Fernverkehr

Schlechter geht immer

Schienenverkehr Deutschland—Polen eingeschränkt

Die erst am 8. August 2014 zwischen Frankfurt (Oder) und Poznań Głowny (Posen Hbf) eingeführten zwei Zugpaare bzw. täglich verkehrenden Züge des Regionalverkehrs wurden am 31. Dezember 2014 kurzfristig eingestellt (siehe hierzu auch SIGNAL 1/2015). Nach Protesten auf Initiative der Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und der grünen Europaabgeordneten Ska Keller und Michael Cramer bei der polnischen Infrastrukturministerin Maria Wasiak wurde zumindest ein Teilerfolg erzielt. Seit dem 6. Februar 2015 gibt es die grenzüberschreitende Regionalbahnverbindung wieder, allerdings mit deutlich eingeschränkten Verkehrszeiten von Freitag bis Montag. Eine Mitfinanzierung aus Warschau ist dabei zwar nicht erreicht worden, statt dessen finanzieren die beteiligten Wojewodschaften diese Verbindung. Die Regionalzüge fahren nunmehr

Sonnabend, Sonntag, Montag

Poznań Głowny ab 06.31 Uhr,
Frankfurt (Oder) an 08.51 Uhr

Freitag, Sonnabend, Sonntag

Frankfurt (Oder) ab 12.14 Uhr,
Poznań Głowny an 14.35 Uhr
Poznań Głowny ab 15.16 Uhr,
Frankfurt (Oder) an 17.29 Uhr
Frankfurt (Oder) ab 18.21 Uhr,
Poznań Głowny an 20.39 Uhr

In diesen Regionalzügen gilt das Ticket „Berlin-Poznań-Regio Spezial“. Es ist mit 40 Euro für die Hin- und Rückfahrt (2. Klasse) im Vergleich zu dem bislang geltenden internationalen Tarif deutlich günstiger. Die Rückfahrt muss mit dieser Fahrkarte allerdings innerhalb von 7 Tagen erfolgen.

Unverständlich und ärgerlich ist, dass dieses Zugangebot kaum beworben wird. Die DB-Kundenzeitung „Punkt 3“ ist hierbei eine löbliche Ausnahme; aber ausreichend ist das nicht.

Zu kritisieren ist auch, dass die Züge nicht täglich fahren und der Fahrplan derzeit vor allem auf polnische Bedürfnisse zugeschnitten ist. Eine preisgünstige Tagestour von Berlin aus nach Poznań ist damit ohne Übernachtung nicht möglich.

Seit 1. März 2015 eingestellt: Der „Dresden-Wrocław-Express“

Versagt hat die Europapolitik dagegen beim „Dresden-Wrocław-Express“: Die drei täglichen Zugpaare zwischen Dresden und Wrocław (Breslau) sind seit dem 1. März 2015 im Abschnitt Görlitz—Wrocław eingestellt, obwohl diese Verbindung bei Bahnkunden beliebt war und sich seit der Einführung am 1. März 2009 erfolgreich entwickelte! Unverständlich ist dieses Vorgehen auch vor dem Hintergrund, dass Wrocław im Jahr 2016 Kulturhauptstadt Europas wird und damit die touristische Nachfrage noch deutlich steigen dürfte. Somit wäre eigentlich ein zügiger Ausbau der Verbindungen erforderlich.

Da des Weiteren für die polnischen Züge keine Zulassung für die Fahrt zwischen den Bahnhöfen Zgorzelec und Görlitz besteht (hier ist z. B. die punktförmige Zugbeeinflussung PZB erforderlich), ist damit der grenzüberschreitende Reiseverkehr auf der Schiene über das bekannte Neißeviadukt eingestellt. Selbst eine akzeptable Umsteigeverbindung ist somit nicht einmal mehr möglich. Der Verweis auf die Benutzung eines „Schienenersatzverkehrs“ in Form einer Stadtbus-Linie zwischen Görlitz und Zgorzelec ist für überregionale Fahrten indiskutabel.

