Signal • Serie

Tunnelmenschen

Die amerikanische Journalistin Jennifer Toth berichtet in ihrem Buch über das Leben tausender (!) Menschen in Tunneln und Leitungsschächten der New Yorker Undergrundbahnen. Mit freundlicher Genehmigung des Christoph Links Verlages veröffentlicht SIGNAL einige Auszüge aus der deutschsprachigen Ausgabe (264 Seiten, ISBN 3-86153-079-1).

Wenn die Straße schon kein guter Ort für einen Obdachlosen ist, der ein heiles Gesicht hat, so ist sie für einen, dessen Wunden noch nicht verheilt sind und dessen Augen durch Schläge zu Schlitzen zugeschwollen sind, bei weitem feindlicher. Die Fußgänger gingen ihm aus dem Weg. Und wenn sie überhaupt zur Kenntnis nahmen, waren in ihren Augen der Ärger darüber zu lesen, daß er ihnen sein Elend vorführte.

Wie sollte also der Tunnel, selbst wenn es sich um den des Toten handeln sollte, für gefährlicher sein als die Straßen in dieser Nacht?

Er geht tiefer in den Tunnel hinein, leise, wie ein Geist, denkt er, und sein Herz hört allmählich auf, wie ein ins Netz gegangener Schmetterling zu schlagen. Er ist wieder Herr über sich selbst. Er bleibt stehen, hört etwas, was er als „Echo der Dunkelheit" in Erinnerung behalten wird.

Trotz der feuchten Kälte, die durch seine dünne Jacke und die zerrissenen Hosen dringt, fühlt er Linderung. In Gedanken stellt er sich vor, wie sich ganz weit unten Tunnel unter Tunnel schichtet, ohne ie den Grund zu erreichen. Diese Ebene, wo er lebt, ist bereits sicherer als die Straße. Die Ebene, die sich unter seiner befindet, ist sogar noch sicherer (...).

Sevìlles Tunnel

Seville hat zwölf Jahre in den Tunneln gelebt, praktisch sein gesamtes Leben als Erwachsener, ausgenommen die Zeit, die er im Gefangnis saß. Er hat mit neunzehn auf U-Bahnhöfen geschlafen und ist ein Jahr später in die Hohlräume gezogen, die sich in der Grand Central Station unter den Bahnsteigen für die Vorortzüge befinden. Die Obdachlosen hatten dort, auf den Gleisen kniend. Löcher in die Sockelmauern geschlagen, meistens ziemlich weit oben. dicht unter der überstehenden Bahnsteigkante, damit die Leute auf den gegenüberliegenden Bahnsteigen sie nicht sehen konnten. In einer solchen Höhle lebte er zuerst allein und dann in ."Gemeinden", wie Seville sie nennt.

Jeder Umzug brachte ihn tiefer in die Tunnel hinein und tiefer ins Untergrundleben. Vom Platz unterhalb der Bahnsteige folgte er den Gleisen. die vom Bahnhof in die Tunnel führen und sich dort wie die Venen auf dem Handrücken verzweigen. Von dort aus zog er in das Tunnelnetz der U-Bahn, dann in die Tunnel unter dem Bahnhof Penn Station und schließlich in die weiter weg liegenden und friedlicheren Tunnel der Eisenbahngesellschaft Amtrak. die im oberen Teil Manhattans am Hudson entlang führen. Und dabei zog Seville auch immer weiter in die Tiefe. in die dunkelslen Regionen des Untergrundes. (...)

Underneath New York

„Unter den Straßen liegt eine Stadt", schreibt Robert E. Sullivan jr. in seiner Einleitung zu Harry Granicks Text „Underneath New York“ (..Unter New York") und diese Beschreibung ist seitdem häufig benutzt worden. Sullivan wollte damit die riesigen Netzwerke aus Kabeln, Gasleitungen, Wasser- und Abwasserkanälen, U-Bahn- und Zugtunneln erfassen, die das Nervensystem, die inneren Organe und Gedärme New Yorks ausmachen. Wenn jedoch Sergeant Henry von der Metropolitan Transit Police diese Formulierung gebraucht, dann meint er damit die Leute, die sich in den U-Bahn- und Zugtunneln ihr Zuhause und ihre Gemeinden geschaffen haben, sowie die natürlichen und künstlichen Gänge, die zu diesen Tunneln hin- und von ihnen wegführen. Er meint die großen und kleinen Höhlen, die sich nicht nur knapp unter der Straße befinden, sondern bis zu sieben Etagen tiefer im Untergrund anzutreffen sind, und er meint die Verbindungen zwischen den Obdachlosengemeinden. die dort bestehen. Die Unterwelt Manhattans ist viel komplexer und ausgedehnter, als es sich die meisten Menschen, die die Bürgersteige New Yorks entlanggehen träumen ließen.

