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Bahnfahren ohne Umsteigezwang: ICE-Verbindungen in touristisch bedeutsame Regionen wie hier in Garmisch-Partenkirchen sind u. a. für Reisende mit Urlaubsgepäck attraktiv. Die Abschaffung des InterRegio-Angebots 2006 hat dagegen in vielen anderen Regionen zu unbefriedigenden Angebotslücken geführt. Foto: Christian Schultz |
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Foto: Marc Heller |
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Foto: Marc Heller |
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Schnellere Verbindungen mit höherem Komfort: Mit dem IRE Magdeburg—Berlin wurden in dieser Relation Verbesserungen geschaffen; unbefriedigend ist jedoch die seit Bestehen dieses Angebots fehlende Anbindung von Brandenburg (Havel). Foto: Marc Heller |
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Bedingt durch die weiterhin sehr angespannte
Fahrzeugsituation speziell bei den
ICE-Garnituren ist der Spielraum für Angebotsausweitungen
leider bereits seit Jahren
gering. Erst ab Ende 2013 wird sich die Situation
endlich nach und nach entspannen.
Dann wird die Deutsche Bahn erstmals auch
im Fernverkehr Doppelstockwagen einsetzen.
Insgesamt wurden dazu am 30. Dezember
2010 bei Bombardier Transportation 135
klimatisierte Doppelstockwagen sowie 27
Lokomotiven der Baureihe 146.2 im Wert
von rund 360 Millionen Euro bestellt. Eine
Zugeinheit wird aus einem Steuerwagen
2. Klasse (63 Sitzplätze, 2 Rollstuhlstellplätze),
drei Mittelwagen 2. Klasse (jeweils 112
Sitzplätze) und einem Mittelwagen 1. Klasse
(70 Sitzplätze) bestehen; insgesamt gibt es
somit 469 Sitzplätze. Diese Züge werden für
eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h
zugelassen sein.
Trotzdem wurden im Fernverkehr zwischenzeitlich
eine Reihe von Verbesserungen
in Form neuer Direktverbindungen realisiert,
u. a. auch zum Fahrplanwechsel am
11. Dezember 2011; die Angebotsqualität des
ehemaligen InterRegio-Systems konnte mit
diesen Maßnahmen bislang natürlich nicht
erreicht werden.
ICE-Linie 28 Hamburg—Berlin—Nürnberg—München
Die ICE-Züge in der Relation Berlin—München
verkehren bereits seit dem Fahrplanwechsel
im Dezember 2010 alle zwei Stunden
als Direktverbindung über Bitterfeld,
Halle (Saale), Naumburg (Saale), Jena, Nürnberg
und Augsburg bzw. Ingolstadt (ICELinie
28.1). Mit der Führung über Halle (Saale)
nutzt dieser Linienteil damit die kürzere
Strecke. Seit Dezember 2010 ist neuer Systemhalt
für die Züge dieser Linie Bitterfeld.
Ebenfalls im Zweistundentakt – um ca.
eine Stunde versetzt – verkehren die ICE als
Direktverbindung über Lutherstadt Wittenberg,
Leipzig, Jena, Saalfeld und Nürnberg
nach München (ICE-Linie 28.2).
In diesem Zusammenhang sehr erfreulich:
Mit der zusätzlichen, zweistündlichen
Durchbindung Hamburg—Berlin—Lutherstadt
Wittenberg—Leipzig (ICE-Linie 28.3)
ist zwischen den wichtigen Umsteigeknoten
Berlin und Leipzig der 1-Stundentakt trotzdem
erhalten geblieben.
Erfreulich sind auch die direkten Durchbindungen
über München hinaus ab/bis
Innsbruck. Sehr positiv sind dabei die Halte,
die die Region erschließen, wie z. B. Tutzing,
Murnau, Oberau, Garmisch-Partenkirchen
oder auch Mittenwald.
Ebenfalls sehr erfreulich: Ab April 2012
wird es an Wochenenden umsteigefreie
Verbindungen Berlin—Passau über Regensburg
Hbf und Plattling geben. Dabei werden
auch die technischen Möglichkeiten der
ICE-T genutzt, nämlich durch Zugteilungen
bzw. Bildung von Flügelzügen unbequemes
Umsteigen für den Reisenden zu vermeiden.
