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Die BVG ist vom Berliner Senat zu überdurchschnittlichen Einsparungen
gezwungen worden. Daraufhin beschloß der alte BVG-Vorstand eine befristete
Abfindungsregelung: Mitarbeiter, die freiwillig ausscheiden, erhalten bis zu
40.000 DM. Im BVG-Signal 14/94 vom August feiert Willfied Mehner,
BVG-Vorstand Personal und soziales, die Abfindungsregelung: "Sie war ein
Erfolg. ... [So] werden die Ausscheidenden bis zum Jahresende die Zahl
3000 deutlich überschreiten. ... Die unerwartet hohe Inanspruchnahme ließ
eine ordentliche Planung nicht mehr zu. Da hieß es nur 'Ärmelhochkrämpeln'
und improvisieren. Und dennoch lief der Verkehr auf der Straße und der
Schiene uneingeschränkt und fast reibungslos."
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Foto: I. Schmidt |
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“Ferienfahrplan ... bis 19.08.1994“ steht auf den Fahrplanaushängen der U15. Seit diesem Tag gibt es also - wörtlich genommen - keinen gültigen Fahrplanaushang mehr. Da die BVG auch nicht fähig war, offizille Informationen über die Verlängerung der Ferienfahrpläne bei der U-Bahn zu drucken, mußten die Zugabfertiger wieder handschriftliche Aushänge fertigen. Foto: Marc Heller |
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B VG-Dienstanordnung vom 11.08.1994 |
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Foto: Marc Heller |
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Die Unzulänglichkeiten im BVG-U-Bahn-Bereich häufen sich. In den letzten Wochen wurden auf vielen Bahnhöfen die Informationstafeln ersatzlos abgeräumt, um sie zu streichen. Wochenlang bot sich den Fahrgästen ein Anblick wie auf dem oberen Bild. Verwirrt wurden die Fahrgäste auch, als die Züge der U2 ab 13.11.93 mit dem Ziel “Pankow“ fuhren, der Bahnhof weiterhin als “Pankow-Vinetastraße“ ausgeschildert war, auf allen neuen Linienplänenaberschon der neue Name “Vinetastraße“ eingetragen war. Dieses Durcheinander scheint sich zur Fertigstellung der U8-Nord zu wiederholen (siehe Rückseite). Foto: Thomas Billik |
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Die Realität sah aber ganz anders aus, als Herr Mehner es darstellte.
Die "Notbremse Abfindungsregelung" veranlaßte in einigen Bereichen mit
Personalüberhang nur wenige BVGer zum Gehen, während in Teilen des
Fährbetriebes der Tram und vor allem der U-Bahn mehr gingen, als
verkraftbar war. Deshalb wurden, wie in SIGNAL 6/94 berichtet, entgegen
den Ankündigungen im Kursbuch nicht nur die Bus-, sondern auch die
U-Bahn-Fahrpläne ab 11. Juli ausgedünnt. Während die BVG diese
überraschenden Einschränkungen offiziell noch mit vielen Urlaubern
begründete, wurde das Ausmaß der personen Verluste mit der plötzlichen
Verlängerung des Ferienfahrplanes, die nur bei der U-Bahn erfolgte, für
alle deutlich. Törichterweise versuchte man, mit einer neuen Erklärung
nochmals, die wahre Ursache "Abfindungsregelung" zu verschleiern. Nun
sollte die Fahrerschulung für die Verlängerung der U8-Nord für die
Fahrplanausdünnungen über den 19. August hinaus verantwortlich sein.
Als BVG-interne Schreiben - wie das auf der nächsten Seite im Kasten
abgedruckte - an die Öffentlichkeit kamen, mußte die BVG jedoch auf
diese Ausrede verzichten.
Niemand bestreitet, daß die BVG durch die katastrophale Verkehrspolitik
von CDU und SPD in einer schwierigen Lage ist. Doch mit der Art und Weise,
wie die BVG darauf reagiert, verspielt sie viel Verständnis. Das gilt vor
allem für die ungeheuerliche Informationspolitik. Die Verlängerung des
U-Bahn-Ferienfahrplanes wurde von den Zeitungen veröffentlicht, nicht
etwa von der BVG. Keine Presseerklärung, keine Aushänge, keine Information
in "ViBB aktuell". Auf der Ul5 mußten sich die bedauernswerten Mitarbeiter
wieder mit handgemalten Zetteln behelfen - das neue Corporate design der BVG?
Zum wiederholten Male muß auch daraufhingewiesen und kritisiert werden,
daß die BVG mit ihrem Verhalten die Informationsvorschriften des
Personenbeförderungsgesetzes mißachtet hat und daß die Technische
Aufsichtsbehörde beim Verkehrssenator ihre Verpflichtung vernachlässigte,
auf die Einhaltung dieses Personenbeförderungsgesetzes zu achten.
Der Personalmangel als Folge der Abfindungsregelung hat den U-Bahn-Bereich
der BVG schwer getroffen. Er hat aber letztlich nur längst vorhandene
Defizite offengelegt. Das einstige West-Berliner Vorzeigestück der BVG ist
jahrelang heruntergewirtschaftet worden und stolpert nun von einer Krise in
die nächste. Erinnert sei
nur an die Störungen nach Wiederinbetriebnahme der U-Bahn zwischen
Wittenberplatz und Mohrenstraße und an die Fehler im Umgang mit den Gl-Zügen.
Hinzufügen muß man die schwer verständlichen Probleme mit der rechtzeitigen
Beschaffung korrekter Zielbänder (siehe Fotos hier und Rückseite) und die
viel zu langsame Umstellung der Bandansagen auf der U9: Noch fünf bis sechs
Monate nach Wiederinbetriebnahme des Südringes fuhren viele U9-Züge mit
alten Bändern ohne Hinweis auf die Umsteigemöglichkeit zur S-Bahn in
"Bundesplatz". Auch das wochenlange ersatzlose Abhängen der
Fahrgastinformation zum Anstreichen der Informationstafeln und die
Nichteinhaltung wichtiger Umsteigeanschlüsse (siehe nachfolgenden Beitrag)
gehören in die lange Liste der Unzulänglichkeiten.
Der U-Bahn-Bereich der BVG ist dabei, dem Ansehen des Betriebes insgesamt
erheblichen Schaden zuzufügen. Die neuen Verantwortlichen im BVG-Vorstand
und im Untemehmensbereich U-Bahn dürfen deshalb keine weitere Zeit verlieren,
um wenigstens die Mißstände zu beseitigen, die weder mit ÖPNV-feindlichen
Senatsentscheidungen noch mit fehlender finanzieller Unterstützung
entschuldigt werden können. IGEB
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