Manhattan ist ein Gebilde. das an einen Ameisenhaufen erinnert. Der Granituntergrund der Stadt ist porös und besteht aus Unmengen von Löchern und Höhlen. Einige Wahrzeichen der Stadt sind wie Berge, sie sind ebenso tief im Untergrund verankert. wie ihre Türme hoch sind. Unter dem Chrysler Building sind beispielsweise bombensichere Betonröhren achtzig Stockwerke tief in den Boden versenkt. Um die Strukturen der Stadt zu begreifen, müßte man sie Schicht für Schicht abtragen.

Unter dem acht Zentimeter dicken Asphalt und den fünfundzwanzig Zentimetern Beton - beide Schichten sind vollgesogen mit giftigen Chemikalien, die von den Straßen hinabsickern - befinden sich Kanäle. in denen diverse Drähte und Kabel entlanglaufen, für Telefonanschlüsse, für die Stromversorgung von Haushalten und Büros. für Straßenbeleuchtung und Ampeln, für Feuer- und Einbruchsalarm und für alles übrige. Unter diesen Kabelschächten befinden sich die Gasleitungen und dann, in etwa 1,80 bis 3 Meter Tiefe. die Wasserhauptleìtungen, die über hunderte Kilometer in alle Richtungen verlaufen. Eine Ebene tiefer ziehen sich mehr als I60 Kilometer Überlaufrohre entlang, danach kommen die Abwasserleitungen und Abwassertunnel, die nicht waagerecht verlaufen, sondern sich nach unten winden, um mit Hilfe der Schwerkraft die Abfälle der Stadt und das Regenwasser zu beseitigen.

Das Netzwerk im Untergrund ist nicht nur riesig in seinen Dimensionen, es ist auch chaotisch. „Die mit Hilfe von Computern erstellten Grafiken sind zu genau berechnet, um die Zufälligkeiten in der Welt unter den Avenues erfassen zu können", schreibt Sullivan. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in New York fünfzehn verschiedene Gasgesellschaften, und jede von ihnen besaß ihr eigenes Leitungsnetz. Der gemeinsame Nachfolger. Con Ed, legte die ältesten Leitungen still, um Unfällen vorzubeugen, und seit wurden über I5.000 Meter alter Leitungen ausgewechselt. Oft wurden die leeren Kanäle nicht zugeschhüttet, und dort finden dann Obdachlose Unterschlupf.

Die U-Bahnlinien New Yorks

Die U-Bahnlinien New Yorks schlängeln sich in den weit verzweigten Tunneln Kilometer 1.176 Kilometer durch die Bezirke der Stadt und graben sich in Manhattan an der 191. Straße, Ecke Broadway achtzehn Etagen tief unter die Erdoberfläche. Das gesamte Netz teilt sich in 23 Linien und 466 Bahnhöfe auf. Die New Yorker U-Bahn ist - mit 6.100 Wagen - das größte städtische Schienensystem der Welt und befördert - neben dem Planeten Erde - „die größte sich bewegende Masse menschlichen Gewebes im Weltall", wie Jim Dwyer in "Subway Lives" schrieb. Die aus acht Wagen bestehenden Züge fahren mit einer Geschwindigkeit bis zu 64 Stundenkilometern, und wenn man tief in den Tunneln an den Gleisen steht, dort, wo die Züge ihre Höchstgeschwindigkeit erreichen, dann benötigen sie zum Vorbeifahren etwa zehn ohrenbetäubende Sekunden, in denen der Boden in Schwingung versetzt wird.

