BBI-Bahnanbindung

Reaktionen auf das IGEB-Konzept zum BBI

Noch nie in der 27-jährigen Geschichte des Fahrgastverbands gab es zu einem IGEB-Konzept so viele Fachgespräche, wie im Falle des „IGEB-Konzeptes für eine bessere Bahnanbindung“ des künftigen Großflughafens...

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IGEB-Vorschlag für 2012 Grafik: Holger Mertens

Die Resonanz war beeindruckend. Noch nie in der 27-jährigen Geschichte des Fahrgastverbands gab es zu einem IGEB-Konzept so viele Fachgespräche, wie im Falle des „IGEB-Konzeptes für eine bessere Bahnanbindung“ des künftigen Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI). Nahezu alle Gesprächspartner reagierten sehr positiv auf das IGEB-Konzept, relativierten ihre Zustimmung aber mit der Bemerkung: „Wenn wir mehr Geld hätten, wäre das IGEB-Konzept eine gute Lösung.“

Warum Engagement für die Flughafenanbindung?

Warum engagiert sich der Fahrgastverband IGEB ausgerechnet für die Anbindung des künftigen Flughafens BBI, wurde verschiedentlich gefragt. Die Antwort hatten wir bereits mit der Überschrift in SIGNAL 5/2007 gegeben: „Es geht nicht nur um Flugreisende“. Am Flughafen selbst werden viele Menschen arbeiten. Und im Umfeld des Flughafens sollen mehrere zehntausend Arbeitsplätze entstehen und hoffentlich auch viele Ausbildungsplätze. Allen: den Flugreisenden, den Arbeitnehmern, den Auszubildenden und den Besuchern bzw. Kunden soll die Möglichkeit geboten werden, ohne Auto die Region Schönefeld zu erreichen.

Außerdem ist das IGEB-Konzept nicht nur eines für eine bessere Flughafenanbindung, sondern zugleich ein Konzept für eine bessere Erschließung des Berliner Hauptbahnhofs in Nord-Süd-Richtung und für attraktivere Bahnverbindungen zwischen Berlin und Brandenburg. Dieser Verkehr wird bekanntlich noch erheblich zunehmen.

IGEB-Konzept zu teuer?

Anerkannt wurde, dass das IGEB-Konzept ohne nennenswerte zusätzliche Investitionen in Strecken und Bahnhöfe realisiert werden kann. Aber die jährlichen Betriebskosten seien zu hoch. Im Auftrag des brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung ermittelte der VBB einen Bedarf von zusätzlich 20 Mio. Euro pro Jahr. Zum einen muss man sich wundern, dass das Thema der Folgekosten beim Milliardenprojekt BBI nur bei der Bahnanbindung diskutiert wird. Zum anderen ist erstaunlich, dass bei einem Großprojekt, dass Berlin und Brandenburg als das wichtigste für die wirtschaftlich Entwicklung der Region bezeichnen, für eine attraktive Erschließung mit öffentlichem Verkehr kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt werden soll.

Eigenwirtschaftlicher Flughafenexpress?

Im Mittelpunkt der Kostendiskussion stand der Flughafenexpress zwischen BBI Terminal und Berlin Hbf, der nach den Vorstellungen der beiden Länder als Shuttle im 15-Minuten-Takt über die Dresdener Bahn verkehren soll und als eigenwirtschaftlicher Verkehr konzipert ist. Dieses Angebot soll also ohne öffentliche Bestellgelder allein über einen höheren Fahrpreis finanziert werden.

Interessant war, dass in Berlin und Brandenburg alle, mit denen die IGEB-Vertreter sprachen, die Urheberschaft für das Konzept eines eigenwirtschaftlichen Verkehrs von sich wiesen, es aber dennoch als machbar verteidigten. Auf Anfrage der Landtagsabgeordneten Anita Tack (DIE LINKE) teilte die brandenburgische Landesregierung am 7. November mit: „Das Konzept für eine weitgehend eigenwirtschaftliche Anbindung des BBI im SPNV stützt sich auf eine umfassende betriebswirtschaftliche und verkehrliche Prüfung. Bei dieser Prüfung wurden auch die Tarifmodelle und Bedienungsangebote von Express-Linien zu wichtigen Verkehrsflughäfen im europäischen Ausland systematisch ausgewertet.“ Glauben die Verantwortlichen tatsächlich, dass das, was zum Beispiel in London funktioniert, auf den Berlinnahen Flughafen in Schönefeld übertragbar ist und hier fast 10 Euro für eine einfache Fahrt gezahlt werden?

