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Ab Dezember 2020 beginnt der dringend notwendige Ersatzneubau der Brücken über die Odervorflut (hier im Bild) und die Oder. Zu den vorbereitenden Arbeiten gehört u. a. die bereits laufende Kampfmittelräumung. Foto: Christian Schultz |
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So führen auch viele grenzüberschreitende
Strecken zwischen Deutschland und Polen
völlig zu Unrecht weiterhin ein Schattendasein.
Angesichts der Lkw-Kolonnen allein auf
der Autobahn A 12 (Berliner Ring—Frankfurt
(Oder)—Grenze Deutschland/Polen)
ist eine Verlagerung, beispielsweise mittels
des Kombinierten Verkehrs Schiene-Straße,
dringend erforderlich und auch realisierbar.
Wenn die Verkehrspolitik das Ziel der Verlagerung
tatsächlich ernst nehmen würde,
müssten die Kapazitäten auf der Schiene gerade
auch auf diesem wichtigen West-Ost-
Korridor vordringlich ausgebaut werden.
Bahnstrecke Berlin—Frankfurt (Oder)
erreicht Kapazitätsgrenze
Die mittlerweile (abgesehen vom Bahnhof
Berlin-Köpenick) ausgebaute Bahnstrecke
Berlin—Frankfurt (Oder) stößt zunehmend
an Kapazitätsgrenzen.
Derzeit verkehren hier neben dem Reisezugverkehr
durchschnittlich 60 bis 70
Güterzüge pro Tag. Die sehr wünschenswerten
Schienengüterverkehre im Rahmen
der TESLA-Ansiedlung in Grünheide werden
zusätzlich Kapazitäten binden. Ab dem Fahrplanwechsel
im Dezember 2022 wird die
Regionalexpress-Linie RE 1 zwischen Brandenburg
an der Havel und Frankfurt (Oder)
in der Hauptverkehrszeit endlich auf drei
statt derzeit zwei Fahrten pro Stunde und
Richtung verdichtet. Auch das Angebot der
EuroCity-Verbindung Berlin—Warschau soll
in den nächsten Jahren auf sieben Zugpaare
pro Tag erhöht werden. Trassenkonflikte
sind somit nicht zu vermeiden.
Ein attraktives Angebot im Schienengüterverkehr
mit kurzen Transportzeiten lässt
sich jedoch nicht dadurch erreichen, dass
die Züge wiederholt auf Überholgleisen
stehen, um den Reisezugverkehr nicht zu
behindern.
Um ausreichende Kapazitäten im Schienenverkehr
zu erreichen, rückt damit bereits
seit längerem die Notwendigkeit des
Ausbaus der einstigen Preußischen Ostbahn
Berlin—Kostrzyn (Küstrin)—Bydgoszcz
(Bromberg) als Bypass in den Fokus.
Leider hat die deutsche Verkehrspolitik im
Rahmen der Erstellung des Bundesverkehrswegeplans
2030 auch in diesem Fall nicht
weitsichtig gehandelt. Als Grund für die
Nicht-Berücksichtigung des auch von DBV
und IGEB wiederholt geforderten Ausbaus
der Ostbahnstrecke wurde argumentiert:
„Kein Nutzen für den Schienenpersonenfernverkehr
und den Schienengüterverkehr angesichts
vorteilhafterer Alternativstrecken
in der Umgebung“.
Wie kann ausgerechnet die Strecke Berlin—
Frankfurt (Oder), auf der – siehe oben –
die Trassenkonflikte schon jetzt absehbar
sind, vom Bundesverkehrsministerium als
„vorteilhaftere Alternativstrecke“ eingestuft
werden? Desinteresse beschreibt den Sachverhalt
wohl treffender.
Dagegen wurde auch seitens des Geschäftsbereichs
DB Netz AG in jüngster Vergangenheit
betont, dass großes Interesse an
einem zweigleisigen Ausbau und einer Elektrifizierung
des Abschnitts Berlin—Grenze
Deutschland/Polen—Kostrzyn besteht.
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Zu den vorbereitenden Arbeiten für die Brücken-Neubauten über Odervorflut bzw. Oder und der damit verbundenen Streckensperrung gehört auch der Neubau eines Park+Ride-Platzes am Bahnhof Küstrin-Kietz. Foto: Christian Schultz |
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Polen handelt: Voruntersuchung
zum Ausbau der Ostbahn
Im Gegensatz zur deutschen hat man auf
polnischer Seite die Zeichen der Zeit erfreulicherweise
erkannt. Derzeit erfolgt eine
Voruntersuchung für eine grundlegende Erhöhung
der Leistungsfähigkeit der Ostbahn
im Abschnitt Bydgoszcz (Bromberg)—Piła
(Schneidemühl)—Krzyż (Kreuz)—Gorzów
(Landsberg an der Warthe)—Kostrzyn
(Küstrin), bei der auch dem Schienengüterverkehr
der notwendig hohe Stellenwert
beigemessen wird.
