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Geplatzte Träume: 2012 wird es weder einen Flughafenexpress zwischen Berlin Hbf und BBI über die Dresdener Bahn geben können noch eine S-Bahn-Verbindung von BBI auf die Berliner Stadtbahn (S 9). Grafik: Holger Mertens |
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„Bis zum Jahr 2011 wird der neue Airport eine
herausragende und schnelle Anbindung an
das Eisenbahndrehkreuz Berlin Hauptbahnhof
sowie an die Stadtteile von Berlin und
das Umland haben.“ Als Oliver Kraft, Vorstandsmitglied
der DB Netz AG, diesen Satz
für seinen Beitrag in der Themenbroschüre
2007 des Vereins „Berliner Wirtschaftsgespräche“
schrieb, dürfte er schon gewusst
haben, wie unrealistisch diese Aussage ist.
Aber lange Zeit war es ein Tabu, Zweifel an
der Zeitplanung der Bahnanbindung des
neuen Flughafens Berlin Brandenburg International
(BBI) auszusprechen.
Brandenburgs Verkehrsminister Reinhold
Dellmann war dann der Erste, der öffentlich
sagte, was alle zumindest ahnten: Ende 2011
zur geplanten Eröffnung des neuen Flughafens
Berlin Brandenburg International (BBI)
wird die Dresdener Bahn für den Flughafen-
Express noch nicht befahrbar sein. Der
Wiederaufbau zwischen Berlin Südkreuz
und Berliner Außenring verzögert sich um
mehrere Jahre.
Als Dellmann dieses Weihnachten (!) 2007
verkündete, arbeitete eine Expertengruppe
von Bahn und Behörden bereits fieberhaft
an Alternativen. Ihre ernüchternde Zwischenbilanz:
Die Schieneninfrastruktur im
Raum Berlin im Jahr 2011 wird keine attraktive
Bahnanbindung von BBI ermöglichen.
Natürlich darf man vermuten, dass sich
auch die Flughafeneröffnung verzögert.
Aber selbst 2012 oder 2013 wird die Dresdener
Bahn noch nicht befahr sein.
Wie konnte das geschehen? Jahrelang
hat der Berliner Senat die Öffentlichkeitsbeteiligung
zum Planfeststellungsverfahren
für den Ausbau der Dresdener Bahn verschleppt.
Auch ist es nicht hilfreich für den
Zeitplan, wenn der Senat für den Abschnitt
in Lichtenrade immer wieder eine Tunnellage
fordert. Es ist ja richtig, dass der Bahnbau
heute aufgrund der Schallschutzwände das
Stadtbild schwerwiegend beeinträchtigt.
Aber wie sollte DB Netz es begründen, dass
trotz gigantischer Mehrkosten Lichtenrade
als einziger Berliner Ortsteil einen Tunnel
bekommt? Dennoch wiederholte Berlins Senatorin
Ingeborg Junge-Reyer auf der VBBRegionalkonferenz
Ende Januar die Forderung
nach einer Tunnellage in Lichtenrade.
Das unabwendbare DesasterAber alles Kalkulieren mit BBI-Verzögerungen
und auch ein sofortiger Verzicht
des Senats auf die Tunnelforderung würde
nichts daran ändern, dass es auf dem
hunderte Millionen Euro teuren neuen
Flughafenbahnhof in den ersten Jahren
keine attraktive Bahnverbindung in die
Berliner Innenstadt geben wird, weil die
Schieneninfrastruktur im Raum Berlin
noch jahrelang unzureichend sein wird.
Im Gegensatz dazu wird der Autobahnanschluss
zum BBI bereits im Mai 2008 fertig
werden!
Vor diesem Hintergrund hatte die o. g.
Arbeitsgruppe eine BBI-Erschließung über
die Stadtbahn untersucht, wie sie bereits
heute mit RE 7 und RB 14 im angenäherten
Halbstunden-Takt geboten wird. Folgende
Rahmenbedingungen, die durch den Senat
vorgegeben wurden, lagen der Untersuchung
zugrunde:
- Die BBI-Ostanbindung durch den Grünauer
Forst ist uneingeschränkt nutzbar.
- Die Züge sollen ab Charlottenburg, Zoo
oder Hauptbahnhof (oben) über die Stadtbahn
nach BBI Terminal im glatten 15-Minuten-
Takt verkehren.