Schade ist, dass diese positive Veränderung
auf Wochenendverkehre beschränkt bleibt.
Erheblicher Handlungsbedarf besteht
aus Kundensicht auch weiterhin in der Relation
Berlin—Leipzig—Hof—Regensburg—
München. Hier sollte es realisierbar sein, mit
dem von der Regentalbahn bzw. Vogtlandbahn
betriebenen ALEX Durchbindungen
mindestens ab/bis Leipzig herzustellen.
Verbesserungen hat es auch auf dem
Nordabschnitt o. g. Linie gegeben: Bislang
gab es mit dem dieselgetriebenen ICE TD
lediglich eine Direktverbindung pro Tag
und Richtung zwischen Berlin und Kopenhagen.
Bereits seit Jahren wurde vom DBV
vorgeschlagen, ein zweites Zugpaar in dieser
Hauptstadt-Verbindung einzusetzen. Dies
wurde zum Fahrplanwechsel zwar nicht mit
einer ICE-Verbindung, dafür aber mit der CNLVerbindung
Kopenhagen—Berlin—Prag
(mit Laufweg über Padborg—Flensburg) realisiert.
Die sehr frühe Ankunftszeit in Berlin
lässt sich dabei sicherlich noch optimieren.
Unverständlich bleibt dagegen, dass die
langen Stillstandszeiten der o. g. ICE TD in
Berlin nicht für umsteigefreie Durchbindungen
genutzt werden. Bei einer Zugteilung
in Berlin Ostbahnhof kann die bereits seit
Jahren unbefriedigende Anbindung sowohl
von Görlitz mit knapp 56 000 Einwohnern als
auch von Chemnitz mit gut 243 000 Einwohner
realisiert werden. Es kommt hinzu, dass
die nunmehr ausgebaute Strecke Berlin—
Cottbus seit dem 11. Dezember 2011 eine
Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h zulässt.
ICE-Linie 50 Dresden—Leipzig—Weimar—Erfurt—Gotha—Eisenach—Frankfurt (Main)—Wiesbaden
Auch bei dieser Linie erfolgt je nach Taktlage
eine unterschiedliche Bedienung von
Halten. Die ICE der Linie 50.1 fahren zweistündlich
von Dresden über Riesa, Leipzig,
Erfurt, Eisenach, Fulda, Frankfurt am Main,
Mainz bis Wiesbaden.
In der Stunde dazwischen fahren InterCity-
Züge als Linie 50.2 zweistündlich ab Dresden
bzw. Leipzig über Naumburg (Saale),
Weimar, Erfurt, Gotha, Eisenach bis Frankfurt
am Main. Diese Linie bedient wesentlich
mehr Unterwegshalte im Vergleich zur
ICE-Linie 50.1 in Sachsen-Anhalt, Thüringen
und Hessen. Weimar wird mit dieser Lösung
leider nur noch alle zwei Stunden bedient
anstatt zuvor jede Stunde!
Die freitags bzw. sonntags gerade für
Wochenendausflügler und Berufstätige
günstige InterCity-Verbindung IC1948/1951
„Kyffhäuser“ von Frankfurt am Main nach
Halle/Leipzig über Nordthüringen ist – trotz
einer nach Bahn-Angaben unbefriedigenden
Nachfrage – auch seit dem jüngsten
Fahrplanwechsel erhalten geblieben. Diese
Verbindung kann jedoch verbessert werden,
indem die seitens des DBV vorgeschlagene
Verlängerung über Leipzig hinaus über Eilenburg,
Falkenberg (Elster), Doberlug Kirchhain,
Calau ab/bis Cottbus realisiert wird.
IC-Linie 31 Hamburg—Bremen—Münster—Frankfurt am Main (—Passau)
Erfreulich ist bei dieser Linie die Durchbindung
von InterCity-Zügen in das touristische
Zentrum der Insel Fehmarn, nämlich
Fehmarn-Burg. Erst seit 31. Juli 2010 steht
hier die wiederaufgebaute Infrastruktur in
den Insel-Hauptort wieder zur Verfügung
(siehe SIGNAL 5/2010 ).
