Bei Verspätungen von einer bis eineinhalb
Stunden soll künftig die Hälfte des Fahrpreises
erstattet werden, bei eineinhalb bis zwei
Stunden sollen es 75 Prozent sein und bei
Verspätungen von über zwei Stunden der
volle Fahrpreis.
Dieser Anspruch von Bahnkunden auf
höhere Entschädigungen ist nur ein positiver
Aspekt. Ich bin erleichtert, dass wir die
von der Kommission vorgeschlagene Klausel
zur Einschränkung des Entschädigungsanspruchs
bei „höherer Gewalt“ streichen
konnten. Dadurch würden Bahnunternehmen
von Entschädigungszahlungen beispielsweise
bei starken Unwettern befreit.
Eine Einführung würde zu einer inakzeptablen
Rechtsunsicherheit zulasten der Fahrgäste
führen. Die schlechten Erfahrungen
im Flugverkehr sollten uns eine Warnung
sein. Im Übrigen ist nur ein winziger Teil der
Bahnverspätungen überhaupt auf „höhere
Gewalt“ zurückzuführen.
Wichtig sind auch Verbesserungen bei
Fahrten mit mehreren Bahnanbietern. Wir
brauchen verbindliche Angebote von sogenannten
Durchgangsfahrkarten von A nach
B, unabhängig von der Anzahl der Umstiege
oder beteiligten Bahnanbieter. Nur so
können Fahrgäste ihre Rechte vollumfänglich
wahrnehmen. Dafür ist ein diskriminierungsfreier
Zugang zu Reiseinformationsund
Buchungssystemen erforderlich. Die
dafür nötigen offenen Schnittstellen – im
Sinne von „Open Data“ – sollen nun geschaffen
werden.
Ebenso soll zukünftig der nationale Kleingeist
europäischer Bahnunternehmen bei
den Stellplätzen für Fahrräder ein Ende haben,
denn alle neuen und alle renovierten
Züge, auch die Hochgeschwindigkeitszüge,
sollen verpflichtend Fahrradstellplätze bekommen
– ohne Schlupflöcher wie bisher.
Für mobilitätseingeschränkte Personen
bleibt Bahnfahren trotz Verbesserungen allerdings
schwierig. Nur auf den drei Prozent
der Bahnhöfe mit 10 000 und mehr Fahrgästen
am Tag soll es eine Assistenz ohne Voranmeldung
geben. Dies ist nicht akzeptabel.
Michael Cramer, Mitglied des Europäischen Parlaments – Fraktion Die Grünen/EFA und Mitglied des Ausschusses für Verkehr und Tourismus
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