Wie wenig wahrscheinlich das ist, zeigt die Antwort von Berlins Verkehrsstaatssekretärin Maria Krautzberger vom 27. September auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Rainer Ueckert(CDU): „Der Senat teilt die Auffassung der Verkehrsunternehmen, dass es in Berlin keine Zahlungsbereitschaft für eine 1. Klasse in S- und U-Bahnen gibt.“

Zu bedenken ist außerdem, dass – wie oben ausgeführt – ein erheblicher Teil der Fahrgäste zum BBI Berufspendler sein werden, die, wenn sie nicht Auto fahren, eine Monatskarte des VBB-Tarifs haben und keinen Zuschlag zahlen wollen und in der Regel auch nicht können.

Weil ein eigenwirtschaftlicher Flughafenexpress also vollkommen unrealistisch ist, geht das IGEB-Konzept davon aus, dass der Verkehr zwischen BBI Terminal und Berlin Hbf bestellt werden muss. Demgegenüber halten Berlin und Brandenburg an ihrer Überzeugung fest und veranschlagen für diesen Verkehr 10 Mio Euro Bestellkosten als zusätzliche Kosten des IGEB-Konzepts – also die Hälfte des oben genannten Betrags von insgesamt 20 Mio Euro zusätzlicher Kosten.

Warum so ein üppiges Bahnangebot zum Flughafen?

Der in SIGNAL 5/2007 vorgestellte und hier noch einmal abgedruckte IGEB-Vorschlag 2012 erschien vielen als zu üppig. Warum so ein umfangreiches Angebot zur BBI-Erschließung?

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Nur die orange hervorgehobenen Linien sind im IGEB-Vorschlag 2012 tatsächlich Mehrverkehr, der zusätzlich bestellt werden muss. Grafik: Holger Mertens
Um diesem Eindruck entgegen zu treten, sind hier in einer zweiten Karte alle Bahnlinien grau eingezeichnet, die heute schon als RB 10, 13, 14, 22 und RE 7 verkehren.

Hierbei wurde zum einen angenommen, dass der von Belzig über Berlin-Wannsee kommende RE 7 zumindest noch bis Ostbahnhof fährt, weshalb die eine Linie auf der Stadtbahn im IGEB-Konzept als zusätzliches Angebot rot eingezeichnet ist. Zum anderen wurde angenommen, dass mit der auf dem Berliner Außenring eingesparten RB 22 das Angebot von Golm über Potsdam Hbf bis Berlin-Charlottenburg kostenneutral gefahren werden kann.

Außerdem wurde angenommen, dass die vier stündlich verkehrenden Züge zwischen BBI Terminal und Berlin Hbf kein zusätzliches IGEBAngebot sind, sondern Bestellungen, die von Berlin und Brandenburg ohnehin vorgenommen werden müssen, sobald die Seifenblase vom eigenwirtschaftlichen Verkehr geplatzt ist. Allerdings wird diese Bestellleistung nicht 10 Mio Euro kosten, weil die Rechnung des VBB mit 8,80 Euro pro bestelltem Zugkilometer viel zu hoch angesetzt ist.

Es geht weiter

Alle Diskussionen, auch die kontroversen, haben gezeigt, dass es aus Fahrgastsicht lohnend ist, das IGEB-Konzept für die BBI-Bahnanbindung weiter zu verfolgen – nicht zuletzt aufgrund zustimmender Äußerungen bei BUND, DBV, Pro Bahn und VCD.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 6/2007 (Dezember 2007/Januar 2008), Seite 4

 

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