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Seit über 25 Jahren soll eine Straßenbahnstrecke zum Potsdamer Platz gebaut werden. Seit 2000 liegen dafür in der westlichen Leipziger Straße und auf dem Leipziger Platz bereits Gleise. Zwar ist inzwischen mit der Vorplanung für die Trasse begonnen worden, doch fahren dürfte die Tram hier frühestens Ende der 2020er Jahre. Foto: Jan Gympel |
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Als die Eisenbahn vor fast zweihundert Jahren
ihren Siegeszug durch die Welt antrat
und diese grundlegend veränderte, wusste
die Obrigkeit in Preußen nicht so recht, wie
sie darauf reagieren sollte: Die Bedeutung
des neuen Verkehrsmittels wurde rasch
deutlich, es selbst zu bauen, fehlte dem
Staat jedoch das Geld. Überließ man es aber
Privatunternehmen, Strecken zu errichten
und zu betreiben, bedeutete dies zwangsläufig
einen unerwünschten Machtzuwachs
für das aufstrebende Bürgertum, welches
über das notwendige Kapital verfügte.
Angesichts dieses Zwiespalts wurde die
Entwicklung des modernen Schienenverkehrs
in Preußen zunächst nicht konsequent
befördert, zuweilen sogar behindert. Der
Staat versuchte, sich über Gesetze Einfluss
auf den Bahnsektor zu sichern, ohne sich finanziell
zu engagieren. Wenn dabei Aspekte
des Gemeinwohls eine Rolle spielten, dann
nur, sofern man den Schutz gegen äußere
Feinde dazu zählt.
Den Militärs war früh aufgegangen, welche
Bedeutung die Eisenbahn bei der Kriegführung
haben könnte. Schon wenige Jahre,
nachdem 1838 zwischen Berlin und Potsdam
die erste Dampfeisenbahn in Preußen
in Betrieb genommen worden war, begann
daher die Planung der Ostbahn: Sie sollte die
Hauptstadt direkt mit der damaligen Ostgrenze
verbinden. Das war zwar strategisch
interessant, nicht aber ökonomisch, und
die auch mit diesem Vorhaben verbundene
Erschließung strukturschwacher Regionen
eine ureigene Aufgabe der öffentlichen
Hand.
Dies sahen in den 1840er Jahren freilich
noch nicht alle so, und so entstand 1850/51
als erste preußische Staatsbahn eine andere
Strecke, die ebenfalls von den im militaristischen
Preußen mächtigen Militärs gefordert
worden war: die Berliner Verbindungsbahn,
welche es ermöglichte, Waggons zwischen
den auf die Hauptstadt zulaufenden und in
Kopfbahnhöfen endenden Strecken auszutauschen.
Der Staat springt ein
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Der Berliner Außenring wurde in den 50er Jahren fertiggestellt zur Umgehung West-Berlins. Sein Südabschnitt galt als eine der am stärksten befahrenen Strecken der DDR und wurde noch in den 80ern teilweise viergleisig ausgebaut. Für den heutigen Verkehr ist dies überdimensioniert. Westlich des Bahnhofs Flughafen Schönefeld wurde ein Gleispaar inzwischen von der S-Bahn zum neuen Großflughafen BER übernommen und statt mit Oberleitung mit Stromschienen versehen. Foto: Jan Gympel |
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Freilich erwies sich die eingleisige, zum
großen Teil durch öffentliches Straßenland
verlaufende Verbindungsbahn mit ihren
niveaugleichen Anschlüssen schon bald
als viel zu wenig leistungsfähig für den
schnell wachsenden Eisenbahnverkehr in
der schnell wachsenden Stadt. Mit der zunächst
„neue Verbindungsbahn“ genannten
Ringbahn gelang dann in den 1860er Jahren
durch staatliche Planung, staatlichen Bau
und Betrieb (durchgeführt von der staatseigenen
Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn)
ein großer Wurf, von dem Berlin bis
heute profitiert.
Dabei war vor hundertfünfzig Jahren
noch überhaupt nicht absehbar, dass die
Ringbahn eines Tages mehr oder weniger
die Innenstadt von Groß-Berlin umschließen
und auch geographisch definieren
würde: Bei ihrer offiziellen Eröffnung in den
Jahren 1871 und 1877 verlief die Strecke
größtenteils weit vor den Toren der Stadt,
durch viel unbebautes Gebiet, vorbei an
Kleinstädten und Dörfern wie Tempelhof,
Schöneberg oder Wilmersdorf. Ein privatwirtschaftlicher
Bau und Betrieb wäre unter
diesen Bedingungen kaum denkbar gewesen.
Das staatliche Interesse galt dann
auch, neben der Abwicklung des Güterverkehrs,
wiederum vor allem militärischen
Erwägungen.
Deren Richtigkeit wurde spätestens im
Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71
bestätigt: Der schnellere Transport der
Truppen an die Schlachtfelder durch ein dafür
besser geeignetes Eisenbahnnetz gilt als
wichtiger Grund für den raschen Sieg Preußens
und seiner Verbündeten.