- Auf allen Regionalbahnhöfen der Strecke
soll gehalten werden, lediglich Karlshorst
ist ggf. verzichtbar.
- Zugrunde gelegt werden die fahrdynamischen
Eigenschaften der heutigen Doppelstockzüge.
- Keine Verknüpfung mit anderen Regionalzügen,
also eigenständiger Shuttle.
Schon die erste Vorgabe relativiert den Nutzen
der Untersuchung: Es zeichnet sich ab,
dass gegen den künftigen Planfeststellungsbeschluss
zur BBI-Ostanbindung (Görlitzer
Bahn—BBI Terminal) geklagt werden wird
und die Strecke damit nicht zur Flughafeneröffnung
zur Verfügung stehen wird.
Baurecht besteht zurzeit nur für die Schleife
der S?Bahn vom vorhandenen Bahnhof
Flughafen Schönefeld über Waßmannsdorf
zum Bahnhof BBI-Terminal und für die Regionalbahnstrecke
vom Kreuz Glasower
Damm bis zum Bahnhof BBI-Terminal.
Das UntersuchungsergebnisDie Arbeitsgruppe kam unter den genannten
Rahmenbedingungen im Einzelnen zu
folgenden Ergebnissen:
- Der Flughafen-Express muss in Berlin Zoologischer
Garten kehren, da er hier den
Betrieb auf der Stadtbahn am wenigsten
stört.
- Es muss in Zoo wie auch in BBI wechselnd
von verschiedenen Bahnsteigen gefahren
werden.
- Die Güterzüge auf dem östlichen Außenring
bestimmen die Fahrplanlage des
Flughafen-Expresses.
- RE 7 und RB 14 (derzeitiger Airport-Express)
können nicht mehr über BBI geführt
werden. Alternative Endpunkte in Berlin
werden nötig, z. B. Hbf tief, Charlottenburg
oder Durchfahrt in Schönefeld alt
ohne Halt. Das bedeutet verkehrliche Verschlechterungen
für die Fahrgäste dieser
Linien.
- Fernverkehrszüge müssen zum Teil in den
Tiergartentunnel ausweichen (mit Endpunkt
z. B. in Südkreuz).
- Die Betriebsstrecke vom Bw Rummelsburg
nach Hbf tief wird vom Flughafen-
Express genutzt; damit ist Rummelsburg
nur noch eingeschränkt erreichbar. Das
Ausweichen von einigen Leerparks auf andere
Zugbehandlungsanlagen außerhalb
Berlins ist nötig.
- Die Bauarbeiten im Bereich Ostkreuz zwingen
voraussichtlich in den Jahren 2011 bis
2014 zu häufigen Einschränkungen. Ausfälle
oder Führungen des Flughafen-Expresses
nicht auf die Stadtbahn, sondern
nach Berlin-Lichtenberg sind die Folge.
Die Auflistung dieser vielen Nachteile durch
DB Netz macht deutlich, dass es unter den
gegebenen Randbedingungen nicht vertretbar
ist, den Flughafen-Express viertelstündlich
über die Stadtbahn zu führen. Sollte der
Fall eintreten, dass die BBI-Ostanbindung
nicht zur Verfügung steht, ist dieses Konzept
ohnehin Makulatur.
Hinzu kommt, dass auch die S?Bahn
2011/2012 keine Direktverbindung vom BBI
auf die Stadtbahn bieten kann, weil dann
in Ostkreuz wegen der Umbauarbeiten die
Verbindungskurve zwischen Stadtbahn und
Ostring nicht zur Verfügung stehen wird.
FazitDie Erschließung des neuen Flughafens BBI
mit Bahn und S?Bahn wird in den ersten Jahren
nach der BBI-Eröffnung schlechter sein als
heute. Einen Flughafenexpress, der diesem
Namen gerecht wird, kann es nicht geben.
Um herauszufinden, ob es nicht doch noch
Alternativen gibt, hat die IGEB ihre Arbeitsgruppe
zur BBI-Anbindung wiederbelebt
und wird sich ebenfalls nochmals mit dem
Thema befassen – anknüpfend an das BBIErschließungskonzept
der IGEB, welches im
Sommer 2007 für Aufsehen sorgte (s. SIGNAL
5/2007). Über die Ergebnisse werden wir im
SIGNAL berichten.
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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