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S-Bahn-Fahrzeugmangel bestimmt Linienumbau

S3-Verlängerung auf die Stadtbahn zum Vorteil der Köpenicker und zum Nachteil der Lichtenberger Fahrgäste

Bei der Berliner S-Bahn herrscht Fahrzeugmangel. Dieser Misstand bestimmt zunehmend das Handeln des Unternehmens und sorgt vor allem aufgrund verkürzter Züge für Ärger bei den Fahrgästen. Es gibt aber auch Gewinner: Die zum 31. August geplante Verlängerung der S 3 auf die Stadtbahn ist, so kurios es klingt, dem Fahrzeugmangel zu verdanken. Dass mit der Angebotsverbesserung für die Köpenicker Fahrgäste eine Angebotsverschlechterung für die Lichtenberger Fahrgäste einhergeht, wird von der S-Bahn GmbH allerdings verschwiegen.

Ursprüngliche Planung
S-Bahn-Linien ab 31. August gemäß ursprünglicher Planung. Die am Ostbahnhof endenden S3-Züge hätten bahnsteiggleichen Sofortanschluss zur S 75 gehabt. – Die Grafiken zeigen jeweils das Angebot im Bereich Ostkreuz—Ostbahnhof innerhalb von 20 Minuten.
Derzeitige Planung
S-Bahn-Linien ab 31. August gemäß aktueller Planung von Senat und S-Bahn. Die am S-Bf Warschauer Straße endenden S75-Verstärker haben erst nach 5 Minuten Anschluss zur S 7.
IGEB-Forderung
S-Bahn-Linien ab 31. August gemäß IGEB-Vorschlag. Die S75-Verstärker fahren bis Ostbahnhof und haben bahnsteiggleichen Sofortanschluss zur S 3. Grafiken: Holger Mertens

Für die Köpenicker wird am 31. August 2009 ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gehen: Die S 3 Erkner—Köpenick— Ostbahnhof wird über die Stadtbahn bis Spandau verlängert. Alle 20 Minuten wird das Umsteigen am Ostbahnhof entfallen. Bisher müssen die Fahrgäste, die über Ostbahnhof hinaus fahren wollen, zur gegenüberliegenden Bahnsteigkante in die fahrplanmäßig gleichzeitig einfahrende S 9 nach Spandau umsteigen.

S3 anstatt S75 durchgebunden

Ab Ende August kann die S 9 wegen der Umbauarbeiten am Ostkreuz aber nicht mehr auf die Stadtbahn fahren. Deshalb war bisher geplant, die am S-Bahnhof Warschauer Straße endende Zuggruppe der S 75 nach Spandau zu verlängern, so dass zusammen mit der heute schon nach Spandau fahrenden S75-Zuggruppe ein durchgehender 10-Minuten-Takt Wartenberg—Ostbahnhof— Spandau entstanden wäre. Nun aber haben sich Berliner Senat und S-Bahn GmbH für eine Verlängerung der S 3 im 20-Minuten-Takt nach Spandau entschieden. Die S3-Verstärkerzuggruppe verkehrt wie bisher alle 20 Minuten Friedrichshagen— Ostbahnhof.

Die S-Bahn GmbH begründet die S3-Durchbindung ausschließlich als kundenfreundliche Maßnahme. Man verlängere die S 3, weil davon mehr Fahrgäste profitieren, als bei Durchbindung der S75-Verstärkerzüge. Anlass für die kurzfristige Änderung des bisherigen Betriebskonzepts ist jedoch der Fahrzeugmangel. Die S 3 und S 9 werden mit 8-Wagen-Zügen gefahren, die S75-Verstärker aber nur mit 4-Wagen-Zügen. Wird der S75-Verstärker als S9-Ersatz auf der Stadtbahn geführt, muss er aber auf seinem gesamten Laufweg mit mit 8-Wagen-Zügen gefahren werden. Es wären also mehr Wagen nötig als bisher. Und diese Wagen hat die S-Bahn nicht mehr, weil sie in den letzten Jahren ihren Fahrzeugpark zu stark reduziert hat.

8-Minuten-Lücke nach Lichtenberg

Was die Köpenicker S3-Fahrgäste freut, ist für die Fahrgäste aus dem Bezirk Lichtenberg eine herbe Verschlechterung, denn es werden täglich ca. 48 Fahrten Warschauer Straße—Ostbahnhof durch die auf diesem Abschnitt nicht mehr verkehrende S 9 entfallen. Bisher haben die S75-Verstärker Wartenberg— Warschauer Straße im S-Bahnhof Warschauer Straße bahnsteiggleichen und sofortigen Anschluss zur S 9 Richtung Spandau, ab 31. August enden sie ohne Anschluss. Ein Umsteigen in die weiterführende S 3 ist nicht möglich, da diese am anderen Bahnsteig hält, der nur über mehrere Treppen erreichbar ist. Somit bleibt nur, am Ankunftsbahnsteig der S 75 zu warten, bis nach 5 Minuten die S 7 Richtung Potsdam folgt.

Zugleich entsteht damit von Lichtenberg nach Ostbahnhof eine 8-Minuten-Lücke. Das gilt auch für Umsteiger vom Ring zur Stadtbahn, die außerdem künftig vor der Frage stehen, auf welchem Bahnsteig der nächste Zug Richtung Zoo abfährt: Bahnsteig E oder D? Entsprechende moderne Anzeiger mit avisierter Abfahrtzeit gibt es in Ostkreuz nicht.

Berlin Ostkreuz vor Umbau
In Ostkreuz haben Umsteiger vom Ring (oben) zur Stadtbahn ab 31. August die Qual der Wahl: Von welchem Bahnsteig fährt der nächste Zug Richtung Alex? Bisher ist es klar: vom Bahnsteig D („Lichtenberg-Bahnsteig“, links). Die Züge vom Bahnsteig E („Erkner-Bahnsteig“, rechts) enden alle im Ostbahnhof. Künftig verkehrt alle 20 Minuten eine S-Bahn vom Bahnsteig E über Alex bis nach Spandau. Auf dem Bahnsteig D entsteht eine 8-Minuten-Lücke – das wird morgens eng in den Zügen. Foto: Florian Müller

Besonders verwirrend stellt sich diese Situation für fremdsprachige und ortsunkundige Touristen da, die vom Flughafen Schönefeld kommen, denn an den Wochenenden ist die S 9 die einzige S-Bahn-Verbindung von Schönefeld. Ebenso betroffen sind die vielen Fahrgäste, die in Warschauer Straße einsteigen und Richtung Ostbahnhof/Alexanderplatz wollen.

Anschluss in Ostbahnhof herstellen!

Trotz aller von der S-Bahn GmbH selbst verschuldeter Sachzwänge sollte wenigstens eine Verbesserung zum 31. August 2009 noch möglich sein: Verlängerung der in Warschauer Straße endenden S 75-Verstärker bis Ostbahnhof, um die beschriebene 8-Minuten-Lücke zu vermeiden und einen Anschluss an die S 3 in Ostbahnhof herzustellen.

Übrigens gibt es schon 2011 die nächste Änderung. Wegen der Bauarbeiten am Ostkreuz wird die 2009 nach Spandau verlängerte S 3 dann für mehrere Jahre sogar schon am Ostkreuz enden. Zu diesem Zeitpunkt werden wohl doch die S75-Verstärker nach Spandau durchgebunden – falls dann genügend Fahrzeuge zur Verfügung stehen.

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 3/2009 (Juli 2009), Seite 8-9

 

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