IC-Linie 26 Stralsund—Hamburg—Hannover—Kassel-Wilhelmshöhe—Frankfurt (Main)—Karlsruhe
Ein Zugpaar dieser Linie bedient seit dem
letzten Fahrplanwechsel die Relation Berlin
Südkreuz—Frankfurt (Main)—Karlsruhe
von Montag bis Sonnabend umsteigefrei
mit dem Laufweg über Wabern, Treysa, Marburg
(Lahn) und Gießen.
Ein weiteres Zugpaar dieser Linie mit dem
bisherigen Laufweg Frankfurt (Main) Hbf—
Worms Hbf—Frankenthal Hbf—Mannheim
Hbf wurde seit dem Fahrplanwechsel über
Schifferstadt, Speyer Hbf, Germersheim ab/
bis Karlsruhe Hbf verlängert (der Halt Mannheim
Hbf entfiel). Beide Verbindungen tragen
erfreulicherweise zu einer verbesserten
Flächenbedienung des Fernverkehrs bei.
IC-Linie 32 (Berlin—Hannover)—Dortmund—Koblenz—Stuttgart
Sehr positiv ist bei dieser Linie die seit Dezember
2009 bestehende Direktverbindung
Düsseldorf Hbf—Tübingen Hbf mit Halten
u. a. in Nürtingen und Reutlingen Hbf – auch
dies war ein Vorschlag im DBV-Konzept.
IC-Linie 35 Norddeich Mole—Köln—Trier—Luxembourg
Einen deutlichen Rückschritt im Fernverkehrsangebot
bedeuten dagegen seit Fahrplanwechsel
die Einschränkungen auf der
Moselstrecke von/nach Luxembourg. Die
Anzahl der IC-Zugpaare wurden hier um
zwei Drittel reduziert. Konkret verbleiben
zwischen Norddeich Mole und Luxembourg
nur noch zwei Zugpaare.
IC-Linie 51 Düsseldorf—Kassel—Erfurt—Halle (Saale)—Berlin—Stralsund—Binz
Diese in den vergangenen Jahren bereits
von deutlichen Angebots- und Serviceeinschränkungen
betroffene Linie wurde mit
dem Fahrplanwechsel im Dezember 2010
leider fast gänzlich eingestellt. Besonders
unbefriedigend sind die Einschränkungen
zwischen Berlin und Stralsund bzw. Binz.
In dieser Relation verkehren lediglich noch
zwei täglich verkehrende IC-/EC-Zugpaare.
Für Reisen von Berlin an die Ostsee bedeutet
die alternative Nutzung der RegionalExpress-
Züge erhebliche Einbußen an
Reisequalität, z. B. bedingt durch längere
Fahrzeiten, durch die fehlende Möglichkeit
einer Sitzplatzreservierung (dies ist gerade
für Familien und alte Menschen von Bedeutung)
und unbefriedigende Unterbringungsmöglichkeiten
von Reisegepäck.
Negativ wirkt sich in dieser Relation auch
aus, dass seit der Wiedervereinigung zwar
viel in den Aus- und Neubau von Autobahnstrecken,
wie z. B. die A20, investiert
worden ist, die Beschleunigung der Schienenverkehrs
durch Ausbau u. a. der Strecke
Berlin—Stralsund für eine Höchstgeschwindigkeit
von 160 km/h aber noch immer auf
sich warten lässt.
Immerhin: Nach Intervention von Mecklenburg-
Vorpommerns Ministerpräsident
Erwin Sellering wird seit dem 27. März 2011
wenigstens ein weiteres Fernzugpaar – in
diesem Fall ein ICE-Zugpaar – zwischen Berlin
und Stralsund eingesetzt.
IC-Linie 56 Oldenburg—Hannover—Magdeburg—Halle (Saale)—Leipzig—Dresden
Diese Linie wurde mit Fahrplanwechsel im
Dezember 2010 ab/bis Dresden mit Halt in
Riesa verlängert. Durch diese Maßnahme
ergeben sich somit ebenfalls mehr Direktverbindungen.
Damit sind u. a. Magdeburg,
Hannover und Bremen ab Dresden umsteigefrei
erreichbar.
