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Bevor ein Rückblick auf Erfolge und Mißerfolge
vorgenommen wird, sei kurz erläutert,
wie die Fahrgastbeschwerden bearbeitet
werden. Alle Beschwerden werden erfaßt
und nach verschiedenen Kriterien klassifiziert.
So ist es später möglich, sehr schnell
Zugriff auf eine ständig wachsende Sammlung
von Fahrgasteingaben zu erhalten. Anschließend
wird entschieden, wie mit der
Eingabe verfahren wird. In Abstimmung mit
den Fachabteilungen der IGEB werden
Stellungnahmen von Verkehrsbetrieben und
Verwaltungen eingeholt und Lösungsvorschläge
ausgearbeitet. Der Einsender erhält
in der Regel nach einer gewissen Zeit einen
Zwischenbescheid. Ortsbesichtigungen können
in einigen Fällen erforderlich sein.
Dazu werden Skizzen angefertigt, die als
Grundlage für die weitere Arbeit dienen.
An offene Antworten wird in regelmäßigen
Abständen erinnert. Kommt trotz mehrmaligem
Briefwechsel oder Gespräch keine für
den Fahrgast akzeptable Lösung zustande,
wird die Öffentlichkeit informiert. Gegebenenfalls
werden die Aufsichtsbehörde oder
weitere politische Stellen eingeschaltet.
Eine Beschwerde wird erst dann endgültig
abgelegt, wenn sie im Sinne des Fahrgastes
erledigt wurde.
Verteilung der Eingaben
Etwa 90% der Eingaben entfielen 1991 auf
den Nahverkehr in Berlin und seinem Umland.
Dabei machten BVB und BVG mit
etwa 55% den größten Teil aus. Innerhalb
der Nahverkehrsmittel stand der Bus mit
etwa 40% an der Spitze, gefolgt von der S-Bahn
mit etwa 25%. Der Rest der Eingaben
verteilte sich gleichmäßig auf Straßenbahn
und U-Bahn.
Bus
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Eine der wenig spektakulären und doch so wichtigen Verbesserungen: 1991 erreichte die IGEB u.a. die Einrichtung dieser Haltestelle für den Bus 257 am S-Bf. Alexanderplatz, womit der Fußweg für Umsteiger zur S-Bahn verkürzt wurde. Foto: N. Gronau |
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Im Juni und Oktober 1991 wurden endlich
einige der Linienverknüpfungen im Busnetz
durchgeführt, deren Fehlen die Fahrgäste
seit Öffnung der Mauer beklagten. Doch
noch immer gibt es erhebliche Lücken, z.B.
zwischen Britz/Buckow/Rudow einerseits
und Johannisthal/Schöneweide andererseits.
Ein gravierendes, von vielen Einsendern
immer wieder angesprochenes Thema ist
die Lage von Bushaltestellen. Hier konnte
die IGEB zwei wichtige Verbesserungen erzielen,
die aber auch zeigen, wie aufwendig
es ist, selbst nahezu kostenlose Verbesserungen
für den Busverkehr durchzusetzen:
Die von der IGEB für den Bus 257 (früher
BVB-Linie 9) geforderte Einrichtung einer
Haltestelle Richtung John-Schehr-Straße
möglichst unmittelbar am Alexanderplatz
(Grunerstraße, hinter Dircksenstraße, unmittelbar
am Fußgängerüberweg) wurde
zunächst von der BVG abgelehnt, da die auf
dieser Linie eingesetzten Gelenkbusse dann
in einer (minimalen) Linkskurve stehen
würden und der Fahrer die letzte Tür nicht
einsehen könnte. Als Kompromiß kam dann
eine Haltestelle unter der Bahnbrücke zustande,
die zwar nicht optimal ist, aber den
Fußweg z.B. zur S-Bahn deutlich verkürzt.
Ganz anders am Platz der Luftbrücke: Dort
lehnte das Bezirksamt Kreuzberg bei der
Linie 104 Richtung Brixplatz eine Zurückverlegung
der Haltestelle zur Kreuzung zunächst
ab, da am gegenwärtigen Standort
eine Betonfahrbahn sei, am für die Fahrgäste
günstigeren Standort jedoch nicht. Erst
als die Abteilung Verkehr Oberfläche (VO
21) der BVG nochmals deutlich darauf
hinwies, daß mit dem von der IGEB vorgeschlagenen
Standort auch eine größere Verkehrssicherheit
für die Fahrgäste verbunden
sei, willigte das Bezirksamt ein. Bemerkenswert
ist, daß in beiden Fällen der Polizeipräsident
als untere Verkehrsbehörde gegen
die neue Haltestellenlage nichts einzuwenden
hatte.