Dennoch wurde erst gegen Ende jenes
Jahrzehnts damit begonnen, die Verstaatlichung
der großen Bahngesellschaften und
damit aller Hauptstrecken konsequenter
(und am Ende erfolgreicher) voranzutreiben
als je zuvor und so das damals mit Abstand
schnellste und leistungsfähigste Verkehrsmittel
in die Verfügungsgewalt der öffentlichen
Hand zu bringen. Dabei hatte der Staat
schon kurz nachdem Berlin zur Hauptstadt
des 1871 gegründeten Deutschen Reiches
aufgestiegen war, bei einem bedeutenden
Infrastrukturvorhaben einspringen und dessen
Bau und Betrieb übernehmen müssen:
Andernfalls hätte die als privates Projekt
begonnene Berliner Stadtbahn vermutlich
nicht bis 1882 fertiggestellt werden können.
Der einfachste Weg statt des besten
Die Stadtbahn bot allerdings auch ein Beispiel
dafür, was geschieht, wenn Bahnstrecken
eher nach ökonomischen Kriterien und
mit der Aussicht auf den geringsten Widerstand
geplant werden als nach verkehrlichen
Gesichtspunkten und dem größten
Nutzen für die Allgemeinheit: Die geradlinige
Führung entlang der Friedrichsgracht
und parallel zur Leipziger Straße (die bis zu
ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg die
bedeutendste Einkaufsmeile Berlins war),
vorbei am Potsdamer Platz und dem damals
sehr stark frequentierten Potsdamer Bahnhof
sowie entlang des südlichen Tiergartenrands,
vereitelten zu hohe Grundstückspreise
und der Widerstand der einflussreichen
Bewohner des noblen Tiergartenviertels.
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Die Anfang 1967 erfolgte Verbannung der Straßenbahn vom Alexanderplatz war verkehrlich immer unsinnig und folgte nur der damals herrschenden Ideologie: Das angeblich veraltete Verkehrsmittel hatte im „sozialistischen Stadtzentrum“, das von der um „Weltniveau“ bemühten DDR nach den (westlichen) Lehrbüchern des modernen Städtebaus gebastelt wurde, nichts zu suchen. Umwege und zusätzliche Umsteigezwänge waren die Folge. Im Dezember 1998 kehrte die Straßenbahn – deren Netzausbau in den 90er Jahren noch vergleichsweise schnell voranging – auf den Alex zurück. Foto: Jan Gympel |
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Also umfuhr die Stadtbahn den damaligen
Stadtkern kurvenreich auf der Trasse
des dafür zugeschütteten Königsgrabens,
über die seinerzeit noch unbebaute Nordspitze
der Museumsinsel und am Nord- und
Ostrand des Tiergartens entlang. Die Leipziger
Straße wurde durch niveaufreien (und
entsprechend schnellen und leistungsfähigen)
Schienenverkehr erst über ein Vierteljahrhundert
später erschlossen, als 1908 die
U-Bahn-Strecke von der heutigen Station
Potsdamer Platz bis Spittelmarkt in Betrieb
ging.
Dass sich die heutige U 2 durch Nebenstraßen
windet statt den geraden Weg durch
die Leipziger Straße zu nehmen, ist vor allem
dem Wandel der städtischen Verkehrspolitik
zu verdanken, der um 1900 endlich eingetreten
war: Zunächst hatte man sich auf kommunaler
weit mehr als auf staatlicher Ebene
dem naiven Glauben hingegeben, der freie
Markt – wie ihn die in Preußen 1810 eingeführte
und dann schrittweise ausgeweitete
Gewerbefreiheit ermöglicht hatte – werde
auch auf diesem Felde alles bestens regeln.
Dazu zählte, im Bereich des öffentlichen Verkehrs
recht freizügig Konzessionen zu vergeben,
zumal manche Behördenvertreter
bezweifelten, dass ein Unternehmen allein
die Nachfrage bewältigen könnte.
Geschenkte Straßenbahnen
Entsprechend neu und ungewöhnlich war
es, als die frisch gegründete Große Berliner
Pferde-Eisenbahn AG 1871 gleich ein ganzes
Straßenbahnnetz von zunächst 160 Kilometern
Streckenlänge plante, mit dem sie alle
wichtigen Straßen und Verkehrsknotenpunkte
erschließen wollte. Bis dahin hatten
Straßenbahnunternehmen, auch wegen
ihrer geringeren Kapitalausstattung, immer
nur Bau und Betrieb einzelner Strecken beantragt.
