Die Anti-Tunnel GmbH, das Bündnis gegen die Tunnel-Projekte im Großen
Tiergarten, eröffnete am 18. Februar ihre Geschäftsstelle im Haus der
Demokratie in Berlin-Mitte [Adresse und Telefon s. Seite 35], Gleichzeitig
konnte die 50. Mitgliedsorganisation, die Baumschutzgemeinschaft Berlin,
begrüßt werden. Dem Zusammenschluß, im September 1993 auf Initiative der
Bürgerinitiative Westtangente gegründet, gehören damit alle nahmhaften
Umwelt- und Verkehrsverbände Berlins, viele Bürgerinitiativen, Parteien
und andere Organisationen an. Über ihre Mitgliedsorganisationen hat
die Anti-Tunnel GmbH (Gesellschaft mit besonderer Hoffnung) insgesamt
mehrere zehntausend Mitglieder.
Keine Tunnel im Tiergarten
Ziel der GmbH ist die Verhinderung der drei Tunnelprojekte
(Straße, Eisenbahn und U-Bahn) sowie des Zentralbahnhofs
Lehrter Bahnhof. Bis zum November 1993 war noch ein vierter
Tunnel, der für die S-Bahn, in Planung.
Tunnelbau zerstört Tiergarten
Umweltschädigend ist der Bau des Tunnels besonders im Großen
Tiergarten. Über Grundwasserabsenkungen erwartet die GmbH ein
flächenhaftes Absterben der Vegetation in der größten innerstädtischen
Park- und Erholungsanlage Berlins. Hinzu kommt die grundwasserbeeinflußende
Wirkung der anderen Großbaustellen ringsum (Potsdamer Platz,
Zentralbahnhof, Regierungsviertel).
Der Straßentunnel ist der Anfang
der Westtangente
Der Straßentunnel wird noch mehr Autoverkehr ins Herz der Stadt ziehen,
und über die dann entstehenden Probleme an den Aus- und Einfahrten wird
ein Sachzwang zur Weiterführung der hochleistungsfähigen Straße in
Richtung Norden und Süden geschaffen. Die alte Planung der Autobahn
Westtangente käme dann in leicht veränderter Form zur Realisierung.
Sechs Spuren im Straßentunnel, wie von der CDU jüngst gefordert, ergeben
schon im Teilstück Tiergarten die alte Westtangenten-Planung. Auch für das
südliche Teilstück wurden jüngst Pläne von der Senatsverkehrsverwaltung
vorgelegt: Eine vierspurige Straße soll den Sachsendamm mit der Yorckstraße
verbinden. Dann fehlt nur noch ein kleines Zwischenstück über das
Gleisdreieck bis zum Anschluß an den Tunnel am Landwehrkanal - fertig wären
zwei Drittel der Westtangente. Die Tunnelrampen werden häßliche Löcher im
Stadtbild bilden, eine der Rampen liegt direkt im Großen Tiergarten.
Die Abgase werden geballt über Abgaskamine an die Oberfläche geleitet.
Es geht auch ohne Entlastungsstraße
Wenn man in der Innenstadt wirklich eine Verkehrsmittelwahl von 80%
öffentlichem Verkehr und 20% Autoverkehr will, wie vom Senat vorgegeben
wird, dann kann dies für den zentralen Bereich um den Tiergarten nur heißen:
Drastische Einschränkung der Straßenkapazitäten. So kann und sollte die
Entlastungsstraße als Durchgangsstraße ersatzlos aufgegeben werden und die
Mitte Berlins mit einem dichten Straßenbahnnetz versorgt werden.
(Dazu liegen die Konzepte "Autofreie Grüne Mitte", "Verkehrsberuhigung
Mitte" und "Tra(u)mstadt Berlin" vor).
Ring-Konzept statt Eisenbahn-Tunnel und Zentralbahnhof
Die Konzentration der Geld- und Planungskapazitäten auf den Eisenbahntunnel
fördert nicht die notwendige bessere Anbindung Berlins an das Eisenbahnnetz,
weil damit an vielen anderen Stellen im Berliner Eisenbahnnetz die Projekte
nicht mehr finanzierbar sind. Der Zentralbahnhof am Lehrter Bahnhof ist
zudem städtebaulich unverträglich. Es gibt billigere und schneller zu
realisierende Alternativen. So wurden von GmbH-Organisationen immer wieder
das Ringkonzept der Bürgerinitiative Westtangente und das Stufenmodell
der IGEB vorgeschlagen.
Der U-Bahn-Tunnel macht nur Sinn mit einem Zentralbahnhof,
und auch hier gilt das oben angeführte: Konzentration der Mittel
an den falschen Stellen. Stattdessen sollten die Finanzen massiv in
den Ausbau des Straßenbahn-Netzes gesteckt werden.
Finanzpolitisch der reine Wahnsinn
Das größte deutsche Verkehrsprojekt im Berliner Tiergarten mit Kosten
in Höhe von 4,4 Mrd DM (einschließlich Zentralbahnhof) ist angesichts
knapper öffentlicher Kassen auch finanzpolitisch untragbar. Im
Bundesverkehrswegeplan sind 10 Mrd DM pauschal für den "Eisenbahnknoten
Berlin" eingesetzt, wovon ein Teil für den Nord-Süd-Tunnel einschließlich
Bahnhöfen verwendet werden soll. Nach offiziellen Angaben aus Bahnkreisen
reichen aber 10 Mrd DM für die Eisenbahnprojekte Berlins nicht hinten
und nicht vorne, so daß zu befürchten ist, daß bei der Konzentration
auf Tunnel und Zentralbahnhof das Geld dort vergraben wird und z.B. die
Zulaufstrecken leer ausgehen.
Der U-Bahn-Tunnel soll mittels Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gebaut
werden; auch hier die gleiche Befürchtung: Andere, wesentlich wichtigere
ÖV-Projekte in Berlin (z.B. die Straßenbahn-Verlängerungen in den Westteil)
fallen hinten runter. Am wenigsten geklärt ist die Finanzierung des
Straßentunnels. Hierbei schieben Bonn und Berlin den Schwarzen Peter hin
und her.Der Berliner Senat hat daraufhin eine Vorfinanzierung des
Straßentunnels beschlossen und 200 Mio DM als erste Rate (von insg.
800 Mio DM) in den Landeshaushalt eingestellt. Zu befürchten ist aus
Berliner Sicht, daß alles am Land hängen bleiben wird.
"Was das fehlende Geld nicht schafft, schaffen wir!"
Die Anti-Tunnel GmbH wird mit Aufklärungsund Öffentlichkeitsarbeit den
Kreis der Tunnelgegner in Zukunft vergrößern. So haben sich z.B. auch der
DGB und der Bund der Steuerzahler gegen die Tunnelpläne ausgesprochen.
Überraschende Aktionen, wie sie die Öffentlichkeit von Bürgerinitiativen
kennt, wird es sicherlich geben. Der GmbH steht eine regelmäßige juristische
Beratung zur Seite, die Möglichkeit einer Klage gegen die Planungen wird
erwogen. Auf das Planfeststellungsverfahren zu den Tunnelbauten wird es eine
intensive Vorbereitung geben, und alle Bebauungspläne, in denen die Tunnel
enthalten sind, werden kritisch überprüft. Die Anti-Tunnel GmbH wird auf
allen Ebenen alle legalen Mittel ausschöpfen, um die Tunnel zu verhindern.
ANTI-TUNNEL GmbH
|