Für den Personenverkehr soll der Abschnitt
Bydgoszcz—Pila dabei für eine
Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h
ausgebaut werden und der anschließende
Abschnitt bis Kostrzyn für 160 km/h. Güterzüge
sollen mit einer Maximalgeschwindigkeit
von 120 km/h verkehren können.
Überholgleise in den Bahnhöfen werden
mit einer Mindestlänge von 750 Metern,
und damit mit der heutigen europäischen
Standard-Zuglänge, geplant.
Die Gesamtstrecke soll elektrifiziert
werden bzw. die Oberleitungsanlagen im
Abschnitt Bydgoszcz—Pila sollen modernisiert/
erneuert werden.
Die Voruntersuchung soll Mitte September
2020 abgeschlossen werden.
Klar ist aber auch: Die Nutzen-Kosten-
Rechnungen für Investitionen auf polnischer
Seite verschlechtern sich für diese international
wichtige Strecke deutlich, wenn
entsprechende Maßnahmen einschließlich
der Elektrifizierung auf dem deutschen Abschnitt
der Strecke unterbleiben! Es besteht
somit auch das Risiko, dass es in Polen für
dieses Projekt schlimmstenfalls keine finanzielle
Unterstützung seitens der Europäischen
Union gibt.
Erinnert sei daran, dass im Koalitionsvertrag
von CDU, CSU und SPD vom 12. März
2018 vereinbart wurde, dass bis zum Jahr
2025 insgesamt 70 Prozent des Bundesschienenwegenetzes
elektrifiziert sein sollen.
Auch die Ostbahnstrecke würde dazu
beitragen, dieses wichtige Ziel zu erreichen.
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Die Karte zeigt die einstige Preußische Ostbahn und verdeutlicht, dass nur ein kleiner Abschnitt der auszubauenden Strecke Berlin—Kostrzyn (Küstrin)—Bydgoszcz (Bromberg) auf deutschem Gebiet liegt. Doch das Gelingen dieses europäischen Projektes hängt davon ab, dass Deutschland mitmacht. Eine ausgebaute Ostbahnstrecke würde in der wichtigen Ost-West-Relation mehr Schienenverkehr ermöglichen und die stark befahrene Strecke über Frankfurt (Oder) entlasten. So beträgt beispielsweise die Entfernung Berlin—Poznań (Posen) über Frankfurt (Oder) 250 km, über Kostrzyn und Krzyz (Kreuz) sind es mit 272 km nur wenig mehr. Karte: OSM, Markierungen: IGEB |
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Neue Oderbrücken zwischen Küstrin-
Kietz und Kostrzyn
Unabhängig von weiteren Planungen zum
Ausbau der Ostbahnstrecke erfolgt ab Dezember
2020 der dringend erforderliche Ersatzneubau
der Oderbrücken zwischen den
Bahnhöfen Küstrin-Kietz und Kostrzyn, für
die seit 9. April 2020 der Planfeststellungsbeschluss
des Eisenbahn-Bundesamtes für das
Vorhaben „Ersatzneubau Eisenbahnüberführung
Oder und Eisenbahnüberführung
Odervorflut“, Bahn-km 81,772 bis 82,800,
Strecke 6078 Berlin—Küstrin, vorliegt.
Für den Zeitraum von zwei Jahren wird
dieser Abschnitt daher komplett gesperrt.
Es wird ein Schienenersatzverkehr (SEV)
eingerichtet. Zu den zwischenzeitlich angelaufenen
vorbereitenden Arbeiten gehört
neben der Kampfmittelräumung im Baubereich
auch der Neubau eines Pendlerparkplatzes
am Bahnhof Küstrin-Kietz.
Der als Ergebnis eines Wettbewerbs 2015
gekürte Siegerentwurf der Planungsgemeinschaft
Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft
/ Knight Architects sieht für die Oderquerung
eine über vier Felder durchlaufende
zweigleisige Trogbrücke mit Stützweiten
von 130 m / 46,4 m / 46,4 m / 43,5 m (zusammen
266,3 m) vor. Das Feld für die Strombrücke
wird im Gegensatz zum derzeitigen
Zustand stützenfrei als Netzwerkbogenbrücke
ausgeführt. Immerhin: Die Möglichkeit
einer nachträglichen Elektrifizierung ist in
der Planung bereits berücksichtigt.
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Bahnhof Kostrzyn: Im Gegensatz zu Deutschland laufen in Polen bereits Voruntersuchungen zum Ausbau bzw. zur Elektrifizierung der Strecke Kostrzyn (Küstrin)—Krzyz (Kreuz)—Bydgoszcz (Bromberg). Foto: Christian Schultz |
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Zeitnahe Problemlösungen sind gefragt
Im Rahmen einer von der IHK Ostbrandenburg
bei ETC in Auftrag gegebenen Studie
wurden 2018 für unterschiedliche Ausbau-
Szenarien des Streckenabschnitts Berlin—
Kostrzyn auch Kostenschätzungen durchgeführt.
Diese belaufen sich für den vollständigen
zweigleisigen Ausbau einschließlich
Elektrifizierung auf rund 320 Mio. Euro, d. h.
ein im Vergleich zu fragwürdigen und mit
hohen finanziellen Risiken verbundenen
Neubaumaßnahmen, wie beispielsweise
dem Projekt „Stuttgart 21“, ein durchaus
überschaubarer Wert.