So war es zu einem ebenso unkoordinierten
Wachstum wie bei der Eisenbahn
gekommen. Engagement der öffentlichen
Hand gab es nur durch kleinere Vororte wie
Tegel, Niederschönhausen, Britz, Tempelhof
oder Mariendorf, die Tramstrecken Richtung
Berlin auf Gemeindekosten bauten und
diese dann der „Großen Berliner“ praktisch
schenkten, auf dass sie eine möglichst weit
in die Berliner Innenstadt reichende Linie
einrichte und den damals „jwd“ gelegenen
Orten den für ihre Entwicklung immens
wichtigen Straßenbahnanschluss verschaffe.
Erst um die Jahrhundertwende begann
die Stadt Berlin, wirklich aktiv in die Planung
des öffentlichen Personennahverkehrs
(ÖPNV) einzugreifen – um dann die nächsten
zwei Jahrzehnte zunächst einmal vor
allem damit beschäftigt zu sein, die durch
das Nichtstun entstandenen Fehlentwicklungen
zu korrigieren.
Im damals noch eigenständigen Schöneberg
entstand schon 1908-10 die erste
deutsche U-Bahn-Strecke im Auftrag und
auf Rechnung der öffentlichen Hand (die
heutige U 4). Die Stadt Wilmersdorf weihte
1913 ihre kommunale U-Bahn ein, an
die sich eine staatliche Schnellbahnstrecke
durch Dahlem anschloss (heute Westast der
U 3). Die Fertigstellung der ersten von der
Stadt Berlin errichteten U-Bahn (heute Teil
von U 6 und U 7) erfolgte, verzögert durch
den Ersten Weltkrieg, erst 1923. Die von der
Kommune ebenfalls geplante Strecke durch
die Leipziger Straße wurde bis heute nicht
gebaut.
Berlin kauft seine Tram
Von Vorteil war der Krieg immerhin bei der
Straßenbahn: Durch ihn geriet die einst
mächtige „Große Berliner“, die in der Stadt
nicht nur den Tramverkehr beherrschte,
sondern den gesamten ÖPNV dominierte,
in eine schwierige wirtschaftliche Situation.
Vor allem dadurch gelang es dem per Gesetz
von 1911 geschaffenen (Zweck-) „Verband
Groß-Berlin“ – einem Zusammenschluss
der Hauptstadt, der wichtigsten ihrer noch
eigenständigen Vororte und der beiden angrenzenden
Landkreise –, die Aktionäre der
„Großen Berliner“ 1919 zum Verkauf zu bewegen.
Versuchen, ein städtisches Konkurrenzunternehmen
aufzubauen, war wenig Erfolg
beschieden gewesen.
Die Krönung der kommunalen Bemühungen,
den ÖPNV zum Wohle der Allgemeinheit
umzugestalten, stellte ein
Jahrzehnt später die Gründung der BVG
dar, die am 1. Januar 1929 ihre Tätigkeit
aufnahm. Schon 1926 war die Hochbahngesellschaft
von der 1920 gebildeten Gemeinde
Groß-Berlin (die den Zweckverband
beerbt hatte) erworben worden und
damit auch die den Omnibusverkehr beherrschende
ABOAG vollständig in städtischen
Besitz übergegangen. Innerhalb
weniger Jahre hatte man damit weite Teile
des Berliner ÖPNV kommunalisiert. Schon
1927 war ein Verbundtarif für Straßenbahn,
U-Bahn und Omnibus eingeführt worden,
mit Umsteigeberechtigung zwischen diesen
Verkehrsmitteln. Ein Jahr später folgte
die Erweiterung auf den Nahzonenbereich
der von der Reichsbahn betriebenen
Stadt-, Ring- und Vorortbahn, die seit 1930
„S-Bahn“ heißt.
Hat Berlin bald sechs Millionen
Einwohner?
Ohne großartigen Gesamtplan, dafür aber
in heute unvorstellbarem Tempo begann in
den 1920er Jahren, kaum war die Hyperinflation
überwunden und die gesamtwirtschaftliche
Lage etwas besser geworden,
der Ausbau des Berliner Straßenbahnnetzes:
Zwischen 1925 und 1931 gingen unter anderem
die Strecken auf der Heerstraße zwischen
Bahnhof und Pichelsdorf (samt einer
Schleife zum Stadion), auf der See-, Osloer,
Bornholmer und Wisbyer Straße, in der Lichtenberger
Straße (heute Indira-Gandhi-Straße)
und im Weißenseer Weg, von der Rennbahn
Mariendorf zum Bahnhof Lichtenrade,
von Friedrichshagen zum Strandbad Müggelsee
und die Anbindung des Flughafens
Tempelhof in Betrieb.
Bei der U-Bahn wurde dagegen vor allem
Angefangenes fertiggestellt und lange
Geplantes umgesetzt (wie die heutige U 5
zwischen Alexanderplatz und Friedrichsfelde).