InterRegio-Express (IRE) „Magdeburg-Berlin-Express“
Bereits seit dem 13. Dezember 2010 verkehren
von Montag bis Freitag zwei neu
eingeführte InterRegio-Express-Zugpaare
(IRE) zwischen Magdeburg Hbf und Berlin
Hbf, davon ein Zugpaar weiter bis Berlin-
Gesundbrunnen. Die Züge verkehren zwischen
Magdeburg Hbf und Berlin Südkreuz
ohne Halt bei einer Fahrzeit von gut 80 Minuten.
In Berlin wird außerdem der Bahnhof
Potsdamer Platz bedient. Der IRE ist damit
bezogen auf die Fahrzeit zwischen Magdeburg
Hbf und Berlin Hbf rund 30 Minuten
schneller als der RegionalExpress – dies allerdings
zurzeit auch wegen Baustellen auf
der Strecke des RE.
Deutsche Bahn weitet Fernbus-Angebote aus
Seit dem Fahrplanwechsel werden seitens
der Deutschen Bahn vier neue Expressbus-
Fahrten pro Tag und Richtung zwischen
München und Prag angeboten. Damit tritt
die neue Busverbindung in direkte Konkurrenz
zu den von der Bayrischen Eisenbahngesellschaft
(BEG) bestellten Leistungen –
nämlich dem ALEX – auf der Schiene, wobei
die Züge leider rund eine Stunde länger
unterwegs sind. Die Deutsche Bahn widerspricht
sich in diesem Fall leider selbst: In einer
Pressemitteilung zum Thema Fernbusse
vom 3. Juni 2011 war noch verkündet worden,
dass man sich auf die Verbesserung des
„Brot- und Buttergeschäftes“ konzentrieren
wolle und es vorerst kein Engagement über
die seinerzeit bestehenden Fernbusaktivitäten
hinaus geben wird (siehe SIGNAL 3/2011).
Handlungsbedarf auf politischer Ebene!
Die Deutsche Bahn AG orientiert sich bei
der Angebotsgestaltung im Fernverkehr
an betriebswirtschaftlichen Kriterien. Die
Regionalisierung hat seit 1993 zu der Praxis
geführt, dass als Ersatz für entfallene
Fernverkehrsverbindungen seitens der betroffenen
Bundesländer vielfach Leistungen
des Schienenpersonennahverkehrs bestellt
wurden. Vielen Verkehrsbedürfnissen wird
diese Praxis jedoch nur eingeschränkt gerecht.
Die Einrichtung der IRE-Verbindung
zwischen Magdeburg und Berlin zeigt, dass
der RegionalExpress mit seinen Aufgaben
sowohl zur Bewältigung der Nachfrage in
Ballungsräumen als auch der regionalen
Versorgung kaum eine Alternative für ein
schnelles Fernverkehrsangebot mit besserem
Komfort und Service sein kann.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass mit
Inbetriebnahme der Neubaustrecke Halle/
Leipzig—Erfurt—Ebensfeld(—Nürnberg
/ VDE-Projekte 8.1 und 8.2) voraussichtlich
in den Jahren 2015 bzw. 2017 etliche
weitere Städte, wie z. B. Naumburg
(Saale), Jena, Saalfeld, Lichtenfels, Weißenfels
und Weimar ihre Fernverkehrsanbindung
verlieren werden. Eine Lösung für
die sich abzeichnenden Angebotslücken
ist bislang offen. Eine derartige Angebotspolitik
ist äußerst fragwürdig, wenn
berücksichtigt wird, dass der Hauptkonkurrent
der Bahn eben nicht das Flugzeug,
sondern das Auto ist.
In diesem Zusammenhang muss auch auf
bestehende gesetzliche Regelungen hingewiesen
werden (siehe Auszug aus dem
Grundgesetz auf Seite 9). Bis heute fehlt
jedoch die in Artikel 87e geforderte gesetzliche
Regelung, wie der Bund eigentlich
gewährleistet, dass Verkehrsangebote im
Schienenpersonenfernverkehr dem Wohl
der Allgemeinheit Rechnung tragen. Dass
immer mehr Regionen vom Schienenpersonen-
Fernverkehr ganz oder weitgehend
ausgeschlossen werden, erfüllt die gesetzlichen
Vorgaben wohl kaum und zeigt unverändert
einen erheblichen politischen
Handlungsbedarf. Deutscher Bahnkunden-Verband
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