Angesichts der unverständlichen Entscheidung
des Bundesverkehrsministeriums,
diese Strecke nicht im Bundesverkehrswegeplan
2030 bzw. im Anhang des Bundesschienenwegeausbaugesetzes
(BSWAG) zu berücksichtigen, müssen in Zusammenarbeit
mit Polen nunmehr andere Finanzierungsmöglichkeiten
gefunden werden.
Große Chancen hat dabei sicherlich die
Nutzung des EU-Förderprogramms „Connecting
Europe Facilities“ (CEF) in der nächsten
Förderperiode von 2021 bis 2027. Voraussetzung
ist dafür allerdings die Aufnahme
dieser Strecke als Ergänzungsstrecke zum
Transeuropäischen Vorrangkorridor „North
Sea Baltic“ (auch als „Rail Baltica“ bezeichnet).
Hier besteht dringender Handlungsbedarf,
weil die Revision der Transeuropäischen
Netze bereits im laufenden Jahr ansteht.
Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit:
Mit dem 3. Gesetz zur Änderung des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
(GVFG) vom 6. März 2020 sind nunmehr erfreulicherweise
auch Investitionen zur Kapazitätserhöhung
von Schienenstrecken und
Elektrifizierungen förderfähig.
Auch das vom Bundesverkehrsministerium
bislang leider nur angekündigte neue
Ausbauprogramm „Elektrische Güterbahn“
bietet Chancen einer Finanzierung. Hierbei
geht es darum, durch gezielte Lückenschlüsse
Ausweichstrecken für stark befahrene
Korridore für Güterzüge zu elektrifizieren.
Dies trifft auf die Ostbahnstrecke als Ausweichroute
für die Strecke Berlin—Frankfurt
(Oder)—Grenze Deutschland/Polen uneingeschränkt
zu!
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Herrensee: Seit 2017 ist der Abschnitt Strausberg—Rehfelde der Ostbahn wieder zweigleisig ausgebaut. Angesichts des verkehrspolitischen Ziels, mehr Verkehre auf die Schiene zu verlagern, müssen diese Arbeiten kontinuierlich fortgesetzt werden. Foto: Christian Schultz |
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Bahnhof Seelow-Gusow: Gerade vor dem Hintergrund überfälliger Verkehrsverlagerungen von der Straße auf die Schiene kommt dem zügigen Ausbau bzw. der Elektrifizierung der Strecke Berlin—Kostrzyn (Küstrin)—Bydgoszcz (Bromberg) hohe Bedeutung zu. Foto: Christian Schultz |
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Eine politische Blamage in einem zusammenwachsenden Europa: Die im vergangenen Jahr auf polnischer Seite fertiggestellte Oberleitung endet auf dem Neißeviadukt Görlitz. Lückenschlüsse in Deutschland fehlen. Dies darf sich an der Oderbrücke zwischen Küstrin-Kietz und Kostrzyn nicht wiederholen! Foto: Sebastian Kliems |
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Nachdem in der Vergangenheit bereits
einige wichtige Maßnahmen zur Verbesserung
der Infrastruktur der Ostbahnstrecke
erfolgt sind – hierzu gehören der im Jahr
2017 abgeschlossene zweigleisige Ausbau
zwischen Strausberg und Rehfelde mit einem
zweiten Bahnsteig in Herrensee und
die Trennung von S-Bahn und Regionalbahn
im Bahnhof Strausberg, muss der Ausbau
nun kontinuierlich weitergehen. Eine erste
Ausbaustufe muss hierbei sicherlich die Wiederherstellung
der Zweigleisigkeit zwischen
Berlin-Lichtenberg und Müncheberg umfassen,
so dass ab Dezember 2022 in diesem
Abschnitt ein stabiler Halbstundentakt im
Personenverkehr realisiert werden kann.
Für die weiteren Ausbaumaßnahmen
ist grundsätzlich eine enge Abstimmung
mit Polen erforderlich. Eine politische
Blamage wie im Fall der Elektrifizierung
der Strecke Dresden—Görlitz—Grenze
Deutschland/Polen bzw. Cottbus—Görlitz—
Grenze Deutschland/Polen darf sich
in einem zusammenwachsenden Europa
keinesfalls wiederholen. Zur Erinnerung:
Nachdem auf polnischer Seite im Jahr 2019
die Elektrifizierung auch des letzten 27 Kilometer
langen Abschnitts Węgliniec (Kohlfurt)—
Zgorzelec (Görlitz-Moys) der Strecke
Wrocław (Breslau)—Görlitz abgeschlossen
wurde, endet die Oberleitung seitdem nun
mitten auf dem Neißeviadukt Görlitz. Das
wird wohl noch für viele Jahre so bleiben,
denn ein verbindlicher Terminplan zur
Fortsetzung der Elektrifizierung auf deutscher
Seite existiert unverständlicherweise
bis heute nicht! DBV und IGEB Fernverkehr
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