Als dies fast geschafft war, begann man,
große Pläne zu schmieden. Nun endlich sollte
der Berliner ÖPNV auch baulich so richtig
umorganisiert, modernisiert und zukunftssicher
gemacht werden. Dies vor allem im Hinblick
auf das erwartete weitere Wachstum
der Stadt: Noch um 1890 hatte das damalige
Berlin rund 1,6 Millionen Einwohner gezählt,
seine Vororte wie Charlottenburg, Schöneberg,
Köpenick, Spandau oder das spätere
Neukölln waren Kleinstädte gewesen. Ende
der 1920er Jahre war Groß-Berlin auf 4,3 Millionen
Einwohner angewachsen, und man
rechnete in absehbarer Zeit mit einer Steigerung
auf fünf, sechs Millionen.
Also lautete insbesondere für den U-Bahn-Bau
das Motto, ganz im Einklang mit dem
Zeitgeist, der sich an großen Projekten und
der Organisation von Massen berauschte:
„Think very big.“
84 Kilometer neue U-Bahn
in fünfzehn Jahren
Im Januar 1929 veröffentlichten der Ingenieur
Johannes Bousset, der seit deren Anfangstagen
immer wieder an der Berliner
Hoch- und Untergrundbahn gearbeitet
hatte, Hermann Zangemeister, einer der Direktoren
der frisch gegründeten BVG, und
Ernst Reuter, damals als Stadtrat für Verkehr
eigentlicher Vater der BVG, ihre „Denkschrift
über das künftige Berliner Schnellbahnnetz“.
Darin wurden zunächst auch einige der Konzepte
aus den vorangegangenen Jahren
aufgezählt: „Pläne für das künftige Gesamtliniennetz
[der Schnellbahnen, Anm.] sind
in früherer Zeit bereits mehrfach aufgestellt
worden. Alle diese Arbeiten – sowohl die
von den städtischen Stellen (Stadtbaurat Dr.
Krause und neuerdings Stadtbaurat Dr. Adler),
die der früheren Hochbahngesellschaft,
ferner die Entwürfe für den Wettbewerb
vom Jahre 1909 um einen Grundplan für
die Bebauung von Groß-Berlin, an denen
sich berufene Verkehrstechniker beteiligten,
vor allem auch die von Prof. Dr. Giese als
damaligem Mitglied des Zweckverbandes
Groß-Berlin verfaßten Arbeiten über Das
zukünftige Schnellbahnnetz von Groß-Berlin,
endlich eine Reihe von Einzelvorschlägen
des Geheimrats Dr. Kemmann – sind ebenso
wie die Aeußerungen der Mitglieder des
Aufsichtsrates [der BVG, Anm.] bei der endgültigen
Aufstellung des in der vorliegenden
Denkschrift entwickelten Liniennetzes
berücksichtigt worden.“ Dieses könne aber
„über die früheren Vorschläge hinausgehen“.
Bis 1945, also innerhalb von rund fünfzehn
Jahren, wollte man 84 Kilometer neue Strecken
errichten und damit den Umfang des
U-Bahn-Netzes mal eben auf 164 Kilometer
mehr als verdoppeln. Kosten sollte dies rund
eine Milliarde Reichsmark – eine gewaltige
Summe, welche die BVG zudem selbst aufbringen
sollte, teils aus ihrem Gewinn (damals
war ÖPNV noch profitabel), teils durch
Kredite. Förderung durch den Freistaat
Preußen oder das Reich (entsprechend dem
Verfahren des 1971 in Kraft getretenen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes)
waren
nicht zu erwarten.
Es ist bemerkenswert, dass heute bezüglich
der Berliner U-Bahn-Planungen der
Zwischenkriegszeit gern vom „Größenwahn“
der Nazis gesprochen, aber übersehen wird:
Größenwahnsinnig waren der gesamte Nationalsozialismus
und die von Hitler persönlich
vorangetriebenen Umgestaltungspläne
für Berlin. An diese wurden die Planungen
zum Ausbau des U-Bahn-Netzes aber nur
angepasst, auf der Grundlage der 1929 veröffentlichten
Denkschrift, die bereits völlig
überzogene und vor allem unrealistische
Ziele formuliert hatte. (Im Jahre 2018 umfasst
das Berliner U-Bahn-Netz eine Bauwerkslänge
von rund 154 Kilometern, voraussichtlich
2020, nach Fertigstellung der
westlichen Verlängerung der U 5, werden es
rund 156,5 Kilometer sein.)
Furcht vor dem Nord-Süd-Fernbahntunnel
Noch stärker als bei der U-Bahn schlugen
sich Hitlers Stadtumbaupläne bei der Eisenbahn
inklusive der S-Bahn nieder. Aus Sicht
der Zeitgenossen bestand hier allerdings
auch seit Jahrzehnten dringender Handlungsbedarf:
Obwohl sich die Hauptstrecken
in und um Berlin seit Ende der 1880er Jahre
im Besitz des Staates befanden, hatte dieser
zunächst nur wenig Anstalten gemacht,
den entstandenen Wildwuchs zu ordnen,
die längst erkannten und viel beklagten
Schwachstellen des Netzes zu beseitigen.
