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Angefangen hatte alles mit dem "Stadtforum".
Seit zwei Jahren gibt es diese von Berlins Stadtentwicklungssenator
Volker Hassemer eingerichtete
Institution (vgl. SIGNAL 6/91 ). Es handelt
sich um ein monatlich tagendes Diskussionsforum
zu den großen Fragen der Berliner Stadtentwicklung.
Zu den ständigen Mitgliedern gehören vor
allem Politiker, Planer und Architekten, aber z.B.
auch Verteter der Wirtschaft, Kirchen und Verbände
(darunter der ADAC ebenso wie der Fahrgastverband
IGEB und der BUND). Teilnahme
und Mitwirkung sind zwar auf die Fachöffentlichkeit
beschränkt, aber das breite Spektrum der ständigen
Mitglieder und die regelmäßigen ausführlichen
Medienberichte machen das Stadtforum
doch zu einem recht wichtigen Ort einer breit
angelegten Diskussion zur Entwicklung Berlins.
Diesem Vorbild wollte Verkehrsstaatssekretär
Ingo Schmitt nacheifern und gründete Ende 1991
zusammen mit seinem Senator Herwig Haase die
"Berliner Verkehrswerkstatt". Dank der guten Organisation
der SNV (Studiengesellschaft Verkehr
mbH) versprach die Verkehrswerkstatt ein ähnlich
erfolgreiches Diskussionsforum wie das
Stadtforum von Senator Hassemer zu werden.
Doch von Anfang an zeigte sich, daß der Verkehrssenator
nie ernsthaft an einer Diskussion
seiner Verkehrspolitik interessiert war. Informationen
wurden vorenthalten, Fragen nicht beantwortet,
und die Vorträge aus der Senatsverkehrsverwaltung
hatten oft den Charakter einer Erstsemester-Vorlesung,
weil allgemeine theoretische
Grundlagen statt konkreter Verkehrsplanung referiert
wurden.
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Berlin im Jahre 2010 - eine blühende Region in Europa soll das Thema der 10. und letzten Verkehrswerkstatt sein. Derzeit blühen in der Berliner Verkehrspolitik allerdings nur Provinzialismus und Dummheit. Die Kurfürstendamm-Busspuren sind derzeit das vielleicht markanteste Beispiel. In SIGNAL 3/93 hatten wir bereits darauf hingewiesen, daß die minutiöse Unterscheidung zwischen langem und kurzem Sonnabend spätestens im Dezember zu Lasten des ÖPNV gehen wird, weil es dann nicht nur a 1. Sa im Monat einen langen Sonnabend gibt. Der Unsinn wurde nun bereits im Mai vorgeführt: Der 1. Sa im Monat war Feiertag. Deshalb hatten am zweiten, zugleich langen Sonnabend ab 14 Uhr alle Autofahrer die Möglichkeit, legal an der Verstopfung der Busspur mitzuwirken. Foto: Marc Heller |
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Folgerichtig sank das Interesse an der Verkehrswerkstatt
zusehends. Die Medienberichte wurden
immer kürzer und immer kritischer. Daraufhin
beschloß man beim Verkehrssenator das Ende
dieser Reihe, denn man wollte nicht länger viel
Geld ausgeben, um einerseits den Kritikern der
Senatsverkehrspolitik ein Forum zu verschaffen
und andererseits wenig Medienresonanz zu ernten.
Doch das Ende der Verkehrswerkstatt wurde zur
Peinlichkeit ohne Ende. 1992 teilte Ingo Schmitt
den Mitgliedern der Verkehrswerkstatt mit, daß
die "10. und vorerst letzte Berliner Verkehrswerkstatt
als Resümee-Veranstaltung im Januar 1993"
stattfindet. Aber schon bald wurde ihm klar, daß
ein Rückblick zum Verriß führen muß. Also hieß
die Devise nun: Ausblick statt Rückblick. Allerdings
bestand die Gefahr, daß auch diese Veranstaltung
mißlingt, weil ja noch keines der versprochenen
Verkehrskonzepte fertig wurde. Was tun?
Ingo Schmitt wußte Rat. Erstens wurde die 10.
Verkehrswerkstatt vom Januar auf den 7. Mai
verschoben, zweitens wurde angekündigt, "jedem
Teilnehmer dieser Verkehrswerkstatt ein Exemplar
des 2. Zwischenberichtes der Verkehrsentwicklungsplanung
für die Region Berlin zu
überreichen".
Doch es kam, wie es kommen mußte. Der 2.
Zwischenbericht, eigentlich schon für Mitte 1992
versprochen, wurde wieder nicht fertig. Also
wurde die Veranstaltung erneut verschoben. Inzwischen
ist die 128 Seiten umfassende Broschüre
zuzüglich eines Kartenbandes zwar fertig geworden,
doch die 10. Verkehrswerkstatt soll nun erst
am 24. September (!) stattfinden. Unverändert
bleibt nur der Titel: "Berlin im Jahre 2010 - eine
blühende Region in Europa". Eine blühende Region
mit dieser Verkehrspolitik? Die Hinwendung
zum so fernen Jahr 2010 hat immerhin den großen
Vorteil, daß keiner dem Senator glaubhaft
vorrechnen kann, seine vielen noch unerledigten
Hausaufgaben selbst dann noch nicht geschafft zu
haben.
Ob und wann auch immer die 10. Verkehrswerkstatt
stattfindet, ist für das Fazit unerheblich: Das
Projekt Verkehrswerkstatt ist gescheitert, weil die
Senatsverkehrspolitik derartig rückschrittlich und
undemokratisch ist, daß es für einen so gut gemeinten
und gut organisierten Ansatz keine
Basis gibt.
Da ist es tröstlich zu erfahren, daß der Senator sich
nicht enttäuscht zurückzieht, sondern sich mit
seiner Verkehrspolitik nun sogar dem Urteil internationaler
Experten stellen will: "Der Senator
für Verkehr und Betriebe, Prof. Dr. Herwig Haase,
hat die Initiative ergriffen, die Experten des
In- und Auslandes zu einem umfassenden Meinungsaustausch
nach Berlin zu bitten. Wir möchten
Sie zur International Conference for Public
Transport Systems vom 14. bis 17. September
herzlich einladen." Damit verbunden ist natürlich
die Hoffnung, daß die Gäste aus dem Ausland die
Defizite der Berliner Verkehrspolitik nicht so
genau kennen oder zumindest höflich übersehen.
Und weil so eine International Conference viel
Arbeit macht, ist wohl sichergestellt, daß es auch
im September noch keinen 2. Zwischenbericht zur
Verkehrsentwicklungsplanung gibt. Eine gute
Nachricht gibt es aber doch noch: "Schirmherr
Unserer Konferenz ist der Bundesminister für
Verkehr. Prof Dr Günther Krause. Zum Glück nicht!
nicht! IGEB
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