Zur Ausstattung der Fahrzeuge gab es verhältnismäßig
wenig Beschwerden. Interessant
ist, wie der von der IGEB erreichte
Ausbau behindernder Bügel im Mitteleinstieg
neuerer "behindertengerechter" Eindecker
zustandekam. Mehrere an die BVG
gerichtete Schreiben blieben nämlich unbeantwortet,
was die IGEB veranlaßte, eine
Presseerklärung vorzubereiten. Die entsprechenden
Fotos, die zeigen, wie sich z.B.
Fahrgäste mit Kinderwagen in die Busse
quälen, wurden anläßlich eines Gesprächstermins
einem zufällig anwesenden Mitarbeiter
der Abteilung FWA (Fahrzeuge
Werkstätten Autobus) der BVG gezeigt, der
noch am selben Nachmittag der IGEB mitteilte,
daß nunmehr ein Ausbau dieser
Bügel erfolge (s. auch SIGNAL 9/91 , S.24).
Beschwerden über unpünktliche, insbesondere
verfrühte Busse sind gegenüber den
Vorjahren weniger häufig geworden. Allerdings
nimmt die BVG offenbar auch krasse
Fälle nicht zum Anlaß für Veränderungen.
Beispielhaft sei der - mehrfach bestätigte -
Fall einer Frau aus Strausberg Nord genannt,
die nach Geschäftsschluß an der Haltestelle
Breite/Berkaer Straße um 18.11 die
Linie 186 zum S-Bf. Grunewald benutzen
muß, um den Anschluß zur S5 nach Strausberg
Nord zu schaffen. Regelmäßig, dies
haben auch Beobachtungen der IGEB bestätigt,
kommt dieser Wagen bereits um
18.08, was für die Frau zu früh ist, so daß sie
den nur alle 40 Minuten verkehrenden Zug
nach Strausberg Nord verpaßt und erst nach
20 Uhr zuhause ist.
Schließlich führte die Praxis der BVG, zahlreiche
Busfahrpläne im Osten wie im Westen
mehrfach ohne Information der Fahrgaste
zu andern, zu zahlreichen Beschwerden.
Da hier auch das Personenbeförderungsgesetz
verletzt wird, ist die Aufsichtsbehörde
gefragt (s. auch nachfolgenden Beitrag ).
Straßenbahn
Sie verkehrt bis heute nur im Ostteil der
Stadt, aber sie hat viele geduldige Freunde:
die Straßenbahn. Ein sehr großer Teil der
aus den östlichen Bezirken stammenden Beschwerden
befaßt sich mit der Tram. Fast
alle Einsendungen und Gespräche enthalten
nicht nur deutliche Kritik, z.B. an unverständlichen
Überfüllungen der häufig nur
mit Solotriebwagen befahrenen Linien, sondern
auch detaillierte Verbesserungsvorschläge
für Haltestellen, Ampelschaltungen
und Linienführungen, die von der IGEB
Zug um Zug bei den zuständigen Stellen
eingereicht werden.
Ein Mangel allerdings muß von der BVG
selbst unverzüglich beseitigt werden: die
rundum unleserliche Fahrgastinformation
am und im Straßenbahnwagen sowie an den
Haltestellen. Geklagt wird hier nicht nur
über wellige und zu kleine Zielschilder der
Tatrawagen, sondern auch über die wenig
Informativen Fahrplanstreifen, die als Relikt
aus DDR-Zeiten empfunden werden.
Hoffnungen auf eine Lösung gibt es nach
neuesten Informationen für ein Dauerproblem,
das 1991 viele Fahrgäste beschäftigte:
Das Fehlen von Straßenbahnhaltestellen am
S-Bf. Nordbahnhof. Diese sollen nun endlich
zur Wiederinbetriebnahme des Nord-Süd-Tunnels
der S-Bahn am 29. Februar
eingerichtet werden. Zugleich wird die wenig
östlich davon an der Bergstraße gelegene
Haltestelle zum Pappelplatz verlegt.
U-Bahn
Die Probleme der U-Bahn sind seit Jahren
bekannt und werden seit Jahren von der
BVG offenbar ignoriert. Immer mehr Fahrgäste
beklagen sich über unzumutbar überfüllte
Züge auch außerhalb der Hauptverkehrszeiten,
über mangelnde Fahrgastinformation
auf den Bahnhöfen und in den Zügen
sowie über schlechte Fahrplanabstimmung
mit dem Straßenbahn- und Busverkehr
, insbesondere in den späten Abendstunden.
Auch ein hartnäckig und ausdauernd
arbeitender Fahrgastverband stößt
dann an seine Grenzen, wenn sich der Verkehrsbetrieb
Verbesserungsvorschlägen
ebenso hartnäckig und ausdauernd verweigert.