Zunächst wurden Investitionen auch für anderes
benötigt, allen voran die Höher- oder
Tieferlegung vieler Strecken in der Stadt und
ihrer Umgebung, die zunehmend bebaut
wurde, die Errichtung separater Gleise für
den Vorortverkehr und schließlich dessen
Elektrifizierung. Abhilfe vor allem für den
Güterverkehr schufen außerdem die um
die Jahrhundertwende begonnene Umgehungsbahn
und die großen neuen Rangierbahnhöfe
in Seddin und Wustermark.
Zu den dringendsten Problemen, die ab
Anfang des 20. Jahrhunderts auch auf dem
Gebiet der Eisenbahn endlich richtig angepackt
und gelöst werden sollten, gehörte
die fehlende Nord-Süd-Verbindung durch
das Berliner Zentrum. Es gab viele Vorschläge,
wie sie geschaffen werden könnte, unter
anderem im schon erwähnten „Wettbewerb
um einen Grundplan für die Bebauung von
Groß-Berlin“, dessen Ergebnisse 1910 präsentiert
wurden. Schon damals tauchte
die Idee eines – natürlich mit Elektroloks
betriebenen – Fernbahntunnels zwischen
dem Lehrter Bahnhof und dem Vorfeld von
Potsdamer und Anhalter Bahnhof auf, wie er
rund hundert Jahre später realisiert wurde.
In der NS-Zeit hatte man sich dies technisch
noch nicht zugetraut. Zudem wurden
das Gebiet der drei genannten Stationen
und insbesondere die ihnen vorgelagerten
Flächen für den Bau der Prachtstraße
„Nord-Süd-Achse“ mit ihren monströsen Gebäuden
benötigt. So wollte man den gesamten
Fernverkehr auf die Ringbahn verlegen, mit
je einem riesigen Nord- und Südbahnhof sowie
etwas kleineren Stationen auf Höhe von
West- und Ostkreuz.
Ein voller Wunschzettel
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Zu den bizarrsten Fehlplanungen im Berliner Bahnnetz gehört die U-Bahn-Linie F bzw. 10 (zeitweise auch als 3 bezeichnet), für die seit fast 100 Jahren Bauwerke auf Vorrat errichtet werden, bei denen nicht absehbar ist, wann sie je in Betrieb gehen: Zuletzt entstand für diese Linie, die von Weißensee oder gar Malchow nach Steglitz/Lichterfelde oder Charlottenburg verlaufen soll, um die Jahrtausendwende am Potsdamer Platz ein zweiter U-Bahnhof, der über dem Regionalbahnhof von außen sichtbar ist (die schwarzen Felder sind Fenster). Die Idee, die Strecke von hier aus nach Steglitz zu führen, stammt übrigens nicht – wie oft behauptet – aus der Zeit des S-Bahn-Boykotts, sondern bereits aus den 1920er Jahren. Foto: Jan Gympel |
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Der 1934-39 errichtete Nord-Süd-Tunnel der
S-Bahn hätte eine Ergänzung durch einen
zweiten, mit ihm verflochtenen erfahrenen –
letztendlich also genau jene Lösung, an der
jetzt seit Jahren (und noch auf Jahre hinaus)
unter dem Stichwort „S 21“ gebastelt wird.
(Die in der NS-Zeit vorgesehene unterirdische
Strecke zwischen Anhalter und Görlitzer
Bahnhof war übrigens nur der Rest eines
schon Ende der 1920er Jahre vorgesehenen
S-Bahn-Tunnels zwischen Görlitzer und
Lehrter Bahnhof.)
Die Ferngleise der Stadtbahn wären von
einer „Fern-S-Bahn“ übernommen worden:
Expresszügen, die man als Verwandte heutiger
Regionalzüge betrachten kann. Und
auch dass Stationen wie Zoo, Friedrichstraße
und mittlerweile sogar Ostbahnhof ihren
Fernverkehr weitgehend oder vollständig
verloren haben, gleicht den Planungen aus
der NS-Zeit.
Generell wurde der Aus- und Neubau der
Bahnanlagen in Berlin und seiner näheren
Umgebung (nicht zuletzt im Hinblick auf
den umfangreichen Güterverkehr) damals
sehr großzügig geplant – gemäß dem vorgesehenen
Stadtumbau, aber sicher auch,
weil die Fachleute gern der Aufforderung
folgten, eher mehr als weniger auf ihren
Wunschzettel zu schreiben. Wie all dies hätte
finanziert werden sollen – im Zweifelsfall
wohl durch die Ausplünderung der besetzten
Länder und unterjochten Völker nach
dem „Endsieg“?
Berlin ist zu groß für seine Bevölkerung
Bekanntlich brachte der Nationalsozialismus
statt Auf- und Ausbau am Ende nur Zerstörung.