Europa wächst zusammen? Für die Schiene trifft dies zumindest im deutsch-polnischen Grenzverkehr immer weniger zu. Unverständlich bleibt die Untätigkeit der Verkehrspolitik: Verbesserungen im Schienenverkehr bzw. selbst ein Mindestangebot an Bahnverbindungen scheitern über 10 Jahre nach dem EU-Beitritt Polens (von wenigen Ausnahmen abgesehen) an finanziellen und/oder langwierigen bürokratischen Hindernissen, während Pkw und Fernbusse grenzüberschreitend freie Fahrt haben. Zeitnahe Korrekturen sind diesbezüglich überfällig!

Neue Konkurrenz durch IC-Bus zwischen Berlin und Szczecin

Wie berichtet ist die Einstellung des Zugverkehrs zwischen Berlin und Wrocław (Breslau) nicht zuletzt auf das parallele DB-Angebot eines IC-Busses zurück zu führen (siehe u. a. SIGNAL 1/2015). Dieses „Erfolgsmodell“ will die Deutsche Bahn nun offensichtlich wiederholen. Ab 27. März 2015 setzt sie in der Relation Berlin Hbf—Szczecin Głowny (vorerst?) insgesamt 6 Mal wöchentlich einen IC-Bus ein und sorgt damit konzernintern für Konkurrenz. Bedingt durch den jahrelang verschleppten Ausbau der Bahnstrecke Berlin—Szczecin ist der Fahrzeitunterschied bei den meisten Verbindungen nur gering. Der IC-Bus benötigt fahrplanmäßig 2:10 Stunden, mit den RE-/RB-Umsteigeverbindungen sind es rund 2 Stunden bzw. bei den RE-Direktverbindungen ab Berlin Gesundbrunnen 1:43 Stunden.

Bahnsteig
DB Regio-Triebwagen nach Poznań in Frankfurt (Oder). Nach der kurzfristig angekündigten Einstellung verkehren die Regionalzüge Frankfurt (Oder)—Poznań seit dem 6. Februar 2015 wieder, allerdings nicht mehr täglich. Auch die ebenfalls sehr kurzfristig angekündigte Einstellung der Direktverbindung Dresden—Wrocław zeigt: Für Bahnkunden im grenzüberschreitenden Verkehr Deutschland—Polen gibt es kein verlässliches Angebot. Foto: Christian Schultz

Unverständlich: Hier wird ein mit Steuergeldern finanzierter Regionalverkehr auf der Schiene konkurrenziert, Verbesserungen des Schienenangebots (der eigentlichen Kernaufgabe der Deutschen Bahn) lassen dagegen seit vielen Jahren auf sich warten. Dazu gehört neben der vollständigen Elektrifizierung dieser Strecke die Ertüchtigung für 160 km/h, aber auch die Durchbindung von Zügen über Szczecin hinaus. Ziel des Ausbaus ist zwar eine Fahrzeit zwischen Berlin und Szczecin von 90 Minuten, wenig ambitioniert ist dabei allerdings der angekündigte Realisierungstermin: voraussichtlich 2020/2021.

Immerhin ist mit dem „Berlin-Stettin-Ticket“ für die RegionalExpress-/Regionalbahnverbindungen ein attraktives und im Vergleich zum IC-Bus konkurrenzfähiges Tarifangebot vorhanden. Neben der reinen Bahnfahrt berechtigt dieses Ticket erfreulicherweise zusätzlich auch zur Nutzung der Stadtverkehre in Berlin (Tarifzone AB) und Szczecin. Das Ticket für die Fahrt mit dem IC-Bus ist zwar ab 14 Euro zu haben, mit der BahnCard 25 sogar ab 10,50 Euro, es hat jedoch nicht den benannten wichtigen Mehrwert für die Nutzung der Stadtverkehre.

Deutscher Bahnkunden-Verband (DBV)
IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 2/2015 (April/Mai 2015), Seite 25

 

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