Von New Yorks Untergrund gibt es keinen einzigen vollständigen Plan. Wenn weitere Leitungen verlegt und neue Tunnel gebaut werden sollen, müssen sich die Bautrupps durch ganze Archive von alten Karten arbeiten, um sicherzugehen, daß sie nicht alte Wasserleitungen und Elektrokabel beschädigen. Sie unternehmen dann Testbohrungen, wenn sie sich einen Überblick anhand der vielen verschiedenen und oft widersprechenden Karten verschafft haben. Und selbst dann sind Sie häufig genug überrascht, welche Entdeckungen sie beim Ausgraben machen. Unter der Front Street fand man ein 27 Meter langes Segelschiff aus dem 18. Jahrhundert. Die Straße ist Teil einer Landauffüllung aus der Zeit, als die untere Landspitze New Yorks erweitert wurde. Der Bug dieses Schiffes befindet sich heute in einem Museum in Newport News in Virginia, aber sein Heck ist noch immer unter dem filigranen Netz von Versorgungskabeln der Front Street verborgen.

Bei einer anderen Ausgrabung entdeckte man eine Mauer, der die Wall Street ihren Namen verdankt - eine lange Palisade aus aufgerichteten Holzpfählen, die einmal dazu gedacht war, Eindringlìnge abzuwehren, wahrscheinlich vor 300 Jahren die Indianer. Häufig Findet man Untergrundlatrinen aus Revolutionszeiten. Neueren Datums sind jene geheimnisvollen Gewölbe, die sich manchmal unmittelbar unter den Bürgersteigen verbergen.

Als im Jahre 1912 Arbeiter die Brooklyn-Manhattan-Transit-U-­Bahn ausschachteten, entdeckten sie 6,50 Meter unter dem Broadway, zwischen der Warren und der Murray Street die erste U-Bahnlinie der Stadt. Sie bestand aus einer einzelnen Röhre von 93,60 Meter Länge und einem Durchmesser von 2,70 Metern, in der die Wagen durch riesige Ventilatoren an den Enden des Tunnels angezogen oder abgestoßen wurden. Der bekannte Erfinder Alfred Ely Beach, der Begründer und ehemalige Herausgeber des Scientific American Magazin, hatte diese U-Bahn 1870 gebaut. Sie war nur ein paar Wochen in Betrieb, bis Sie der berüchtigte Bürgermeister Boss Tweed schloß. Zu weiteren früheren unterirdischen Transportsystemen gehören ein Abfertigungsgebäude für Straßenbahnwagen, daß noch immer unter der Essex Street, neben einer modernen U-Bahnlinie, zu sehen ist, und ein Tunnel, durch den Präsident Franklin D. Roosewelt vom Waldorf-­Astoria-Hotel aus zur Grand Central Station wenn er von dort den Zug nach Hyde Park nehmen wollte. Von mehreren U-Bahn-Versuchsstrecken, die es einmal gab, ist die von Alfred Ely Beach offensichtlich die einzige, die bisher freigelegt wurde. Zu ihren Besonderheiten gehörte eben jener Wartesaal, in dem es einen Kristalleuchter und ein Klavier gab, die man bei der Wiederentdeckung der U-Bahnlinie intakt vorfand.

Unterirdische Welt

Von diesen großen Wartesälen, die heute nicht mehr genutzt werden, haben inzwischen Obdachlose Besitz ergriffen. Manchmal halten sie sich nur nachts dort auf, aber einige leben auch tagsüber dort. Auch in einigen stillgelegten U-Bahnstationen haben sie ihre Lager aufgeschlagen, wie zum Beispiel im Bahnhof City Hall, der für die modernen Züge nicht lang genug ist. Sie kampieren auch in dem wahrscheinlich zuletzt stillgelegten Bauwerk: einem sechsspurigen Autobahntunnel, der in den späten sechziger Jahren unter der Christie Street gebaut, aber kurz darauf geschlossen, versiegelt und vergessen wurde.

Einige der Obdachlosen haben ihr Domizil in Höhlen und Tunneln in der Nähe von Toiletten gefunden, die einmal für die U-Bahnbenutzer bestimmt waren, aber schon lange geschlossen sind. Es hat Zeiten gegeben, da 932 dieser Einrichtungen bestanden, aber seit 1981 sind nur noch 100 davon der Öffentlichkeit zugänglich. Findige Obdachlose nutzen auch die Toiletten, die unter dem Theaterviertel am Broadway gebaut wurden und zu denen man von der Straße aus schon lange keinen Zutritt mehr hat.