Nicht nur dadurch und durch die auf
den nationalsozialistischen Krieg folgende
Teilung Berlins hatten sich die Pläne zum
Ausbau von U-, S- und Eisenbahn weitgehend
erledigt. Auch war die Stadt deutlich
geschrumpft: In den Jahrzehnten nach 1945
lebten in ihr gut eine Million Menschen weniger
als zuvor. Dass Berlin für diese Einwohnerzahl
eigentlich zu groß war, konnte man
vielerorts sehen: Die vielen brachgefallenen
Flächen, nicht nur bei der Eisenbahn, hatten
auch mit diesem Bevölkerungsrückgang zu
tun.
Zudem wohnten durch die Kriegszerstörungen
und die politischen Prioritäten beim
Wiederaufbau fortan deutlich mehr Berliner
außerhalb als innerhalb der Ringbahn. Die
Verkehrsströme hatten sich aber auch durch
die Teilung verändert – oder sollten es aus
politischen Gründen tun: Ab 1948 erhielt der
Aus- bzw. Neubau des schon in der NS-Zeit
geplanten Güteraußenrings höchste Priorität,
um den gesamten DDR-Binnenverkehr
der Eisenbahn um West-Berlin herumzuleiten.
Letzteres geschah schon ab 1952, verbunden
mit der Stilllegung aller Kopfbahnhöfe,
obwohl der neue Ring erst 1956/57 geschlossen
war; der leistungsfähige Ausbau
vor allem seiner Anschlüsse dauerte noch
Jahrzehnte. Heute gibt es auf Teilen von
ihm längst keinen regelmäßigen Personenverkehr
mehr, und die mit vier Bahnsteigen
versehene Station Flughafen Schönefeld ist
für heutige Bedürfnisse überdimensioniert.
Andernorts währte zum Zwecke der Abgrenzung
Geschaffenes nicht lange: Falkensee
hat seinen S-Bahn-Anschluss – 1951 in
Betrieb genommen, um Züge in der Betriebspause
nicht in West-Berlin abstellen
zu müssen – schon 1961 mit dem Mauerbau
wieder verloren.
U-Bahn-Bau als politische Demonstration
War die Errichtung des Berliner Außenrings
noch mit dem Bau neuer Trassen verbunden,
so erfolgte später nur ein Ausbau vorhandener
Strecken, wiederum vor allem weniger
nach einem großen Plan als nach Dringlichkeit,
bei der S-Bahn vor allem zur Anbindung
der großen Neubausiedlungen Marzahn
und Hohenschönhausen. Als die Kapazitäten
dieses Verkehrsmittels erschöpft waren,
entstand dann – zur Anbindung der Trabantenstadt
Hellersdorf – auch die einzige
längere neue U-Bahn-Strecke der SED-Zeit,
bezeichnenderweise kostensparend weitgehend
oberirdisch.
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Blick vom U-Bahnhof Mendelssohn-Bartholdy-Park Richtung Potsdamer Platz im April 2009: Während die U-Bahn-Rampe überbaut wurde, konnte man besonders gut den Raum erkennen, der westlich neben ihr für die schon in den 1930er Jahren geplante S-Bahn-Strecke zwischen Gleisdreieck und Potsdamer Platz gelassen wurde. Inzwischen soll der Bau dieses Südabschnitts der zweiten Nord-Süd-S-Bahn („S 21“) womöglich noch vor dem ihres Mittelstücks zwischen Potsdamer Platz und Hauptbahnhof erfolgen. Foto: Jan Gympel |
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Dabei war die Erweiterung der Ost-Berliner
U-Bahn (bei der nach dem Mauerbau
von einem „Netz“ nicht mehr die Rede sein
konnte, da sie nur noch aus zwei Strecken
bestand) vor allem in den 60er und frühen
70er Jahren wiederholt angekündigt
worden: So sollte die schon vor dem Krieg
geplante Strecke vom Alexanderplatz nach
Weißensee entstehen, in die entgegengesetzte
Richtung eine Verlängerung zur
Französischen Straße, außerdem von Tierpark
mindestens bis Oberschöneweide und
manches mehr.
Auf der anderen Seite der Sektorengrenze
wurden, bereits ab 1953, Tunnelstrecken gebaut
– in den 50er und 60er Jahren auch, um
im heftig tobenden Kalten Krieg die ökonomische
Überlegenheit des westlichen Systems
zu demonstrieren und zu zeigen, dass
ins bedrängte West-Berlin investiert wird.
Dabei folgte man dem bis 1955 (zunächst
noch in Abstimmung mit Ost-Berlin) erstellten
Plan zum Ausbau des U-Bahn-Netzes auf
eine Streckenlänge von rund zweihundert
Kilometern, also um rund das Anderthalbfache
des 1953 Vorhandenen.