Im gesamten Jahr 1991 hat die IGEB
auf kein einziges der an den Bereich U-Bahn
der BVG gerichteten Schreiben eine
Antwort erhalten. Dies ist nicht nur ein einsamer
Rekord an Ignoranz, sondern hat
auch Konsequenzen: Der Fahrgastverband
wird die Anfragen und Beschwerden der
Fahrgäste zur U-Bahn wohl nunmehr über
politische Instanzen an die BVG leiten müssen.
S-Bahn
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Ein häufiger Fahrgastkummer waren die S-Bahn-Pendelverkehre, die ein unzumutbares Ausmaß erreichten. Foto: M. Heller |
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Die Zweiteilung der S-Bahn schlägt sich
auch in den Beschwerden und Anregungen
der Fahrgäste nieder: Während im Westen,
z.B. auf der Stadtbahn, Überfüllung, unzureichende
Fahrgastinformation und zeitraubende
Pendelverkehre beklagt werden, stehen konstruktive
Kritikpunkte im
Ostteil des S-Bahn-Netzes an
der Spitze. Zahlreiche
Fahrgäste
hatten Verbesserungsvorschläge
zum Nachtverkehr
auf der
Stadtbahn gemacht,
die die
IGEB bei der
D e u t s c h e n
Reichsbahn einreichte.
Zum
Fahrplanwechsel
am 31. Mai 1992
sollen die meisten
Fahrgastwünsche
umgesetzt werden.
Im Bereich
der Fahrgastinformation,
die bei
der DR ohnehin
wesentlich besser
ist als bei der
BVG, greifen
weitere von der
IGEB vorgeschlagene
Verbesserungsvorschläge:
So erhält der S-Bf.
Warschauer
Straße zusätzliche
Hinweise "Zug
fährt zuerst" auf
den Bahnsteigen
Richtung Westen.
Auch andere Hinweise von S-Bahn-Fahrgästen
werden von der Reichsbahn ernst genommen,
prompt beantwortet und umgehend
umgesetzt. So sollen z.B. zunächst auf
dem S-Bf. Wuhlheide am Ausgang zum
Freizeit- und Erholungspark Fahrradrinnen
angebracht werden, die den Transport von
Rädern über diese Treppen erheblich erleichtern.
Die BVG lehnt diese kostengünstige
Maßnahme auch weiterhin mit dem
Verweis auf angebliche Sicherheitsrisiken
ab.
Fernbahn
Bei der Reichsbahn konnte die IGEB nicht
nur die Verbesserung einiger Anschlüsse
durchsetzen, sondern auch erreichen, daß
ab dem kommenden Fahrplanwechsel Ende
Mai auch alle Binnenzüge der DR, für die
Plätze reserviert werden können, mit Reservierungszetteln
am Sitzplatz ausgerüstet
werden. In der Vergangenheit kam es hier
häufig zu Beschwerden von Fahrgästen mit
Platzkarte, die ihren Platz nicht oder besetzt
fanden, während Reisende ohne Platzkarte
nicht wissen konnten, welcher Platz noch
frei ist.
Den insgesamt deutlichsten Protest im
Bahnreiseverkehr gab es bei der Abschaffung
der Tourenkarte durch die DB. Die
dafür genannten Gründe überzeugten weder
die Fahrgäste noch die IGEB. Nach einigen
Briefwechseln wird nun in Zusammenarbeit
mit PRO BAHN der politische
Weg beschritten, um die Bundesbahn zur
Wiedereinführung dieses attraktiven Angebotes
zu bewegen.
Ausblick
Die von Bahnreisenden und Fahrgästen eingesandten
oder persönlich vorgetragenen
Beschwerden und Anregungen sind inzwischen
für die IGEB zum unverzichtbaren
Bestandteil der Arbeit als Fahrgastverband
geworden. Die beiden deutschen Bahnen,
aber auch die Berliner Senatsdienststellen
nehmen diese Art der Fahrgastvertretung
sehr ernst, was auch durch die Qualität der
Antworten deutlich wird. Bei der BVG allerdings
ist derzeit der Wandel von der bürokratie-
orientierten Verwaltung zum fahrgast-
orientierten Dienstleistungsunternehmen
noch nicht erkennbar. Kommen trotzdem
Verbesserungen für die Fahrgäste in
bestimmten Bereichen zustande, so ist dies
auf das besondere Engagement einzelner
und nicht auf ein verändertes Unternehmensziel
zurückzuführen.
Alle Fahrgäste und Bahnreisenden sind aufgefordert,
auch in Zukunft durch zahlreiche
"Kummerkarten" an der Verbesserung des
Öffentlichen Personenverkehrs mitzuwirken. IGEB
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