Von den hunderten beziehungsweise tausenden Obdachlosen, die im Untergrund leben, sterben auch viele dort. Entweder bei Unfällen. durch Krankheiten oder sie kommen um, weil sie sich verirrt haben. Um die Toten und die verwesenden Körper aufzuspüren, hält sich die Transportbehörde Beau, den einzigen Hund im Bundesstaat New York. der für diesen Dienst abgerichtet wurde. (...)

In den Zugtunneln unter der Grand Central Station gibt es wahrscheinlich die größte Konzentration an Siedlern. Dort, auf gleich zwei Quadratkilometern, führen 55 Kilometer Gleise auf sieben getrennten Ebenen nach außen, bevor sie in 26 Bahnsträngen nach Norden, Osten und Westen führen. Die Polizei hat Schon zweihundert Leute auf einmal aus den Tunneln geholt, die dort in einer einzigen Gemeinde zusammenlebten, wie beispielsweise aus ,.Burma’s Road", "Riker`s Island" und den "Condos". Diejenigen. die aus der Grand Central Station vertrieben wurden, zogen hauptsächlich in die Tunnel unter dem Busbahnhof Port Authority. Einige gingen in der Grand Central Station noch weiter in die Tiefe, noch unter die Tunnel der U-Bahnen und der Züge. (...)

Es war schon immer relativ einfach, in diese kleinen und größeren Höhlen zu gelangen, die mit den U-Bahnlinien verbunden sind. Tausende Treppen führen in die U-Bahnstationen hinein, und hunderte weitere dienen als Notausgänge aus den Tunneln. An stillgelegten Eingängen wurden Schlösser angebracht, um so den öffentlichen Zugang zu verhindern. Für diese Schlösser fertigte man für das Personal der Transportbehörde nur vierhundert Schlüssel an. Aber in Brooklyn gibt es ein Metallwarengeschäft, das man zu Fuß von der Transportbehörde aus erreichen kann, in dem jeder Schlüssel für einen Dollar verkauft wird. Wenn in den Hauptbetriebszeìten durch den Zustrom der Fahrgäste einige Drehkreuze blokkiert sind, öffnen Obdachlose, die sich in den stillgelegten Seiteneingängen angesiedelt haben, zuweilen ihre „privaten Heime" zur Nutzung für die Fahrgäste, die dann gebeten werden, ihren Dank mit einer oder mit einem Geldstück abzustatten, wofür ein Becher bereitsteht. (...)

"Das sehe ich als meinen Dienst an der Öffentlichkeit an", sagt Hammer mit einem breiten Lächeln, wobei er zur Begrüßung der Fahrgäste mit dem Finger an sein tippt, als diese wie die Lemminge durch Seine Tür strömen. Sie ignorieren sein ordentlich aufgerolltes Bett in der Ecke und die kleine Kiste, die als Tisch dient, mit den Überbleibseln einer Kerze darauf. Hammers lange, dünne Gestalt scheint kaum breiter zu sein als die senkrechten Eisenstäbe des Tores, das er mit der einen Hand zuvorkommend aufhält, während er mit der anderen seinen Styroporbecher präsentiert. (...)

Leben im Untergrund

Die New Yorker Obdachlosen. die im Untergrund leben, sind die bislang letzte Erscheinungsform in einer langen Tradition, unter der Erdoberfläche zu leben. In der Antike hatte man Männer dazu gezwungen, unter der Erde zu leben. Die Sklaven Ägyptens und Roms lebten, arbeiteten und starben in Bergwerksminen. Andere Gruppen entschlossen sich aus diesem oder jenem Grund freiwillig dazu, sich ein Zuhause unter der Erdoberfläche zu schaffen, wie zum Beispiel die Kimmerier­-Priester, die in der klassischen Antike den unterirdischen Orakeln beiwohnten.

Wie viele andere Mönchsorden davor und auch danach, lebten die Kimmerier in Zellen, die sie in das Gestein gehauen hatten, und sie tauchten nur dann auf, wenn sie für Pilger, die ihre Schreine aufsuchten, Gottesdienste abhielten. Sie folgten der Regel, niemals das Sonnenlicht zu sehen, und so verließen sie ihre Höhlen nur nachts und kehrten vor Anbruch des Tages wieder in sie zurück. (...)