Ab 1971 ging’s bergab
Für die Straßenbahn gab es in den ersten
Nachkriegsjahrzehnten nur die Planung
ihrer Zerstörung, die in West-Berlin 1967
vollendet wurde (derweil in der Zwischenkriegszeit
Konzepte kursiert hatten, die
Tram zwar in der Innenstadt stillzulegen, sie
aber in den Außenbezirken um so stärker
und vor allem um so moderner – Stichwort
„Schnellstraßenbahn“ – auszubauen). Das
dabei gern propagierte, beim 200-Kilometer-
Plan berücksichtigte Ziel, die wichtigsten
Tramstrecken durch die U-Bahn zu ersetzen,
wurde nur in wenigen Fällen erreicht: so
in Gestalt praktisch der gesamten U 7, der
U 9 zwischen Zoo und Steglitz und der U 6
von Wedding nach Tegel sowie von Kreuzberg
nach Mariendorf. Wobei gerade die
beiden letztgenannten Verlängerungen einen
Nachteil dieses Konzeptes zeigen: Die
Straßenbahn hatte nicht in Alt-Tegel und
Alt-Mariendorf geendet, sondern war bis
Heiligensee, Tegelort, Lichtenrade gefahren.
Außerdem kam der Ausbau des U-Bahn-Netzes,
der noch in den 60er Jahren zeitweise
an vier Stellen gleichzeitig erfolgt
war, bald fast zum Erliegen: Nie zuvor seit
1945 wurde auf einen Schlag so viel neue
U-Bahn-Strecke eröffnet wie am 29. Januar
1971 mit den zusammen 8,7 Kilometer
Bauwerkslänge messenden Trassen zwischen
Möckernbrücke und Fehrbelliner Platz sowie
Spichernstraße und
Walther-Schreiber-Platz – und nie mehr seither.
Bald tauchten Finanzprobleme der öffentlichen
Hand auf („Sparpolitik“ gibt es seit
nunmehr fast fünf Dekaden), die heute gern
als „fröhliches Jahrzehnt“ verklärten 70er
Jahre waren von einer ökonomischen Dauerkrise
geprägt, und in den 80ern mussten
eigentlich für den U-Bahn-Bau vorgesehene
Mittel für die Sanierung der 1984 von der
DDR-Reichsbahn übernommenen West-Berliner S-Bahn abgezweigt werden.
U 10 nach Steglitz: Ein Plan von 1929
Nun erschien es auch als völlig überflüssig,
die U 10 anzugehen, wie es kurz zuvor
noch für deren Abschnitt zwischen Kurfürstenstraße
und Walther-Schreiber-Platz
geplant war. Bis heute wird diese Strecke
gern als Paradebeispiel dafür angeführt,
dass man im vom Kalten Krieg geprägten
West-Berlin nicht einmal vor dem Bau von
U-Bahn-Tunneln zurückschreckte, die parallel
zur seit dem Mauerbau 1961 boykottierten
S-Bahn verliefen. Dabei wird stets
übersehen, dass diese Trassierung (als
Fortsetzung der heutigen U 5) schon in
der 1929 veröffentlichten Denkschrift von
Reuter, Bousset und Zangemeister vorgesehen
war und dort unter den „zunächst
3 weitere[n] Citylinien“, die „wegen ihrer
Wichtigkeit als Hauptcitylinien bezeichnet
werden“, sogar an erster Stelle genannt
wurde. (Auch die manchmal ebenfalls als
Parallelverkehr zur S-Bahn bezeichnete
U 7 westlich von Möckernbrücke findet
sich bereits in der Denkschrift.)
Die U 10, die zunächst am Rathaus Steglitz
enden und später im Süden bis zur Ecke
Hindenburgdamm und Drakestraße, in der
Innenstadt über Potsdamer Platz, Leipziger
Straße und Alexanderplatz bis in den Norden
Weißensees führen sollte, ist das größte
Projekt, welches vom 200-Kilometer-Plan
unrealisiert blieb.
In Ost-Berlin war zeitweilig sogar an einen
Bau bis ins noch heute dörflich anmutende
Malchow gedacht: Hier sollte auf dem Außenring
eine Fern- und S-Bahn-Station als
nördliches Pendant zum Bahnhof Flughafen
Schönefeld entstehen, der bis Anfang
der 80er Jahre ausgebaut wurde. Gleiches
geschah 1973-82 mit dem Bahnhof Lichtenberg,
der zu Mauerzeiten und nach dem Bau
der östlichen Trabantenstädte innerhalb
Ost-Berlins durchaus zentral lag. Und der
Ostbahnhof stieg sogar zum Hauptbahnhof
auf – zumindest dem Namen nach. Die Begradigung
der Stadtbahn hatte man da, wie
manch anderes aus dem Generalverkehrsplan
der 60er, allerdings längst verworfen.
Nicht zuletzt wurde in den 70er und 80er
Jahren die „große“ Bahn um und in Berlin
endlich elektrifiziert – freilich mit Ausnahme
des Westteils der Stadt, wenngleich auch
für diesen bereits entsprechende Pläne geschmiedet
wurden. Zuweilen wird heute
vergessen, dass der 1992-98 erfolgte Bau der
Schnellfahrstrecke nach Hannover bereits
vor 1989 verfolgt wurde, als diese noch dem
Transitverkehr durch die DDR gedient hätte.
