweg: Dieses Zugpaar verkehrt über Frankfurt (Oder), Zielona Góra (Grünberg) und Wrocław (Breslau).

Seitens des für den Personenverkehr zuständigen Tochterunternehmens der ungarischen Staatsbahn MAV-START AG wird in diesem Zusammenhang auch die direkte Verbindung Berlin—Budapest reaktiviert. Dieser Zugteil wird in Břeclav an den Nachtzug Prag—Budapest angehängt.

Ein dritter Zugteil ermöglicht eine umsteigefreie Bahnfahrt zwischen Berlin, Kraków (Krakau) und Przemyśl an der polnischen Grenze zur Ukraine.

Mit der Tagesrandverbindung zwischen Berlin und Breslau wird auch einer langjährigen Forderung von Fahrgastverbänden nach einer Ausweitung umsteigefreier Verbindungen in dieser Relation Rechnung getragen, denn bekanntlich gibt es derzeit nur den „Kulturzug“ am Wochenende (siehe u. a. SIGNAL 3/2016).

Eine weitere Angebotsausweitung im Nachtreisezugverkehr ist seitens der ÖBB erst möglich, wenn ab 2022 die beschriebenen Neubau-Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Geprüft wird dann auch die Bedienung der Relation München—Paris.

Unverändert Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Schiene

Trotz noch immer bestehender massiver Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Schiene ist die deutsche Politik offensichtlich weiterhin nicht bereit, dringend erforderliche Korrekturen vorzunehmen.

Unverständlich: In Deutschland beinhaltet der Preis für ein internationales Nachtzugticket unverändert den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Für eine Hotelübernachtung (denn diese wird durch eine Nachtzugfahrt ja ersetzt) beträgt der Steuersatz dagegen lediglich 7 Prozent. Und für das Flugzeug (als einem der Hauptwettbewerber des Nachtreisezugverkehrs) zahlt der Reisende für sein Ticket auf internationalen Routen gar keine Mehrwertsteuer!

Die Mehrwertsteuerbefreiung grenzüberschreitender Flüge sorgt für einen Steuerausfall von rund 4,8 Milliarden Euro pro Jahr. Fluggesellschaften zahlen darüber hinaus für Treibstoff auch keine Kerosinsteuer, wobei diese unnötige Subvention (allein schon vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele für 2030) nicht zu rechtfertigen ist.

Der Schienenverkehr profitiert von den Vorteilen der Energiesteuerbefreiung dagegen nicht. Diese Situation widerspricht dem Prinzip der steuerlichen Gleichbehandlung und führt so in Deutschland zu Fehlanreizen bei der Wahl des Verkehrsmittels.

Andere EU-Länder, zum Beispiel Dänemark und Italien, haben dagegen bezüglich der Mehrwertsteuer eine Gleichbehandlung von Tickets des Bahn- und Flugverkehrs längst umgesetzt.

Es ist daher überfällig, dass auch die deutsche Politik endlich ihre „Hausaufgaben“erledigt und die vielfältigen den Schienenverkehr benachteiligenden Wettbewerbsverzerrungen abbaut.

Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV) und IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 4/2018 (November 2018), Seite 26-27

 

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