Im Mittelalter, während der Tatareninvasion, benutzten die Krimbewohner diese alten Höhlen noch einmal, jetzt als Verstecke. Auch die alten Armenier lebten in schachtähnlichen Behausungen, ebenso wie die Leute im frühgeschichtlichen Britannien. In der Nähe High-fields, 1,5 Kilometer südlich von Salisbury, England, wurden auf einem hoch gelegenen Kreidekamm eine Reihe zylindrìscher Höhlen entdeckt. Über einhundert dieser Höhlen hat man untersucht. In der Tiefe variieren sie zwischen 2,10 Metern und 4,50 Metern, in der Breite zwischen 1,80 Metern und 3,60 Metern. Von einigen Experten werden sie der Jungsteinzeit zugerechnet, von anderen der Bronzezeit. Nach Auskunft der Archäologen wurden diese Höhlen wahrscheinlich hauptsächlich im Winter benutzt. Und noch heute kann man in abgelegenen Gegenden der Himalajaregion ähnliche Behausungen für die Winternutzung finden.

In modernen Zeiten hat man in Schottland und Irland unterirdische Häuser gebaut, in Frankreich die Souterrains und in Deutschland die Erdställe. Im 19. und sogar noch im frühen 20. Jahrhundert kam es vor, daß verarmte Arbeiter in unterirdischen Wohnungen lebten. (...)

Doch unglücklicherweise existierten diese Bedingungen in einer anderen Ausprägung noch immer und sind sogar allgegenwärtig - in den Tunneln und Höhlen, die unter den größten Städten liegen. Nur wenige davon sind allerdings so bevölkert wie die New Yorks, aber viele bergen Potential in sich, daß die Obdachlose Bevölkerung sie findet und sich in ihnen ansiedelt.

So befindet sich beispielsweise unter Paris, abgesehen von seinem berühmten U-Bahnsystem, ein verzweìgtes Tunnelnetz. Einige dieser Tunnel stammen aus gallischen Vorzeiten. Bei den meisten handelt es sich um die verlassenen einstigen Förderminen, aus denen ein großer Teil jener Steine gewonnen wurde, mit denen die Stadt erbaut ist. Im 18. Jahrhundert entdeckte man durch das Absaken der Oberfläche an mehreren Stellen erneut die verlassenen Tunnel und nutzte sie daraufhin als Beinhäuser, als Aufbewahrungsorte für die Knochen der Pariser, die man aus den Gräbern der überfüllten Friedhöfe dort hinbrachte, um für Entwicklungsprojekte innerhalb der Stadt mehr Land zur Verfügung zu haben. Es heißt, daß in diesen Tunneln, den „Katakomben", die Gebeine von über drei Millionen Menschen lagern, Rom, London und Moskau sind nur einige Beispiele für Städte, in denen man beim Bau der schächte längst verlassene Tunnel entdeckte. In Rom fanden die Arbeiter Keller, Höhlen, Stollen, Katakomben sowie unterirdische Kapellen. In Moskau wurde ein ganzes Tunlabyrinth freigelegt, von dem es hieß, es handele sich um die legendäre „Geheime Stadt“ Iwan des Schrecklichen. Von den U-Bahnen im postkommunistischen Moskau wird berichtet, daß sie bereits Zehntausenden Obdach gewähren. Auch in Japan nutzen die Obdachlosen sehr häufig das U­-Bahnsystem. (...)

Die Untergrundbevölkerung New Yorks ist nie offiziell gezählt worden, aber nach einer Schätzung, die 1986 für das Bürgermeisteramt vorgenommen wurde, lebten alleine im U-­Bahn-Systern 5.000 Menschen. Dies war laut Marsha der Autorin dieser Studie, bestenfalls eine grobe Schätzung, da die Obdachlosen sich häufig entziehen. Die Studie hat nicht die Obdachlosen in den Eisenbahntunneln berücksichtigt, weder in denen, die noch immer in Betrieb sind, noch in den längst stillgelegten. Ein Gutachten des NewYorker Gesundheitsamtes aus dem Jahre 1991 zählte allein in der Grand Central und der Penn Station 6.031 Obdachlose.

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Jennifer Toth

aus SIGNAL 5/1995 (Juli 1995), Seite 8-10

 

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