Fehleinschätzungen beim Pilzkonzept
Mit der Wiedervereinigung 1990 wurde es
notwendig, die Berliner Eisenbahnanlagen
umfassend auszubauen. War dies doch im
östlichen Teil der Stadt nur unzulänglich geschehen
und eher gemäß dem ökonomisch
Möglichen als dem verkehrlich Wünschenswerten.
Und im westlichen Teil war der
Bahnverkehr sogar massiv abgebaut und
dann bewusst kleingehalten worden.
Vom nach großen Diskussionen beschlossenen
„Pilzkonzept“ wurden (oder werden)
zwar die vorgesehenen Strecken realisiert,
die großen Fernbahnstationen Hauptbahnhof,
Südkreuz und Gesundbrunnen blieben
jedoch mal mehr, mal weniger unvollendet.
Andere Bahnhöfe verloren ihren Fernverkehr
(teils entgegen der ursprünglichen Planung)
oder wurden sogar – wie Baumschulenweg
und jüngst Karlshorst – zu reinen S-Bahn-Stationen
degradiert. Und während der viergleisige
Nord-Süd-Tunnel auch noch zwölf
Jahre nach seiner Eröffnung überdimensioniert
wirkt angesichts des eher überschaubaren
Verkehrs, der sich in ihm abspielt, ist
der einst als überflüssig verworfene Wiederaufbau
der Gütergleise des Südrings inzwischen
weitgehend erfolgt.
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Eine hundert Jahre alte Fehlplanung: Weil die Stadt Berlin ihre Bahnsteighalle nicht dort baute, wo ihre U-Bahn die bestehende Strecke der privaten Hochbahngesellschaft kreuzte, sondern wo eine weitere städtische Linie kreuzen sollte, entstand der für Berliner Verhältnisse sehr lange Verbindungstunnel der Station Stadtmitte. Foto: Jan Gympel |
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Als weitere Fehleinschätzung zeichnet
sich der vorläufige Verzicht auf den Wiederaufbau
der Stammbahn ab: Eine zweite Verbindung
zwischen Potsdam und der Berliner
Innenstadt dürfte mittelfristig unentbehrlich
sein. Dies um so mehr, als die S-Bahn-Strecke
zwischen Wannsee und Griebnitzsee noch
immer nicht durchgehend zweigleisig ist.
Doch was will man erwarten, wenn im Netz
der Berliner S-Bahn noch immer nicht all jene
Strecken wiederhergestellt worden sind, die
1961 durch den Mauerbau verlorengingen,
und dies, obwohl diese Wiederherstellung
mit dem Bund vereinbart worden war? Wenn
nicht nur Berlin und Brandenburg die Einhaltung
dieser Zusage nicht einfordern, sondern
es auch jahrelang brandenburgische Politik
war, die Schaffung leistungsfähiger
S-Bahn-Verbindungen nach Berlin als überflüssig zu
erachten?
Je kleiner, desto wahrscheinlicher?
Allerdings hat man auch in Berlin keine
ernsthaften Anstalten gemacht, die S-Bahn
zumindest bis zur Landesgrenze zu verlängern.
Der weitere Ausbau der Schienennetze
erfolgt im nun schon nicht mehr so neuen
Jahrtausend ohnehin nur noch im Schneckentempo:
Während die U5-Verlängerung
von Alexanderplatz nach Hauptbahnhof
längst die am langsamsten gebaute Berliner
U-Bahn-Strecke aller Zeiten ist, entwickelt
sich der zweite Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn
(„S 21“) zu einer ähnlich unendlich scheinenden
Geschichte.
Mit den seit 1990 veröffentlichten vollmundigen
Ankündigungen und Konzepten
zur Erweiterung des Tramnetzes ließe sich
inzwischen ein Buch füllen. Realisiert wurde
in den 90ern relativ wenig und seit der
Jahrtausendwende noch weniger – von den
rund dreißig Kilometern neue Straßenbahnstrecke,
die in Ost-Berlin zwischen 1975 und
1991 in Betrieb gingen, kann man heute nicht
einmal mehr träumen. Man darf gespannt
sein, ob bis zu den Abgeordnetenhauswahlen
2021 – wie in der Koalitionsvereinbarung
des aktuellen Senats festgelegt – die
seit Jahren in Planung befindlichen neuen
Strecken (Hauptbahnhof—Turmstraße, Adlershof—
Schöneweide, Verlegung Ostkreuz
und Mahlsdorf) fertiggestellt sind. Ganz zu
schweigen von dem ebenfalls vereinbarten
Baubeginn fünf weiterer.
Angesichts solcher Erfahrungen sollte
man vielleicht froh sein, wenn seit geraumer
Zeit immer vorsichtiger und meist in
bescheidenerem Umfang geplant wird als
früher: Vielleicht wird ja von all den schönen
Plänen, wenn sie kleiner sind, am Ende mehr
realisiert.
Jan Gympel
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